Die Bills – das einzige Team, das bei ESPN America in der abgelaufenen Saison nicht ein einziges Mal über mehrere Viertel gezeigt wurde, weder live oder auf Tape. Der ungläubige Thomas glaubt nur das, was er gesehen hat. Trotzdem diesmal kein Outsourcing. Ich wüsste nicht, wen fragen. Also viel Lesestoff, angereichert mit viel selbst Angelesenem.
Eigenproduktion
Allein der Blick auf den Kader hat im Prinzip gereicht, um Buffalo maximal 3-4 Siege vorauszusagen. Der neue Head Coach Chan Gailey auch nicht wirklich ein Sunnyboy vor dem Herrn. Das gezeigte Potenzial in den ersten Wochen galt als so mickrig, dass Buffalo zur Saisonhälfte in einigen Medien schon eine sieglose Saison prognostiziert wurde. Dann wurde aber plötzlich der Schalter umgelegt, selbst Topteams wie Baltimore und New York ins Eck getrieben und am Ende mit 4-12 ein halbwegs respektables Endergebnis geholt.
… Schon krass: „4-12“ fühlt sich echt nicht übel an, wenn man an „Buffalo Bills“ denkt. Das gibt’s sonst nur noch in Detroit.
Cam Newtons schlimme Alpträume
Der Kader der Bills gilt als so mau besetzt, dass es Gailey hoch angerechnet wird, überhaupt vier Siege und eine Handvoll enge Niederlagen damit herausgewürgt zu haben. Nun pickt Buffalo an #3 und soll hat Handlungsbedarf an vielen Positionen. Die Bills gelten seit Jahren als Querdenker, draften gerne mal völlig gegen den Konsens in der NFL. Sie haben gleichzeitig die Faxen, ihre Intentionen schon Wochen vor dem Draft in die Öffentlichkeit zu posaunen.
Diesmal soll es ein Quarterback werden. Das ist schade, wenn man daran denkt, wie couragiert der verspottete, aber hochintelligente (48/50 im Wonderlic!) Ryan Fitzpatrick phasenweise gespielt hat. Zum Beispiel gegen die Jets – als ESPNA die Schlussphase zeigte. Ein Quarterback ist aber verständlich, vor allem hinsichtlich des Faktors „Wiedererkennungswert“. Buffalo fehlt ganz einfach die Komponente „Star“.
Und da kommen wir auf Cameron Newton zu sprechen. Ich halte es zwar für Hasard, Newton zu holen, aber ich glaube, Buffalo könnte sich Newton greifen. Als Franchise-QB, mit dem Gedanken im Hinterkopf, eine mögliche werbetaugliche Ikone des Sports zu holen.
Für Newton dürften in diesem Szenario die schlimmsten Alpträume wahr werden. Newton, der von der ganz großen Bühne träumt, könnte in der NFL-Provinz „versauern“.
Aus sportlicher Sicht sollten die Bills aus meiner Sicht eher schauen, endlich ihre Offensive Line hinzukriegen. Aber ob Buffalos Fans noch ein Jahr ohne Franchise-Gesicht aushalten würden? Immerhin gab es zuletzt immer häufiger Blackouts.
Skill Players
Die Running Backs sind dank zig hoher Draftpicks in den letzten Jahren schon angegangen worden. Die Wide Receivers sind dünn besetzt. WR Steve Johnson hatte ein Top-Jahr, aber danach wird es knapp. WR Lee Evans gehört zu den Top-WRs, die keine Sau kennt, aber Evans wird nicht jünger, war zuletzt immer häufiger verletzt und hat zu allem Überfluss einen so teuren Vertrag, dass eine Trennung nicht ausgeschlossen wird. Die Tight Ends sind furchtbar besetzt. Auf beiden Positionen werden Nachbesserungen nicht ausgeschlossen.
Defense
Die Defensive Line sieht mit NT Kyle Williams einen der besten seines Fachs, aber nach dem Rausschmiss von Marcus Stroud wird es dahinter schon sehr eng. Es gilt als hausgemacht, dass, sollte Newton doch nicht gedraftet werden, ein Defensive Liner der Güteklasse Fairley/Dareus geholt wird.
Fast alles hinter der Defensive Line ist besetzt von Leuten, die in meinem wenige Jahre alten Madden-Spiel in anderen Teams mittelgute Ratings hatten. Bei den Linebackers hofft man, dass aus dem ehemaligen Superstar Shawne Merriman nach zig Verletzungen doch noch einmal etwas wird (Merriman ist noch keine 27). Dazu eine Handvoll Mittelklasse-Leute, die keine Eigenbauprodukte sind.
OLB Aaron Maybin ist ein speziell gelagerter Fall. Maybin ist erst vor zwei Jahren von der Ohio State University Pennsylvania State University gekommen – an #11 gedraftet. In der abgelaufenen Saison war Maybin fit, aber häufig vor lauter Schlechtigkeit nicht mal im Kader.
[Hmm… BTW Auffällig, wie viele hoch einberufene Buckeyes da NFL-weit in den letzten Jahren gefloppt sind (Gholston, Ted Ginn, mit Sternchen Gonzalez, Carpenter, Clarett, Pickett, mit Sternchen Nate Clements).] – trotzdem richtig, aber „dank“ Korrektur natürlich deplatziert.
In der Secondary ist man gespannt, ob aus CB McKelvin noch was wird. SS Donte Whitner ist Free Agent. Whitner war einst ein überraschend hoch gedrafteter Safety, der sich gut entwickelte, aber der allerletzten Zacken zum Superstar fehlte. Whitner? Ohio State? Jo, auch Whitner war mal eine Kastanie. In Buffalo könnte er geröstet, ähh, gerostet sein.
Dazu krähen die heimischen Experten nach zusätzlichen Cornerbacks, obwohl Buffalo #3 in absoluten Zahlen gegen den Pass war (Vgl. #32 gegen den Lauf). In der DVOA-Wertung sind die Bills aber nur #25 gegen den Pass. Schnell mal nachgeschaut: Sie haben wenige Yards kassiert, aber viele Touchdowns.
Ausblick
Ich glaube zwar, dass Buffalo einen QB draften wird. Aber ich halte es für sportlich nicht nachvollziehbar. Ich habe mit QB Fitzpatrick einen soliden Mann. Da baue ich doch erstmal die Rahmenbedingungen rundherum, verstärke mit Tackles meine Offensive UND Defensive Line.
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass man dann im nächsten Jahr wieder in der Position ist, den eloquenten QB Andrew Luck zu kriegen. Dann hätte man aber das Umfeld für einen jungen QB geschaffen.
Was ich aber sogar verstehen kann: Buffalos Fans haben das Siechtum satt und wollen kein weiteres von vorneherein „verlorenes“ Jahr, sondern wenigstens Hoffnung auf sich schnell bessernde Zeiten. Obwohl ich Newton und Buffalo für zwei Punkte halte, die sich DIAMETRAL unterscheiden würden. Zumindest charakterlich.