EUROtime… und Sideline Reporter verabschiedet sich in den Sommerurlaub

In Sachen Unterhaltungswert kommt die Fußball-Europameisterschaft nicht an die Weltmeisterschaft heran. Keine EURO kann dir einen WM-Debütanten Südsamoa bieten, der nach 0:1-Auftaktniederlage mit zwei Pfostenschüssen gegen die brasilianische Elf in blanke Panik ausbricht und der Trainer ins Kreuzfeuer des Boulevard gerät.

Dafür ist die EURO das vermutlich qualitativ dichteste, spielerisch hochwertigste Turnier überhaupt. Wer an die Ausgaben 2004 (abgesehen vom Sieger) und 2008 (abgesehen vom Finalverlierer) zurückdenkt, wird dies bestätigen.

Offensiver Fußball. Spanien gegen Italien. Deutschland gegen Holland. England gegen Frankreich. Polen gegen Griechenland. Das russische Angrifftrio Kerzhakov/Arshavin/Shirokov. Die Hacke Ibrahimovic. „Radschlag“ Robbie Keane auf dem letzten Halali.

Zu allen hoffentlich rassigen Spielen gesellt sich bei der vorhandenen Leistungsdichte und der großen Portion Zufall auch eine gewisse Unvorhersehbarkeit ob des Ausgangs der Spiele, und ich mag das.

Das zweitbeste Turnier der Welt. Ab heute, 18h. Sideline Reporter wird aus gegebenem Anlass, aber auch aufgrund der Untätigkeit in der NFL und der Ungewissheit im College Football, für drei Wochen durchschnaufen und sich im Juli gut gebräunt aus dem Sommerschlaf zurückmelden.

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AFC South in der Frischzellenkur 2012 (II)

Houston Texans

  • #26 (1) DE Whitney Mercilus (Illinois)
  • #68 (3) WR DeVier Posey (Ohio State)
  • #76 (3) G Brandon Brooks (Miami, OH)
  • #99 (4) C Ben Jones (Georgia)
  • #121 (4) WR Keshawn Martin (Michigan State)
  • #126 (4) DT Jared Crick (Nebraska)
  • #161 (5) K Randy Bullock (Texas A&M)
  • #195 (6) OT Nick Mondek (Purdue)

So schlecht die Free Agency der Houston Texans war, so gut sieht ihre Draft aus. Sechs Picks in den ersten vier Runden sorgen vor allem für eine Sicherheit spendende Tiefe.

Von DE Whitney Mercilus, dem 1st-rd pick, wird allerdings mehr erwartet. Er wurde gedraftet, um den nun leeren Platz des abgewanderten Mario Williams zu füllen. Mit Brooks Reed und Connor Barwin zusammen soll Mercilus das Pass-Rusher-Trio bilden, um das die gesamte Abwehr aufgebaut ist. Mit Cornhusker Jared Crick kam in Runde vier noch eine sehr talentierte Verstärkung für die Defensive Line. Crick ist gedacht für den anderen DE-spot gegenüber des letztjährigen 1st-rd picks J.J.Watt. Sollte Crick tatsächlich das Zeug haben, dort starter niveau zu zeigen, haben sich die Texans in verdammt kurzer Zeit eine verdammt junge und gute Front Seven zusammengeholt.

Zwischen den Picks #68 und #121 gabs vier Mal Offense, zwei WRs, zwei OLiner. Wobei WR Keshawn Martin vor allem als Returner geholt worden sin dürfte. DeVier Posey soll mit seinen fast 100kg ein guter possession receiver sein, jemand, zu dem man immer werfen kann, wenn Andre Johnson mal wieder gedoppelt oder verletzt ist. Houstons Plan für Posey ist wohl, so etwas wie ein Anquan Boldin für Arme zu werden. Nötig hätten sie es auch, ist doch ihr WR-Corps einigermaßen dünn.

Was aber gar nicht so schlimm ist, weil die Offense mittlerweile vom Laufspiel getragen wird. Und dafür gab es an den Positionen #76 und #99 gleich zwei Verstärkungen, die nach den Abgangen von G Briesil und RT Winston auch dringend benötigt wurden. Vor allem Ben Jones soll perfekt in das zone blocking scheme der Texans hineinpassen und könnte damit gleich den Platz von Briesil übernehmen. Brandon Brooks ist wohl mehr ein Entwicklungsspieler, der aber als freak of nature allerbeste körperliche Voraussetzungen hat mit 150 Kilos verteilt auf 1,96m. Brooks gilt als ungeschliffener Diamant, der so raw ist, daß er nicht mal zur Combine eingeladen wurde.

Das sieht insgesamt sehr vernünftig aus, was Houston da gemacht hat. Die eh schon gute Front Seven mit frischem Talent und depth versorgt sowie mit zwei Top-100-picks versucht, die Abgänge der OLine zu kompensieren. Sollten die beiden WRs dann noch eine tragende Rolle im Angriff spielen können, sind die Texans gut gerüstet für Ziel, den Gewinn der AFC South zu wiederholen.

Tennessee Titans

  • #20 (1) WR Kendall Wright (Baylor)
  • #52 (2) LB Zack Brown (North Carolina)
  • #82 (3) DT Mike Martin (Michigan)
  • #120 (4) CB Coty Sensabaugh (Clemson)
  • #145 (5) TE Taylor Thompson (SMU)
  • #190 (6) S Markelle Martin (Oklahoma State)
  • #211 (7) DE Scott Solomon (Rice)

Der Top-Pick der Titans ist der Lieblingsbuddy von RGIII am College gewesen. Kendall Wright war bei Baylor der Mann für die Big Plays. Sehr schnell, sehr kräftig und mit tollen, explosiven Moves im open field. Es wird interessant sein zu sehen, wie er sich in der NFL macht, wo er sicher nicht soviel verlassenes grünes Gras vor sich finden wird wie am College. Immerhin wird er den Luxus von single soverage genießen, solange RB Chris Johnson und WR Kenny Britt alle Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Der einzige weitere Pick für den Angriff ist TE Taylor Thompson in der fünften Runde. Oder besser: Defensive End Taylor Thompson. Thompson hat bei SMU DE gespielt. Dort hat er in den vergangenen zwei Jahren 12 Sacks gemacht und wurde zweimal ins All-Conference-USA gewählt. Nun will er aber (wie schon vor seiner Collegezeit) Tight End spielen. Seine Maße gleichen fast aufs Komma denen von New Orleans´ Jimmy Graham. 6-6, 259lbs, 4.56 40-yd dash. Die Gronkowskis und Grahams dieser Welt haben dazu geführt, daß so gut wie alle Mannschaften händeringend einen „neuen Tight End“ suchen und dabei auch unkonventionelle Lösungen ausprobieren, von Basketballspielern bis zu Defensive Ends. Durch seinen defensiven Hintergrund dürfte Thompson aber zumindest in dieser Saison keinen großen Einfluß haben.

