Super Bowl XLVIII preview – Denver Broncos Offense v Seattle Seahawks Defense

Das Matchup ist bekannt: eine der besten Defenses ever – ever, ever – trifft auf die beste Offense seit Erfindung der Hosenträger. Sheriff Peyton Manning und seine vier Broncos Demariyus Thomas, Eric Decker, Thou Shall Not Be Named Former Patriots Guy Wes Welker und Julius Thomas müssen sich mit Seattles “Legion of Boom!” um Earl Thomas, Richard Sherman, Kam Chancellor, Byron Maxwell und Walter Thurmond rumschlagen. Denver Broncos (15-3) Offense vs Seattle Seahawks (15-3) Defense. Super Bowl XLVIII.

Es gibt derzeit wohl keine bessere receiver combo als Thomas-Decker-Welker-Thomas. Demariyus Thomas ist der Nr.1 WR aus dem Lehrbuch; Decker ein kräftiger WR, der sich aber gerne in der Mitte des Spielfeldes rumtreibt (ein wenig wie Saint Marques Colsten); Welker der Typ, für den die Charaktersierung “a Welker-type of guy” erfunden wurde; und Julius Thomas das neueste Vorzeigemodell aus der Serie matchup nightmare von Tight Ends Inc.

Früher, bei den Indianapolis Colts und zu Beginn seiner Zeit bei den Broncos war Peytons playbook vergleichsweise dünn. Er stand fast durchweg mit drei WRs, einem TE und einem RB auf dem Feld. Die Anzahl der Spielzüge war auch überschaubar. [Chris Brown ausführlich über diese Offense.]

Es gab trotzdem nur selten eine Verteidigung, die diesen Angriff stoppen konnte. Einerseits kann Manning Verteidigungskonzepte schon vor dem snap lesen wie niemand sonst und sich folglich darauf einstellen. Andererseits hat er die perfekten körperlichen Voraussetzungen für einen Quarterback: 1,95m groß, 100kg schwer und einen sehr anständigen Arm. Jeder wußte, was kommen wird, trotzdem konnte es niemand stoppen. Manning weiß immer genau, wer wo offen sein wird und kann dann den perfekten Paß werfen.

Das mit dem Spielverständnis stimmt mehr denn. Allein: körperlich ist er nicht mehr der Alte – weil er körperlich mittlerweile sehr alt ist (und seine Nacken-/Nervenverltzung deutliche Spuren hinterlassen hat). Darum hat er “sein” System mit Hilfe von Offensive Coordinator Adam Gase weiterentwickelt. Es ist jetzt – vor allem in den Formationen – viel variabler und er wirft noch mehr als früher vermehrt über die Mitte. So ist er weniger angewiesen auch milimetergenaue Pässe in kleinste “windows” und vor allem weniger abhängig von Würfen, die viel arm strength verlangen: vor allem deep outs. So nutzt er perfekt die Stärken seiner Wide Receivers. Diese bekommen von Manning den Ball über viele crossing und drag routes in der Mitte des Feldes. Weil Manning diese kurzen Bälle immer noch sehr genau wirft und alle WRs viele yards after the catch (YAC) machen können. Der tiefe Ball bereitet ihm Schwierigkeiten (wenn nicht gerade ein WRs seinen Deckungsspieler überlaufen hat und “oben” keine Hilfte von den Safeties in Sicht ist).


Seattles Defense nun ist das Spiegelbild des alten Mannings. Sie haben ein sehr dünnes playbook – jeder weiß, was kommen wird – und sie haben körperlich die besten Voraussetzungen, um jedem Wide Receiver die Lust am Weiterspielen zu nehmen.

Die Seahawks spielen größtenteils Cover-1 und Cover-3 (und auch immer mal wieder Cover-2, bei denen die Cornerbacks dann nicht tief sinken, sondern plötzlich in der flat zone „sitzenbleiben“ und in kurze Pässe reinspringen) wobei die Cornerbacks press man coverage spielen, ihrem Gegenüber also direkt an der Line of Scrimmage gegenüberstehen und die diese im Idealfall erstmal ordentlich durchrütteln, bevor sie ihre geplante Route laufen können. Sherman mit 1,91m und Maxwell mit 1,85m sind wie gemalt für diese Aufgaben. Der potentielle Schwachpunkt liegt hierbei natürlich in den langen Routen. Wenn die WRs an den CBs vorbeikommen und diese nicht schnell genug aufholen, hat der Quarterback oft eine Chance, den tiefen Ball zu werfen. Es sei denn, irgendwo “in der Tiefe des Feldes” läuft jemand wie Earl Thomas rum.

Der Safety der Seahawks streunt oft scheinbar unbeteiligt im tiefen Nichts umher, aber durch seine Explosivität und seinen speed, wenn er ins Laufen gekommen ist, kann er jeden Receiver, der scheinbar offen ist, erreichen bevor der Ball da ist.

Diese Möglichkeiten für tiefe Bälle sind auch nur vorhanden, wenn der QB Zeit hat. Diese Zeit wird Manning gegen Seattle aber meisten nicht haben. Seattle hat ein scheinbar unendliches Reservoir an starken pass rushers: Cliff Avril, Bruce Irvin, Chris Clemons außen, Michael Bennett und Brandon Mebane meist von den inneren Positionen aus können noch jede Offensive Line zerlegen. Wie wird Denvers Offensive Line dem standhalten können? Wird Peyton regelmäßig einen Running Back oder gar einen Tight End zum Blocken statt auf eine Paßroute schicken?


Das Allerblödeste an pressure im Gesicht in Kombination mit der press man coverage ist aber, daß sie das timing bei den viele kurzen Routen kaputtmacht. Das weiß Manning natürlich und hat passenderweise sein playbook um Spielzüge ergänzt, die just die sich immer weiter ausbreitende Mannverteidigung vor große Probleme stellt. Viele trips formations gehören beispielsweise dazu, bei denen drei WRs so eng beieinander stehen, daß gar nicht jedem ein CB direkt gegenübertreten kann. Zusätzlich spielt gerade Denver unglaublich viele pick plays. Dabei laufen zwei WR aufeinander abgestimmte Routen, bei denen durch das Kreuzen und das Mitziehen der Verteidiger wie beim Basketball ein Block gesetzt (“pick”) wird. Und drittens hat Peyton Manning den screen pass für sich entdeckt wie niemals zuvor. Die Thomas-Thomas-Welker-Combo ist sehr stark im Blocken für Laufspielzüge, und nichts anderes sind screen passes von ihrem Wesen her – nur eben weit weg von den vielen dicken Defensive Linemen. (Und als Schmankerl hat er offenbar Tim Tebows playbook im Keller gefunden und Aufstellungen mit vier WRs auf einer Seite übernommen. Diese komische Formation hab ich bisher nur bei den Denver Tebows 2011 gesehen. Da waren Adam Gase und dessen Vorgänger Mike McCoy übrigens auch schon in Denver, unter Josh McDaniels.)

Aber um mal auf den entscheidenden Punkt zu kommen: auch das alles ist gegen Seattle nur semi-aussichtsreich. Einmal sind die CBs durch press man eben schon sehr nah an der Line of Scrimmage. Aber weil man Sherman oft alleine lassen kann und Thomas so viel Raum alleine abdecken kann, spielt Safety Kam Chancellor oftmals wie ein vierter Linebacker. Bonuspunkte für Chancellor: er sieht auch aus und tacklet wie ein Linebacker. Das bedeutet noch weniger Platz für das unvermeidliche Kurzpaßgestammel. Da sollte man am Sonntag mal drauf achten: es wird einige Spielzüge geben, bei denen zehn (!) Verteidiger Seattles nicht weiter als fünf Yards von der Line of Scrimmage entfernt sind.


Ich würde Seattle hier empfehlen, was ich schon im Championship Game für einen guten Plan der Patriots gehalten hab: gib Manning doch die tiefen Würfe! Im Gegensatz zu den Pats sind die Hawks dafür perfekt aufgestellt.

  • starker pass rush mit nur vier Mann, ohne blitz? Check.
  • ein Cornerback, den man alleine lassen kann? Check.
  • ein Safety, der jedes big play verhindert? Check.

Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr sehe ich den Vorteil bei Seattles Defense.

Jedenfalls ist das ein wunderbares matchup, das dem Super Bowl zur größten Ehre gereicht. Ich freue mich mehr auf diesen Super Bowl als auf jeden anderen seit der Saison 2007.

Wo wir gerade dabei sind: hat Denver die beste Offense aller Zeiten? Kann gut sein. Aber zum Abschluß noch das:

“Beste Offense aller Zeiten”, Punkterekord, 7,8 net yards/pass attempt, 4,1 yards/rush; gegen New York. Februar 2008.
“Beste Offense aller Zeiten”, Punkterekord, 7,8 net yards/pass attempt, 4,1 yards/rush; in New York. Februar 2014.

Ergebnis? Auf jeden Fall ein großartiges Spiel.

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Philosophie trifft Pragmatik: Wie die Seattle Seahawks ein einzigartiges Business Model schafften

Gestern hatten wir die Denver Broncos als erste der beiden Superbowl-Mannschaften 2013/14 unter der Lupe im Versuch, ihre Stilfindung zu analysieren. Heute ist die andere Mannschaft dran, die Seattle Seahawks aus dem rauen Nordwesten der Vereinigten Staaten – eine Franchise, die viele Jahre lang als reiner Mitläufer wahrgenommen wurde.

Ursprünglich wurden die Seahawks in den 70er Jahren als Expansion-Team in die AFC eingegliedert. Dort waren sie Divisionskonkurrenz der… Denver Broncos. Während die Broncos aber alljährlich mit einem der größten Stars, QB John Elway, Division und Conference viele Jahre lang dominierten, ging bei den Seahawks so vieles daneben, dass man zwischendurch vergaß, dass da droben in den Wäldern, wo es eh immer regnet, noch eine NFL-Mannschaft zuhause war.

In den 90er Jahren wurde die Franchise an den CEO von Microsoft, Paul Allen, verkauft, der rasch mit der Sanierung begann. Allen riss den morschen Kingdome ab und baute das neue Seahawks-Stadion in Downtown Seattle, eines der fantastischesten NFL-Stadien mit Blick auf die Stadt und mehreren Lautstärkerekorden. Allen installierte auch den Erfolgscoach der Green Bay Packers, den stets grimmig dreinschauenden Mike Holmgren, als neuen Cheftrainer – und schon waren die Seahawks eine Nummer.

Allerdings ab 2002 in der NFC, denn im Zuge der NFL-Aufnahme der Houston Texans wurde eine Neustrukturierung der Divisionen gemacht. Weil zu wenige NFC-Teams im US-Westen zuhause waren, wurden die Seahawks einfach mal auf ihre 30jährige Geschichte scheißend von der AFC in die NFC umgeschichtet. Viel zu sagen hatten sie dabei nicht; es hätte auch keine Sau interessiert.

Sportlich war es ihr Glück, denn ihr neues Zuhause, die NFC West, war viele Jahre lang die Lachnummer der NFL. Seattle gewann sie jahrelang im Schlafwandel. 2005/06 schaffte man sogar den Sprung in die Superbowl XL in Detroit. Dort war man eigentlich die bessere Mannschaft, aber eine Kombination aus Pech, einigen wenigen Steelers-Plays und einem lachhaften Schiedsrichter-Gespann verwehrte den Seahawks den ersten Titelgewinn. In der Folge dümpelte man zurück in altbekannte Gewässer mit 7-9 und 4-12 Saisons.

Am Ende der Saison 2008 wurde Holmgren verabschiedet. Als Nachfolger wurde – schon damals wenig überzeugend – Jim Mora jr. installiert. Mora konnte allerdings keine Begeisterung auslösen, und so waren die Hawks schon ein Jahr später wieder ohne Head Coach.


Pete Carroll trat Anfang 2010 von seinem Head Coach-Posten bei den USC Trojans zurück. Dort hatte er in über einem Jahrzehnt eine große Dynastie geformt und die stolze private University of Southern California zurück in die Erfolgsspur gebracht. Es war ein Erfolg, den man Pete Carroll gar nicht zugetraut hatte, denn Pete Carroll war in den 1990er Jahren zweimal als Head Coach in der NFL gescheitert.

Bei den Jets musste er nach nur einer Saison gehen. Bei den Patriots übernahm er 1997 eine Superbowl-Mannschaft und schaffte in drei Jahren erst 10, dann 9, dann 8 Siege. Siehst du einen Trend? Er ist nicht dein Freund. Schnell war das Urteil über Carroll gefällt: Ein netter Kerl, ja, aber ungeeignet als Head Coach in der NFL.

Ging ans College und brachte USC in gigantische Höhen. Allerdings gerüchtelte es viele Jahre lang ob da schon alles mit rechten Dingen zugegangen war. Ende 2009 verdichteten sich die Indizien immer mehr, dass es teilweise größere Recruiting-Verletzungen bei USC gegeben hatte und dass Carroll der NCAA-Hammer um die Ohren fliegen würde. Er ging, bevor es aufflog (das passierte ein halbes Jahr nach seinem Rücktritt).

Und die Seahawks hatten ja gerade ihren Head Coach Mora jr. rausgeschmissen.


Carroll unterschrieb Anfang 2010 bei den Seahawks, und er wurde nicht bloß Head Coach, sondern zugleich auch noch mit Kompetenzen eines General Managers ausgestattet. Es verblüffte, welche Power man ihm gab. Der „echte“ General Manager ist zwar John Schneider, aber hallo: Schneider fungiert vor allem als Carrolls Berater. Mehr noch: Schneider wurde sogar von Carroll eingestellt!

Pete Carroll ließ in den ersten Wochen und Monaten seiner Amtszeit in Seattle keinen Stein unberührt. Er räumte den Trainerstab auf. Er wälzte den Kader um wie kaum jemand vor ihm. An die 200 Transaktionen machte Carroll allein in seiner ersten Offseason. Es sah gar nicht so aus, als hätte Carroll einen besonderen Plan im Hinterkopf. Es wirkte wie ein Hin- und Herschieben von Bausteinen, aber richtig aufgeräumt wirkte die Baustelle im ersten Hingucken freilich nicht – und ich selbst spottete auch ganz gern über Carrolls Wirken.

In der Retrospektive sieht das freilich etwas anders aus. Zum ersten holte er sich mit RB Marshawn Lynch (via Trade aus Buffalo) das neue Gesicht der Franchise, einen physischen, kräftigen Back als neuen Motor der Offense. Und dann kam der Draft 2010, einer der besten Drafts, die einer NFL-Franchise in den letzten Jahren glückte:

Russell Okung, Earl Thomas, Kam Chancellor, Walter Thurmond und Golden Tate in einem einzigen Draft! Das ist ein ganzer Mannschaftskern für sich. Trotzdem waren die Hawks 2010 ein relativ schlechtes Team, das aber verrückterweise trotz 7-9 Bilanz die Division gewinnen konnte. Man spielte in den Playoffs zuhause gegen den Titelverteidiger New Orleans, und, naja: Rest ist bekannt.

Das war der beste Laufspielzug der Playoffgeschichte, und das beast mode war geboren. Lynch galt fortan als Gesicht der Carroll-Seahawks: Wuchtig, wild, druckvoll.


Die Seahawks sind heute gebaut nach dem Ebenbild des Pete Carroll. Ich hatte den wirklich aufschlussreichen Artikel von Smart Footballs Chris Brown bei Grantland schon vor zwei Wochen hier verlinkt, aber noch einmal: Who’s laughing now?

Also known as Three-Deep zone coverage, Cover Three is a fundamental defensive building block; almost every high school team in the country runs some version. As the name implies, three defenders drop and divide the field into three deep zones — typically the two cornerbacks on the outsides and the free safety in the middle — while four other defenders drop to defend underneath passes as the remainder rush the QB. This coverage is sound against the pass and allows an extra defender to come up to stop the run, but it’s also conservative, which is why veteran NFL quarterbacks tend to carve it up and thus why it’s not commonly used in the NFL on passing downs.

Die Legion-of-Boom. Die vielleicht beste Defense, die ich bisher gesehen habe. Auf alle Fälle eine der optisch herausragendsten, gewaltigsten. Thomas, Sherman, Chancellor: Viel besseres gibt und gab es nicht zu bestaunen.

Es ist auch eine Defense, die aus außerordentlich vielen Außenseitern gebaut ist, Spielern, die die erste Runde des NFL-Drafts nur vom Hörensagen kennen. Die 2010er-Clique hatten wir schon, aber auch der aktuell größte und bekannteste Seahawks-Star, CB Richard Sherman, war ein Mann aus der fünften Runde. LB Bobby Wagner kam in der zweiten Runde. Der aktuell gesperrte CB Browner? Kam aus der Canadian Football League. Leute wie DT MeBane (3. Runde 2007) oder DT Red Bryant (4. Runde 2008) stammen aus der Zeit vor Carroll, aber sie blühten erst unter ihm auf.

In der Offense: QB Russell Wilson in der dritten Runde. WR Golden Tate in der zweiten Runde. WR Jermaine Kearse und WR Doug Baldwin? Beide wurden überhaupt nicht gedraftet.

Das erstaunliche ist: Die hohen Picks des Pete Carroll gingen eigentlich eher schief. Der G Carpenter (1. Runde 2011) ist Bankdrücker. Der OLB Irvin (1. Runde 2012) gilt als one trick pony und musste heuer wegen diverser Delikte ein Saisonviertel gesperrt aussetzen. Und der letztes Jahr quasi für einen 1st-Rounder geholte WR Percy Harvin war das ganze Jahr verletzt, soll nun aber zurückkehren; okay, wenn Harvin fit ist, ist das einer der zehn besten Skill-Player in der Liga, aber er ist halt fast nie fit.

So arbeitete Carroll fast zwei Jahre lang nahezu ohne Resultat (okay, der Divisionssieg, aber…) vor sich hin. Spät in der Saison 2011 hatte man erstmals das Gefühl, dass sich in Seattles Defense auch vom Output her was regt.


Aber das echte Coming-Out hatte die heute bekannte Version der Seahawks erst im September 2012, als sie in einem Monday Night Game die Mega-Offense der Green Bay Packers nach Strich und Faden killten. Das Spiel von damals ist vor allem bekannt wegen der Replacement-Referees und der bizarren letzten Hail Mary des Russell Wilson, aber (zumindest bei mir) in mindestens ebenso prägender Erinnerung war die Vorstellung der Defense in der ersten Halbzeit, die Aaron Rodgers komplett abwürgte.

Der große Erfolgträger in Seattle war unter Carroll immer die Defense. Das markante Gesicht der ersten Jahre war RB Lynch aus der Offense. Aber der Schlüssel, diese Mannschaft von „gut“ und „Sleeper“ zu „Geheimfavorit“ und „Topfavorit“ war der Quarterback, Russell Wilson. Ohne Quarterback kann auch der ansonsten beste, tiefste Kader nix erreichen. Und Wilson ist nicht irgendein QB.

Wilson kam gegen alle Wetten aus der dritten Runde in die NFL. Er wurde sofort zum Stamm-QB. Nach einigen Eingewöhnungsproblemen in den ersten Wochen mauserte sich Wilson schnell zum heimlichen Star der „Big Three“ (RGIII, Luck, Wilson) der Rookie-QBs. Schon zur Halbzeit seiner ersten Saison gehörte er zu den besten Quarterbacks in der NFL, und wurde zur prägenden Gestalt einer Mannschaft, die gegen Jahresende alles an die Wand spielte, was sich ihr in den Weg stellte.

Dieser Überquall an physischer Energie und wuchtiger Dynamik, mit dem die Seahawks Ende der Saison 2012/13 alles in Grund und Boden walzten, wird für immer das definierende Bild der Carroll-Hawks sein. Es war blanker Zufall, dass die letztlich wohl beste Mannschaft der Saison letztes Jahr nicht die Superbowl erreichte, und es brauchte ein mirakulöses Comeback der nicht schwachen Atlanta Falcons in einem unglaublichen Playoffspiel.

Russell Wilson war dieses Jahr nur noch phasenweise so dominant, aber mit seiner Spielweise muss er trotzdem als Liebling der Massen angesehen werden: Ein untersetzter Mann, der eigentlich eher Kickreturner als Quarterback spielen sollte. Es ist extrem sympathisch, dem Underdog Wilson bei seiner Arbeit in der Pocket zuzusehen. Er strahlt phasenweise totale Kontrolle über sich und den Gegner aus. Es gibt wenig Anmutigeres als einen Wilson in Hochform. Da würdest ihn am liebsten als Plüschtier kaufen. Fragt sich, ob Wilsons „Formkrise“ in den letzten Wochen mehr ihm oder den dominanten gegnerischen Abwehrreihen zuzuschreiben ist.


