Das Sunday Night Game New England Patriots vs Denver Broncos hatte viele Elemente von „Instant Classic“, inklusive großer Comebacks, interessanter Coaching-Entscheidungen und adäquatem Overtime-Verlauf. Es war nicht das beste Spiel der Saison, aber eines der spektakulärsten. Ein paar Dinge, die in der öffentlichen Wahrnehmung zu kurz kommen dürften:
- QB Peyton Manning hatte eine verheerende Nacht: 38 Dropbacks und dabei nur 3.7 NY/A, das ist – erraten – unter der Tebow-Zone. Das geht vielleicht unter, weil Denver schnell hoch führte und Manning einen großen Comeback-Drive orchestrierte, aber insgesamt sind das bemerkenswert schlechte Zahlen.
- Die eh schon dezimierte „innere“ Patriots-DL hat weiterhin große Probleme, das Laufspiel zu stoppen; die Defense, die als #31 der Lauf-Verteidigungen nach SR% ins Spiel gegangen war, ließ sich von Denvers nur mäßig furchteinflößendem RB-Duo Ball/Moreno für 280yds überlaufen.
- Fumbles waren eine wichtige Geschichte des Spiels: Ich meine, ich habe oft thematisiert, wie komplett zufällig sich die Fumble-Recovery verhält; sie ist ein Münzwurf-Spielzug, über die keine NFL-Mannschaft Kontrolle hat. Am Montag? New England hatte sechs Fumbles, Denver fünf. Das sind freakig hohe Zahlen für ein NFL-Spiel und ich bin mir nicht sicher, ob die Eiseskälte in Foxboro dafür mitverantwortlich war (eine frühere Studie von mir zeigte nur sehr begrenzte Korrelation zwischen kaltem Wetter und Fumbles). Denver eroberte gleich die ersten drei und ging 24-0 in Führung. Danach passierten noch acht Fumbles, und New England eroberte davon sechs.
- Ein bissl fühlte ich mich zwischendurch an das letztjährige Monday Night (oder Sunday Night?) Game der Patriots gegen San Francisco zurückversetzt: Auch dort lagen die Pats zwischenzeitlich mit vier Touchdowns zurück, obwohl sie eigentlich ebenbürtig gespielt hatten; auch damals waren die Turnovers für das tiefe Loch mitverantwortlich. Auch damals drehte New England das Spiel, als sich die ganz größten Zufälle nicht mehr allein gegen die Pats verschwört hatte.
- Keine Lust auf eine „momentum“-Diskussion. Nur so viel: Bei so vielen unkontrollierbaren Zufallsevents wie Fumbles und Windstärken von 20 mph dürfte emotionale Konzentration nicht der spielbestimmende Faktor gewesen sein, trotz der 24-0 und 31-0 Runs der beiden Teams. Der Spielverlauf bestätigt das; Denvers Pass-Offense war prinzipiell nie im Spiel, da die Broncos schon 17-0 führten, als Manning zum ersten Mal ernsthaft geprüft war.
- Ich fand Belichicks Entscheidung, den Wind zu nehmen, mutig. Und ich fand die Entscheidung richtig; vor ein paar Wochen prügelte ich auf Ravens-HC Harbaugh ein, der in ähnlichen Verhältnissen den Ball nahm. Ich akzeptiere in diesem Punkt gerne andere Meinungen und glaube nicht, dass es die absolute Wahrheit ist, aber in einem Dome fände ich die Overtime-Entscheidung haarig. In solchen Windverhältnissen wie Foxboro wäre es für mich ein no brainer, den Wind zu nehmen und zu hoffen, dass meine Defense selbst den besten gegnerischen QB Manning stoppen kann. Denn: Der zweite Ballbesitz ist „four down football“. Teams werden dort u.U. zu ihrem Glück gezwungen, den Drive auszuspielen. Das ist sehr viel erfolgsversprechender als three down football. Wie gesagt: In einem Dome ließe ich mit mir reden. Im windigen Foxboro nicht.
Am Ende ein krasser Spielverlauf in einem Spiel, das nur wenig Aufschluss über die wahre Stärke beider Teams gab. Es war bezeichnend, dass ein kurioser muffed punt mit dem eigentlich so verlässlichen Wes Welker im Mittelpunkt die Partie am Ende entschied. Schade für die vielen Zuschauer, die zur Pause nach Hause gefahren waren; auf der anderen Seite: Von New Englands wetterwendischem Publikum ist man nicht viel besseres gewohnt. Und wer nicht kapiert, wie zufällig Denvers hohe Führung überhaupt zustande gekommen war, ohne großes eigenes Zutun, der ist selbst schuld (außer natürlich, er war verkühlt und hatte am Montagmorgen einen lebenswichtigen Termin).
Ohne Zweifel das bisherige „Game of the Year“, wobei man sich schon fragen muss, was ist da mit den Broncos passiert. Ging man wirklich davon aus Brady und co. mit 52:14 (oder dergleichen) zu demütigen nachdem man so weit vorne lag zur Pause ?
Naja, die Situation ist halt einigermaßen schwierig für die Broncos (natürlich innerhalb des Grundkontextes, dass eine 24-Punkte-Führung nicht schlecht ist), denn:
– Das Running-Game hat von Anfang an funktioniert. Es gab nicht den geringsten Grund davon Abstand zu nehmen, kein Team – egal ob da Manning, Brady oder Rodgers under Center steht – schaltet bei einer 17- bzw. 24-Punkte-Führung in den „air it out“-Modus, vor allem nicht, wenn der Wind mit 35 – 40 km/h bläst und die gegnerische Defense dafür bekannt ist, dass sie im Passing Game Turnovers kreiert.
– Peyton Manning steckte bereits früh einen Hit ein. So angeschlagen wie er aktuell ist, ist es das logischste der Welt, dass man ihn mit Läufen und schnellen (kurzen) Pässen entlastet.
– Jack del Rio ist der Backup-Coach und wurde erst vor kurzem aus Jacksonville geprügelt. So einer hat üblicherweise nicht die Eier und auch nicht das Standing in solchen an sich schon sehr klaren Situationen kontroversielle Entscheidungen zu treffen, sondern bleibt konservativ.
– Trotz des enorm erfolgreichen Laufspiels hat die Pats-Defense nie aufgehört primär gegen den Pass zu spielen. Es waren eigentlich immer 2 Safeties tief und selten mehr als 5 – 6 Verteidiger in der Box. Das ist eine Einladung zum Laufen, die man in der Situation und mit der klaren Führung eigentlich annehmen muss.
Insofern: ich glaube nicht, dass das Game Management der Broncos schlecht war. Natürlich will man den Todesstoß möglich früh setzen, vor allem gegen Brady, aber man hatte eigentlich keine guten Gründe auf eine pass-fokussierte Offense zu wechseln.
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Lieber Basti
[/Quote] Ging man wirklich davon aus Brady und co. mit 52:14 (oder dergleichen) zu demütigen nachdem man so weit vorne lag zur Pause ? [/Quote]
Wer soll davon ausgegagen sein?
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