Für ihre schon traditionell sehr tiefe Defensive-Line-Rotation haben die Titans erneut zwei Spieler gedraftet. DT Mike Martin, der soforft in die Rotation soll, hat für einen inside guy angeblich sehr gute pass rushing skills. Damit verstärkt er das junge Duo Karl Klug und Jurrell Casey in der Mitte. DE Scott Solomon aus der siebten Runde hat Außenseiterchancen auf einen der sieben bis acht Posten in der Rotation.

Eine solide Klasse für die Titans, wie eigentlich immer, möchte man sagen. LB Brown und DT Martin sollen von Anfang an wichtige Rollen in der Defense spielen; CB Coty Sensabaugh wird aufgrund mangelnder Tiefe wohl auch sofort in Nickel- und Dime-packages geworfen werden, vor allem aber ein ungemein explosiver Special Teamer sein. Etwas seltsam aber, daß das CB-Problem nicht früher und aggressiver angegangen wurde. In der Offense versucht man alles, um dem letztjährigen 1st-rd pick Jake Locker das Leben so einfach wie möglich zu machen. Wenn WR Wright Tennessees Victor Cruz wird, wenn TE Thompson sich schnell entwickelt, wenn RB Chris Johnson zu alter Form zurückfindet – dann kann Locker gar nicht schlecht aussehen, wenn er dann mal den Platz von Matt Hasselbeck erobert. Wennwennwenn. Wenn nicht alles eintritt, muß er sich schon ziemlich strecken, um seinen 8th overall pick zu rechtfertigen.

AFC South in der Frischzellenkur 2012 (I)

Indianapolis Colts

  • #1 (1) QB Andrew Luck (Stanford)
  • #33 (2) TE Coby Fleener (Stanford)
  • #64 (3) TE Dwayne Allen (Clemson)
  • #92 (3) WR T.Y. Hilton (Florida International)
  • #136 (5) DT Josh Chapman (Alabama)
  • #170 (5) RB Vick Ballard (Mississippi State)
  • #206 (6) WR LaVon Brazil (Ohio)
  • #208 (7) OT Justin Anderson (Georgia)
  • #214 (7) DE Tim Fugger (Vanderbilt)
  • #253 (7) QB Chandler Harnish (Northern Illinois)

Wir bauen uns ein Haus für Andrew Luck. Von zehn Draft Picks wurden acht für die offensive Seite des Balles genutzt: 2TEs, 2 WRs, 2QBs, 1RB und 1OT. Hier wird ganz neu aufgebaut mit nur wenigen Überbleibseln vergangener Tage. Reggie Wayne ist noch da, um Luck den Einstieg zu erleichtern; und die beiden OLiner Ben Ijalana und Anthony Castonzo, 2nd- und 1st-rd picks 2011, sollen den Kern der Linie bilden.

Die ersten beiden Picks für Luck waren Tight Ends. In Runde zwo sein alter Stanford Buddy Coby Fleener und in Runde drei Clemsons Dwayne Allen. Das ist högscht interessant, wenn man wissen will, wie die Offense Luck/Colts aussehen soll oder was zumindest die Vorstellung der Verantwortlichen um OC Bruce Arians davon ist. Mit Luck und Arians prallen eigentlich zwei Gegensätze aufeinander: hier Luck, der Mann mit den 2- oder gar 3-TE-sets, viele kurze Pässe, schnelle Entscheidungen, power running game. In der anderen Ecke Arians, einer der wenigen OCs, die ein großes vertikales Element im Paßspiel haben, welches dem Laufspiel vorgezogen wird. Das frühe Draften der Tight Ends deutet darauf hin, daß Arians von oben die Vorgabe bekommen hat, erst mal etwas leicht verdauliches für den Rookie-QB zu basteln.

Die beiden in den Runden drei und fünf gedrafteten WR, T.Y. Hilton und LaVon Brazil, sollen eher Perspektivspieler sein. Wobei Hilton als verdammt aufregender Kick- und Puntreturner angepriesen wird, sodaß er sich über Big Plays in den Special Teams schnell einen Namen machen könnte. Er kann die 40 in 4.3 laufen und damit vielleicht im Slot – er ist nur 1,77m groß – ein Arians-Liebling als Emmanuel Sanders- oder Antonio-Brown-lookalike werden.

RB Vick Ballard komplettiert das junge running back committee um Donald Brown und Delone Carter. Weil den Menschen nichts besseres einfällt, sagen sie auch hier einfach change of pace back. Das ist bekannt. Aber nun, liebe Leser, heißen sie einen völlig neuen Spielertypen willkommen, den „change-of-pace playmaker at the QB position“. So schrub Bucky Brooks über QB Chandler Harnish. Wirklich selten so etwas dämliches gelesen. Harnish wird hoffen, durchs Camp zu kommen und ansonsten wird er gar nichts changen.

Für die Defense kam nur jemand aus der Familie der Fugger in Runde sieben, aber vor allem Alabamas Nose Tackle Josh Chapman. Für ihn soll HC Chuck Pagano sofort ein Herz gehabt haben. Nicht nur ist Chapman athletisch sehr beeindruckend, sondern er kennt von Nick Saban auch komplexe 3-4 defensive schemes.

Die Defense baut sich Pagano selber mit alten Colts und alten Spielern der Ravens. Die Offense basteln Arians und Luck zusammen. Wahrscheinlich wird es erstmal viel Kurzpaßspiel und viel Horizontales geben; aber hoffentlich muß Arians nicht ganz auf seine Vorliebe fürs vertikale Spiel verzichten.