Wilson ist nicht nur sportlich der Mann, der diesen überaus talentierten Kader über sich hinauswachsen ließ. Wilson ist auch deshalb ein „MVP“, weil er so billig ist. Er kostet die Hawks bloß nahezu das Minimalgehalt, weil er als Rookie aus der dritten Runde in einem skandalösen Kontrakt festgeknebelt ist. Auch Jungs wie Sherman, Chancellor oder Wagner spielen für lau, weswegen sich Seattle in der Offseason 2013 den Luxus leisten konnte, gefürchtete Passrusher wie DE Avril oder den kompletten DE Michael Bennett für okayes Salär einem eh schon enorm tief besetzten Kader hinzuzufügen.

So sind die Carroll-Seahawks dieser Tage ein auf recht unorthodoxem Weg zustande gekommenes, rundum fast komplettes Team. Es lebt von geglückten, späten Draftpicks. Von guten Verträgen. Von einem Trainerstab, der nach unermüdlicher Arbeit und vielen Rückschlägen doch noch die richtigen Schemata gefunden hat. Von einem Quarterback, der allen Unkenrufen zum Trotz die Liga im Sturm genommen hat. Und es ist ein markantes Team voller spektakulärer Charaktere und Geschichten.

Die heutige Ausgabe 2013/14 ist gemessen an dem Image, das die Hawks in der letzten Saison ausstrahlten, zwar tiefer und rundum vielleicht auch besser besetzt, aber es fehlt der letzte Thrill. Die Offense läuft nicht mehr so geschmiert wie 2011. Wilson, diese Wühlmaus, spielt nicht mehr ganz so lights out wie noch vor 12 Monaten. Aber dafür reißt eine der besten Pass-Defenses aller Zeiten, die Legion-of-Boom, alles heraus – sportlich und medial.

Pete Carroll hatte schon immer eine Philosophie, die er umsetzen wollte. Er konnte es nicht immer versuchen, weil ihm das Spielermaterial abging. In Seattle fand sich selbiges ein. Dank seiner pragmatischen Art, die auch Ignoranten wie mir lange suspekt erschien. Dank natürlich auch einem glücklichen Händen. Aber ohne Glück ist es nicht möglich, eine solche Mannschaft zusammenzustellen – und wir sollten sie bestaunen, solange sie noch in dieser Form zusammenspielen kann.

Vielleicht ist der Superbowl Sunday auch schon der Höhepunkt der Seattle Seahawks.

Pragmatik schlägt Philosophie: Wie die Denver Broncos ihre Superbowl-Mannschaft formten

Die Superbowl 2014 bietet zwei Teams auf, die gemeinsame Geschichte als einstige langjährige Divisionsrivalen in der AFC West haben. Die Denver Broncos sind dabei die ältere, erfolgreichere Franchise, während die Seattle Seahawks die meiste Zeit ihres Bestehens vor allem als Mitläufer wahrgenommen wurden. Die heutigen Mannschaften wirken einzigartig und sind auch von der jeweiligen Franchise-Geschichte relativ losgelöst. Hatten wir in den letzten Jahren jeweils die Chance, über langjährige Philosophien der Endspiel-Kontrahenten zu sinnieren, sind es diesmal recht kurzfristig zusammengestellte Mannschaften.

Heute konzentrieren wir uns auf die Denver Broncos, zweifacher Superbowl-Sieger aus den 90er Jahren und schon zuvor insgesamt viermal als Verlierer aus dem größten Footballspiel des Jahres gegangen.

Die Geschichte der Denver Broncos ist, wie ich einst schon detaillierter nachzeichnete, in erster Linie die Geschichte des einen Mannes: QB John Elway. Elway kam 1983 nach Denver, weil er sich als Top-Draftpick geweigert hatte, für die Baltimore Colts zu spielen. Die Broncos akzeptierte er, und er wurde alsbald zu einem der herausragenden Quarterbacks in der NFL. Aber so oft Elway sein Team in die Super Bowl führte, so oft scheiterte er. Die AFC wurde damals als minderwertige Conference wahrgenommen, die gegen die NFC-Juggernauts aus San Francisco, Dallas, Washington oder New York wie die Lehrbuben aussahen. Denver: Gut genug um die AFC zu gewinnen, aber zu leichtgewichtig für die Lombardi Trophy.

Das änderte sich schließlich Ende der 90er, als die Broncos doch noch kurz vor Elways Ritt in den Sonnenuntergang zwei Titel abstaubten und somit nicht nur das Bild der kompletten AFC, sondern auch und vor allem der Denver Broncos wandelten. Die einstigen netten Verlierer waren als zweifacher Titelträger plötzlich wer. Sie gehörten mit einem Mal zu den Premium-Franchises in der NFL.


Die heutigen Broncos haben mit jenen Teams aus den 90er Jahren nicht mehr viel gemeinsam. Sie sind fast „zufällig“ so zusammengekommen, als eine Art Treffen der alten Männer, die gerade verfügbar waren. Aber sie alle haben ihren Beitrag geleistet. Sie haben einen Pfad eingeschlagen und eine dominierende Mannschaft gebaut.

Alles begann mit dem Ende der Ära von Head Coach Mike Shanahan, dem Superbowl-Coach aus den Neunzigern: Shanahan wurde nach der Saison 2008 nach einer wiederholten Implosion zu Saisonende und dem Verpassen der Playoffs gefeuert. Als Nachfolger wurde der heißeste Export aus den Neuenglandstaaten seit dem Indian Summer eingestellt, der Patriots-OffCoord Josh McDaniels.

Die Ära McDaniels verlief… nicht gut. McDaniels war ein Jüngling Anfang 30, der sich aufführte als hätte er das Rad der Zeit neu erfunden, und mit seiner herrischen Art vergraulte er nicht bloß den jungen Franchise-QB Jay Cutler, sondern auch alsbald den gesamten Kern der Offense. Nicht alle Moves des Josh McDaniels waren Idiotien, aber im Leben fällt es immer schnell auf dich zurück, wenn du mit deiner Art nicht ankommst und mit deinen Moves nur Fragezeichen produzierst, aber keine Resultate.

Die Besitzerfamilie der Denver Broncos zog bei McDaniels noch vor Ende seiner zweiten Saison den Stecker und schmiss ihn nach 29 Spielen als Head Coach raus. Wie lautet eine der Weisheiten für die Suche nach einem neuen NFL-Coach? Suche immer das Gegenteil jenes Coaches, den du grad rausgeschmissen hast. Egal welchen. Hauptsache, das Gegenteil.

McDaniels‘ Profil: Blutjung, keine Erfahrung, Offense-Geist, Kreator einer rekordträchtigen Pass-Offense, Image des innovativen Genies, aber mit einer ganzen Latte an höchst hinterfragenswerten Entscheidungen in seiner Zeit in Denver.

Da kam es für die Broncos nach Ende der Saison 2010/11 ganz recht, dass die Carolina Panthers den auslaufenden Vertrag mit ihrem Head Coach John Fox nicht mehr verlängerten. Fox‘ Profil liest sich in der Tat wie ein Anti-McDaniels: Weit jenseits der 50, neun Jahre Erfahrung im Team-Building in Carolina, Defense-Stratege, Footballphilosophie aus den 70ern (laufe in der Offense, stoppe den Lauf in der Defense), Image des biederen Arbeiters, in Carolina berüchtigt für konservative Entscheidungen bei Drafts und im Spiel.

Fox: Der ideale Mann, um ein in hellen Flammen stehendes Programm der Denver Broncos wieder aufzubauen.

Der zweite große Move von Owner Pat Bowlen in jenem Jänner vor drei Jahren: Er beförderte die Legende John Elway als vom einfachen Funktionär zum „Team President“ – quasi eine Rolle eines General Managers. Der Move sah seinerzeit fragwürdig aus: Einfach das bekannteste Gesicht der Franchise in den Vorstand befördern und zu hoffen, dass sich ein herausragender Wurfarm in gutes Verhandlungsgeschick transformieren lässt. Zu oft sind solche Moves schief gegangen. Aber der Geschäftsmann Elway, der schon eine Schnellimbisskette zu einem millionenschweren Geschäft gemacht hatte, fiel nicht in diese Kategorie.


Fox ging seine Arbeit in Denver nicht als großer Revolutionär an, sondern arbeitete an den Basics. Als erster bastelte er an seiner Defense und holte mit dem geschenkten hohen Draftpick den Abwehrspezialist DE/OLB Von Miller nach Denver. Miller schlug quasi von Tag eins an ein in Denver und war sehr schnell einer der besten Defensivspieler in der Liga.

Er verbesserte die Defense innerhalb seines ersten Jahres von der schlechtesten (471 Gegenpunkte, 7.2 NY/A) auf eine mittelmäßige (390 Gegenpunkte, 6.4 NY/A), aber die Story der Broncos war in jener Saison 2011 eh eine komplett andere: Tim Tebow.

Tebow.

Tebow war jener Quarterback, der nicht richtig werfen konnte, der aber seine Mannschaften mit purem Willen zu großen Siegen führen konnte. Ein Charismatiker, dessen Gottesfurcht und Einsatz gegen Abtreibungen das ganze Land in helle Aufregung versetzten. Bei dem tausende Mädchen die sich von ihm schwängern lassen wollten zu seinem Abschied vom College in Florida im Sonnenuntergang auf den Rängen geweint hatten. Den Josh McDaniels mit einem Erstrundenpick geholt hatte.

In der Retrospektive war Tebow den Draftpick gefühlt fast wert. Nicht sportlich, aber medial. Die Broncos wurstelten sich zu einer schier fassungslosen Serie an Freak-Siegen, und alles lief für sie: Gegner, die nur 2/8 Completions zuließen, aber in den letzten zwei Minuten plötzlich kollabierten. Gegner, die Fumbles in dümmsten Zeitpunkten begingen und dann noch aus dem Spielfeld traten. Und die Fans spielten verrückt. Und Fox schaute an der Seitenlinie mit einem säuerlichen Grinsen zu. Fox schaffte schon im ersten Jahr Divisionssieg und Einzug in die Playoffs, und dort gewann Denver sogar sein Wildcard-Spiel, das John 3:16 Spiel, den Höhepunkt von Tebowmania, gegen eine der besten Mannschaften der Saison, Pittsburgh.

Trotzdem war allen klar: Tebow ist kein nachhaltiges Geschäftsmodell. Tebow ist nicht die Antwort.

In Indianapolis war genau zu jener Zeit die QB-Legende Peyton Manning überflüssig geworden: Manning hatte just jene Saison aussetzen müssen, und ohne Manning waren die Colts krepiert zum Top-Draftpick, der in jenem Jahr 2012 den Spieler der Spieler, QB Andrew Luck, auf dem Servierteller präsentierte. Die Colts entschieden sich für Luck und gegen ihren Superstar Manning, der mit 36 noch ein letztes Halali blasen wollte.

Die Colts feuerten den besten Spieler ihrer Geschichte. Den Spieler, der ihre Franchise überhaupt erst wieder relevant gemacht hatte. Der sie zum Superbowl geführt hatte.

Und an der Stelle tritt Elway auf den Radar. Elway war eine der zentralen Figuren beim Einkauf von Peyton Manning. Man erinnere sich: Denver war weiß Gott nicht die „logischste“ Option für Manning, der sich seine letzte Mannschaft seiner Karriere auswählen konnte. Elway fungierte als das Gesicht, das im Werben um Manning die entscheidenden Trümpfe zog, und tatsächlich unterschrieb Peyton und machte die Broncos damit über Nacht zum Titel-Mitfavoriten.

Und die Broncos verschifften Tim Tebow nach New York. Tebow, den Spieler, der wie kein anderer einen landesweiten Hype ausgelöst hatte, dass du dich manchmal schon fragtest ob sie die Amis tatsächlich noch alle beisammen haben.

Peyton Manning anstelle von Tebow: Sportlich gibt es ein größere Upgrade nicht. Aber den Mut gehabt zu haben, den Medien-Superstar Tebow abzusägen, dafür gebührt Elway, Fox und der Broncos-Riege Respekt.


Den Broncos sind zwei wichtige Bausteine quasi in den Schoß gefallen: Head Coach Fox und Quarterback Manning. Es war harte Arbeit, die beiden zu verpflichten, keine Frage, aber sie waren eben genau zum richtigen Zeitpunkt auf dem Markt. Ein Champion muss gut sein, aber er muss auch Glück haben. Ohne Glück wirst du kein Champion.

Auch in Denver machte es die Mischung. Der Lauf-Fetischist Fox war pragmatisch genug um zu verstehen, dass eine Offense mit Peyton Manning auch die Handschrift des Peyton Manning tragen muss. Das mag ein banales Statement sein, aber wie oft enden solche Kooperationen in der NFL mit einem Gemetzel an Köpfen, weil die Führung zu starr auf ihre Linie vertraute.

Fox blieb ruhig. Er überließ die Offense seinem OffCoord Mike McCoy und später dessen Nachfolger Adam Gase, die sich schon an Tebows „Vorzüge“ anpassen konnten, und konzentrierte sich gemeinsam mit dem DefCoord Jack Del Rio, mit dem er schon gemeinsam in Carolina ein Traumduo gebildet hatte, auf die Verbesserung der Defense.

Nochmal: Innerhalb von fünf Jahren machten die Broncos vier grundsätzliche Wandlungen ihrer Offense durch: Vom zone blocking-Stil unter Shanahan, der ihnen die Superbowls in den 90ern geholt hatte zur Pass-Offense des Josh McDaniels zur Den-Veer Offense mit Tebow zu Manning. Eine solche Tour durch die Footballsysteme war in der NFL bis dahin quasi ungesehen.


Die letzten beiden Jahre liefen, wie sie liefen: Denver beendete die Regular Season zweimal mit 13-3 Siegen und dem AFC-Top Seed. Der Kader von 2013 sieht nur noch etwas mehr als eine Handvoll jener Spieler unter Vertrag, die Fox vor nur drei Jahren von McDaniels übernommen hatte. Aber bis auf Von Miller waren es nicht unbedingt die großen Drafts, die Denver nach oben brachten; es war vielmehr der Einkauf von relativ preiswerten Free Agents, die andernorts nicht mehr gebraucht wurden.

Ein WR Wes Welker kam aus New England. Ein TE Tamme aus Indianapolis. Ein DT Knighton aus Jacksonville. Ein LB Shaun Phillips aus San Diego. Ein CB Rodgers-Cromartie („Erst in Denver sagte man mir, was ich alles falsch mache“) aus Philadelphia.

Plus natürlich Peyton Manning.

Es gibt natürlich die jungen Superstars, die in Denver gedraftet und aufgebaut wurden. Leute wie Decker oder Demariyus Thomas, die noch aus der McDaniels-Ära stammen. Oder Miller, der Diamant der 2011er-Klasse. Oder LB Danny Trevathan, ein billiger Pick aus der sechsten Runde. Oder S Rahim Moore.

Aber philosophisch wurde Denver ironischerweise erst dann zum neuen „Foxboro West“, als der „Foxboro-Mann“ McDaniels schon weg war. Dann begann man, Free Agents für billiges Geld zu holen. Kurze 1-2 Jahresverträge nahe dem Gehaltsminimum. Spieler, die sich beweisen wollten. Rodgers-Cromartie oder Knighton sind die Paradebeispiele. Das ist Patriots-esker als es den Patriots in den letzten Jahren gelungen ist.

Plus natürlich Peyton Manning.


Die Broncos von 2013 sind in der öffentlichen Wahrnehmung Peyton Mannings Mannschaft. Sie haben seine Identität. Die Offense scort in Rekord-Sphären. Sie hat ein unverwechselbares Gesicht in dem immergleichen und im Detail doch so variablen Kurzpassgewichse, das Manning in seinen mittlerweile 15 NFL-Jahren perfektioniert hat. Die Defense hält trotz extrem vieler Verletzungen gerade gut genug um den Großteil der Gegner locker zu putzen.

Manning selbst kann mit seinem zweiten Superbowl-Sieg seinen Platz im absoluten Thron der besten Quarterbacks der NFL-Geschichte zementieren. Er kann der erste Quarterback werden, der mit zwei Franchises den Titel als Stamm-QB gewinnt. Er kann seine rekordträchtige Karriere schmücken.

Fox kann zehn Jahre nach der ebenso dramatischen wie begeisternden Endspielniederlage gegen die New England Patriots Versäumtes nachholen und den lange fälligen Titel gewinnen.

Elway kann 16 Jahre nach seinem letzten Superbowl nun als Chef der Sportlichen Leitung eine dritte Lombardi Trophy abstauben.

Es wäre kein Sieg im klassischen „Broncos-Way“, sondern ein Sieg der Pragmatik.

Sofa-QBs und die Superbowl-Vorschau 2014

Wir haben heute bei den Sofa-QBs die Superbowl XLVIII in der Mangel gehabt: Drei Blöcke. Einmal Denver Broncos. Einmal Superbowl-Party. Einmal Seattle Seahawks. Mit Granden wie Moderator Andreas Renner, Nicolas Martin, Pete Fink, Christoph Fetzer, Manfred Groitl, Olaf Nordwich und Werner Maier (Präsident Munich Cowboys). Meine Wenigkeit war in letztem Teil mit den Hawks mit dabei: Super Bowl XLVIII – Der Preview.

Startschuss zur Superbowl-Woche

Der heutige Dienstag ist Media-Day vor der Superbowl XLVIII, der bekanntlich ersten im Großraum New York. Das NFL-Network beginnt jetzt gleich um 16h MEZ mit der Live-Berichterstattung vom Media-Day, der meistens nicht narrisch ergiebig ist, aber wer nix besseres zu tun hat…

Konzentrieren wir uns auf das Wesentliche.

Das Wetter zum Beispiel. Eine richtig verlässliche Wetterprognose gibt es natürlich noch nicht, aber die Großwetterlage verspricht das schlechteste Wetter für die Nacht von Freitag auf Samstag bzw. für den Dienstag nach der Super Bowl. Am Sonntag soll es halbwegs gesittet sein, aktuell rechnet man für untertags sogar mit Sonnenschein… ;-( Aber andere US-„Kaltwetterstädte“ dürften erfreut sein, sollte sich dieser Forecast bewahrheiten, denn es wollen offenbar mehrere Städte aus den nördlichen Gefilden eine Superbowl ausrichten, Seattle zum Beispiel.

Einlesen kann man sich schön langsam auch in die Materie des Endspiels. Chase Stuart versucht seit Tagen, einen historischen Kontext für dieses Endspiel zu finden, und es gibt erstaunlich viele Hinweise, dass es sich beim Duell zwischen der Offense der Denver Broncos gegen die Defense der Seattle Seahawks um das beste Matchup der NFL-Geschichte handelt. Noch nie hat eine so gute Pass-Offense gegen eine so gute Pass-Defense (jeweils angepasst an die Ära, in der sie sich befanden) gespielt:

Für die, die etwas mit Zahlen und Statistiken anfangen können, ist das höchst interessant…

Der Star-Ledger, eine Zeitung, die im Bundesstaat New Jersey zuhause ist, schreibt über die landläufige Missachtung von Jersey: 7 tips for Super Bowl visitors to stay on our good side in NJ. Wie man die Bewohner des Garden State nicht verärgert.

Mike Tanier schreibt bei Sports on Earth die Kolumne Mandatory Monday, die ich für die beste NFL-Kolumne von allen halte. Diese Woche schreibt er darüber, wie man sich die Tage um die Super Bowl herum selbst zu Feierlichkeiten machen kann: Super Spectacle.

Super Bowl hype is like the heavy metal we listened to as teenagers: Judas Priest, Iron Maiden, Jethro Tull. (I am a former Grammy voter.) It is meant to be experienced at the threshold of pain. Turn the volume down and you lose all the lack of nuance. Crank it until the flight-or-flight reflex kicks in, and you experience the kind of primal ecstasy Viking berserkers felt before sacking a monastery.

