Ode an Chris Petersen

Chris Petersen im Spiel der Spiele: Fiesta Bowl 2007

Chris Petersen im Spiel der Spiele: Fiesta Bowl 2007

Der Trainerwechsel des Jahres fand Ende letzter Woche statt: Chris Petersen verlässt die Boise State University und wird neuer Head Coach der Washington Huskies. Es war ein Paukenschlag, den man schon nicht mehr erwartet hätte, und er markierte auch irgendwie symbolisch das Ende der BCS-Ära: Denn Boise State war unter Chris Petersen zu einem der tragenden Figuren der Bowl Championship Series gewesen.

Die Boise State Broncos waren eines der Hauptthemen auf diesem Blog, und ihr Maskottchen ist noch immer das kleine Blogbildchen von Sideline Reporter. Eng damit verknüpft war Chris Petersen – „Coach Pete“ – der Architekt und Ingenieur hinter dem sensationellen Erfolg dieses Winzlings aus den Wäldern Idahos, der die eingestandenen Granden Jahr für Jahr das Fürchten lehrte. Es reichte nie für das BCS-Finale, auch wenn es zumindest in der Saison 2010/11 verdient gewesen wäre, aber das ist nicht der Punkt.

Es ist unmöglich über das Pokerface Chris Petersen zu schreiben, ohne nicht zumindest das Spiel der Spiele anzusprechen, Fiesta Bowl 2007, das Duell mit den Oklahoma Sooners, in dem Petersen die ganz dicken Eier mit ins Stadion nach Glendale schleppte und in der Crunchtime eine vorher wie nachher ungesehene Latte an Trickspielzügen ansagte, um das Mega-Upset perfekt zu machen:

Ich glaube, ohne dieses Spiel hätte ich das Interesse am American Football längst verloren. Aber ich weiß noch, wie ich mich nach diesem Spiel gefühlt habe. Ich war waschelnass. Ich möchte mich immer wieder so fühlen. Diese Rückhand-Ballübergabe ist der geilste Sportmoment, den ich je erlebt habe.

Freilich sorgte das auch dafür, dass Boise fortan für „Gimmick“ verschrieen war, assoziiert mit den Trick-Plays, aber nicht für voll genommen. Dabei entwickelten sich die Broncos zu einem der besten Teams des Landes: Im „Schläger zu Boise“-Spiel 2009 wurden die Oregon Ducks von Chip Kelly so dermaßen windelweich geprügelt, dass es zumindest für einen Tag kein Morgen mehr gab. Ein Jahr später ein dramatischer „Auswärtssieg“ gegen Virginia Tech, und ein weiteres Jahr später die vielleicht beste Broncos-Leistung ever, bei der 35-21 Demolition der Georgia Bulldogs im Herzen der SEC, im Georgia Dome.

Boise State spielte die zweitschönste Offense des Landes nach Oregon. Die Details wurden einst bei Smart Football in einem sensationellen Blogeintrag erklärt, und es ist nach wie vor das Protokoll einer Mannschaft, die wie keine andere für den „Underdog“ im Sport steht, das kleine Pferdchen, das selbst mit seiner Spielweise alle Komponenten eines echten Davids in sich vereinte:

Freilich reichte es nie fürs BCS-Championship. 2006 noch nicht für voll genommen, 2009 chancenlos gegen die klangvolle Super-Ansetzung Alabama gegen Texas, 2010 zerstört von einem unglaublichen Colin Kaepernick in einer magischen Nacht in Reno, in der Petersens Kicker Kyle Brotzman in der Crunchtime zwei „Chip-Shots“ daneben semmelte. Das Thema Kicker verfolgte Pete auch ein Jahr später, als man zuhause gegen TCU mit einem Punkt verlor – wieder versagte der Kicker in der letzten Sekunde.

Nun ist Chris Petersen also tatsächlich gewechselt. Seit Jahren wurde sein Name bei jedem sich öffnenden Top-Trainerplatz gehandelt, aber seit Jahren verteilte er Absagen. Petersen wusste, dass er sich bei UCLA, USC oder Florida nicht wohlfühlen würde. In Boise erbaute man ihm zwar derweil kein Monument, aber dafür einen Sportkomplex, der mittlerweile mit jenen der besseren Universitäten der Staaten mithalten kann.

Dann kam der Ruf der University of Washington – kein Riesenprogramm im Universum College-Football, aber eines der großen. In den 90ern war man dort mal National-Champion, und jüngst wurde für mehrere hundert Millionen Dollar eines der stimmungsvollsten Stadien (atmosphärisch auf und neben den Rängen) in den USA renoviert.

Petersen sagte zu. Damit zerstörte er zwar die Illusion, dass ein Mann von seinem Profil allen Verlockungen widerstreben könnte, aber mal ehrlich: Diese Illusion war selbiges: Eine Illusion. Washington passt wie Arsch auf Eimer zu Petersen, als große, aber nicht medial allzu chaotische Uni. Man spielt in der Pac-12 Conference, dort wo Petersen als Oregon-Jünger einst herkam, und er ersetzt mit dem zu USC abgewanderten Steve Sarkisian einen Mann mit ähnlicher Denke. Für Washington ist die ganze Situation ein Gewinn: Man ersetzt den abwanderungswilligen Sarkisian durch einen – zumindest ist das heute die Wahrnehmung – besseren Head Coach, einen, der erstmal 2-3 Jahre unangreifbar sein wird.

So sehr ich traurig bin, dass damit das beste Kapitel, das der College-Football geschrieben hat, seit ich ihn verfolgte, so sehr ist der Wechsel logisch. Die Pac-12 Conference kriegt damit in Washington wohl einen weiteren Contender, und wenn nein, dann zumindest ein weiteres „Team to Watch“. Boise State wird eine Lösung finden, aber es müsste schon großes Glück haben, um eine ähnlich gute Lösung zu finden. Ich werde dieser Uni auch weiterhin die Daumen drücken.

Aber ich weiß nun auch, wo mein neuer Favorit in der Pac-12 Conference zuhause ist. Man sieht sich dann zum Season-Opener 2015, Boise State Broncos vs Washington Huskies.

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