Jacksonville Jaguars

  • #5 (1) WR Justin Blackmon (Oklahoma State)
  • #38 (2) DE Andre Branch (Clemson)
  • #70 (3) P Bryan Anger (California)
  • #142 (5) LB Brandon Marshall (Nevada)
  • #176 (6) CB Mike Harris (Florida State)
  • #228 (7) DT Peris Pendleton (Ashland)

Die Jacksonville Jaguars hätten einen neuen Quarterback gebraucht. Ganz dringend. Denn leider hat der letztes Jahr an 10. Stelle gedraftete Blaine Gabbert nicht mal annähernd NFL-Tauglichkeit bewiesen. Was man zum Teil auch dem Management und Trainerstab anlasten muß. Seit grauer Vorzeit ist bekannt, daß man einen Rookie-QB auf keinen Fall 1) hinter eine schlechte Offensive Line stellen und 2) ohne vernünftige Wide Receivers arbeiten lassen darf. Die Jaguars waren im letzten Jahr ein klarer Fall von 2) und, vor allem durch Verletzungen, auch ein bißchen 1). Leute mit Namen wie Chastin West, Jason Hill und Jarret Dillard waren die Saison über alle mal Starter als WR.

Weil man nicht gleich wieder einen 1st-rd pick für einen QB opfern konnte ohne Gabbert vollkommen lächerlich zu machen, greift man ihm unter die Arme. In der Free Agency wurde das WR-Problem schon angegangen und in der Draft tradeten die Jags sogar nach oben, um Oklahoma States Justin Blackmon zu bekommen. Blackmon ist sicher ein guter WR, aber niemand aus der Güteklasse Calvin Johnson/Larry Fitzgerald. Er wird die Liga kaum im Sturm nehmen wie annodazumal ein Randy Moss. Einige pundits haben sogar behauptet, daß Notre Dames Michael Floyd das größere Talent ist. (Erstmal hat sich Blackmon nun einen Namen gemacht, weil er betrunken und viel zu schnell mit seinem Auto unterwegs war.) Wie dem auch sei, vorher weiß man das nie. Mit Blackmon und dem Free Agent Laurent Robinson hat man Gabbert im Grunde weniger gegeben, sondern mehr genommen: nämlich Ausreden für schlechte Leistungen. Um zu demonstrieren, wie heiß der Stuhl schon ist, auf dem Gabbert sitzt wurde auch noch Chad Henne verpflichtet.

Aber das größte Mißtrauensvotum für Gabbert war Bryan Anger in Runde drei. Ein Punter in Runde drei. Nach langem Nachdenken würde ich behaupten, es ist nicht sooo dumm, einen Punter in der dritten Runde zu draften, aber fürs Selbstvertrauen des QB heißt es: „Ey, du bist schlecht. Du bekommst keine gescheiten Drives auf die Reihe. Aber hey das macht nichts, denn jetzt haben wir einen tollen Punter!“ Der Einfluß der Punter auf die Feldposition der gegnerischen Offense kann spielentscheidend sein. Man erinnere sich nur an die Playoffspiele, in denen Charger Mike Scifres die Colts fast alleine geschlagen hat oder Packer Tim Masthay 2010. Field Position halten wir hier ja schon länger für eine wichtigsten und unterschätztesten Statistiken. Wir gut Anger nun in der NFL punten wird, weiß niemand. Aber wenn er wirklich ein so starkes Bein hat, könnte das für die Big Cats eine wichtige Verstärkung sein.

Ansonsten gabs für die Floridians noch einen Pass Rusher in Runde zwo und in den späten Runden depth für alle drei Levels der Defense. DE Andre Branch soll einer der besseren Pass Rusher der diesjährigen Klasse sein und zusammen mit Jeremy Mincey den Kern einer starken Rotation auf den Außen bilden. Die anderen drei, LB Brandon Marshall, CB Mike Harris und DT Peris Pendleton müssen nur den Positionskampf im Trainingscamp anheizen und bei Verletzungen bereit stehen. Die Defense unter DC Mel Tucker, den der neue HC Mike Mularkey behalten hat, ist sehr solide. Wenn sich 2011 nicht alle plus noch vier andere Defensive Backs verletzt hätten, wäre das noch deutlicher geworden.

Markus Kuhn und das Stoppschild mit der Aufschrift „Bürokraten“

NFL.com berichtet von einem unangenehmen Problem, vor dem der deutsche DT Markus Kuhn, Rookie bei den N.Y. Giants, steht: Er darf nicht mit der Mannschaft trainieren, weil sein Visum noch aussteht, ohne das er in den Staaten nicht arbeiten darf. Wie es so mit den Bürokraten ist, kann sich das Problem in die Länge ziehen (als italienischer Staatsbürger wage ich zu behaupten, aus leidiger Erfahrung lärmen zu dürfen, und leide mit, selbst wenn das verspätete Ansuchen Kuhns eigene Schuld gewesen sein sollte). Kuhn war ein Siebtrundendraftpick und dürfte daher die Trainingseinheiten dringender als andere benötigen, um den Cut in den Kader zu schaffen. Kuhn darf zwar die „Vorlesungen“ der Trainer besuchen, aber nicht auf dem Feld mit den anderen balgen. Man kann annehmen, dass sich der Trainerstab der Giants im Spätsommer eher wenig darum scheren wird, dass Kuhn als dann eventueller Wackelkandidat entschuldigt wäre.

AFC West in der Frischzellenkur 2012 (II)

Oakland Raiders

  • #95 (3) G Tony Bergstrom (Utah)
  • #129 (4) LB Miles Burris (San Diego State)
  • #158 (5) DE Jack Crawford Penn State)
  • #168 (5) WR Juron Criner (Arizona)
  • #189 (6) DE Christo Bilukidi (Georgia State)
  • #230 (7) LB Nathan Stupar (Penn State)

Die Picks der ersten vier Runden hatten die Raiders schon vor der Draft verscherbelt. Durch verlorene Free Agents wie CB Nnamdi Asomugha haben die Silver and Black aber jeweils einen compensatory pick in den Runden drei, vier und fünf erhalten. Man male sich nur einmal aus, was das für eine Draftklasse geworden wäre, hätte man nicht für die eigenen Picks vorher schon Carson Palmer, Joseph Barksdale, Taiwan Jones, Terrelle Pryor und Jason Campbell verpflichtet. So aber hat man drei Quarterbacks geholt – Matt Leinart kam noch in der Free Agency dazu -, die Cornerbacks Asomugha und Stanford Routt verloren; die Verträge so gebaut, daß man kein Player in der Free Agency ist: Glückwunsch! Sie haben einen Top-10 in der Draft 2013 gewonnenn!