Die NFL mochte den Namen Superbowl ursprünglich nicht. Die ersten AFL-vs-NFL Endspiele trugen noch einen banalen Namen („AFL-NFL Championship Game“). Der Name kam eher zufällig zustande:

H/T Todd Radom

H/T Todd Radom

H/T Todd Radom.

Schließlich noch einmal Super-Offense gegen Super-Defense: Bill Barnwell bei Grantland.com: A Tale of Two Cities:

You’re underrating the Denver Broncos’ offense. Yes, you. I don’t care who you are. You might be someone who considers orange to be a primary color, invited Steve Atwater to your wedding, and has been stuck with dogs named Cutler and Tebow for years now. You, die-hard Broncos fan, are probably underestimating just how good Denver’s offense really is. On Sunday, you will be watching the final game from what very well might be the best offense in NFL history.

Viel Spaß.

Trainerkarussell 2014: Ken Whisenhunt, Tennessee Titans

Lass uns mal den neuen Head Coach der Tennessee Titans unter die Lupe nehmen: Ken Whisenhunt.

Whisenhunt soll nach diversen Medienberichten auch ein Kandidat bei den Detroit Lions gewesen sein, weswegen ich ihn schon vor einigen Wochen genauer unter die Lupe genommen habe. Vom Gefühl her war „Whiz“ nicht mein Lieblingskandidat. Jetzt ist er bei den Titans untergekommen.

Whisenhunt ist extrem schwer in ein Schema zu pressen. Er war als Assistenzcoach, Coordinator und Alleinverantwortlicher enorm erfolgreich (brachte den Cardinals einen ewigen Underdog in die Superbowl), war aber auch verantwortlich für einen üblen Kollaps in Arizona. Aber der Reihe nach.

Whisenhunt war vor zehn Jahren Positionstrainer für Tight Ends in Pittsburgh, wurde 2004/05 zum Offensive Coordinator befördert (sein Vorgänger Mularkey hatte damals einen Cheftrainersessel in Buffalo bekommen). Whisenhunt war mit verantwortlich für die Entwicklung von Ben Roethlisberger. Er installierte ursprünglich die später gewohnte downfield-Offense der Steelers. Roethlisberger war schon als extrem junger Spieler sehr effizient: 7.4 NY/A und 7.8 NY/A in seinen ersten beiden Jahren in der NFL sind sensationelle Werte!

Pittsburghs Offense war damals nicht so passlastig wie in späteren Jahren gewohnt, ja sie war vielleicht sogar noch immer eine auf dem Laufspiel basierende Offense, aber es gebührt Whisenhunt großes Lob, dass er aus einem Rookie solch fassungslose Effizienz-Stats herauspressen konnte – und sei es „nur“ in einem Passspiel, das gelegentlich mit effizienten Plays den GamePlan unterstützte. Zum Vergleich: Ein Peyton Manning hat heuer auch 7.8 NY/A zustande gebracht. Zwar in viel mehr Passversuchen und als Hauptlast der Offense, aber es ist ja auch nur ein Zahlenvergleich.

Whisenhunt wurde 2007 Headcoach der Arizona Cardinals. Dort hatte er es mit einem QB-Jungspund zu tun, der erst ein Jahr zuvor vom Vorgänger-Regime gedraftet wurde, und der nicht in sein Konzept passte: Matt Leinart. Ein wurfschwacher Schönling, der keine Lust hatte seinen glamourösen Lebensstil aufzugeben. Whisenhunt hatte die Schneid, den QB-Oldie Kurt Warner Leinart vorzuziehen, und erreichte mit Warner 2008/09 die Superbowl. Arizona hatte damals kein überragendes Team, aber in einer schwachen NFC West reichte es zu mittelmäßigen Bilanzen, plus ein Ravens-artiger Playoff-Lauf. Aber nicht vergessen: Es war Arizona. Dort waren über etliche Jahrzehnte alle Coaches gescheitert, auch welche mit mehr und größeren Vorschusslorbeeren.

Warner trat nach der Saison 2009/10 zurück, und Arizona stürzte ab. Man macht heute viel davon an Whisenhunt fest. Aber eines muss man Whisenhunt lassen: Er hatte die Schneid, Leinart, den er als ungeeignet für seine Vorstellungen von Football erachtete, zu feuern. Nein, Whisenhunt bekam sein QB-Problem nach Warner nie gelöst. Aber was wären seine Optionen gewesen? 2010 gab es keinen würdigen QB im Draft (ok, Tebow…), 2011 war Newton schon vom Tablett, 2012… Russell Wilson hatte niemand viel zugetraut. Die richtigen Stars bekam Whisenhunt nie zu greifen.

Whisenhunt bekam aber mehr als die QBs nicht mehr in den Griff; es war auch die Offense Line. Die Cardinals ignorierten dieses Problem viele Jahre lang. Warner konnte es kaschieren. Durchschnitts-QBs wie Kolb, Skelton oder Hall sahen kein Land.

Whisenhunt ging nach San Diego und arbeitete dort an der Seite von Mike McCoy als OffCoord. Das Resultat ist verblüffend: Die Chargers-Offense ist ein Jahr, nachdem sie abgeschrieben war, wieder eine der drei besten der Liga. QB Philip Rivers sah aus wie in seinen besten Tagen. Ich meine: Der Vorgänger dort war in Norv Turner keiner, der nix von Offense versteht. Die Chargers-Offense ist mit das verblüffendste, das es dieses Jahr zu sehen gab.

Es gibt viele Anzeichen, dass Whisenhunt mit adäquatem Material viel herausholen kann. Er half Pittsburghs, genügend Offense zu kreieren, um die Superbowl zu gewinnen. Er brachte Arizona ins Endspiel. Er hatte 2011 eine mehr als konkurrenzfähige Cards-Truppe unter seinen Fittichen, die NFL-untaugliche Gurken auf QBs durchschleppen musste.

Damit ist das Urteil über ihn schnell geschrieben: Gib ihm einen adäquaten Quarterback, und er wird dich zu großem Ruhm führen. Ist es so einfach? Ich weiß es nicht. Aber Fakt ist, dass Whisenhunt mit tauglichen QBs Großartiges erreicht hat. Fakt ist, dass Leute wie Kolb, Skelton, Leinart auch andernorts nix gerissen haben. Das einzige, das man ihm nachsagen könnte: Hat er zu stur an „seiner“ Offense festgehalten? Auf der anderen Seite: Alle Whisenhunt-Offenses haben als wichtiges Element ein tiefes Spiel zumindest in Spurenelementen. Leinart, Kolb oder Max Hall hatten bei weitem nicht den Wurfarm um die tiefen Bomben raketenscharf anzubringen.

Für vereinzelte tiefe Spielzüge an sich brauchst du keine Granate von Wurfarm. Aber sie hilft dir, und sie ist essenziell, wenn du ein vertikales Element als integralen Bestandteil zum Funktionieren deiner Offensiv-Ideen brauchst. Leute wie Leinart werfen zu langsame Bälle, zu hoch fliegende. Bogenlampen. Die werden dir abgefangen in der heutigen NFL. Du musst sie flach und scharf werfen. So wie QB Jake Locker in Tennessee. Locker hat einen extrem guten Wurfarm, dem allerdings die letzte Präzision abgeht. Locker galt zwei Jahre lang als stagnierendes Talent, bis er in der abgelaufenen Saison 2013 plötzlich einen großen Sprung nach vorn machte.


Whisenhunt gab in seiner ersten Pressekonferenz kein eindeutiges Statement pro Locker ab. Locker soll allerdings in der Titans-Organisation bei GM Ruston Webster ein gutes Standing genießen. Allerdings darf man auch festhalten, dass Whisenhunt im NFL-Draft 2011 als Cards-HC Locker mit den fünften Pick hätte ziehen können, aber die Cards zogen damals CB Patrick Peterson vor. Alles in allem wäre man aber schon überrascht, wenn Locker sofort abgesägt wird.

Whisenhunt will in Tennessee als Play-Caller in der Offense fungieren, was den neuen OffCoord Jason Michael, den er aus San Diego mitbrachte (Michael war dort TE-Coach), in realiter zu einer Art Assistenten für die OffCoord-Position verkommen lässt.

Für die Abwehr hat sich Whisenhunt den DefCoord der Cleveland Browns, Ray Horton, der schon sein DefCoord in Arizona war, geholt. Eine Wahl, die einiges verspricht. Horton hatte in Arizona eine der besten, meist unterschätzten Defenses unter seinen Fittichen. In Cleveland? Auch. Aber was erstaunte: Whisenhunt sprach in seiner ersten Pressekonferenz davon, auf keinen Fall eine 3-4, 2-gap Defense spielen zu wollen. Genau dafür aber steht und stand Horton schon immer. Vielleicht wird es eine lässige 2-4-5 Defense, die man der Cards-Defense von Horton unter der Hand auch schon nachsagte.

Wird auf alle Fälle eine interessante Zeit. Whisenhunt ist bekannt dafür, den „Steeler-Way“ zu gehen und nie allzu kurzfristig zu denken. Er möchte Stabilität und Kontinuität. Das hatten die Titans nun viele Jahre lang, erst unter Jeff Fisher und dann unter dessen Nachfolger Munchak, aber Whisenhunt ist der erste, der wirklich gewillt sein wird, eine echte Pass-Offense aufzuziehen.

Sideline Reporter vergibt die NFL-Awards 2013/14

Wie es in den letzten Jahren zur Tradition geworden ist, küren die Blogautoren von Sideline Reporter am Saisonende ihre Highlights der Saison. Wer waren sie, die besten Geschichten, größten Überraschungen, schwersten Enttäuschungen, besten Spieler, Spiele und Kommentatoren der Saison?

Story des Jahres

korsakoffRon Rivera. Die Schiedsrichter bzw. das NFL-Regelwerk gäben ein gutes Ziel ab, aber bleiben wir mal dort, wo es die Protagonisten um die es bei uns am direktesten geht. 2013 war nicht notgedrungen ein Jahr der vielen „aggressiven“ 4th-Down Entscheidungen, wie man vielleicht meinen möchte. Aber es war ein Jahr, in dem es in vielen bekannten Spielen auffällig viele rational gute Coaching-Entscheidungen gab. Und noch einmal, bevor wir es wirklich zum Vergasen gehört haben: Ron Rivera machte die extremste Transformation durch. Von der schlimmsten 4th-Down Gurke zum 4th-Down Master. Ich glaube nicht, dass Riverboat Ron das Mathletics-Konzept zum Letzten kapiert hat oder es ausgereizt hat, aber es war ein Anfang. Ein Anfang vom unwahrscheinlichsten Mitglied aus der Trainergilde. Honorable mentions: Referees, Mobbing in Miami, Tebow.

HerrmannRiverboat Ron. Es waren hauptsächlich semi-große Stories, die immer mal wieder so zwei, drei Wochen durch die Liga gingen: Aaron Hernandez im Knast, Richie Incognito v Jonathan Martin, Andy Reid und die Chiefs from worst to first, jetzt wieder dieser Thug-Quatsch gegen Richard Sherman – alles nicht besonders erinnerungswürdig. Darum nehme ich die Verwandlung von Ron Rivera zu Riverboat Ron.
Woche 2 in Buffalo: Rivera läßt mit 3-Punkt-Führung 90 Sekunden vor Schluß einen 4th&Fingernagel nicht ausspielen, sondern das kurze FG kicken, woraufhin natürlich Buffalo das Spiel mit einem TD gewinnt. Das übliche Geschrei der Fans und Nerds setzt wieder ein; Rivera ist die Personifikation all dessen, was Coaches in der NFL falsch machen. Sei es aus Dickköfpigkeit, Angst, weil sie gedanklich noch in den 80er Jahren leben oder warum auch immer.
In Woche 3 dann spielt Carolina – die Legende meint sogar, daß es aus Versehen war – im ersten Viertel einen vierten Versuch kurz vor der goal line aus: TD. Panthers gewinnen 38-0. In den nächsten Wochen wird Rivera dann immer aggressiver, pundits und Fans feiern ihn, er bekommt den Spitznamen Riverboat Ron und die Panthers gewinnen! Auch die knappen Spiele und auch die NFC South vor den Saints. Damit haben sie ein Heimspiel in den Divisional Playoffs gegen San Francisco. Dort verlieren die Cardiac Cats unter anderem, weil Cam Newton bei 4th&goal von der 1-yard-Linie gestoppt wird.

SeminoleReferees. Oder die NFL-Regelbücher. Wie man es dreht und wendet, früher oder später wird sich die NFL wohl eine neue Strategie überlegen müssen um das Problem zu lösen, denn es wird nicht kleiner. Dieser Sport ist einfach zu kompliziert um ihn mit den derzeitigen Mitteln zu kontrollieren. Nie hatte man den Eindruck, dass sich die Profi-Crews so schwer taten. Jetzt erwartet uns im Super Bowl ein Referee, der die Seahawks schon einmal im Super Bowl verpfiffen hat.

Überraschung des Jahres

korsakoffSan Diego Chargers. Ich hatte das schon diskutiert: Mike McCoy hat einen superben Job gemacht und aus einer Mannschaft, die ich potenziell in Nähe des Top-Picks gesehen hatte (wäre da kein Philip Rivers), einen legitimen Playoff-Teilnehmer gemacht – trotz einer horrenden Defense. Honorable mentions: Cardinals, Colts.

HerrmannPhiladelphia Eagles. Chip Kellys Eagles nahmen in Woche 1 die NFL im Sturm. Das war die, äh, krasseste (weil mit kein besseres Wort einfällt) erste Halbzeit einer Offense, die ich in der NFL gesehen habe. Den Level konnten sie natürlich nicht halten, aber sie haben sich als Top-10-Offense etabliert.
Daß Kelly dies bereits in seiner ersten Saison gelang, ist eine riesige Leistung. Daß er aus Nick Foles 28 TDs bei nur 2 INTs rauskitzeln konnte auch – wobei man natürlich jetzt schon Foles´ Bild in den Wikipediaeintrag „regression to the mean“ einfügen kann. Im Angriff paßt alles so wunderbar zusammen. Man sieht daran auch, daß Kelly wie ein richtig guter Coach nicht „sein Konzept“ nimmt und die vorhandenen Spieler da irgendwie reinpressen will, sondern sein Konzept an die Spieler anpaßt. Wenn nächste Saison die Defense auch endlich so zusammenpaßt, ist das ein regelmäßiger playoff contender für viele Jahre.

SeminoleChargers. Im Sommer hatte ich schon vergessen, dass es eine NFL Franchise Chargers gibt, aber sie haben toll und beeindruckend gespielt und viele neue Freunde gewonnen.

Enttäuschung des Jahres

korsakoffBuccaneers. Vom Superbowl-Aspiranten (zumindest meiner Meinung nach) zum Rohrkrepierer. Andere Franchises wie Houston hatten unglücklichere Dinge gegen sich laufen, aber die Probleme bei den Buccs waren größtenteils hausgemacht. Jetzt kommt ein neuer Coach in Lovie Smith, und Tampa wird nächste Saison wieder mit Titel-Hoffnungen konfrontiert sein. Honorables: Texans.

HerrmannDer Rest der NFC East. Was für ein jämmerlicher Haufen und kaum Aussicht auf Besserung. Die Cowboys haben mal wieder mit einer sehr talentierten Mannschaft eine Saison weggeworfen und schmoren jetzt dank Jerry Jones in der Salary-Cap-Hölle. Den Redskins fehlt nicht nur wie den Cowboys Tiefe auf allen Position, sondern auch echte Top-Talente neben Trent Williams und Pierre Garcon. Die Giants stehen noch am besten da, bauen aber die Offense radikal um. Das erste Mal in seiner Karriere ist nicht Kevin Gilbride Elis Coach und Hakeem Nicks wird er wahrscheinlich auch nicht mehr haben.

SeminoleHouston Texans. Alle glaubten hier einen Super Bowl Champion in spe vor sich zu haben. Geworden ist es der Top Draftpick in spe. Mehr muss man nicht sagen.

Offensivspieler des Jahres

korsakoffPeyton Manning. Über dieses Thema habe ich gestern alles geschrieben, was ich sagen wollte. Honorables: Philip Rivers.

HerrmannPeyton Manning. Ja, langweilig. Ich habe auch krampfhaft versucht, Manning hier rauszuhalten. Man findet auch ganz gute Argumente: gefühlt 40 seiner TDs warf er gegen die Raiders und die Kindergarten-Defenses der Eagles und Cowboys. Den Yards-Rekord hat er nur, weil die Broncos auch bei großen Führungen noch geworfen haben, statt zu laufen. Mit so vielen erstklassigen WRs hätte das auch…
Aber am Ende war eben tatsächlich niemand besser. Besonders beeindruckend war, wie er sein Spiel seinem alten runtergewirtschafteten Körper angepaßt hat; seine Offense ist jetzt viel komplexer als früher.
Honorable mentions aus der Nicht-QB-Kategorie: Bengals Tackle/Guard Andrew Whitworth; die Left Tackles der Eagles und Redskins, Jason Peters und Trent Williams; Steelers WR Antonio Brown; 49ers TE „Deep“ Davis; Chicagos new monsters of the midway Alshon Jeffrey & Brandon Marshall.

SeminolePeyton Manning. Bedarf keiner weiteren Erklärung.

Defensivspieler des Jahres

korsakoff – J.J. Watt. Eine schwierige Wahl. Watt ist gemeinsam mit Von Miller der beste Abwehrspieler der Liga, aber sein Einfluss wurde dieses Jahr von der rundherum aus verschiedenen Gründen kollabierenden Mannschaft limitiert. Auf der anderen Seite blieben die Texans trotz teilweise absurder Offense im Spiel und verpassten es schlicht, die knappen Spiele in knappe Siege umzumünzen. Du musst im Prinzip nur Watt zuschauen: Er ist fantastisch. Er ist der beste, auch in einer Seuchensaison. Ich weiß aber auch, dass Watt den offiziellen Preis von AP und NFL nicht gewinnen wird. Honorables: Earl Thomas, McCoy, Sherman, Poe, Houston, Campbell, Kuechly, Bowman.

HerrmannJ.J. Watt. Obszön. Er ist so viel besser als alle anderen Spieler auf dem Feld, daß es einfach obszön ist. Oft wirkt es, als würde die 7b gerade Sportstunde haben und der Lehrer spielt mit, weil er Spaß daran hat, Kinder zu verprügeln und zum Weinen zu bringen. Hauptsächlich wegen Watt hatten die Texans auch dieses Jahr wieder eine Top-10 Defense, die sie in vielen Spielen gehalten hat. Houston hatte unter der Saison eine Serie von sieben Spielen, die sie jeweils mit weniger als einem score Unterschied verloren haben.

SeminoleRobert Mathis. Die meisten Sacks in der NFL. Ohne ihn wäre die Defense der Colts verloren gewesen.

Rookie des Jahres

korsakoffKeenan Allen. Es brauchte das Schlussviertel in Denver nichtmehr, um Allen über alle anderen zu hieven. Er war per Knopfdruck einer der besten Wide Receivers in der Liga, nachdem er sich von der Fußverletzung erholt hatte. Augenweide und hoffentlich kein Aschenputtel für nur ein Jahr. Honorables: Mehr als eine Handvoll sehr guter Rookies.

HerrmannKeenan Allen. Allen gewinnt knapp vor Jets DL Sheldon Richardson. Vor allem, weil für WRs die Umstellung von College auf NFL viel schwieriger ist. In den letzten 20 Jahren gelang es neben ihm nur sieben Rookie-WR, mehr als 1000 Yards zu erfangen. Darunter sind so illustre Namen wie AJ Green, Randy Moss, Anquan Boldin und Joey Galloway. Wenn nächste Saison die vielen verletzten Receivers der Chargers wieder mit an Board sind, sollte es für ihn sogar einfacher werden.

SeminoleEddie Lacy. Ich verstehe die Liebe für Keenan Allen, aber vergesst bitte Eddie Lacy nicht. Ein Ballbouncer, der die Packers in der schweren Zeit ohne Aaron Rodgers mit am Leben hielt.

Coach des Jahres

korsakoffRivera. As explained am Freitag. Es war aber insgesamt ein gutes Jahr für Coaches mit mehreren würdigen Topleistungen. Honorables: Belichick, Carroll, Chip Kelly.

