Das Matchup ist bekannt: eine der besten Defenses ever – ever, ever – trifft auf die beste Offense seit Erfindung der Hosenträger. Sheriff Peyton Manning und seine vier Broncos Demariyus Thomas, Eric Decker, Thou Shall Not Be Named Former Patriots Guy Wes Welker und Julius Thomas müssen sich mit Seattles “Legion of Boom!” um Earl Thomas, Richard Sherman, Kam Chancellor, Byron Maxwell und Walter Thurmond rumschlagen. Denver Broncos (15-3) Offense vs Seattle Seahawks (15-3) Defense. Super Bowl XLVIII.
Es gibt derzeit wohl keine bessere receiver combo als Thomas-Decker-Welker-Thomas. Demariyus Thomas ist der Nr.1 WR aus dem Lehrbuch; Decker ein kräftiger WR, der sich aber gerne in der Mitte des Spielfeldes rumtreibt (ein wenig wie Saint Marques Colsten); Welker der Typ, für den die Charaktersierung “a Welker-type of guy” erfunden wurde; und Julius Thomas das neueste Vorzeigemodell aus der Serie matchup nightmare von Tight Ends Inc.
Früher, bei den Indianapolis Colts und zu Beginn seiner Zeit bei den Broncos war Peytons playbook vergleichsweise dünn. Er stand fast durchweg mit drei WRs, einem TE und einem RB auf dem Feld. Die Anzahl der Spielzüge war auch überschaubar. [Chris Brown ausführlich über diese Offense.]
Mehr zum Lesen
Es gab trotzdem nur selten eine Verteidigung, die diesen Angriff stoppen konnte. Einerseits kann Manning Verteidigungskonzepte schon vor dem snap lesen wie niemand sonst und sich folglich darauf einstellen. Andererseits hat er die perfekten körperlichen Voraussetzungen für einen Quarterback: 1,95m groß, 100kg schwer und einen sehr anständigen Arm. Jeder wußte, was kommen wird, trotzdem konnte es niemand stoppen. Manning weiß immer genau, wer wo offen sein wird und kann dann den perfekten Paß werfen.
Das mit dem Spielverständnis stimmt mehr denn. Allein: körperlich ist er nicht mehr der Alte – weil er körperlich mittlerweile sehr alt ist (und seine Nacken-/Nervenverltzung deutliche Spuren hinterlassen hat). Darum hat er “sein” System mit Hilfe von Offensive Coordinator Adam Gase weiterentwickelt. Es ist jetzt – vor allem in den Formationen – viel variabler und er wirft noch mehr als früher vermehrt über die Mitte. So ist er weniger angewiesen auch milimetergenaue Pässe in kleinste “windows” und vor allem weniger abhängig von Würfen, die viel arm strength verlangen: vor allem deep outs. So nutzt er perfekt die Stärken seiner Wide Receivers. Diese bekommen von Manning den Ball über viele crossing und drag routes in der Mitte des Feldes. Weil Manning diese kurzen Bälle immer noch sehr genau wirft und alle WRs viele yards after the catch (YAC) machen können. Der tiefe Ball bereitet ihm Schwierigkeiten (wenn nicht gerade ein WRs seinen Deckungsspieler überlaufen hat und “oben” keine Hilfte von den Safeties in Sicht ist).
Seattles Defense nun ist das Spiegelbild des alten Mannings. Sie haben ein sehr dünnes playbook – jeder weiß, was kommen wird – und sie haben körperlich die besten Voraussetzungen, um jedem Wide Receiver die Lust am Weiterspielen zu nehmen.
Die Seahawks spielen größtenteils Cover-1 und Cover-3 (und auch immer mal wieder Cover-2, bei denen die Cornerbacks dann nicht tief sinken, sondern plötzlich in der flat zone „sitzenbleiben“ und in kurze Pässe reinspringen) wobei die Cornerbacks press man coverage spielen, ihrem Gegenüber also direkt an der Line of Scrimmage gegenüberstehen und die diese im Idealfall erstmal ordentlich durchrütteln, bevor sie ihre geplante Route laufen können. Sherman mit 1,91m und Maxwell mit 1,85m sind wie gemalt für diese Aufgaben. Der potentielle Schwachpunkt liegt hierbei natürlich in den langen Routen. Wenn die WRs an den CBs vorbeikommen und diese nicht schnell genug aufholen, hat der Quarterback oft eine Chance, den tiefen Ball zu werfen. Es sei denn, irgendwo “in der Tiefe des Feldes” läuft jemand wie Earl Thomas rum.