Ach ja: einen neuen Head Coach hat man auch mal wieder in der Bay Area. Viel helfen wirds wahrscheinlich nicht.

Wenn man etwas Positives finden will, kann man vielleicht die beiden physisch beeindruckenden Pass Rusher nehmen: Jack Crawford und Chris Bilukidi sind beide 1,96m groß. Mit den beiden jungen und sehr talentierten LaMarr Houston und Matt Shaugnessy könnten Crawford und Bilukidi eine gute DE-Rotation bilden.

Die anderen Picks sind eher dazu da, gerissene Löcher zu stopfen. Center Samson Satele hat anderswo eine neue Anstellung gefunden und Stefen Wisniewski, letztes Jahr noch Guard, wird wohl seinen Platz einnehmen. Seinen, Wisniewskis, Platz wiederum, wird wohl Tony Bergstrom einnehmen müssen. Weil sonst niemand da ist.

4th-rd pick Miles Burris soll wohl Kamerion Wimbley ersetzen. ´N büsschen OLB in Base-D, ´n büsschen Pass Rusher in nickel packages, vielleicht auch ´n büsschen Special Teams – und am Ende werden wahrscheinlich Wimbleys hinterlassene Fußstapfen einfach zu groß sein.

WR Juron Criner ist wie alle von Oakland gedrafteten Paßempfänger sehr schnell. Und sehr schnell. Und schnell. Das ist wohl sowas wie er Al-Davis-Gedächtnispick. Aber Criner ist auch recht groß mit 1,90. Vielleicht hilft´s.

Auch wenn die Analyse sehr launisch daherkommt, kann man auch bei ernsthafter Betrachtung nur konstatieren, daß die Raiders eines der wenigen Teams sind, die vom Spielermaterial her schlechter geworden sind. Normalerweise steht eine Mannschaft ja schon schlechter da, wenn sie sich nicht verstärkt, also nur den status quo hält. Aber sich tatsächlich verschlechtern im Gegensatz zum Vorjahr schaffen nur wenige Teams. Der neue GM Reggie McKenzie hat ein ganz schwieriges Erbe angetreten, kann sich aber dafür einen ganz großen Namen machen, wenn er mit diesem Haufen als Ausgangspunkt in den nächsten Jahren wieder eine respektable Mannschaft zusammenbastelt.

San Diego Chargers

  • #18 (1) DE Melvin Ingram (South Carolina)
  • #49 (2) DT Kendall Reyes (Connecticut)
  • #73 (3) S Brandon Taylor (LSU)
  • #110 (4) TE Ladarius Green (Louisana-Lafayette)
  • #149 (5) G Johnnie Troutman (Penn State)
  • #226 (7) C David Molk (Michigan)
  • #250 (7) RB Edwin Baker (Michigan State)

Die Offense ist nicht das Problem in San Diego. Man hat einen der besten (und unterschätztesten) Quarterbacks der Liga, einen richtig guten RB (Ryan Matthews, 1st-rd pick 2010), auch ohne Vincent Jackson ein gutes Receiving Corps und – spielt LT Jared Gaither so gut wie er kann, nämlich so gut wie einer der besten Tackles der Liga – auch eine ganz vernünftige Offensive Line.

Da verwundert es nicht, daß die Picks der Runden eins bis drei für die defensive Seite des Balles genutzt wurden. Melvin Ingram soll ein Pass Rusher vor dem Herrn sein und damit genau das, was man seit den glorreichen Tagen eines Shawn Merriman in Topform nicht mehr in San Diego gesehen hat. Ingram kann sowohl mit den Händen im Gras als auch aus der klassischen 34-OLB Position auf den gegnerischen QB losgelassen werden und könnte, so er denn so gut ist wie angepriesen, gemeinsam mit dem 2nd-rd pick Kendall Reyes diese Defense auf ein neues Level heben. Reyes ist ein sehr interessanter Spieler. Zu High School Zeiten hat er noch Receiver gespielt, ist dann aber ein klein wenig „größer“ geworden mit seinen jetzt 300lbs, hat sich aber die Athletik und Beweglichkeit erhalten. Bei den Huskies hat er nicht nur Defensive Tackle gespielt, sondern in aller Regelmäßigkeit auch Defensive End. Bei den Chargers wird er wohl hauptsächlich 34-DE spielen, kann aber ebenso als Edge Player fungieren wie auch als Nose Tackle. Reyes ist ein schönes chess piece für den neuen DC John Pagano (Bruder von Chuck Pagano, jetzt HC Colts).

Brandon Taylor ist dafür vorgesehen, den gen New England abgewanderten Steve Gregory als Strong Safety zu ersetzen. Sehr zupaß kommen wird ihm dabei, daß er mit Eric Weddle einen der besten Safeties der Liga neben und hinter sich weiß. Taylor hat seine Collegekarriere bei LSU als Cornerback begonnen und kann auch als Nickelback eingesetzt werden.

Für die Offense holten sich die Bolts vor allem Entwicklungs- und Ergänzungsspieler. TE Ladarius Green ist ein 2,00m-Hühne und soll ganz offensichtlich die Rolle des „neuen“, Jermichael Finley oder Jimmy Graham  ähnlichen Tight Ends geben, wenn Antonio Gates seine Karriere aufgrund zu vieler Verletzungen beenden muß. Bis dahin kann der schlaksige, aber explosive Kerl (4,5 40-yd bei der Combine) von der kleinen Uni Louisana Lafayette noch ein bißchen Muskelmasse aufbauen und vom Meister Gates himself viel lernen.

Johnnie Troutman ist den Berichten zufolge auch sehr talentiert, ist aber tief gefallen, weil er kurz vor der Draft am Brustmuskel operiert werden mußte und auch Knieprobleme mitbringt. Wahrscheinlich wird er diese Saison nur von der Seitenlinie aus beobachten. C David Molk und RB Edwin Baker aus der siebten Runde sind nicht mehr als camp fodder.