HerrmannBill Belichick. Zwei andere Kandidaten habe ich oben schon angesprochen. Aber was Bellichick dieses Jahr – mal wieder – geleistet hat, ist ganz großer Sport. Alle WRs weg, alle TEs im Lazarett oder Knast, Brady baut weiter ab, Wilfork, Mayo und noch ein Dutzend andere Verteidiger verletzt – und trotzdem führte Belly seine Patriots zum 8. Mal in 12 Jahren (!) ins Championship Game.

SeminoleAntichrist by a landslide.

Kommentatoren des Jahres

korsakoffAl Michaels/Cris Collinsworth von NBC. Ich hatte heuer zum ersten Mal das Gefühl, dass sich Mike Mayock langsam verbraucht. An mehr als einem NFL-Wochenende fiel mir die Diskrepanz zu Collinsworth auf. Michaels war eh nie umstritten. Honorables: Nessler/Mayock vom NFL Network, Tirico/Gruden von ESPN.

HerrmannNBCs Al Michaels & Cris Collinsworth. Al Michaels ist der beste und coolste play-by-play man, den man sich nur wünschen kann. Er findet immer den richtigen Lautstärkepegel, kann mal über vier zusammenhängende Sätze interessante Gedanken ausführen und direkt darauf bei einem big play ausflippen. Collinsworth sieht und erklärt viele taktische Kleinigkeiten, hängt sich aber manchmal zu lange an einer Beobachtung auf und will sie dann bei jedem Spielzug beweisen. Michaels zerrt ihn zum Glück oft genug davon weg. Perfect match, die beiden.

SeminoleNBC-Crew. Sehen eigentlich alle so. Michaels und Collinsworth sind die informativsten von allen. Und die NBC-Übertragungen sind durch die Bank am besten gemacht.

Spiel des Jahres

korsakoff – Das Erlebnis des Jahres war sicherlich das Schneespiel Philadelphia gegen Detroit. Aber rein von der Spiel-Dramaturgie selbst könnte man andere Spiele vorn sehen. Wollen wir ein wichtiges Spiel, kann man das erste Patriots-Broncos Spiel oder die erste AFC-Wildcardpartie Colts vs Chiefs nennen. Will man ein Last-Second Highlight, könnte man Detroit-Dallas mit dem Stafford-Sneak nehmen. Will man aber die extremste Schlussphase, die es in den letzten Jahren in einem NFL-Spiel gegeben hat, muss man auf die Baltimore Ravens und Minnesota Vikings zurückgreifen, die sich im Dezember just am Tag des Blizzards von Philadelphia einen Schlagabtausch der ganz einzigartigen Sorte mit 5 Touchdowns in den letzten 125 Sekunden lieferten. Es war kein wichtiges Spiel. Aber es war vielleicht trotzdem das Spiel der Saison.

HerrmannColts 45, Chiefs 44. Das vermeintlich langweiligste Spiel der Playoffs wurde ein instant classic. Nach einem 28-Punkte-Rückstand zu Beginn des dritten Viertels spielten die Colts wilde Sau: perfekteste Pässe Andrew Lucks mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad, der obligatorische strip sack von Robert Mathis und mehr als 200 Yards für T.Y. Hilton bestätigten schließlich auch das Gefühl, daß es eine recht unsichere 28-Punkte-Führung ist, falls es sowas gibt. Bob Sutton ließ seine Verteidigung nur noch mit eingezogenem Schwanz spielen und zu allem Unglück verletzten sich ca. 20 Spieler der Chiefs. Luck feilte weiter an seiner Legende und die Chiefs verpaßten dämlich und unglücklich die Chance auf den ersten Playoffsieg seit 20 Jahren.

SeminoleColts 39, Broncos 33. Kein Zweifel, die Broncos hätten das gewonnen, wäre das Spiel noch ein Viertel länger gewesen. Aber deswegen sind es Viertel und nicht Fünftel. Es war ein tolles und spannendes Spiel, in dem der neue Peyton (Andrew Luck) mit dem alten Peyton (dem echten Peyton) mithalten konnte und ihn nach Ergebnis sogar knapp besiegte.

Das All-korsakoff Team 2013/14

Heute Nacht (Kickoff 1h30 MEZ) findet die Pro Bowl statt, das Allstar-Spiel der NFL. Es ist eine Spaßveranstaltung ohne großen Wert, die aber für gewöhnlich trotz allem erstaunliche Ratings erzielt. Heuer gibt es ein neues Format: Nicht mehr AFC gegen NFC, sondern „Team Rice“ (Jerry Rice) gegen „Team Sanders“ (Deion Sanders). Die Kapitänswahl unter der Woche löste von den Reaktionen… naja. Lassen wir das. Man kann es sich anschauen, aber es sieht halt etwas gewöhnungsbedürftig aus.

Anstelle der Pro Bowl hat dieses Blog in den letzten Jahren an diesem Sonntag vor der Super Bowl stets das Sideline Reporter All-Pro Team gekürt. So auch diesmal. Und zur Feier des Tages wird heute im Laufe des Tages auch ein Leser ein All-Star sein – nämlich derjenige, der mit seinem Klick die Schallmauer zu einer Million knacken wird.


Diese Saison traue ich mir erstmals zu, mein eigenes All-Pro Team zusammenzustellen. Ich habe mir über die Jahre eine gewisse Art angewöhnt, dieses Spiel „American Football“ anzuschauen und zu betrachten. Es gibt für mich immer zwei Dimensionen: Den Augentest und die Zahlen. Der Augentest ist wichtig, aber der Augentest ist irreführend. Die Zahlen sind wichtig, aber die Zahlen, die wir zur Verfügung haben, können auch irreführend sein.

Football ist ein so komplizierter Sport, dass ich es für unmöglich halte, individuelle Leistung komplett isoliert zu betrachten – aber der Punkt ist: Das muss auch gar nicht geschehen. Im Job habe ich vor zwei Jahren mit einer Geschäftsleitungs-Mannschaft ein Bewertungs- und Belohnungssystem für unsere Firma ausgearbeitet, und meine persönliche Erkenntnis war: Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass unser Projektergebnis nahe am Optimum war. Trotzdem bin ich nun überzeugt, dass jede Individualbewertung nie völlig fair sein kann.

Zu oft wirst du von außen beeinflusst. Zu oft kriegst du auf den Deckel für etwas, das der Vorige im Prozess verbockt hat. Zu oft kriegt der nächste auf den Deckel für das, was du selbst verschlafen hast. So ist das in unserer Welt: Das Ergebnis zählt. Wir sind leider ergebnisorientiert, nicht prozessorientiert. Ein guter Mittelweg ist oft der beste Weg zur Bewertung.

Ähnlich ist das im Footballsport. Spieler bringen natürlich ihre Leistung, aber sie sind auch extrem abhängig von ihren Mitspielern. Sie sind auch extrem abhängig von ihren Coaches und den ihnen zugedachten Aufgaben. Dontari Poe in Kansas City ist das offensichtlichste Beispiel. Aber es gibt 32*53 Beispiele dafür. Trotzdem ist ein All-Pro Team irgendwo die Honorierung von 30-50 verdienten Spielern.

Ich habe über die Saison halbherzig ein Award-Rennen mit-getrackert, als Versuch eine Entwicklung mit zu protokollieren. Im Kopf hatte ich dabei vor allem ein eigenes All-Pro Team. Ich habe dieses Team in groben Zügen schon Anfang Dezember auf der Skipiste zusammengestellt. Es ist Ergebnis von dem, was ich gesehen habe, dem, was ich aus dem mir verfügbaren gigantischen Zahlen- und Statistikvolumen schließen kann, und dem, was ich – eben auf der Skipiste – in den einzelnen Folgen des Grantland NFL Podcasts (mit Bill Barnwell und Robert Mays) aufgeschnappt habe. Meine Ansicht vom Football ist von Barnwell und Mays nicht so weit entfernt.

Ich habe dieses Spiel nie selbst gespielt. Ich kenne die Details in einer Position nicht. Ich schaue in der Live-Übertragung und häufig auch in den montäglichen Abendsessionen mit 3-4 Condensed-Tapes vornehmlich immer noch zuerst auf den Ball, und nur vereinzelt auf Coverages. Das gebe ich mir manchmal im All-22 Tape, wenn die Zeit da ist.

Ich habe meine ästhetischen Präferenzen. Ich habe nach (grobe Schätzung) 100-150 kompletten Partien pro Saison in NFL und College mittlerweile ein gewisses Bild von diesem Sport im Kopf. Also: Mein erstes echtes All-Pro Team.

Offense

QUARTERBACK – Peyton Manning/DEN.

Peyton Manning ist vielleicht der Spieler der Saison. Er stellte den TD-Rekord auf, er wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zum NFL-MVP gewählt, zum fünften Mal in seiner Mega-Karriere. Ich lernte Peyton Manning über die Jahre immer mehr zu schätzen, wurde sein Fan, fiebere mittlerweile mit ihm mit. Aber ein Punkt ist auch: Manning ist nicht mehr der Werfer von vor 6-7 Jahren. Das sollte man von einem 38jährigen auch nicht erwarten. Quarterbacks leben zum großen Teil auch von ihrem Kopf, ihrer Intuition. Halbwegs gut werfen können sie alle.

Manning etwas besser als die meisten, aber er ist nicht mehr der beste von allen. Jeder Laie kann sehen, dass sein tiefer Ball nicht mehr Standard ist. Manning 2013 funktioniert auch, weil er großartige Skill-Player als Teamkollegen hat. Manning brauchte nie eine große Offense Line; die hat er auch 2013 nicht. Manning ist schlau genug, um aus sehr guten Receivern maximales Kapital zu schlagen. Deswegen knackte er im hohen Alter noch die Rekorde. Manning funktioniert, weil er noch exzellent genug ist und sein Umfeld großartig ist.

Ganz tief drin in meiner Herzkammer halte das, was San Diegos Philip Rivers dieses Jahr gespielt hat, für mindestens ebenso beeindruckend. Rivers ist der Mann, den ich ganz tief drin in meiner Herzkammer nominieren wollte, aber es war letztlich unmöglich, an Mannings Rekorden, seiner Dominanz in seiner eigenen Offense und dem generellen Erfolg, der für die Broncos damit einher ging, vorbeizuschauen. Honorable mentions: Rivers/SD.


RUNNING BACK – Jamaal Charles/KC und LeSean McCoy/PHI.

Jamaal Charles ist seit vielen Jahren mein Lieblings-Runningback. Ich liebe seine Art zu spielen. Sie hat etwas Anziehendes, einen Mix aus Explositität, Grazilität und Wucht. Es ist nicht Petersons Power oder die Beweglichkeit eines Barry Sanders, aber es ist ein Alaba im Vergleich zu einem Maicon oder Dani Alves. Charles war nicht bloß ein Teil der Chiefs-Offense 2013/14. Er war die Chiefs-Offense 2013/14.

Er machte in nur 262 Carries mal wieder erstaunliche 1306yds (5.0yds/Carry) und summierte dazu 70 Catches für 693yds zu insgesamt 19 Offensiv-Touchdowns. Das alles ohne gescheite Offense Line und ohne als alleinige Offense-Waffe. Es gibt nicht viele Runningbacks, denen man eine Offense in die Hand geben kann; Charles ist einer der wenigen.

Fast identische Stats, aber noch mehr Einfluss auf den Erfolg seiner Offense hatte Eagles-RB LeSean McCoy (335 Carries, 1684yds, 5.0yds/Carry, insgesamt 12 TD). McCoy hatte ich vor der Saison als größten boom or bust-Back der Liga bezeichnet und auf seinen Breakout gehofft für den Fall, dass die Eagles-OL funktioniert. Sie funktionierte relativ ordentlich – und die Löcher, die er bekam, nutzte McCoy für eine beeindruckende Saison. McCoy ist im freien Feld fast nicht zu erwischen (lt. PFF mit 57 missed tackles). Er hatte 26 Läufe über 15yds Distanz – das sind fast 8% der Spielzüge, ein wahnsinniger Wert.

Charles und McCoy sind fast nicht voneinander zu trennen. Der eine ist ästhetisch der größere Genuss, leidet aber unter einer limitierten Offense. Der andere ist weniger komplett, aber wenn die Rahmenbedingungen stimmen, kann er dich zerstören wie kaum ein anderer.

Honorables: Adrian Peterson/MIN, DeMarco Murray/DAL.


WIDE RECEIVER – Calvin Johnson/DET und A.J. Green/CIN

Calvin Johnson ist der Spieler, der heuer in nur 14 Einsätzen 1489yds und 12 Touchdowns erfing und in sensationellen 37% der Pässe tief angespielt wurde. Er hatte einige Probleme mit Verletzungen und den einen oder anderen unguten Drop, aber das ändert am Gesamtbild nichts: Johnson ist der beste Wide Receiver, den ich bisher gesehen habe. Er ist auf den kurzen und mittleren Routen eine Wucht und gleichzeitig das vermutlich beste deep threat in der Liga. Nimm Johnson in Hochform und Randy Moss in Hochform, und ich bringe dir das berechtigte Argument, dass Calvin der bessere, komplettere von beiden ist.

Ich habe eine Weile überlegt, was mit Josh Gordon (1646yds in nur 14 Spielen) anzufangen ist. Gordons Yards sind ein massives Argument, und er spielt mit unterdurchschnittlichen Quarterbacks in einer eher eindimensionalen Offense, aber wenn man genau hinschaut, sieht man bald Gordons Limits: Er wird von höherklassigen Cornerbacks schnell kaltgestellt und hat extreme Probleme gegen klassische „press coverage“ an der Anspiellinie. Und in der Folge ist er ein zu laxer „Route-Runner“ um diese besseren CBs doch noch abzuhängen.

Gordon spielt ein fantastisches Jahr, aber im Zweifelsfall gehe ich doch mit Cincinnatis A.J. Green, dem mittlerweile zweitbesten Receiver der Liga, der auch von den besten direkten Gegenspielern nicht aus dem Spiel zu nehmen ist, und die Bengals-Offense phasenweise im Alleingang am Leben hält. Green hatte auf dem Advanced-Stats Sheet nicht die überragendsten Werte, aber Green ist die treibende Kraft dahinter, dass die Bengals-Offense trotz eines limitierten QBs lebt: Irre 187 Anspiele für Green, davon 30% tief. Diese 17 Anspiele sind genau 30% aller Pässe, die die Bengals in diesem Jahr warfen, und sie waren die einzige downfield-Bedrohung der Bengals. Green fing unter diesem Gesichtspunkt atemberaubende 101 Pässe für 1460yds und 11 Touchdowns.

Honorables: Josh Gordon/CLE, Andre Johnson/HOU, Brandon Marshall/CHI, Antonio Brown/PIT.


TIGHT END – Vernon Davis/SF.

Jimmy Graham ist einer der wichtigsten Offensivspieler abseits des Quarterback-Position. Es gibt allerdings ein Problem mit seiner Positionsbezeichnung „Tight End“: Die verschlüsselt, dass Graham eigentlich ein verkappter Wide Receiver ist. Damit wird er in Vertragsverhandlungen billiger, aber das ist nicht der Punkt. Schau dir die Saints-Offense an und du wirst schnell sehen, dass Graham nur pro forma als TE gelistet ist. Die #80 nimmt die meisten Snaps von einer echten WR-Position. Blocken siehst du Graham nur halbherzig.

Das Blocking allein ist aber nicht mein Hauptargument, dass ich im letzten Drücker doch noch Vernon Davis vorgezogen habe. Davis ist der viel komplettere Spieler, und er ist auch die komplettere Waffe. Wo ein Graham zwar 1151yds und 14 TD gemacht hat, aber nur in 19% der Fälle tief angespielt wird, ist Davis auch als Passfänger der variablere Mann: 98 Anspiele diese Saison, 36% davon tief – bei einem Tight End. Davis machte 57 Catches für 904yds und 15 TD.

Vergleicht man die Passlastigkeit der Saints mit jener der 49ers, haben Davis und Graham jeweils 19% der Anspiele ihrer Offenses gesehen, aber Davis hat 24% der Yards seiner Pass-Offense gemacht, während Graham nur auf 20% kommt. Und Davis ist der bessere Blocker. Daher fällt die Wahl auf Davis. Honorables: Jimmy Graham/NO.


OFFENSIVE TACKLE – Joe Thomas/CLE und Tyron Smith/DAL

Offensive Line ist die Position, die ich noch nicht richtig raus habe. Ich habe noch zu wenig Verständnis um die Position en detail zu erfassen. Ich habe viel mit Metriken experimentiert, aber ich glaube, sie alle sind ungeeignet. Es ist a) fast unmöglich, einen einzelnen Offense Liner messbar von seinen Line-Kollegen zu isolieren und b) ebenso kaum möglich, eine gesamte Offense Line isoliert von den Skill-Players zu betrachten. Hier zählt der Augentest, und ich muss mich dabei an die beste verfügbare Quelle PFF.com anlehnen.

Joe Thomas gilt unisono als weiterhin bester Pass-Blocker – eine Eigenschaft, die für mich in der Checkliste für Offense Tackles die #1, #2, #3 und #4 der Prioritätenliste abdecken würde. Tyron Smith von den Cowboys gilt als ähnlich gut, und er beging heuer extrem wenige Strafen.


OFFENSIVE GUARD – Logan Mankins/NE und Larry Warford/DET

PFF-Liebling ist Evan Mathis von den Eagles. Ehrlicherweise kann ich nicht 100%ig nachvollziehen, warum PFF Mathis so hoch und so weit über allen anderen einstuft. Ich würde zwei andere vorziehen: Mankins von den Patriots, weil er erstens vielseitig ist und zweitens einer der Motoren dafür, dass das Patriots-Laufspiel so häufig reibungslos über die Mitte und halblinke Seite funktioniert.

Und den Lions-Rookie Warford. Das mag Homer-Fanboy sein. Auf der anderen Seite ist das Lions-Laufspiel dieses Jahr phasenweise aufgeblüht wie nie, und mehr: Warford gilt als kompletter Spieler. Er hat im Pass-Blocking nicht einen einzigen Sack aufgegeben, und das in der passlastigsten Offense der NFL! Und er hat nur winzige vier Strafen begangen. Vier. Für einen Rookie. In einer monströsen Pass-Offense. Klar, die Shotgun-Formationen helfen, aber Warford muss ein wichtiger Grund gewesen sein, dass die Offense Line der Detroit Lions – jahrelang ein so großes Problem – plötzlich richtig akzeptabel aussieht.


CENTER – Alex Mack/CLE.

Bezeichnend, dass wir hier den zweiten bzw. dritten Browns-Spieler in der Offense andiskutieren. Diese Mannschaft hat so gutes Potenzial, dass es immer noch frappierend ist, wie das Front-Office abgekackt hat. Die Browns sind einzig einen QB von der Relevanz entfernt… Äh, wir waren doch beim Center?

Ich habe etliche Browns-Spiele 2013/14 gesehen, und die Offense Line ist eine Wucht, die allenfalls auf der rechten Seite Verbesserungspotenzial hat. Mack ist der Center, und er ist ein kompletter Spieler. Alle sagen ihm nach, keine großen Schwächen zu haben, und er begeht keine Strafen: Nur deren drei in dieser Saison. Das reicht, um den hoch gelobten Eagles-Center Kelce zu verdrängen. Kelce hatte wie seine ganze Offense Line heuer in einem Heimspiel gegen die Cowboys (oder Giants?) ein Spiel, das beim Zuschauen weh tat, so sehr wurde die Offense Line der Eagles zerbröselt.

Defense

Die Defense ist immer etwas kompliziert zu erfassen, weil es relativ viele verschiedene Positionen und Spielweisen gibt. Weil Coaches oft weniger zwischen Tackle/End/Linebacker unterscheiden, sondern mehr die Denke der Techs und Gaps haben. Oft fallen die Playmaker mehr auf als die grundsoliden Arbeiter. Niemand kann sich davon lösen, weil es relativ wenige Metriken gibt, die Leistungen objektiv zu messen. Ich gehe daher mit einer Einteilung, die sich langsam als eine Art generelle Klassifizierung für die Defensive-Front durchgesetzt hat: DE/Edge rusher (wozu auch OLBs gehören können), Defensive Interior (klassische 4-3 DT, aber auch teilweise 3-4 DE), und Nose Tackle (der klassische Nose Tackle).