Der Safety der Seahawks streunt oft scheinbar unbeteiligt im tiefen Nichts umher, aber durch seine Explosivität und seinen speed, wenn er ins Laufen gekommen ist, kann er jeden Receiver, der scheinbar offen ist, erreichen bevor der Ball da ist.
Diese Möglichkeiten für tiefe Bälle sind auch nur vorhanden, wenn der QB Zeit hat. Diese Zeit wird Manning gegen Seattle aber meisten nicht haben. Seattle hat ein scheinbar unendliches Reservoir an starken pass rushers: Cliff Avril, Bruce Irvin, Chris Clemons außen, Michael Bennett und Brandon Mebane meist von den inneren Positionen aus können noch jede Offensive Line zerlegen. Wie wird Denvers Offensive Line dem standhalten können? Wird Peyton regelmäßig einen Running Back oder gar einen Tight End zum Blocken statt auf eine Paßroute schicken?
Das Allerblödeste an pressure im Gesicht in Kombination mit der press man coverage ist aber, daß sie das timing bei den viele kurzen Routen kaputtmacht. Das weiß Manning natürlich und hat passenderweise sein playbook um Spielzüge ergänzt, die just die sich immer weiter ausbreitende Mannverteidigung vor große Probleme stellt. Viele trips formations gehören beispielsweise dazu, bei denen drei WRs so eng beieinander stehen, daß gar nicht jedem ein CB direkt gegenübertreten kann. Zusätzlich spielt gerade Denver unglaublich viele pick plays. Dabei laufen zwei WR aufeinander abgestimmte Routen, bei denen durch das Kreuzen und das Mitziehen der Verteidiger wie beim Basketball ein Block gesetzt (“pick”) wird. Und drittens hat Peyton Manning den screen pass für sich entdeckt wie niemals zuvor. Die Thomas-Thomas-Welker-Combo ist sehr stark im Blocken für Laufspielzüge, und nichts anderes sind screen passes von ihrem Wesen her – nur eben weit weg von den vielen dicken Defensive Linemen. (Und als Schmankerl hat er offenbar Tim Tebows playbook im Keller gefunden und Aufstellungen mit vier WRs auf einer Seite übernommen. Diese komische Formation hab ich bisher nur bei den Denver Tebows 2011 gesehen. Da waren Adam Gase und dessen Vorgänger Mike McCoy übrigens auch schon in Denver, unter Josh McDaniels.)
Aber um mal auf den entscheidenden Punkt zu kommen: auch das alles ist gegen Seattle nur semi-aussichtsreich. Einmal sind die CBs durch press man eben schon sehr nah an der Line of Scrimmage. Aber weil man Sherman oft alleine lassen kann und Thomas so viel Raum alleine abdecken kann, spielt Safety Kam Chancellor oftmals wie ein vierter Linebacker. Bonuspunkte für Chancellor: er sieht auch aus und tacklet wie ein Linebacker. Das bedeutet noch weniger Platz für das unvermeidliche Kurzpaßgestammel. Da sollte man am Sonntag mal drauf achten: es wird einige Spielzüge geben, bei denen zehn (!) Verteidiger Seattles nicht weiter als fünf Yards von der Line of Scrimmage entfernt sind.
Ich würde Seattle hier empfehlen, was ich schon im Championship Game für einen guten Plan der Patriots gehalten hab: gib Manning doch die tiefen Würfe! Im Gegensatz zu den Pats sind die Hawks dafür perfekt aufgestellt.
- starker pass rush mit nur vier Mann, ohne blitz? Check.
- ein Cornerback, den man alleine lassen kann? Check.
- ein Safety, der jedes big play verhindert? Check.
Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr sehe ich den Vorteil bei Seattles Defense.
Jedenfalls ist das ein wunderbares matchup, das dem Super Bowl zur größten Ehre gereicht. Ich freue mich mehr auf diesen Super Bowl als auf jeden anderen seit der Saison 2007.
Wo wir gerade dabei sind: hat Denver die beste Offense aller Zeiten? Kann gut sein. Aber zum Abschluß noch das:
“Beste Offense aller Zeiten”, Punkterekord, 7,8 net yards/pass attempt, 4,1 yards/rush; gegen New York. Februar 2008.
“Beste Offense aller Zeiten”, Punkterekord, 7,8 net yards/pass attempt, 4,1 yards/rush; in New York. Februar 2014.
Ergebnis? Auf jeden Fall ein großartiges Spiel.
Pingback: Vorglühen für Superbowl 2014 | Sideline Reporter