Die Chargers erwarten viel von ihren drei hoch gedrafteten Verstärkungen für die Defense. Sind Ingram und Reyes as good as advertised, sollte einer Playoffteilnahme und einem neuen Vertrag für den nur noch auf einem dreibeinigen Stuhl sitzenden HC Norv Turner nichts im Wege stehen. General Manager A.J. Smith stellt Jahr ein, Jahr aus hochklassige Kader zusammen. Bei Drafts wie diesen sieht man dann auch, warum San Diego in aller Regelmäßigkeit Kandidat für einen langen Lauf in den Playoffs ist.

AFC West in der Frischzellenkur 2012 (I)

Denver Broncos

  • #36 (2) DT Derek Wolfe (Cincinnati)
  • #57 (2) QB Brock Osweiler (Arizona State)
  • #67 (3) RB Ronnie Hillman (San Diego State)
  • #101 (4) CB Omar Bolden (Arizona State)
  • #108 (4) C Philip Blake (Baylor)
  • #137 (5) DT Malik Jackson (Tennessee)
  • #188 (6) LB Danny Trevathan (Kentucky)

Es sieht auf den ersten Blick sehr vernünftig aus, was die Denver Broncos um John Elway und John Fox diese Jahr zusammengedraftet haben. Nach vielen Trades – nur der 57. pick war ursprünglich der eigene – haben die wilden Pferde für Breite und Tiefe in einem Kader gesorgt, der tatsächlich so gut aufgestellt ist, wie man es von einem Divisionssieger erwartet.

Diesen 57. Pick hat der ehemalige Broncos-QB John Elway sogleich genutzt, um für den neuen Broncos-QB Peyton Manning einen Erben zu draften. Die Krake Brock Osweiler, seines Zeichens 203cm groß und alles mögliche, nur niemand, dem man sofort ein NFL Team anvertrauen sollte. Die Legende Manning soll dem hochtalentierten Osweiler in den nächsten Jahren intensivst beibringen, wie man das so macht als Quarterback in der NFL. Im Grunde ein super Idee, zumal The Sheriff ja auch keineswegs sorgenlos in die Zukunft schaut angesichts seines mehrmals operierten Nackens und der damit zusammenhängenden Nervenprobleme im Wurfarm. Auf der anderen Seite hat ein Jim Sorgi beispielsweise jahrelang unter Manning gelernt. Oder auch nicht gelernt. Was aber auch an Manning selbst liegen kann, der bekanntermaßen alles selbst macht und niemandem sonst irgendeine Verantwortung läßt.

Head Coach John Fox hat seine Handschrift mit dem Draften zweier Defensive Tackles deutlich gemacht. Als erster Pick kam zu Beginn der zweiten Runde Cincinnatis Derek Wolfe und in der fünften Runde Tennessees Malik Jackson. Wolfe war in der zweiten Runde für die meisten Beobachter eine riesige Überraschung. Aber John Fox für sein Evaluieren von Defensive Linemen zu kritisieren, trauen sich dann doch die Wenigsten. Vor allem der Abgang von Broderick Bunkley soll mit diesen beiden kompensiert werden.

Für das zweimalige Runtertraden von Position 25 bis an 36, an welcher man schließlich Wolfe gezogen hat, gabs zwei 4th-rd picks. Mit einem dieser Picks wurde in Runde drei nach oben getradet um RB Ronnie Hillman zu draften. Erstmal wird er sich hinter den RBs Willis McGahee und Knowshown Moreno einreihen; er soll aber durchaus das Talent haben, im Laufe der Saison an den beiden vorbeizuziehen und das meiste Spotlight in diesem Running Back Committee abbekommen. Neben Hillman hat Elway nur noch Center Philip Blake für die Offensive aus dem Hut gezogen. Der Kanadier, der in der letzten Saison die Bälle zu RGIII gesnapped hat, hat eine lange Odyssee hinter sich, bis er nun als 26jähriger in der NFL angekommen ist. Er wird wohl als Back-up Center in die Saison gehen und daneben um eine Starterrolle als Guard kämpfen. (Warum Denver keine WRs für den neuen QB gedraftet hat, haben wir hier schonmal erklärt.)

CB Omar Bolden aus der vierten Runde galt vielen Beobachtern als erstrundentauglich. Allerdings hat er sich während seiner Collegezeit schon mehrmals die Kreuzbänder verletzt, was immer eine riesige red flag ist. Er wird ebenso wie 6th-rd pick LB Danny Trevathan erstmal Special Teams Luft schnuppern-

Wenn RB Hillman und einer der beiden Defensive Tackles sofort einsteigen und weiterhelfen können, dann hat sich die Draft schon gelohnt. Denn für Tiefe und innermannschaftlichen Wettbewerb wurde genügend getan. Beim Osweiler-pick können die Broncos nur hoffen, daß Manning zumindest die folgende Saison sorgenfrei durchspielen kann und daß die talentierte Krake aber auch viel von Manning lernt und nicht am Ende aussieht wie Sorgi oder Curtis Painter, wenn er mal aufs Feld muß.

Kansas City Chiefs

  • #11 (1) DT Dontari Poe (Memphis)
  • #44 (2) G Jeff Allen (Illinois)
  • #74 (3) OT Donald Stephenson (Oklahoma)
  • #107 (4) WR Devon Wylie (Fresno State)
  • #146 (5) CB DeQuan Menzie (Alabama)
  • #182 (6) RB Cyrus Gray (Texas A&M)
  • #218 (7) DT Jerome Long (San Diego State)
  • #238 (7) WR Junior Hemingway (Michigan)

Old School Draft, was die Chiefs gemacht haben. Ohne nachzugucken würde ich behaupten, daß die Draftklassen von Leuten wie Bill Parcells oder der gesamten NFC East der 80er Jahre ungefähr so aussahen: drei Linienspieler in den ersten drei Runden; in der Mitte zwei Athleten, die erstmal kleine Aufgaben als Spezialist für den Slot ausfüllen und ansonsten in den Special Teams ihre Sporen verdienen; Rest: hart arbeitende JAGs, die im besten Fall verletzte Spieler ersetzen können und im schlechtesten Fall wenigstens ein bißchen Feuer in die Positionskämpfe während der Saisonvorbereitung bringen.