DE / EDGE RUSHER – Robert Quinn/STL und Robert Mathis/IND

Die beiden Roberts. Quinn von den Rams war dabei der durchaus auffälligere, und er war der Mann, der die still, heimlich und leise richtig dominante Rams-Defense Line definiert. Quinn ist erst in seinem dritten Jahr, und es war mit 19 Sacks sein Durchbruch, aber er ist nicht allein auf die Sacks beschränkt: 91 QB-Disruptions sind der beste Wert in der NFL. Es ist auch Quinns Ästhetik, die beeindruckt: Der Mann überwältigt seine Gegner nicht mit roher Gewalt, sondern mit atemberaubender Geschwindigkeit. Er ist schlicht zu schnell für gegnerische Offense Tackles.

Er ist zwar größer und schlaksiger, aber es hat was von Dwight Freeney-esk, der pro Spiel fünfmal unter seinem Gegner durchspringt. Das einzige, das man Quinn noch vorwirft: Er soll noch nicht die große Konstanz vor dem Herrn haben und ähnlich wie ein Josh Gordon gegen die absolute Gegenspieler-Elite noch zu oft untertauchen. Bei Quinn gibt es keinen AJ Green, den man zwingenderweise vorwählen muss.

Mathis von den Colts hatte 19.5 Sacks und gewann die NFL Sack-Krone 2013/14, aber nach PFF „nur“ 61 QB-Pressures, aber weil Mathis so viele Snaps spielte, ist die Zahl im Vergleich zu manch anderem Passrusher ganz leicht irreführend. Nach PFF war Mathis nicht konstant genug. Ich hätte einen Hardy (Panthers) oder Hali (Chiefs) fast vorgezogen, aber dann erinnert man sich wieder dran, mit welchen Mitspielern die beiden anderen zusammenspielen und mit welchen Mathis (Mathis hatte fast die Hälfte der Colts-Sacks plus 8 Forced-Fumbles und einen Safety). Insofern: Guter Job von Mathis, Wahl ins All-Pro gerechfertigt.

Honorables: Tamba Hali/KC, Greg Hardy/CAR.


DEFENSIVE INTERIOR – J.J. Watt/HOU und Gerald McCoy/TB

Gerald McCoy war einer der drei Hauptgründe, weswegen ich die Buccs berüchtigterweise vor der Saison als Superbowl-Kaliber eingestuft hatte. Während das Gesamtgerüst – allen voran der Trainerstab – versagte, und auch die Defense Line als Gesamtwerk nicht wirklich überzeugte, war McCoy mal wieder eine Wucht. Schau dir McCoy an: Das ist der legitime Nachfolger eines Warren Sapp, nur kompletter. Lt. PFF hatte er 80 QB-Pressures, ein Wahnsinnswert für einen Defensive Tackle.

Freilich hatte ein Defensive-Interior Mann mehr: Watt. Der versauerte heuer in einer 2-14 Mannschaft, aber er vergammelte nicht. Watt hatte immer noch 11 Sacks und 6 Pass-Deflections und über 80 QB-Pressures. Man muss nur zuschauen, wie Watt spielt: Er ist der Clowney der NFL: Der Gegner konzipiert seinen GamePlan von ihm weg – ein größeres Kompliment kannst du einem Spieler nicht machen. Wir werden morgen sehen, ob man Watt den DPOY-Award 2013/14 geben muss, aber es dürfte außer Frage stehen, dass er der insgesamt beste Abwehrspieler der heutigen NFL ist.

Die Alternativen sind keine schlechten: Suh ist mittlerweile auch einer dieser kompletten Spieler geworden. Campbell aus Arizona sollte uns mittlerweile bekannt sein. Ein Titans-DT Casey ist völlig unbekannt, aber er ist die Einmann-Abrissbirne einer kompletten Defense. Leute wie Fairley oder Dareus sollte man auch niemals vergessen.

Honorables: Calais Campbell/ARI, Ndamukong Suh/DET.


NOSE TACKLE – Dontari Poe/KC.

Poe war ein ernsthafter MVP-Kandidat in der ersten Saisonhälfte, als er wirklich zu den dominantesten Abwehrspielern dieser Saison gehörte. Poe ist eine eindrucksvolle Erscheinung: So fett wie ein Nose Tackle der Güteklasse Ted Washington, aber für einen so massigen Körper erstaunlich beweglich. Er spielte nicht nur auf Nose Tackle, aber dort war er am besten: Das All-22 Tape zeigt, wie Poe dort meistens zwei Mann im Alleingang beschäftigte. In den Playoffs gegen die Colts hatte er eine bombenstarke Performance und zwang Andrew Luck immer und immer wieder zu herausragenden Plays. Poe gilt als einer der besten gegen den Lauf und verzeichnete gleichzeitig 36 QB-Pressures im Passrush – als überwiegender Nose Tackle. Ach, und: Poe beendete eben sein zweites Jahr als Profi.


LINEBACKERS – Lavonte David/TB, Justin Houston/KC und Luke Kuechly/CAR

Ist es Cheating, Justin Houston als Linebacker und nicht als “Edge Rusher” aufzuführen? Ich glaube nein. Ich brauchte einen Platz für einen der überragenden Spieler des Jahres, und Houston hatte in der ersten Saisonhälfte, als er noch fit war, Anflüge vom komplettesten Linebacker der NFL, Von Miller. Houston ist nicht das Passrush-Kaliber seines LB-Kollegen Hali, aber er ist kompletter und ist nach Advanced-Metrics sowohl als Passrusher wie auch als Lauf-Verteidiger in den Top-5 klassiert – obwohl er über fünf Spiele verletzt verpasste!

David ist technisch gesehen auch ein Outside Linebacker wie Houston, allerdings in einer 4-3 Defense – eine Position, die viele Jahre lang als eine Lauf-Position mit gelegentlichen Deckungsaufgaben gegen hüftsteife Tight Ends bedacht war. Mit Leuten wie Miller, Burfict oder eben David scheint sich das zu ändern. Während Miller mehr der Mann mit viel Zug ist, Burfict eine Art Supersprinter für Linebacker-Verhältnisse, hat David etwas Elegantes in seinem Spiel, etwas Fluides, das sich nicht von einem downfield blockenden Offense Guard aus der Bahn bringen lässt.

David wird sein sturzdummes Foul gegen Geno Smith im Season-Opener mit sich rumschleppen bis er den Superbowl gewonnen hat, aber das ändert nix dran, dass am Hype um ihn vieles dran ist: 53 negative Plays gingen auf Davids Kappe, was für einen 4-3 OLB unerhört ist.

Schließlich Kuechly als der neue Schlag Inside-Linebacker, die niemals das Spielfeld verlassen, und seien fünf Wideouts auf dem Feld. Kuechly sieht nicht aus wie ein klassischer NFL-Linebacker, vor allem nicht, wenn er als kleines, weißes Männlein mit Brille auf den Nasenflügeln über die Straßen von Charlotte wandert, aber auf dem NFL-Feld gibt es nur wenige Spieler, die so instinktiv das richtige machen, wenn der Ball gesnappt wird. Schau All-22 und Kuechly ist überall.

Eine Performance mit über 20 Tackles (Solo + Assists) gegen die Saints in Woche 16 hat mittlerweile einen kleinen Legendenstatus, wie auch die Tatsache, dass er der Mann war, dem die Panthers zutrauten, den TE-Überflieger Gronkowski im entscheidenden Play gegen die Patriots abzudecken. Das zeigt schon Kuechlys Vielfalt. Sein Jahresabschluss mit rund 165 Tackles, 2 Sacks und 4 INTs liest sich als wäre da noch nicht alles inkludiert, was ihn so groß macht.

Honorables: Patrick Willis/SF, Navorro Bowman/SF, Vontaze Burfict/CIN


CORNERBACKS – Richard Sherman/SEA und Patrick Peterson/ARI

Ich habe mir in der Offseason im Zuge der GFWTC mal ein bisschen Zeit genommen um Cornerbacks zu studieren und kam damals für mich zum Schluss, dass Darrelle Revis auf seiner Position in einer eigenen Liga spielt. Revis hatte 2013/14 trotz angeblich völlig falscher Einsatzweise (der Manndeckungs-Spezialist soll in Tampa in einer Cover-2 Raumdeckung verbrannt worden sein) ein zumindest auf dem Stat-Sheet sehr gutes Jahr: Nur 34 Catches für 402yds in 63 Anspielen aufgegeben.

Revis dürfte also weiterhin minimum einer der zwei oder drei besten Cornerbacks in der NFL sein – und jetzt kriegt er mit Lovie Smith einen neuen Spezialisten als Head Coach; Lovie wird ihn mit Bestimmtheit trotz seiner Cover-2 Affinität nicht in schlechte Schemen pressen.

Aber rein in der Saison 2013/14 gab es markantere Cornerbacks. Patrick Peterson ist sowas wie der neue Revis: In Arizona wird er in 100/100 Snaps auf den #1-Receiver des Gegners abgestellt, was ansonsten nichtmal mehr bei Revis der Fall ist. Peterson galt in den letzten Jahren oft als leicht überschätzt, weil sein größter Einfluss als Return-Spezialist kam, aber: Nein. Peterson ist schon ein sensationeller Cornerback.

Die Cardinals-Passdefense war nicht umsonst kaum zu bezwingen obwohl sie personell rundum neu besetzt ist und mit neuem DefCoord spielte. Peterson stellte mal im Oktober oder November den Texans-WR Andre Johnson komplett kalt. Er wurde zwar von den Titans in einer leicht freakigen Schlussphase abgeschossen, aber all in all dürfte Peterson mittlerweile den Hype wert sein: Die Cards können ihre Defensivstrategie nur durchziehen, weil Peterson so gut geworden ist.

Bleibt The Thug: Ich weiß nicht, ob Richard Sherman der beste Cornerback der Liga ist, aber er ist auf alle Fälle in der Diskussion. Sherman ist das Gesicht des besten Teams der Liga geworden, und als Spieler hatte er nun zweimal je 8 INTs in den letzten beiden Jahren. Er gilt als kaum bezwingbar an der Anspiellinie, weil er mit einer Härte zu Werk geht, dass es fast jeden gegnerischen Wide Receiver einschüchtert. Und er war im Conference Finale verantwortlich für den Spielzug des Jahres.

Bei den Slot-CBs hätte man im Jahr, in dem der beste von allen, Casey Hayward ausgefallen ist, Chris Harris nominieren können. Oder den Honey Badger. Kannste eh nehmen, wenn du willst.

Honorables: Darrelle Revis/TB, Aqib Talib/NE, Chris Harris/DEN.


SAFETYS – Earl Thomas/SEA und Eric Berry/KC

Thomas dürfte ziemlich unumstritten der beste Safety in der Liga sein. Thomas ist möglicherweise gemeinsam mit Watt, Miller und Revis der beste Abwehrspieler in der NFL. Wenn man sich die Legion of Boom im All-22 Tape ansieht, dann sieht man natürlich den bockstarken Sherman und den Hard-Hitter Chancellor, aber ganz ehrlich: Der Motor hinter dem Funktionieren dieser Seahawks-Secondary ist Thomas. Man kann sich an einigen missed plays bei ihm aufhängen, so wie man sich an einigen „Fehlern“ bei Ed Reed aufhängen konnte. Aber Fakt ist: Allein, weil Thomas wie Reed Play für Play so viel Spielfeld beackern können bzw. konnten, kannst du als Coach so eine Abwehr überhaupt spielen. Dass bei solcher Spielweise ein paar Plays in die Hosen gehen, liegt in der Natur der Sache.

Als Strong-Safety würde ich die Fifth Dimension, Eric Berry von Kansas City, nominieren. Ward von den Browns ist ein famoser Tackler, Chancellor ist vielleicht der härtere Spieler, aber Berry ist von seiner Spielweise her vielleicht ein etwas langsamerer Thomas mit mehr Physis. Die Chiefs stellten ihn häufig als eine Art verkappten Linebacker in die „Box“ an der Anspiellinie und ließen ihn dann entweder blitzen, den Lauf verteidigen oder die Tight Ends abdecken.

Berry hat nach PFF auch bemerkenswerte Statistiken: Kein Safety wurde häufiger angespielt, aber er sah nur die 19t-meisten Yards gegen sich. Berry hatte nach PFF 37 negative (also für die Offense negative) Plays (#2 unter Safetys hinter Ward) und gleichzeitig 17 QB-Pressures als Blitzer. Nuff said.

Honorables: Devin McCourty/NE, T.J. Ward/CLE

Special Teams

KICKER – Justin Tucker/BAL.

Das speichelproduzierende 61yds-Fieldgoal gegen die Lions war das eine. Das andere: Ein Kicker war Baltimores größte Offense-Waffe des Jahres. Damit ist alles gesagt.

PUNTER – Johnny Hecker/STL

Einen Punter allein zu bewerten ist vielleicht etwas unfair, aber Fakt ist: Die Rams haben dieses Jahr bei 78 Hecker-Punts 79 (!) Return-Yards aufgegeben. Heckers durchschnittliche Punts resultierten also in 44.2 Nettoyards pro Punt.

RETURNER – Cordarrelle Patterson/MIN

Patterson hatte heuer 43 Kickreturns für einen Schnitt von 32.4 Yards – fast zwei Yards besser als der nächstbeste Returner. Plus zwei sehr spektakuläre Return-Touchdowns. Ein Returner gewinnt oder versaut dir nicht die Saison, aber Patterson hielt in seiner Rookie-Saison zumindest als Returner das, was man sich von ihm versprochen hatte.

Senior Bowl 2014 Preview

Nachtrag für die Chronik: Das NFL-Network (empfangbar über den NFL-Gamepass) überträgt natürlich die Senior Bowl live. Kickoff 22h MEZ.


Kein footballfreies Wochenende dieser Tage: Heute Abend, 22h findet der Senior Bowl 2014 statt, ein Auswahlspiel von ausgewählten Draftanwärtern, die zumindest vier Jahre aus der Highschool sind (oder vier Jahre am College gespielt haben und „Seniors“ waren). Veranstaltungsort ist Mobile/Alabama, ein kleines Provinzstädtchen, das schon die ganze Woche über eine Schar an Scouts, Journalisten, Funktionären und Scouts beherbergt.

Die Senior Bowl ist nicht das einzige, aber dafür das bekannteste Auswahlspiel an College-Prospects für den Draft. Es spielt ein „Nord-Team“ gegen ein „Süd-Team“, wobei die Spieler relativ willkürlich den beiden Teams zugeordnet werden. Coaches sind diesmal Mike Smith (Atlanta Falcons) für das Nord-Team und Gus Bradley (Jacksonville Jaguars) für das Süd-Team. Die Roster kann man sich auf der offiziellen Senior-Bowl Homepage anschauen; ich schneide hier nur einmal kurz die wichtigeren, bekannteren Prospects an.

Über die Prospects wird auch bei Der Draft im Draftcast No. 8 gesprochen. Nachfolgend meine Gedanken und einiges Aufgeschnapptes zu den Prospects.

Quarterbacks

Die Stars der QB-Klasse 2014 sind heuer nicht die Seniors, auch wenn es interessante Namen gibt. Der bekannteste Senior hat sich nicht zum Spiel angemeldet: QB A.J. McCarron von Alabama schwänzt die Veranstaltung.

Unter den verbliebenen Teilnehmern heute Abend kennt man am ehesten gewiss Clemsons QB #10 Tajh Boyd, noch im Sommer als kommender Superstar gehypt, aber mittlerweile ist man sich nicht mehr sicher, ob seine Würfe genügend Power für die NFL haben; Clemson spielte eine sehr spezielle Offense mit vielen Würfen gegen die Laufrichtung – etwas, das es in der NFL, und schon heute Abend, nicht mehr geben wird.

Boyd spielt im Nord-Team. Die anderen beiden Nord-QBs sind #17 Stephen Morris (Miami Hurricanes) und #3 Logan Thomas (Virginia Tech Hokies), also insgesamt drei QBs aus der ACC. Der Hüne Thomas ist berühmt geworden dafür, trotz seiner Körpergröße extrem athletisch zu sein, aber seine Flauseln hinsichtlich konstant unpräziser Würfe sollen seine Coaches in den Wahnsinn getrieben haben. Thomas ist allerdings die Art Prospect, die dann in der Senior-Bowl Woche doch genug gezeigt haben soll, dass schon erste Trainer trotz seiner lauen College-Karriere neugierig geworden sind.

Morris soll Anlagen eines echten Franchise-QBs haben, aber ähnlich unverlässlich wie Thomas sein.

Im Nord-Team ist der bekannteste QB-Name Derek Carr von Fresno State. Derek ist Davids kleiner Bruder (Dave Carr wurde 2002 als #1-Pick von den Texans gezogen), und seine durchaus interessante persönliche Geschichte habe ich schon im Septemer knapp dokumentiert. Carr gilt als der Typus Quarterback, der sich nicht scheut, die schwierigen Würfe zu versuchen – das wollen Scouts sehen – und er soll gleich am ersten Trainingstag am Montag allen Konkurrenten gezeigt haben, wo der Hammer hängt.

David Fales von San Jose State kennen wir auch schon. Wo man bei ihm Frühsommer noch etwas Buzz kreieren konnte ob seines möglichen Erstrundenpotenzials, wurden im Laufe der Saison immer mehr Stimmen laut, dass Fales einfach nicht genügend Saft im Wurfarm habe; das ging soweit, dass sich der OffCoord von San Jose State zur Bemerkung hinreißen ließ, man habe aufgrund von Fales schwachem Wurfarm einige Plays aus dem Playbook streichen müssen. Das klingt nicht NFL-kompatibel.

Der Dritte im Bunde im Nord-Team ist der mir bisher unbekannte Jimmy Garoppolo, der am College beim unterklassigen Eastern Illinois gespielt hat. Garoppolo soll letzte Woche in einem anderen All-Star Spiel (East-West Shrine Game) faszinierend gespielt haben und richtig geile Downfield-Raketen geworfen haben. Garoppolo wird keine Chance haben gegen die Unkenrufe vom kleinen College, aber man glaubt mittlerweile, dass er durchaus Material für eine zweite oder dritte Runde im Draft sein kann.

Running Backs

Ein eher unbekanntes Sextett an Runningbacks. #20 James White von Wisconsin hat man noch am öftesten spielen sehen: Ein kleiner, recht beweglicher Spieler, aber wenn ich Dinge lese von wegen „White ist ein Speedster“, dann stelle ich mir echt die Frage, ob ich bei dem Namen den gleichen Spieler im Kopf habe.

#24 Jerick McKinnon (Süd-Team) soll ein pfeilschnelles Talent sein. McKinnon spielte am College in der FCS bei Georgia Southern Offense und Defense, und soll entsprechend ziemlich ausgelaugt gewirkt haben. Plus: McKinnon spielte am College in einer echten Option-Offense. Es ist meistens echtes Lehrvideo, solche Spieler zum ersten Mal aus einer I-Formation laufen zu sehen.

#33 Charles Sims (West Virginia) soll extremst wendig sein und sich schon in die Herzen der Scouts gespielt haben. Alle erwarten von ihm heute einige Monster-Plays.

Wide Receivers

Vielleicht zuerst zu den Jungs aus dem Nord-Team. #1 Josh Huff von Oregon gilt als der klassische Spieler, der am College nur von seiner Athletik lebte, der aber noch nicht viel Route-Running trainiert hat und große Konzentrationsprobleme beim Catch haben soll. Andere bekannte Spieler sind #84 Jared Abbrederis von Wisconsin und #16 Michael Campanaro von Wake Forest. Campanaro soll eine Kämpfernatur sein und sich im Training nicht gescheut haben, gegen die besten Cornerbacks in Doppeldeckungen hinein zu springen um die Bälle herunterzuholen.

Auch bei den Wide Receivers: #22 Kain Colter, der frühere Quarterback von Northwestern, der schon bei den Wildcats immer mal wieder als Receiver eingesprungen ist – grad da, wo Not am Mann war. Colter hat in der NFL, wenn überhaupt, nur als WR eine Chance.

Im Süd-Team spielen allerlei flüchtig bekannte Namen wie #1 Mike Davis (Texas), #2 Cody Hoffman (Brigham Young), #83 Kevin Norwood (Alabama) oder #87 Jordan Matthews (Vanderbilt), aber bei allen zieht sich im Vorfeld des Spiels in etwa folgende Beschreibung durch: „man sieht NFL-Potenzial aufflackern, aber in irgend einer Facette des Spiels hat er entscheidende Schwächen…“

Tight Ends

Auch bei den Tight Ends gilt: Die Stars sind Juniors und werden frühestens in der Combine erstmals in Erscheinung treten. Der bekannteste TE heute ist #88 Arthur Lynch von Georgia (spielt im Süd-Team) – ein echt auffälliger Spieler am College in der großartigen Georgia-Offense, aber man befürchtet bei ihm, dass er zu langsam ist um sich in der NFL durchzusetzen.

Offensive Line

Der bekannteste OT ist #76 Seantrel Henderson von Miami/FL, ein 140kg-Bolzen. Soll ein klassisches Problem haben: Zu viele mentale Aussetzer. Das kannst du dir in einer „offensiven“ Position erlauben, weil dort bei solchen Fehlern nicht gleich die Welt untergeht. Aber „Offensive Tackle“ ist Hand aufs Herz eine primär „defensive“ Position – sie schützt zuallererst den Quarterback vor dem Angriff des Defensive Ends. Und wenn du einen Franchise-QB beschützen musst und pro drei Snaps einen Denkfehler begehst, hast du als Offense Tackle ein Problem. Henderson gehört offenbar in die Kategorie, auch wenn er schon qua Vorname am ehesten Star-Potenzial haben soll.

Bei den Guards bekam Baylors #68 Cyril Richardson vor der Senior Bowl recht viel Presse – weil er im Training immer und immer wieder von seinem direkten Gegenspieler DT Aaron Donald verarscht wurde. Donald gilt als möglicher NFL-Star, aber direkt vor den Augen von NFL-Trainerstäben immer und immer wieder lächerlich gemacht zu werden, dürfte Richardson nicht geholfen haben.

Bei den Centern kenne ich keinen Mann. Von Wisconsin ist niemand dabei, also auch kein Grund, jetzt schon näheres über die Position zu schreiben.

Defensive End

Auch hier gilt: Die Top-Noten kriegen die Juniors wie Jadeveon Clowney. Die sind aber natürlich nicht dabei. Von den heute Spielberechtigten ist ganz sicher die #93 Trent Murphy der bekannteste, vielversprechendste Name. Murphy kommt direkt von der Stanford University, wo er – ich schrieb einige Male darüber – der absolut herausragende Abwehrspieler einer der besten Verteidigungen des Landes war. Murphy spielte dort allerdings vornehmlich als OLB in einer 3-4 Defense. Die NFL befindet ihn dafür als zu schwach. Murphy wurde im Training hauptsächlich als DE getestet und während einige seiner Positionskollegen auch Übungseinheiten als OLBs mitmachen durften, soll man Murphy nahe gelegt haben, sich auf DE zu konzentrieren: Zu schlecht soll seine Deckungsfähigkeit sein. Murphy ist ein Hüne mit ca. 1m96, aber ein beweglicher Hüne.

#30 Dee Ford von Auburn wurde im Vorfeld des National-Championship Games bekannt, weil er einer der talentiertesten Klavierspieler des Landes sein soll, und weil er bekannt gab, dass Piano-Spielen seine „wahre Leidenschaft“ sei. Todsünde. Du darfst als Mann mit NFL-Aussichten niemals zugeben, dass es Dinge gibt, die für dich über Football stehen.

Defensive Tackle

Auf dieser Position sollen die Seniors gegenüber den Juniors die Nase vorn haben. Der absolute Superstar ist den Trainingseindrücken zur Folge der DT #97 Aaron Donald von Pitt – ein Mann, der schon ernsthafte Kandidatur für die Heisman-Trophy abgegeben hat, aber aus Gründen des Körperbaus (nur ca. 1,81m groß, 123kg schwer) überall nur als 2nd-Round Pick gelistet war. Dann kamen die Trainingseinheiten, und Donald soll alles pulverisiert haben, was sich ihm in den Weg gestellt hat. Da bahnt sich schon ein möglicher 1st-Rounder an…

Der andere mögliche hohe Pick aus dem Nord-Team ist #99 Ra’shede Hageman von Minnesota, der das komplette Gegenteil zu Donald ist: Ein 1,97m großer, weit über 300 Pfund schweres Monster. Alle glaubten, er sei eine Art neuer Gerald McCoy, aber dann hatte der Coaching-Staff neue Ideen: Hageman soll als „5-technique“ getestet worden sein, eine Position, die in der NFL eher einem Defensive End ähnelt als einem Tackle.

Im Süd-Team ist #90 Will Sutton von Arizona State der Topstar. Sutton ist vom College als extrem quicker Line-Spieler bekannt. Wenn die Berichte aber stimmen, dann sprechen ihm die Scouts die für einen echten Mega-DT notwendige Physis ab.

Linebacker

#7 Christian Jones von Florida State war der mir bekannteste Name. Jones ist für einen Linebacker mit nur ca 105kg relativ leicht, wobei: Mit dem zunehmenden Speed in NFL-Offenses geht auch einher, dass die Linebackers quicker, schneller sein müssen. Deswegen soll das Gewicht nicht mehr das entscheidende Kriterium bei den Linebackern sein. Allerdings gilt die Faustregel: Leichtgewichtige LBs müssen technisch extrem sauber sein um den Kraft-Nachteil ausgleichen zu können. Jones zum Beispiel gilt als technisch zu unsauber und könnte somit ein Kandidat sein, in der NFL zum Safety umgeschult zu werden, wo du es dir leisten kannst, mit der Schulter voran den Gegenspieler anzugehen. Linebacker können sich das gegen zumeist kräftigere Gegenspieler nicht leisten. Das ist in etwa das „Alec-Ogletree-Problem“: Bei Ogletree wusste man letztes Jahr auch nicht, ob das ein guter Linebacker werden würde oder lieber doch Safety.

Ein anderer, vielseitigerer Spieler ist #3 Kyle Van Noy, Codename KVN, von Brigham Young, der am College einer der dominantesten Spieler war. Van Noy gilt als extrem spielintelligent.

#55 Michael Sam von Mizzou soll vornehmlich als OLB gearbeitet haben, auch wenn Sam am College ein klarer End war. Sam soll für die NFL als eine Art „edge rusher“ eingelernt werden – nicht allzu gut in der Deckung, aber solange das Passrushing passt…

Bei einem anderen bin ich erstaunt, wie wenig Buzz er kriegt: Alabamas OLB #52 Adrian Hubbard, einer der auffälligeren Spieler in einer der besten Defenses. Hubbard soll im Training allerdings die Seuche gehabt haben und viel zu oft einen halben Schritt zu spät zum Tackle herangerauscht sein.

Cornerbacks

Die großen CB-Stars heuer sind Seniors, aber sie haben aus verschiedenen Gründen alle für heute abgesagt. Der bekannteste Teilnehmer ist der Iron-Bowl Held #11 Chris Davis, der allerdings in erster Linie als Returnspezialist gilt. Davis soll ziemlich verloren ausgesehen haben, wenn er denn mal in den Drills als Cornerback eingesetzt wurde.

Der CB #23 Jaylen Watkins von Florida soll eine positive Überraschung der Trainingswoche gewesen sein.

Safetys

Der sensationelle Seminoles-Safety Lamarcus Joyner ist nicht dabei, und ich bin mal ehrlich: Ich kenne die andere Jungs nicht. #5 Isaiah Lewis soll nicht wirklich gut ausgesehen haben, dafür sollen die Coaches mit der Physis von #6 Ahmad Dixon (kommt von Baylor) beeindruckt gewesen sein.

Die #14 Dezmon Southward soll unter der Woche als Cornerback getestet worden sein, aber dabei so schlecht ausgesehen haben, dass man ihn mittlerweile zum Strong Safety „gedowngradet“ hat (im Sinne von „kann keine Coverage spielen“ – aber Southwards Physis soll hilfreich sein).


Senior Bowl, das ist meistens ein Spiel, das man sich schon ansehen kann. Die Prospects spielen eigentlich soweit es geht rücksichtslos durch, und nur wenige haben Angst vor Verletzungen vor der Combine – die ist heuer übrigens auch ein wenig später als gewohnt, weil die NFL den Offseason-Kalender streckt. Damit ist auch die Chance höher, dass sich die Prospects nach etwaigen Blessuren besser für die Combine erholen können.

Wer sollte Coach des Jahres 2013/14 werden?

Der Award „Coach des Jahres“ verhält sich in der NFL anders als alle anderen Awards. Denn während der NFL MVP oder Rookie-des-Jahres Preis tatsächlich an den Spieler vergeben werden, der nach common sense die beste Saison hatte (wie auch immer das definiert sein mag), so wird der Coach-Preis für gewöhnlich an den Coach gegeben, der an ihn gehegten Erwartungen vom Sommer am meisten übertrifft.

Die Wildcard gleich zu Beginn geht an John Fox von den Denver Broncos. Fox ist manchmal etwas nervtötend, weil er so konservativ ist, aber man kann ihm eines nicht absprechen: Dass seine Mannschaften nicht souverän spielen. Sie tackeln sicher. Sie begehen zwar Strafen, aber nicht viele Phantom-Tackles. Trotzdem spricht es Bände, dass der Coach, der seine Mannschaft dieses Jahr in die Superbowl geführt hat (Fox schaffte das schon vor zehn Jahren mit den Panthers), eigentlich kaum Presse. Denver wird als Peyton Mannings Team wahrgenommen. Aber allein mit Manning fährst du nicht in die Superbowl. Was Fox allerdings in dieser Liste knapp raus schießt: Er verpasste vier Spiele im November mit Herzproblemen. Klingt makaber, aber es gibt heuer genügend gute Coaching-Leistungen, dass ich das mal als Entschuldigung her ziehe. Ebenso knapp draußen: Sean Payton und Jim Harbaugh. Würde ich eine Top-10 Liste machen, zwei dieser drei hätten sie komplettiert.

#8 Andy Reid (Kansas City Chiefs)

Die Chiefs drehten ihre Bilanz innerhalb eines Jahres von 2-14 und Top-Draftpick auf 11-5 und Playoff-Qualifikation. Sie sind damit das zweite Team in Folge, dem das gelang (2012 schaffte es Indianapolis), und damals gewann der Colts-Headcoach den offiziellen Award. Andy Reid ist einer der Topfavoriten in diesem Jahr. Aber Hand aufs Herz: Reids Job war relativ einfach. Er fand zu seiner Einstellung vor einem Jahr einen Kader mit etlichen Pro Bowlern und vielen ehemals hohen Draftpicks vor, dem nur zwei Dinge abgegangen waren: Quarterback und Coaching. Zufällig sind das die wichtigsten Dinge im Football. Zufällig waren die Chiefs in diesen Bereichen nicht bloß schlecht, sondern unterirdisch.

Reid kam, und musste „nur“ zwei Dinge verändern. Er holte sich QB Alex Smith aus Kansas City. Es war wie erwartet das einflussreichste QB-Upgrade des Jahres. Und natürlich Reid selbst. Die Chiefs waren nicht besonders effizient nach Downs (Power-Ranking: untere Tabellenhälfte), aber weil sie mit der risikolosen Spielweise kaum Turnovers begingen, landeten sie doch bei 6.1 Punkten über Durchschnitt im SRS (#7 der Liga) und bei einem hervorragenden Pythagorean von 11.2 Siegen (#5 der Liga).

#7 Mike McCoy (San Diego Chargers)

Die Auswahl von Mike McCoy ist weniger ergebnisgetrieben als sie nach dem kurzen, aber doch überraschenden Playoff-Lauf aussieht. Ich hatte McCoy schon Ende November ganz weit oben auf meiner Short-List, und ich glaube, dass er einen echt guten Job als Rookie-Coach bei den Chargers gemacht hat.

Das Auffälligste an seinem Wirken war die Revitalisierung einer Chargers-Offense, die zuletzt nichtmal mehr Norv Turner formen konnte. Es war nicht bloß eine „gute“ Chargers-Offense 2013/14. Es war eine fantastische. Eine Offense Line bestehend aus Rookies und längst abgeschriebenen Altstars war gut genug um landesweit Aufmerksamkeit zu erregen. Ein QB Rivers blühte auf. Leute wie RB Mathews, der schon als Bust abgeschrieben war, gehörten plötzlich zu den ligaweit besten auf ihren Positionen. Rookie-WR Keenan Allen kam aus der dritten Runde und war per Knopfdruck einer der besten Wide Receivers in der NFL.

Ich glaube, man kann McCoy nicht daran aufhängen, dass die Defense so lange so absurd war; sie war schließlich unterirdisch besetzt. Es gibt personell keine NFL-Defense, die weniger an Spielermaterial hatte. Der einzige Verteidiger von NFL-Format, OLB Ingram, war fast die ganze Saison auf der Verletztenliste. Trotzdem wurde um dieses Problem herum gewerkelt, und in den letzten Wochen hatte San Diego dann sogar eine zumindest brauchbare Defense, und prompt ging es in die Playoffs.

Ein insgesamt sehr guter Job von McCoy, dessen Mannschaft momentan in den Top-10 des Power-Rankings rangiert. Die nach SRS 2.7 Punkte besser als der Liga-Durchschnitt ist. Der mit einem guten GamePlan auswärts ein Superbowl-Kaliber schlagen konnte (Cincinnati). Der am Ende aber ein Playoffspiel in Denver abschenkte, weil man zu lange zu starr an seinem längst gescheiterten Plan fest hielt.

#6 Bruce Arians (Arizona Cardinals)

Der amtierende Coach des Jahres. Arians gewann 2012 in Indianapolis als Interimscoach, ging aber im Anschluss daran zu den Arizona Cardinals um sich ca. 60jährig doch noch erstmals als Head Coach zu versuchen. Ich geben zu, ich war skeptisch. Aber Arians schaffte das, wofür er geholt wurde: Die Offense um QB Palmer beging zwar viele Turnovers, aber sie war immerhin wettbewerbsfähig genug um den schlafenden Riesen Arizona zu wecken.

Remember: Die Cards-Defense war schon in den letzten Jahren großartig gewesen; Arians‘ Coaching-Stab konnte den Level auch nach Abgang von DefCoord Horton sogar noch eine Stufe höher schrauben. Der Schlüssel aber war die Offense: QB Palmer warf zwar 22 INTs, aber er erlebte zumindest annähernd sowas wie einen dritten Frühling, als dass er Pässe für mehr als 6.5 NY/A an den Mann brachte – ein Wert, der Welten besser ist als alles was die Cards die letzten Jahre hatten.

Arizona war eines der besten und gefürchtetsten Teams der Liga in den letzten Wochen; niemand hätte gerne gegen die Cards in den Playoffs gespielt (sie verpassten diese trotz 11-5 Bilanz in der bockstarken NFC-West). Platz 7 im Power-Ranking, Platz neun im Pythagorean, Platz sechs im SRS: Das war ein komplettes Team.

Er formte WR Michael Floyd zur NFL-Tauglichkeit. Er machte die Offense zumindest glaubwürdig. Allein die viel zu geringe Einsatzzeit für den sensationellen Rookie-RB Ellington sowie ein katastrophales Game-Management (Field Goal bei -18?) gegen Seattle ziehen das Gesamtbild Arians‘ runter.

#5 Marv Lewis (Cincinnati Bengals)

Marv Lewis ist die graue Maus unter den NFL-Coaches: Ein stilles, schwarzes Männlein im leisesten Markt der Liga in Cincinnati, wo sich die eigene Bevölkerung nicht um die Mannschaft schert, weil sie den Owner hasst. Dieser Owner ist Mike Brown, und Mike Brown war vor drei Jahren nach dem Ende eines 4-12 Kollapses und zerbrochener Träume schlau genug um Marv Lewis nicht bloß nicht zu entlassen, sondern ihm sogar eine Vertragsverlängerung mit Kompetenzen-Zuwachs zu verschaffen. Als Resultat gibt es seither bis auf vielleicht Belichick in New England keinen Head Coach in der Liga, der ein breitere Themenfeld abdeckt als Marv.

Marv hatte 2013 sein bisher bestes Produkt auf dem Feld: Die Bengals gewannen mit 11-5 Siegen die AFC North und beendeten die Regular Season an #4 im Power-Ranking. Sie beendeten das Jahr mit nur 305 Gegenpunkten, fünftbester Wert der Liga. Und das, obwohl die beiden wichtigsten Spieler der Abwehr, DT Geno Atkins und CB Leon Hall, sich beide schon in den ersten zwei, drei Wochen verletzt in den Winter verabschiedeten. Einiges an der Defense-Arbeit mag an DefCoord Mike Zimmer liegen, und Zimmer konnte das kürzlich in seinen verdienten ersten Cheftrainerposten (in Minnesota) ummünzen.

Marv Lewis hat sich als quasi-GM einen famosen Kader zusammengestellt – und das ohne echte Free-Agency Aktivität. Er hatte das Team in hohen Höhen trotz eines mittelmäßigen QB um den herum gebastelt werden musste. Schade, dass die Saison letztlich so seelenlos gegen San Diego zu Ende ging.

#4 Chip Kelly (Philadelphia Eagles)

Die größten Befürchtungen erwiesen sich als nicht angebracht, zumindest nicht im ersten Jahr: Chip Kellys Offense hatte einen guten Einstand in der NFL. Er schaffte es, viele Konzepte seiner äußerst ansehnlichen Oregon-Ducks Offense in der NFL erfolgreich zu implementieren, und er schaffte es, obwohl er seinen Quarterback wechseln musste.

Nick Foles hatte ein extrem gutes Jahr als QB-Notnagel und als QB-Typ, der eigentlich alles andere als zum „klassischen“ Chip-QB taugte. Foles hat Limitierungen, die ihn möglicherweise eine Karriere als legitimer Franchise-QB kosten werden, aber Chip baute um ihn herum eine doch sehr ansehnliche Offense. Die Offense wurde nach seinen Vorstellungen zusammengestellt: Draften von massiven Offense Tackles, Draften von groß gewachsenen Tight Ends usw. Das ist Chip-Football par excellence, und es funktionierte.

Die Defense war bestenfalls unteres Mittelmaß, aber Chip musste auch erstmal mit einem Spielermaterial arbeiten, das für eine andere Art von Abwehr (die 4-3 Defense) gebaut war. Via Free-Agency wurden einige bessere Backups wie Sopoaga oder Cary Williams verpflichtet, aber mehr war in einer einzigen Offseason noch nicht drin.

Kellys Eagles sind im Efficiency-Ranking (Power-Ranking) die #5 der Liga. Das SRS ist okay, aber nicht überragend (1.9 Punkte über NFL-Schnitt). Die 10-6 Bilanz in der Regular Season ist es – zumindest gemessen an den Erwartungen, die den Eagles ca. ein 7-9 oder 8-8 prognostiziert hatten. Mische Kellys vergleichsweise aggressives Coaching in 3rd-Downs und 4th-Downs mit rein, wird die Coaching-Leistung noch besser. Verbesserungswürdig ist sein Handling mit der roten Flagge sowie war das eine oder andere Auszeiten-Ziehen suboptimal, aber es reicht locker für einen verdienten vierten Platz – aber nicht zu einer Medaille.

#3 Pete Carroll (Seattle Seahawks)

Pete Carroll hat in Seattle eine Mannschaft nach seinem Antlitz geformt. Das ist bemerkenswert, weil es so wenigen Coaches gelingt. Das geht nicht ohne ein Quäntchen Glück (wie z.B. die Glücksgriffe wie Chancellor oder Sherman, oder aber auch QB Wilson), aber du musst trotzdem eine funktionierende Einheit basteln.

Carrolls Seahawks von 2013 strahlen nicht mehr diesen Begeisterungsfaktor aus, der sie letztes Jahr berühmt machte, aber dafür sind sie insgesamt noch solider, tiefer besetzt und gehen zumindest nicht als Außenseiter in die Super Bowl.

Seattle beendete die Regular Season mit 13-3 Bilanz. Normalerweise ist eine 13-3 Bilanz ohne etwas Glück nicht leicht erreichbar, aber der Pythagorean behauptet, Seattle habe die Performance einer Mannschaft erbracht, die im Schnitt 12.9 Spiele gewinnt. Das ist nur ein Jota unter der schwarzen Zahl. Seattle ist die #1 im Power-Ranking. Seattle ist die #1 im Simple Ranking System mit 13.0 Punkten über NFL-Schnitt.

Die Seahawks waren das dominanteste Team des Jahres, und sie sind nach dem Abbild des ehemaligen Defensive-Backs Coaches Pete Carroll gebaut. Die große Stärke ist die Legion of Boom, die Secondary, in der Carrolls Schützlinge Earl Thomas und Richard Sherman Angst und Schrecken verbreiten.