Dontari Poe ist augenscheinlich nur aufgrund seines Körpers in der ersten Runde gedraftet wurden. Für ihn gilt die „Planet Theory“ von Parcells: es gibt nur eine Handvoll Menschen mit so einem Körper auf diesem Planeten – wir sollten ihn nehmen, damit ihn keine andere Mannschaft bekommt. Darum, daß er gar nicht Football spielen kann, kümmern wir uns dann später. Dontari Poe verteilt auf seinen 190cm stattliche 157kg. Auf dem College in Memphis ist er den Scouts gar nicht weiter aufgefallen. Bei der Combine allerdings hat er allen anderen die Show gestohlen: unter fünf Sekunden für den 40-Yard-Lauf und 44 Wiederholungen im Bankdrücken, dazu Beweglichkeit in den Drills wie ein Linebacker. Den Beschreibungen nach wäre der ähnlichste Spieler in der NFL Haloti Ngata. Um Poe spielerisch aber auch nur in die Nähe eines Ngata zu bekommen, mus HC Romeo Crennel  alles aufbieten, was er in den letzten 30 Jahren Profifootball gelernt hat. Immerhin ist Nose Tackle ein wirklich dringender Need für die Chiefs.

In Runden zwo und drei haben Pioli und Crennel zwei physisch fast genauso beeindruckende Talente für die Offensive Line gedraftet. Jeff Allen könnte schon im Trainings Camp einen Platz als Guard erkämpfen. Angeblich liegt Allens Stärke in pass protection, womit QB Matt Cassel, nach der Verpflichtung von Free Agent RT Eric Winston, 2/5 seiner Linie in verbesserter Form vorfinden könnte. Donald Stephenson, 2,00m-Mann für die Tackle-Positionen, soll enormes Potential haben. Um das irgendwie abrufen zu können, benötigt er aber viel Arbeit und Liebe vom Coaching Staff. Glücklicherweise hat KC mit Branden Albert und Winston zwei Starter und kann in Stephenson viel Zeit und Arbeit investieren.

WR Devon Wylie ist ein kleiner Slot-Guy, wendig und quick wie eine Katze. Genau der Typ Spieler, den Wes Welker definiert hat. Wenn er sich als NFL-tauglich herausstellt, haben die Chiefs mit TE Toni Moeaki und Wylie eine Kombination für die kurze Mitte, wie sie jede Mannschaft gerne hätte. In der 7ten Runde kam für das Receiving Corps noch ein 100kg schwerer Brocken von den Wolverines. Junior Hemingway ist erstmal für die Special Teams da – wenn er es denn in den Kader schafft.

Change of pace back ist das Label, das man Spielern wir Cyrus Gray in Ermangelung eigener Kreativität regelmäßig umhängt. Was eigentlich nichts anderes heißt als: der kann ´n bißchen was, aber wenn unser Nr.1-RB selber ´n bißchen mehr könnte, bräuchten wir den gar nicht. Da KC´s Nr.1, der spektakuläre, aber kleine und zerbrechliche Jamaal Charles ist, kann so ein zusätzlicher RB nie schaden.

Für die Verteidigung kam neben Poe noch ein CB in der fünften und ein weiterer DT in der siebenten Runde. Für CB DeQuan Menzie ist neben Arbeit in den Special Teams maximal ein Platz in Nickel- und Dime-packages drin; für DT Junior Hemingway ein gratis Trainings Camp und vielleicht ein Platz in der Practice Squad.

Auch auf den zweiten Blick ist diese Draftklasse mehr als solide. GM Pioli hat in den letzten Jahren schon einen guten Kader zusammengestellt. Allein die Rückkehr der drei Langzeitverletzten Charles, Moeaki und Safety Eric Berry sollte der Mannschaft einen großen Schub geben. Auch QB Cassel war verletzt und sollte in der kommenden Saison besser geschützt werden. Bringt man dann noch dem freak of nature Poe richtiges Footballspielen bei, kann KC sich mit Denver und San Diego ein spannendes Rennen um die Divisionkrone liefern.

NFC South in der Frischzellenkur 2012 (II)

Carolina Panthers

  •     #9 (1) LB Luke Kuechly (Boston College)
  •   #40 (2) G Amini Silatolu (Midwestern State)
  • #103 (4) DE Frank Alexander (Oklahoma)
  • #104 (4) WR Joe Adams (Arkansas)
  • #143 (5) CB Josh Norman (Coastal Carolina)
  • #207 (6) P Brad Nortman (Wisonsin)
  • #216 (7) S D.J. Campbell (California)

Mittlerweile ist es eher selten, daß ein LB in den Top-10 vom Board geht. Boston Colleges Luke Kuechly soll aber ein dermaßen bilderbuchmäßiges LB-Talent sein, daß sich die Auguren alle in ihren Lobpreisungen einig sind. Ein sehr sicherer Tackler mit „instincts“ vor dem Herrn und auch sehr brauchbar im Decken von Tight Ends und anderen potentiellen Paßempfängern, die durch die Mitte kommen, soll Kuechly von Anfang an eine tragende Rolle in der bisher eher mäßigen Defense der Panthers spielen.

Obwohl diese dringend frisches Blut gebraucht hätte, kamen neben Kuechly nur noch drei weitere Talente – in den Runden 4, 5 und 7. Hmm. Immerhin DE Frank Alexander scheint es Coaching- und Scouting-Staff angetan zu haben, denn für ihn wurde leichthändig ein 3rd-rd pick im nächsten Jahr plus ein 6th-rounder in dieser Draft abgegeben. Er soll Carolina einen back-up für die beiden guten Starter Charles Johnson und Greg Hardy geben. Er ist recht groß mit 1,93m, daneben tauchen in seinen Scouting Reports hauptsächlich Dinge wie „high motor guy“ und „strengt sich immer voll an “ auf.

CB Josh Norman soll den pundits zufolge vor allem das spielerische Talent haben – und weniger die anderen Dinge. Norman ist ein großer Cornerback mit guten Händen, der durchaus in der zweiten Runde  schon ein guter Pick gewesen wäre, gewisse „character concerns“ aber die Teams verschreckt haben. 7th-rd pick D.J. Campbell ist eher für die Special Teams da, könnte bei der nicht gerade rosigen Safety-Situation aber sogar Möglichkeiten haben, auch dort seine Chance zu bekommen.