Carroll hätte zwingend schon im letzten Jahr den Coach-des-Jahres Preis gewinnen müssen. Dieses Jahr gibt es aber zwei Kandidaten, die ich knapp vor Carroll sehe.

#2 Bill Belichick (New England Patriots)

Letzte Woche wurde ich im Podcast bei den Sofa-Quarterbacks um eine Einschätzung zu Bill Belichick gefragt, und ich kann das, was ich dort verzapfte, nur noch einmal wiederholen: Man hat sich an die Größe Bill Belichicks gewöhnt, so sehr, dass eine erneute 12-4 Saison des alten Mannes keine Sensation mehr ist. Es gibt keinen besseren Coach da draußen. Vielleicht gab es noch nie einen so guten Coach da draußen. Vielleicht ist Belichick der beste NFL-Headcoach aller Zeiten. Aber man registriert es gar nicht mehr. Belichick ist ein Opfer seines eigenen Erfolgs geworden.

Drei Superbowl-Siege sind das eine. Viel bemerkenswerter ist die Tatsache, dass es Belichick in einer Ära, in der alles auf Gleichheit getrimmt wird, jedes verdammte einzelne Jahr ein Produkt aufs Feld schickt, das um den Titel mitspielt. Ohne Unterbrechung. Belichick verpasste seit seinem ersten Titel 2001/02 nur zweimal die Playoffs – beide Male mit Winning-Record. Einmal davon mit 11-5 Bilanz und Durchwursteln mit einem Quarterback, von dem nie zuvor jemals jemand was gehört hatte (Matt Cassel war sogar am College nur Backup gewesen).

Belichick erfindet sich jedes Jahr von neuem. Aber 2013 mag sein bisher markantestes gewesen sein. Eine Offense, die nach einer Lawine an schlechten Nachrichten in der Offseason und anfänglichen Schwierigkeiten durchaus wieder phasenweise exzellente Spiele hatte. Eine Defense, die bis zum Zuschlagen des Verletzungsteufels mit einem Male wieder Top-Team würdig war. Ein konstant wandelnder GamePlan, der um diese Probleme herum dokterte.

Am Ende war New England ein Top-10 Team nach Effizienz, was angesichts der Kaderqualität bemerkenswert ist. New England war 5.9 Punkte besser als der Durchschnitt nach SRS (#8der Liga). #8 nach Pythagorean. 12-4 Siege, und es hätten je nach Ausgang einiger Zufalls-Plays in den letzten Sekunden auch 10 oder sogar 14 sein können. Das müsste eigentlich reichen für den COTY, aber…

#1 Ron Rivera (Carolina Panthers)

Ich löse mein Versprechen ein und küre den Coach, der wie kein anderer für die neue Welle an aggressiven (besser: rational richtigen) 4th-Down Calls stand: Riverboat Ron. Ron Rivera ist mehr als die paar 4th-Downs. Ron Rivera war der Hauptgrund, weswegen die Carolina Panthers in der vorangegangenen Saison 2012 so „schlecht“ abschnitten: Wegen seines üblen „in-Game Managements“. Dass Rivera aus einem Schrotthaufen von Mannschaft, die er 2011 übernommen hatte, innerhalb von kürzester Zeit eine titelfähige Mannschaft gebastelt hat, habe ich nie abgestritten; Carolina hatte schon 2012 eine Superbowl-fähige Mannschaft, aber einen Top-Draftpick würdigen Coach.

Rivera war der Hauptgrund, besser: der alleinige Grund, weswegen ich Carolina im Sommer knapp außerhalb der Playoffs gesehen hatte. Bei allem Respekt für seine sicherlich exzellente Trainings- und Vorbereitungsarbeit, aber er hatte sie so oft mit inaktzeptablen in-Game Entscheidungen negiert, dass diese kein Zufall sein konnten. Weil Menschen Gewohnheitstiere sind und sich – wenn überhaupt – nur seeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeehr langsam ändern, hatte ich Rivera bereits als hoffnungslosen Fall abgeschrieben.

Woche 2 gegen Buffalo, und Rivera machte nahtlos weiter mit seinem „Punt in 4th-und-kurz“. Resultat: Zwei Saison-Pleite im zweiten Spiel.

Aber dann muss sich etwas bei Rivera getan haben, denn quasi über Nacht mutierte Rivera vom konservativsten Head Coach der NFL zu einem, der 4th-Down auf 4th-Down auf 4th-Down ausspielen ließ und damit mehr als eine Partie zu Gunsten seiner Mannschaft drehte. Carolina war am Ende 12-4, in etwa die Bilanz, die die Panthers schon 2012 hätten einfahren müssen. Man war ein Top-8 Team nach Effizienz-Stats. Man war die #4 der Liga im SRS mit 9.1 Punkten über Liga-Schnitt. Man stellt mit 11.7 Siegen das drittbeste Team nach Pythagorean.

Und mehr: Die Panthers funktionieren mittlerweile wie eine Mannschaft nach Riveras Vorstellungen: Massive Front-Seven, okayes Defensive Backfield. Rivera und sein Staff machten in der Offseason genau die richtigen Moves um den letztjährigen Underachiever zu upgraden. Das größte Upgrade aber war Rivera selbst – und das verdient ihm den Sideline Reporter Coach oft he Year 2013/14 Award.

NFL-Power Ranking 2013/14 in der Zielgeraden

Das Matchup für Superbowl XLVIII am 2. Februar 2014 steht: Denver Broncos gegen Seattle Seahawks. Die Ansetzung kommt nicht überraschend. Beide waren schon im Sommer die jeweils größten Favoriten ihrer Conferences, und beide waren auch vor den Halbfinalspielen jeweils favorisiert gewesen.

Die Seattle Seahawks gehen in das Endspiel als Team mit den besten Effizienz-Stats im Power-Ranking. Sie führen trotz ihrer recht wackeligen Vorstellung gegen San Francisco auch vor dem großen Endspiel die Wertung an. Die Denver Broncos sind als bestes Team der AFC die #3 des Rankings. Wir haben also ein Endspiel der beiden jeweils besten Mannschaften jeder Conference – das hatten wir lange nicht mehr.

Und die Endspiel-Quote ist knapp: Das Power-Ranking favorisiert Seattle mit 53% Sieg-Wahrscheinlichkeit hauchdünn gegenüber den Denver Broncos. In Punkt-Spread ausgedrückt heißt das: Die Seahawks gehen als Favorit mit einem Punkt ins Endspiel. Knapper geht fast nicht. Und würdiger für ein Endspiel auch nicht.

Zum Power-Ranking.

NFL-Power Ranking 2013/14, Conference-Finale

NFL-Power Ranking 2013/14, Conference-Finale

WP entspricht der Siegchance der jeweiligen Franchise gegen eine standardisierte, durchschnittliche NFL-Franchise, (LW) ist das Ranking von letzter Woche, E16 ist WP hochgerechnet auf 16 Spiele (WP*16 = E16), SOS ist der bisherige Strength of Schedule, den dieses Modell für die jeweilige Franchise errechnet, Rs die Platzierung des Schedules, W-L die tatsächliche Sieg-Niederlagen-Bilanz jeder Franchise vor der Super Bowl.

Der Extrapunkt

Bevor ich noch einmal auf die Mannschaften und Spieler eingehe, sei kurz eine Nachricht aus dieser Woche andiskutiert, die ich mit Freuden aufgenommen habe: Roger Goodell, NFL-Commissioner und mittlerweile so still, dass er fast in Vergessenheit geraten ist, hat vorgeschlagen, den Extrapunkt (PAT, point after touchdown/try) zu streichen.

Ich warte praktisch seit ich Football verfolge auf diesen Moment. Der PAT war für mich immer ein Ärgernis. Er langweilte mich als Madden-Spieler unendlich. Er langweilte mich als TV-Zuschauer. Ich hasste ihn. Es war erst intuitiv, aber dann rechnest du nach und siehst völlig unüberraschend: 99.5% (oder so) gehen rein. Dieses Jahr sollen es 5 versemmelte PATs unter 1200 gewesen sein (einer davon kam im Schneegestöber von Philadelphia, als der Hold im Tiefschnee misslang).

Wer einem PAT nachtrauert, der soll sich mal die umgekehrte Vorgehensweise vorstellen: Stell dir vor, die NFL vergab bisher stets 7 Punkte für einen TD, aber sie kommt im Jahr 2013 auf die Idee, fünf bis sechs zusätzlichen Werbepausen zu Gunsten einen TD nur mehr 6 Punkte zu werten und dafür einen Extra-Schuss einzuführen, der in 99.5% der Fälle eh rein geht. Das ist doch idiotisch, nicht? Wir würden es hassen.

PATs waren in der Urzeit des Football gerechtfertigt, aber heute sind die Kicker so gut, dass sie fast alles reinnageln. Maximal ein falscher Hold zerstört einen PAT. Mir schweben viele Ideen für einen PAT-Ersatz vor:

  • Sechs Punkte für den TD. 1 Extrapunkt für einen Versuch von den Goal-Line (oder 2yds-Line). Zwei Punkte für einen Versuch von der 2yds-Line (oder 3yds-Line). 1 Punkt von der 2yds-Line, das liest sich fair: Heute gelingen 48% der 2pt-Conversions (die starten dort) – das ist eine Punkterwartung von fast genau 1 Punkt pro Versuch – fast identisch mit dem PAT.
  • Sieben Punkte für den TD, aber eine Mannschaft kann für den Einsatz von einem Punkt einen 2pts-Conversion versuchen (von der 1, 2 oder 3yds Line). Gelingt er, kriegste 8 Punkte. Misslingt er, kriegste 6. Versuchst du’s erst gar nicht, kriegste 7 und wir haben eine Werbepause gespart.
  • Schreibe zwingend eine 2pts-Conversion vor.

Ich habe auch schon von Vorschlägen gehört, die es dem Rugby nachahmen wollen: Der Extrapunkt bleibt als Kick erhalten, soll aber von der Stelle aus erfolgen, von der der Ball die Goal-Line übertreten hat. Viel Spaß dann denen, die über den Pylon reinsegeln.

Oder: Extrapunkt erhalten, aber schießen muss ihn der Spieler, der den TD erzielt hat. Damit gewinnen wir wieder etwas Spannung, bzw. ein Team muss sich schon vor dem TD überlegen, wem es den Ball geben möchte…

Viele Vorschläge, und alle sind sie besser als der PAT, einer der wenigen wirklich lahmen Momente in einem Footballspiel.


Den direkten Vergleich der Effizienz-Stats hatten wir schon letzte Woche, aber als Visualisierung kann man es schon noch einmal hinaushauen (klick mich):

Profile der Superbowl-Teams 2014

Profile der Superbowl-Teams 2014

Es ist im Grunde ein Duell einer der besten NFL-Offenses der Saison (Broncos) gegen die beste Defense (Seahawks). Wobei die Seahawks über das Jahr durchaus auch eine sehr gute Offense auffahren, und weiterhin sowohl in Pass- als auch Lauf-Effizienz nur minimal unter einer Standardabweichung besser sind als der Durchschnitt. Was auch auffällt: Beide Teams werden mit am meisten bestraft.

Bei den Seahawks fällt rein optisch betrachtet auf, dass dieser orgiastische WOW-Effekt in der Offense mittlerweile abgeht. Das liegt vor allem dran, dass bei QB Russell Wilson die Leichtigkeit des Seins verschwunden ist. Wilson, der vor einem Jahr die Footballwelt in hellste Aufregung versetzt hatte, schleppt sich in den letzten Wochen nur noch durch. Folgender Graph verdeutlicht dies:

QB Russell Wilson 2013/14

QB Russell Wilson 2013/14

Die verwendeten Metriken sind EPA/Play, was soviel misst wie den Beitrag zu Punkten, den Wilson pro Spielzug leistet. „0.24 EPA/P“ liest sich so: Jeder Spielzug über diesen Spieler hat 0.24 Punkte zur erwarteten Punkteausbeute der Mannschaft in diesem Drive beigetragen. EPA („expected points added“) ist dabei die Summe aller Spielzüge. EPA misst alles: Raumgewinn, Downs, Turnovers, Incompletions, Sacks, Touchdowns. Es ist die kompletteste Mess-Metrik für Football-Offense, die ich kenne. Ich nutze dabei die Interpretation von Brian Burke. Burke hat sein EPA-Konzept hier präzise erklärt.

Ein Spieler allein macht keine Mannschaft, auch kein QB. Aber man kann trotzdem recht gut abschätzen, wie Wilsons Saison verlaufen ist: Dem famosen Auftakt folgte ein eher durchwachsener Oktober, gefolgt von einem sensationellen November, in dem die Seahawks zeitweise unschlagbar aussahen. Aber dann änderte sich irgendetwas nach dem Kantersieg über die Saints. Wilsons quält sich seither mit sterilen Leistungen durch.

Vor allem seine SR% (Success-Rate) litt bedeutend. Seit mehreren Wochen hat Wilson nur noch 3 oder maximal 4 erfolgreiche Plays auf 10. Das ist extrem wenig, und es wäre schon gegen die 49ers fast schief gegangen, wäre er am Ende nicht von zwei massiven Big-Plays im Passspiel heraus gerissen worden.


Das Power-Ranking war letzte Woche 2-0, weil beide Heim-Teams gewonnen haben. Beide Tipps waren auch gegen den Vegas-Spread richtig. Bei Seattle-San Francisco war der vom Power-Ranking vorgeschlagene Spread von 6 Punkten sogar auch der Endstand des Spiels.

Damit ist das Ranking in den Playoffs bei 7-3 korrekten Tipps. Über die Saison liegt es bei nunmehr 128-73 richtigen Tipps (63.7%). Für die Super Bowl habe ich es schon in der Einleitung geschrieben: Eine Favoritenstellung von sage und schreibe einem Punkt, oder 53%, für die Seattle Seahawks.

Viel knapper geht es nicht, auch wenn wir just in den letzten Jahren einige solcher Matchups hatten: Green Bay (2010/11) und die New York Giants (2011/12) waren jeweils Favoriten in echten Münzwurfen: Beide hatten vor ihren Superbowls gegen Pittsburgh bzw. New England nach diesem Ranking eine Favoritenstellung von unter 50.5%.

Das Wetter ist diesmal eine komplette Unbekannte, aber es ist nur ein weiterer X-Faktor in einem Spiel, in dem man schlicht ins Dunkle greifen muss um sich mit einem Siegertipp ans Licht zu wagen.

Notizblock NFL Championship Games 2013/14

Zunächst mal: ein Championship Game sollte nicht ohne Flutlicht, dafür aber bei strahlendem Sonnenschein und 15° Celsius ausgetragen werden. Jedes Sunday Night Game hat mehr Atmosphäre. Passenderweise gab es dann eine fast schon langweilig perfekte Leistung der Denver Broncos und ein langweilig durchschnittliches Spiel der New England Patriots. Später ertranken wir dafür dankenswerterweise in literweise Herzblut und action vor einer Kulisse, die man sich für ein Championship Game nicht perfekter hätte ausmalen können.

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Alle Infos zu Super Bowl 2014 in TV und Internet

Super Bowl XLVIII findet in der Nacht von Sonntag, 2. Februar auf Montag, 3. Februar 2014 statt. Die beiden Kontrahenten sind die Seattle Seahawks und die Denver Broncos. Kickoff der Partie ist um 0h30 MEZ. Austragungsort ist zum ersten Mal in der Superbowl-Geschichte der Großraum New York, wobei das MetLife Stadium nicht im Bundesstaat New York, sondern überm Fluss in East Rutherford/New Jersey steht, in den Meadowlands in der Nähe eines großen Flughafens. Es ist die erste Freiluft-Superbowl in einer Kaltwetterstadt. Das gute Wetter von heute kommt leider noch zirka zehn Tage zu früh:

Die Allzweckwaffe für Superbowl-Übertragungen ist im Internet wie immer der kostenpflichtige NFL-Gamepass, der rund um die Uhr über sein NFL-Network übertragen wird (Gamepass-Infos hier), und dann das Spiel im Original-FOX Broadcast überträgt. Die Kommentatorenduo ist allerdings ein schauriges: Joe Buck und Troy Aikman werden mich mit offenen Armen zu anderen Alternativen treiben.


In Deutschland wird die Super Bowl auf mehreren Kanälen übertragen: SAT.1 ist in der Nacht von 2.2. auf 3.2. ab 0h05 live auf Sendung. Die Kommentatoren mit viel Momentum werden Frank Buschmann und Jan Stecker sein. Ich betone noch einmal, dass ich selbst als zum „Hardcore“-Fan abgekapselter Football-Fan durchaus angetan bin von dem, was SAT.1 aus seinen NFL-Übertragungen gemacht hat.

SAT.1 streamt auch im Internet mit, im ran.de-Stream.

Auch der Pay-TV Sender SPORT1 US wird die Super Bowl live übertragen (ab Mitternacht MEZ). Kommentieren werden Günther Zapf und Florian Berrenberg. Günther Zapf dazu bei Sportradio360 im Interview. Bei Radio Sport1.fm soll es Vor- und Nachberichterstattung geben.


In Österreich überträgt PULS 4 mit seiner extrem gelobten Football-Mannschaft. PULS 4 ist ab 23h15 auf Sendung mit Vorberichterstattung und allem Drum und Dran. Kommentierender weise werden Walter Reiterer und Michael Eschlböck das Spiel begleiten – ein Duo, das überwiegend exzellente Noten bekommt.

SPORT1 US überträgt natürlich auch in Österreich.

Über die Super Bowl Partys quer durch Österreich hat Walter Reiterer bei Football-Austria geschrieben. Es scheinen auf manchen Partys noch einige Karten zu vergeben sein…

In der Schweiz ist SPORT1 US natürlich am Start, aber im Free-TV bin ich nur im Bilde, dass der französisch-sprachige Öffi RTS-Deux das Spiel überträgt. Im TV-Programm vom deutschsprachigen SRF ist (noch?) nichts zu finden.

In Italien sind zwei Sender drauf: Italia 2 und das erst im Dezember neu aufgemachte FOX SPORTS 2, der quasi-Nachfolger von ESPN America. Die Kommentatoren bei Italia 2 werden Guido Bagatta und Gabriele Cattaneo sein.


Ein paar wissenswerte Dinge zur Superbowl 2014: Okay, erste Superbowl im Freien und Möglichkeit von Schneefall yaddayadda, aber auch ansonsten dürfte vieles los sein im größten US-Medienmarkt. Die Arena in East Rutherford ist eine von gigantischen Ausmaßen, trotz „nur“ 82.000 Zuschauerplätzen dürfte das rein von den Raum-Maßen eines der größten Stadien weltweit sein.

Die Teams kommen allerdings beide aus den westlichen Zeitzonen der Staaten. Die Denver Broncos sind dabei durchaus eine Hausnummer (zweifacher Superbowl-Sieger in den 90ern), und bieten in Peyton Manning eine Quarterback-Legende im Herbst seiner Karriere auf. Die Seattle Seahawks dagegen sind ein eher unbeschriebenes Blatt. Jahrelang ein Mitläufer, war man 2005/06 mal im Superbowl, wurde dort allerdings leicht verpfiffen und verlor unglücklich. Wären da nicht Richard Sherman und seine Legion of Boom zuhause, man würde die Hawks nicht wirklich wahrnehmen.

Die Hymne wird von der Opernsängerin Renee Fleming gesungen. Die Halbzeitshow haben diesmal Bruno Mars und die Red Hot Chili Peppers über – wobei: Wieviel Notfallplan es für den Fall eines Blizzards gibt, ist noch nicht bekannt.

Bei den Werbespots dürfte FOX einen neuen Rekord aufstellen: Für 30sek-Spots könnte zum ersten Mal die Marke von 4 Mio./30sek geknackt werden. Wirtschaftskrise? Null problemo.


Weitere Infos kann man bei im TV-Eintrag zur NFL-Saison 2013/14 nachlesen.

Der neue König der Löwen: Jim Caldwell

Kein Blick einer Raubkatze: Jim Caldwell

Kein Blick einer Raubkatze: Jim Caldwell

Zu sagen, dass die Ernennung von Jim Caldwell in Lions-Fankreisen „Entsetzen“ ausgelöst hätte, würde den tatsächlichen Geschehnissen nicht gerecht werden. Es ist viel besser mit Galgenhumor beschrieben, oder Resignation. „Same old Lions“ war das Schlagwort. Was habe man schon anderes erwarten können. Die Franchise schaffe es doch immer, das Falsche zu machen, und wenn man auch nicht in der Offseason gewinnt, so sei es doch bezeichnend, dass es Detroit sogar schaffe, es auch in der Offseason zu verbocken. Meine paar Cents dazu.

Jim Caldwell ist den meisten Fans von seiner dreijährigen Zeit als Head Coach der Indianapolis Colts bekannt, die er von 2009 bis 2011 als auserwählter Nachfolger von Tony Dungy coachte. Seine Bilanz in den drei Jahren dort: 26-22 Siege in der Regular Season, 2-2 in den Playoffs. Was man Caldwell dabei ankreidet: Er habe die Mannschaft sukzessive schlechter gemacht: Von 14-2 und Superbowl auf 10-6 und Playoff-one and done, auf 2-14 und Top-Draftpick.

Wie viel an der Kritik berechtigt ist, ist schwierig zu beurteilen. Caldwell führte auf alle Fälle die Colts in der Saison 2009/10 in ungekannte Höhen. Diese Mannschaft war eine der bizarrsten der letzten 10-15 Jahre: Sie begann die Saison mit 14-0 Siegen und stand kurz vor der dritten Perfect Season der modernen NFL-Geschichte. Dann nahm Caldwell in Woche 15 bei Führung gegen die Jets seine Stammspieler runter um keine Verletzungen zu riskieren. Als Folge wurden die letzten beiden Spiele abgeschenkt. Trotzdem war das ein 14-2 Team. Aber seine pythagoreische Erwartung war relativ schlecht: 10.9 Siege. Ein Punkteverhältnis von 416-307. Extrem viele knappe und sehr knappe Siege.

Auf der anderen Seite: Ihre Play-by-Play Effizienz-Stats waren gigantisch: Indianapolis dominierte damals das Power-Ranking nach Strich und Faden, viel überlegener als es z.B. die Seahawks heuer waren. Man schloss zwar nur als #5 ab, aber darin sind die abgeschenkten Spiele inkludiert. Die Stamm-Elf fuhr in 14 Spielen einen .810 Wert ein, ein Wert, der nur von den Patriots 2007 geschlagen wird.

Ein Jahr darauf zeigten sich immer mehr Klüfte. Die Colts gewannen nicht mehr alle knappen Spiele, Offense und Defense kassierten erste Risse, man flog im ersten Spiel gegen die Colts raus, u.a. wegen eines verblüffenden Timeouts, das Caldwell wenige Sekunden vor Schluss nahm. Ich war damals im Liveblog entsetzt.

In seinem dritten Jahr der Kollaps: 2-14. Es war allerdings die Saison, in der die Colts auf den nackenverletzten Peyton Manning verzichten mussten, und mit QBs wie Orlovsky oder Painter ging natürlich nix. Man kann Caldwell zum Vorwurf machen, nix aus der Situation gemacht zu haben, oder man kann darauf verweisen, dass es dort trotz zwischenzeitlichem 0-13 Start und der reellen Gefahr, die neuen Lions zu werden, ruhig blieb. Caldwell hatte den Laden soweit unter Kontrolle, dass nicht Woche ein, Woche aus schmutzige Wäsche gewaschen wurde. Seine Teams zogen bis auf eine Ausnahme (das berüchtigte Saints-Spiel) bis zum Ende durch und ließen sich nicht abschlachten wie das Opfer auf der Bank.

Caldwell war zuvor Head Coach bei Wake Forest am College in der ACC gewesen. Seine Bilanz dort: 26-63 Siege. Für Wake-Verhältnisse nicht unterirdisch, aber es gibt Coaches, die später mehr aus Wake gemacht haben.

Er ging nach Indianapolis und war in den 2000ern der Lieblingsassistent von Tony Dungy. Dungy wählte Caldwell schließlich als seinen Nachfolger bei den Colts eigenhändig aus. Dungy war es auch, der Caldwell den Lions empfohlen haben soll.


Soweit das, was Caldwell an Resultaten als Head Coach vorzuweisen hat. Über seinen Stil ist nicht viel bekannt. Er ist ein stilles Männlein, schüchtern und zurückgezogen, und gegen seine Statements auf Pressekonferenzen ist ein Belichick der reinste Redeschwall.

Sein Coaching-Stil ist relativ unbeschrieben. Er arbeitete in Indianapolis nicht als eigentlicher Coordinator, sondern viele Jahre als assistent head coach. Dungys Verwalter. Erst in Baltimore trat Caldwell wieder als Coordinator in Erscheinung, in den letzten Wochen der Saison 2012/13, als er kurz vor Weihnachten den geschassten OffCoord Cameron ersetzte und der Ravens-Offense vorstand. Geändert wurde am Gameplan für meine Begriffe relativ wenig, aber rein zufällig in jener Zeit explodierte Joe Flacco und hatte seinen mittlerweile legendären Playoff-Lauf inklusive Superbowl-Gewinn. Die Saison danach bestritt Caldwell als OffCoord. Ich schrieb im Sommer, „hat er was anderes drauf als sechs lange Bälle anzusagen und darauf zu hoffen, dass der Safety daneben springt?“ – und die Antwort – oder zumindest das, was die Ravens-Offense auf dem Feld zeigte – darf man mit „Nope“ beantworten. Ravens-Offense 2013/14, das war nix. Nada.

Wie viel ist Caldwell daran schuld? Die Offense Line war eine Katastrophe, WR Boldin ward verkauft, TE Pitta schnell verletzt, Flacco war wieder Flacco, Rice war Avon Couborne, und auch Caldwell unternahm nicht viel, um eine am Boden liegende Offense zu reanimieren. Zumindest war das nach außen der Eindruck. Zumindest scheinen Ravens-Fans froh zu sein, nun einen neuen OffCoord zu bekommen.

Auch das ist Caldwell: Zweimal ein Werk eines Vorgängers übernommen, zweimal mit zumindest nach Ergebnissen überzeugendem Erfolg (Superbowl als Head Coach, Superbowl-Sieg als Coordinator). Zweimal ging es nach dem anfänglichen Erfolg schnell nach unten in relativ tiefe Tiefen. Ist auch das ein Grund, weswegen so viele Caldwell hassen bzw. ihm nix zutrauen, obwohl auch Schwartz nach drei vielversprechenden Jahren nix mehr weiterbrachte?

Warum aber hat Dungy dann eine so hohe Meinung?


Ein gängiger Witz unter Lions-Fans ist der Ablauf des Bewerbungsgesprächs von Jim Caldwell in Detroit.

Frage: „Wie gedenken Sie, die Offense in Detroit zu gestalten.“
Caldwell: „…“
Frage: „Wie gedenken Sie, die Defense zu gestalten?“
Caldwell: „…“
Frage: „Wollen Sie den Job als Head Coach?“
Caldwell: *nickt*

Caldwell ist keine inspirierende Wahl. Man weiß nicht so recht, was er drauf hat. Man weiß nur, dass er zweimal schnell Erfolg hatte, aber den Erfolg aus verschiedenen Gründen nicht halten konnte. In diesem Hinblick ist Caldwell gar nicht so verschieden von einem Ken Whisenhunt, der angeblich einer der Favoriten auf den Lions-Posten war, aber dann trotz eines bereits gecharterten Flieger der Ford-Familie in Tennessee unterschrieb.

Caldwell ist auch aufgrund seines Äußeren nicht inspirierend. Er ist 58, aber man sieht es ihm nicht an. Man sieht ihm überhaupt kein Alter an. Er ist zeitlos, aber auch ausdruckslos. Sein Gesicht kennt man nur im immergleichen, verzagten Ausdruck, und du siehst ihm nicht an, ob seine Mannschaft in Schwierigkeiten drei TD zurückliegt, oder gerade den Superbowl erreicht hat. Ist das ein Grund dafür, dass ihn alle so hassen, auch die, die Schwartz hassten, weil er so emotional war?


Gehen wir mal mit dem, was greifbar ist: Caldwell war nicht der Favorit auf den Trainerposten in Detroit. Er war bestenfalls die #2 hinter Whisenhunt, aber möglicherweise auch noch hinter Bill O’Brien (jetzt Houston) und Lovie Smith (jetzt Tampa Bay). Damit wird er zurechtkommen müssen, egal wie viele Lippenbekenntnisse es ob seiner Bewerbung gibt. Ablauf und Zeitpunkt seiner Einstellung sprechen ganz offen dagegen, dass Caldwell die erste Wahl war. Das Front-Office weiß das. Die Spieler wissen es. Die Fans wissen es. Caldwell weiß das. Er wird damit zurechtkommen müssen.

Ich wollte immer Dungy, aber Dungy war nie erreichbar. Caldwell ist ein Dungy-Jünger, und Dungy hat eine hohe Meinung von Caldwell, also dürfte zumindest dieser Punkt in meiner Wunschliste – zumindest ansatzweise – erfüllt sein. Zumindest sind wir keine Lichtjahre entfernt. Sollte es kein Dungy werden, wollte ich:

  • Offensiv-Geist. Passt. Zumindest halbwegs. Caldwell kommt von der Offense. Caldwell war jahrelang ein QB-Coach in Indianapolis. Er coachte dort: Peyton Manning (ab 2002). Er hatte bestimmt einen Anteil daran, dass Peyton Manning „Peyton Manning“ wurde. Die Offenses, in denen Caldwell auch nur adäquates Spielermaterial hatten, waren alle effizient und produktiv.
  • Disziplin. Das passt. Dungy war berühmt dafür, dass seine Mannschaften diszipliniert spielten. Nach der Messung „Penalty-Yards per Play“ (Strafen-Raumverlust pro Spielzug) waren Caldwells Colts immer in den Top-5. Dass Egomanen runter genommen wurden. Bloß hatten es Dungy/Caldwell nur mit einem Nick Harper zu tun, nicht mit einem Suh oder Fairley.
  • Stratege. Keine Ahnung, ehrlich. Aber ich komme gleich zu seinem Trainerstab.
  • Spielverständnis. Das ist dann aber der Punkt, der mir das blanke Gänserupfen über den Rücken hinunterjagt. Caldwell war 2011 einer der Head Coaches, deren 4th-Down /usw. Entscheidungen mit die am wenigstens verheerenden für die Sieg-Chance seiner Mannschaft waren, aber das kann auch daran liegen, dass die Colts stets schnell in Rückstand lagen und niemals viel zu verlieren hatten. Greifbarer ist für mich da das teilweise pathetische Handling bei den Colts. Das Timeout-Management. Für jenes Timeout gegen die Jets gibt es keine Entschuldigung, aber „keine Entschuldigung“ wäre immer noch besser anfühlend als die sinnfreie Erklärung, die Caldwell für sein Handeln abgab.

Ich mache mir Sorgen, dass Detroit nach dem unsouveränen Jim Schwartz hier möglicherweise einen noch unsouveräneren Game-Manager geholt hat – ganz unabhängig jetzt mal davon, was Caldwell in der täglichen Trainingsarbeit so leistet.


Um zu dem zu kommen, was ich mit Spannung erwartet hatte: Den Stab „hinter“ dem Head Coach. Auf diesem Gebiet hat mich Caldwell positiv überrascht. Als OffCoord wollte er angeblich erst den QB-Entwickler des Andrew Luck einstellen, Clyde Christensen von den Colts, aber als das schief lief, blieb immer noch ein sehr attraktiver Kandidat übrig: Bill Lazor, der QB-Coach der Philadelphia Eagles. Letztlich hat Caldwell beide nicht bekommen. Positiv finde ich aber die Richtung: Dass Coaches dieser Güteklasse in Betracht gezogen wurden, dem kann ich vieles abgewinnen.

Es ist noch nicht bekannt, wer der neue OffCoord denn nun werden wird. Offensiv-Assistent wird Ron Prince, ein Mann, der in den Staaten vor allem deswegen bekannt ist, weil er die Kansas State Wildcats vor einigen Jahren so weit runterwirtschaftete, dass die Trainerlegende Bill Snyder aus dem Ruhestand zurückkehrte um „seine“ Mannschaft wieder gerade zu biegen.

Caldwells Statement ob des Profils des neuen OffCoords soll vor allem „innovativ“ sein. Das klingt schon mal gut. Noch wichtiger wäre ein OffCoord, der auf die Basics achtet. Lazor wäre so einer gewesen. Man darf hoffen, dass Caldwell noch immer nach einem Typus Lazor sucht.

Der neue DefCoord ist Teryl Austin, bisher DB-Coach bei den Baltimore Ravens. Das ist mein neuer Lieblings-Coach. Auf so eine Einstellung hatte ich gehofft. Ein Coach aus einer Defensiv-Schmiede, der Ahnung hat vom Defensive Backfield, und der mit dieser Unit in Baltimore Herausragendes geleistet hat.

Austin wird zweifellos dieser Defense helfen. Die Defense hat gute bis sehr gute Spieler in allen Bereichen, aber sie war bekannt dafür, ihre Wucht nur phasenweise auf das Spielfeld zu bringen und dann immer wieder mit schlampigen Spielzügen und Strafen das Erreichte einzureißen.

Neben DefCoord Austin wurde auch Bill Sheridan als LB-Coach eingestellt. Sheridan lieferte zuletzt in Tampa keine Bewerbung für strategische Aufgaben wie „DefCoord“ und GamePlanning ab, aber als Positionscoach sicher ein Mann mit großer Erfahrung.

Das Gute bei Caldwell: Er scheint eher einer zu sein, der sich aus dem Tagesgeschäft etwas zurückhält. Der lieber die große Rahmenplanung und –steuerung macht. Das macht Hoffnung, dass Detroits GM Martin Mayhew sich aus der Sache raushält – und das kann nur Gutes heißen.


Summa summarum: Ja, ich bin überrascht von der Einstellung des Jim Caldwell. Nein, ich bin nicht begeistert. Im ersten Moment war ich erschrocken. Dann kam die Phase des Negierens („So schlimm wird es nicht werden“). Dann die Erinnerung an den so stark besetzten Kader in Detroit. Dann erweckte Hoffnung durch die erfolgsversprechenden Assistenzcoaches, allen voran Austin. Dann das Einreden, dass sich Caldwell nicht so stark ins Tagesgeschäft einmischen würde.

Caldwell ist Caldwell. Er hatte große Erfolge, aber die Erfolge schreibt man größtenteils anderen zu. Er hatte große Misserfolge, und man schreibt sie größtenteils ihm zu. Seine Arbeitsweise ist quasi unbekannt. Er spricht nur unter Protest. Er schaut stets traurig drein. Man traut ihm nicht zu, ein Team zu bauen. Er muss in Detroit aber nur ein Team disziplinieren. Er ist nach allen bisherigen Erkenntnissen ein schlechter In-Game Coach. Aber alle seine bisherigen Spieler liebten ihn, und seine Mannschaften zogen ihren Scheiß stets bis zur Schlusssirene durch.

Jim Caldwell und Detroit. Ich bin nicht besoffen vor Glück, aber ich bin gespannt.

NFL-Draft 2014: Der Stichtag ist abgelaufen

Christian Schimmel und Roman John vom Blog Der Draft gehen in ihrem Podcast: Draftcast #7 sehr ausführlich auf die Underclassmen (College-Spieler, die keine Seniors sind) im NFL-Draft 2014 ein. Für diese Underclassmen ist letzte Woche der Stichtag abgelaufen, und es wurde wieder ein neuer Rekord für Underclassmen im Draft aufgestellt: 102 Stück sollen es dieses Jahr sein, darunter so bekannte Namen wie…

  • QB Teddy Bridgewater von Louisville
  • QB Blake Bortles von UCF
  • QB Johnny Manziel von Texas A&M
  • RB Isaiah Crowell, ehemals Georgia
  • RB James Wilder jr von FSU
  • RB Ka’Deem Carey von Arizona
  • RB Tre Mason von Auburn
  • RB Lache Seastrunk von Baylor
  • RB Devonta Freeman von FSU
  • RB Jeremy Hill von LSU
  • RB De’Anthony Thomas von Oregon
  • WR Brandin Cooks von Oregon State
  • WR Marquise Lee von USC
  • WR Mike Evans von Texas A&M
  • WR Sammy Watkins von Clemson
  • WR Kelvin Benjamin von FSU
  • TE Eric Ebron von UNC
  • TE Colt Lyerla von Oregon
  • OT Cyrus Kouandjio von Alabama
  • OG David Yankey von Stanford
  • DT Timmy Jernigan von FSU
  • DT Louis Nix III von Notre Dame
  • DT Anthony Johnson von LSU
  • DT Ego Ferguson von LSU
  • DT Dominique Easly von Florida
  • DE Demarcus Lawrence von Boise State
  • DE Jadeveon Clowney von South Carolina
  • DE Kony Ealy von Mizzou
  • DE Stephen Tuitt von Notre Dame
  • OLB Ryan Shazier von Ohio State
  • CB Bradley Roby von Ohio State
  • CB Louichez Purifoy von Florida
  • S Ha-Ha Clinton-Dix von Alabama

Ich werde auf die einzelnen Spieler im Laufe der nächsten Monate wohl noch genauer eingehen, aber vorerst seien nur ein paar Namen kurz angeschnitten: Bei der Quarterbacks gilt Manziel nicht als potenzieller #1-Draftpick, aber es könnte durchaus sein, dass er in der ersten Runde gedraftet wird. Auf alle Fälle ist er eine X-Wildcard im Draft. Bridgewater und Bortles gelten als mögliche #1-Draftpicks für die Houston Texans, auch wenn die ersten Signale aus Houston eher eine Richtung erkennen lassen, dass man den Top-Draftpick vielleicht sogar traden möchte. Bridgewater gilt als kompletterer Spieler, wobei Bortles den diesjährigen Spoiler mit dem größeren Potenzial für die tiefen Bomben geben könnte.

Bei den Running Backs ist Crowell als extrem bulliger Spieler in Erinnerung, eine Art Monster von einer anderen Welt mit seinen Dreadlocks, gebaut eher wie ein Defense Liner denn ein Runningback. Crowell gilt als charakterliche Zeitbombe, hatte bei Georgia vor seiner Suspendierung auch keine überragenden Effizienz-Stats. Zeitbombe ist auch das Schlagwort bei Hill, der in zwei Jahren College mehr Negativ-Schlagzeilen produzierte als andere in einer ganzen Karriere. Mason von Auburn soll bei den Scouts keine überragenden Profi-Noten kriegen, gilt nicht als 1st-Rounder. Eine coole Socke ist Thomas, die Black Mamba, eine Art neuer Devin Hester.

Bei den Wide Receivers gibt es mit Watkins einen recht klaren Topfavoriten, aber die Klasse gilt als so tief, dass es möglicherweise Verschwendung ist, einen WR ganz hoch zu draften. Ein Mann wie Benjamin kriegt aktuell keine 1st-Round Noten, was einiges aussagt. Spannend wird Lee von USC, der Stats von einem anderen Stern produzierte, aber jetzt nicht wirklich wie ein potenzieller Allstar aussieht. Mike Evans ist ein weißer Freak. Cooks ein wendiger Mann für den Slot.

Die Tight Ends sehen in Lyerla von Oregon einen riesigen Hünen und in Ebron von UNC einen Tight End, der unter Experten durchaus als eines der größten TE-Talente der letzten Jahre gilt.

In der Defense Line ist natürlich Clowney das große Thema: Der letzte College-Verteidiger, der so auffiel, war anno 2009 Suh bei Nebraska. Weil Clowney dieses Jahr aber nicht voll durchzog, wird die Hype-Maschine nun drei Monate lang über fehlendes Commitment bei Clowney fusseln, nichtbeachtend, dass das das größte Talent seit Ewigkeiten ist. DL Nix III ist ein ulkiger Spieler, immer für einen guten Spruch gut. Er wird sicher einige Beachtung finden.

Der Trend, dass so viele Underclassmen wie nie (bisheriger Rekord von 73 im letzten Jahr wurde pulverisiert) den Weg in den Draft suchen, trotz der neuen Rookie-Wage bei den Gehältern, ist schon aufällig. Für den College-Football bedeutet das: Immer weniger Superstars bleiben alle vier Jahre am College.


Am Samstag findet die Senior Bowl statt, das zweite All-Star Spiel für Seniors. Dann werde ich kurz auf die Seniors eingehen.