Für die Offense kommt mit Guard Amini Silatolu jemand, der 150kg auf 1,90m verteilt. Für eine Offense, die um das Laufspiel herum aufgebaut ist, ist das ein sinnvoll investierter Pick. Gerade das Aus-dem-Weg-schieben von überforderten Gegenspielern für seine Running Backs soll dann auch tatsächlich Silatolus Stärke gewesen sein. Allerdings waren seine Gegenspieler in der Regel auch nur halbe Hemden. Seine Midewestern State Mustangs spielen gegen so Teams wie Tarleton State, Incarnate World oder West Alabama. Durch seinen small-school-Hintergrund, soll er auch noch ziemlich ungeschliffen sein und einen guten Techniktrainer dringend nötig haben. Silatolu benötigt also wahrscheinlich noch etwas Zeit, könnte dann aber einer der besseren Guards der Liga werden.

WR Joe Adams soll ein Leichtgewicht sein, aber sehr explosiv. Wenn der tatsächlich seine Stärken in Sachen „Yards after the Catch“ hat, wie es in seinen Scouting Reports steht, könnte er schnell eine willkommene Waffe für Cam Newton im Slot werden.

Insgesamt keine herausragende Draft der Panthers. Die große Schwäche DT wurde gar nicht angegangen; die Secondary wurde nur mit einem schwierigen Talent und einem Special-Teamer verstärkt und der wirklich starke WR wurde auch nicht gedraftet. Der große Schritt nach vorne war das wohl nicht. Es ist mehr so ein notwendiges Auffrischen und für Kadertiefe und competition innerhalb der Mannschaft. Das ist eigentlich zu wenig.

Tampa Bay Buccaneers

  •     #7 (1) S Mark Barron (Alabama)
  •   #31 (1) RB Doug Martin (Boise State)
  •   #58 (2) LB Lavonte David (Nebraska)
  • #140 (5) LB Najee Goode (West Virginia)
  • #174 (6) CB Keith Tandy (West Virginia)
  • #212 (7) RB Michael Smith (Utah State)
  • #233 (7) TE Drake Dunsmore (Northwestern)

Dem neuen Head Coach Greg Schiano eilt der Ruf voraus, alles und jeden unter Kontrolle haben zu wollen. Die Namen, die in seinen Biographien immer wieder auftauchen sind dann auch nicht zufällig Joe Paterno, sein Lehrmeister, sowie Bill Belichick und John Wooden. Es gibt sympathischere Typen, aber sehr viel erfolgreichere gibts nicht viele. Von Belichick hat Schiano das Mantra übernommen: „we are not collecting talent, we´re building a team.“ Die Aushilfsdiva Kellen Winslow hat er sodenn auch gleich ans andere Ende der USA, zu den Seahawks geschickt, nachdem dieser keine Lust auf „voluntary“ workouts hatte. Bei draften kommen „character“, „leadership skills“ und „work ethic“ für Schiano weit vor Sprintzeiten und Bankdrücknummern.

Wenn Safety Mark Barron all diese Intangibles tatsächlich mitbringt, haben die Bucs mit dem ehemaligen Captain der Crimson Tide-D den Dreh- und Angelpunkt ihrer Defense für die nächsten Jahre gefunden. Spielerisch soll Barron über jeden Zweifel erhaben sein. Im schlimmsten Fall ist Barron regelmäßiger Pro Bowler. Im besten Fall spielt wird er eine Mischung aus Ed Reed und Troy Polamalu. Sagen die Auguren. Tatsächlich ist es eher selten so, daß jemand in die Liga kommt und so spielt. Aber viel Talent ist auf jeden Fall vorhanden und ein Playmaker seines Kalibers war derdas größte Need in Tampa.

Ursprünglich hatten die Freibeuter den 5th overall, den tauschte man gegen den 7th overall und einen 4th-rd pick der Nachbarn aus Jacksonville und nutzte diesen postwended, um aus dem eigenen 2nd-rd pick einen späten 1st rounder zu machen. Damit hatte Schiano Zugriff auf RB Doug Martin. Der Bronco aus Boise ist einer der komplettesten RBs der diesjährigen Klasse. Vom kraftvollen Lauf durch die Mitte über den weit getragenen Screen Pass bis zum immer wieder unterschätzten blitz pick-up hat er alles drauf. Martin soll der go-to guy werden, welcher LeGarette Blount mit seinem Dampfwalzen-Stil nicht sein wird. Um Blount noch ein bißchen mehr Feuer unterm Hintern zu machen, hat Schiano in der siebten Runde noch einen RB gedraftet. Michael Smith von Utah State ist ein dicker, kleiner Junge, der bei seinem Pro Day trotz 210lbs eine 4.33 40 gelaufen ist. Bei den Aggies hat er in drei Jahren durchschnittlich 7,1 Yards pro Carry erlaufen.

Für die defensive Seite des Balles holte man sich in der zweiten Runde dringend benötigte Verstärkung für das Linebacking-Corps. Lavonte  David soll sich in der Big-12 sehr erfolgreich mit den Paßempfängern der zahlreichen Spread-Offenses rumgeschlagen haben. Sehr sinnvolle Verstärkung, wenn man in einer Division mit Jimmy Graham, Tony Gonzalez und der TE-freundlichen Offense der Panthers spielt.

Im Idealfall haben die Bucs mit Barron, Martin und David drei neue Starter von Tag 1 an, die ein deutliches upgrade darstellen sollten. Gerade wenn die vielen in den letzten Jahren hoch gedrafteten Defensive Linemen alle mal gesund bleiben würden, könnte das eine junge, aufregende Defense werden. Auch im Angriff hat man heftig aufmunitioniert. QB Josh Freeman hat in der Free Agency schon eine neue große Waffe bekommen mit Vincent Jackson; einen der besten Beschützer, den man sich vorstellen kann mit Carl Nicks; und nun per Draft auch noch zwei RBs. Wenn Schiano aus den Teilen auch tatsächlich ein funktionierendes Team formen kann, zeigt der Trend in Tampa wieder deutlich nach oben.

NFC South in der Frischzellenkur 2012 (I)

Atlanta Falcons

  • #55 (2) C Peter Konz (Wisconsin)
  • #91 (3) OT Lamar Holmes (Southern Miss)
  • #157 (5) FB Bradie Ewing (Wisconsin)
  • #164 (5) DE Jonathan Massaquoi (Troy)
  • #192 (6) S Charles Mitchell (Mississippi State)
  • #249 (7) DT Travian Robertson ( South Carolina)

Zwei Picks in den Top 150: die Falcons bezahlen auch heute noch für Julio Jones, nachdem sie in der letzten Draft bereits einen 1st-, 2nd- und 4th-rd pick für ihn abgegeben haben. Dafür haben die Falcons nun zwei ziemlich gute Receiver für ihren ziemlich guten QB, aber daneben wird vor allem die O-Line und das Laufspiel immer schlechter und depth ist bald nur noch ein Fremdwort.

Zumindest gegen die Veralterung der offensiven Linie hat GM Thomas Dimitroff mit seinen zwei „Top Picks“ an den Positionen 55 und 91 etwas getan. Der Badger Peter Konz ist extrem groß für einen Center (1,95m), was ihm wohl immer wieder Nachteile in Sachen „leverage“ beschert. Dafür ist er aber einigermaßen beweglich für einen 140kg-Koloß, kann daher auch erstmal Guard spielen und dann in ein, zwei Jahren das Erbe des 35-jährigen Todd McClure antreten OFFENSIVE LINEMAN WISCONSIN!

OT Lamar Holmes bekommt eher das Label project. Er hat zwar einen Tackle-Körper wie er im Buche steht mit 2,00m und 150kg, aber an Technick soll es noch mangeln. Was auch damit zu tun hat, daß er auf einer kleinen Schule war; darum ist sogar für die selbsternannten pundits die Evalution noch schwieriger als ohnehin schon: seine Gegner waren nicht die ganz großen SEC- oder BigTen-Kaliber, sondern oftmals nur halbe Portionen. Holmes wird ein wenig Zeit bekommen, denn mit Tyson Clabo (rechts) und Will Svittek oder Sam Baker (links) hat man Starter. Aber bei dem Niveau, das die beiden letztgenannten an den Tag legen und Clabos 31 Lenzen kann er schon früher seine Zeit bekommen, als allen Beteiligten lieb sein sollte.

Für die Verstärkung des Laufspiels, das auf den 45jährigen Beinen Michael Turners wie ein Kartenhaus im Windkanal steht, hat Dimitroff mit seinem dritten Pick einen Fullback genommen. Das hat kurz für allseitiges Kopfkratzen gesorgt, aber dann stellte sich heraus, daß Bradie Ewing ja bei WISCONSIN war!

Für die Defense, die breiter aufgestellt ist als die Offense und in der Free Agency und per Trade schon angegangen wurde – die DEs John Abraham und Kroy Biermann haben neue Verträge bekommen und CB Asante Samuel kam im Tausch für ein paar Turnschuhe und ein Satz Trikots aus Philadelphia – hat man die zwei D-Liner Jonathan Massaquoi und Travian Robertson sowie Safety Charles Mitchell verpflichtet.

Insgesamt scheint gerade die Strategie für den Angriff sehr riskant zu sein. Durch die mangelnde Kadertiefe ist man zwei Verletzungen davon entfernt, in jedem Spiel so auszusehen wie gegen die Giants in den letztjährigen Playoffs.

New Orleans Saints

#89 (3) DE/DT Akiem Hicks (Regina, Canada)
#122 (4) WR Nick Toon (Wisconsin)
#162 (5) S Corey White (Samford)
#179 (6) G Andrew Tiller (Syracuse)
#234 (7) OT Marcel Jones (Nebraska)

Zwei Picks in den Top 150; der erste Pick an Position 89. Noch schlechter als Atlanta, und man hat in Louisana wahrlich nicht weniger Löcher als nebenan in Georgia. In der Free Agency mußte man bluten (WR Meachum, G Nicks, CB Porter); LB Vilma und DE Smith wurden für ihre Rolle im Bounty Scandal gesperrt; Head Coach ist gesperrt; GM ist gesperrt; Drew Brees hat keine Lust auf das Franchise Tag. Der 1st-rd pick wurde letztes Jahr schon nach New England verschippt um RB Mark Ingram draften zu können; den 2nd-rd pick hat sich Roger Goodell als Bounty einbehalten.

Mit dem 3rd-rd pick haben die Saints dann recht kreativ einen Pass Rusher aus Kanada gedraftet. Akiem Hicks wurde mal als riesiges D-Line Talent von LSU recruited, hatte dann aber Probleme mit der NCAA, landetet auf einem Junior College und schließlich bei der University of Regina, irgendwo in Saskatchewan. Ein Körper wie gemalt – 1,95m, 125kg – aber durch seinen Mangel an Training von Top Coaches an großen Schulen auch das Synonym für raw. Klassischer boom-or-bust-Fall. Gewagte Strategie, wenn der Kader löchrig ist wie eine Schützenscheibe.

Nick Toon, Offensive Lineman Wide Receiver aus Wisconsin, groß und kräftig, wäre ein sehr sinnvoll investierter Pick gewesen, wenn denn Drew Brees vor August mal mit ihm trainieren würde. Ohne die Zeit mit seinen neuen Chefs Brees und Sean Payton wird er wohl kaum früh in der Saison große Taten vollbringen können.

Hintenraus kommt mit Safety Corey White noch ein small school prospect und mit Andrew Tiller und Marcel Jones Tiefe für die Offensive Line. Insgesamt eine sehr riskante Draft angesichts der vielen Löcher. Wahrscheinlich wird keiner der fünf Picks sofort weiterhelfen. Wobei die Hilfe angesichts der vielen gesperrten und abgewanderten Leistungsträger dringendst angeraten gewesen wäre.

Man kann mit Fug und Recht behaupten, daß sowohl Saints als auch Falcons 2012 schlechter aufgestellt sind als 2011. Das ist doppelt schlimm, denn nicht nur das Ausbleiben von signifikanten Verstärkungen zwischen den Jahren ist ein Rückschritt, sondern auch schon das bloße Halten des status quo.