So wird das College Football Playoff in groben Zügen aussehen

Der College Football startet mit der anstehenden Saison bekanntlich in eine neue Ära, in der das neue College Football Playoff-System die umstrittene BCS (“Bowl Championship Series”) nach über 15 Jahren ablöst. Künftig wird dem Endspiel ein Halbfinale zum Jahreswechsel vorgeschaltet. Wir müssen also die Rahmenbedingungen abstecken: Worum geht es in diesem neuen System der Ermittlung des Landesmeisters?

Die Idee

Es wird ein Entscheidungsgremium („Selection Comittee“) bestehend aus 13 Leuten eingesetzt werden, das vier Teams auswählen wird, die am Ende der Regular Season die Playoffs bestreiten werden. Zu den Kriterien werden wir noch kommen; zuerst der Modus.

Es wird keine „Big Four“ bei den Bowls mehr geben, sondern eine „Big Six“:

  • Fiesta Bowl (Glendale, AZ / 31.12.)
  • Peach Bowl (Atlanta, GA / 31.12.)
  • Orange Bowl (Miami, FL / 31.12.)
  • Rose Bowl (Pasadena, CA / 1.1.)
  • Sugar Bowl (New Orleans, LA / 1.1.)
  • Cotton Bowl (Arlington, TX / 1.1.)

Dieses Sextett bildet die Rotation um die Austragung der Playoffspiele (zwei tragen Playoffs aus, vier tragen Bowls wie gewohnt als Freundschaftsspiele aus). Die Halbfinals rotieren; das Endspiel wird meistbietend versteigert und muss nicht in einem der sechs Stadien stattfinden: Die Erstausgabe 2015 findet im Stadion der Dallas Cowboys statt, 2016 wird Glendale/AZ Austragungsort sein, 2017 Tampa.

Das Halbfinale wird zu Silvester und/oder am Neujahrstag ausgetragen, je nach fixiertem Datum (siehe oben). Das Endspiel wird am ersten Montag des Jahres stattfinden, der mindestens acht Tage von Neujahr entfernt ist.

In dieser ersten Saison 2014/15 werden die Rose Bowl und die Sugar Bowl am Neujahrstag die Halbfinals ausspielen. Das Endspiel findet am 12. Jänner wie besagt in Arlington statt. Alles in allem klingt dies nach Overloading um die Jahreswende mit sechs hochwertigen Partien innerhalb von rund 36-40 Stunden.

Bowls und Conferences

Der Terminus „BCS-Conference“ verschwindet mit der Einführung der Playoffs, auch wenn de facto die fünf Power-Conferences SEC, Big 12, Pac-12, Big Ten und ACC weiterhin die meisten Plätze in den großen Bowls abstauben werden. Für die Mid-Majors (Slang „Group of Five“) – American Athletic Conference, Mountain West, C-USA, MAC, Sunbelt – wird ein Platz in den großen sechs Bowls garantiert. Die Independents sind weiterhin eine Zweiklassengesellschaft: Notre Dame wird tendenziell wie ein Team aus einer Power-Conference behandelt, die Kollegen BYU, Army und Navy wie Mid-Majors.

Die Höchstanzahl von Teams aus einer Conference wurde abgeschafft (BCS = maximal zwei Teams aus einer Conference). Die vertraglichen Verbandelungen der Bowls mit ihren Conferences bleiben wie folgt aufrecht, sofern die jeweiligen Bowls nicht mit der Austragung des Halbfinals dran sind:

  • Rose Bowl: #1 Big Ten vs #1 Pac-12
  • Sugar Bowl: #1 SEC vs #1 Big 12
  • Orange Bowl: #1 ACC vs #2 SEC/#2 Big Ten/Notre Dame
  • Cotton Bowl: At-large/Group of Five
  • Fiesta Bowl: At-large/Group of Five
  • Peach Bowl: At-large/Group of Five

Aufgrund dieser vertraglichen Verbandelungen wird man künftig von „Contract Bowls“ sprechen, wenn es um Rose/Sugar/Orange geht. Die anderen sind die freien Bowls, denen das Gremium die Teilnehmer zuweist. Für die Jahre, in denen die Contract-Bowls die Halbfinals austragen, sind entsprechend komplizierte Klauseln beim Umschachern eingebaut („If the Big Ten or SEC champion is available for a non-playoff bowl in a year when the Rose and Sugar Bowls are hosting semifinals, that team will appear in either the Cotton Bowl, Fiesta Bowl, or Peach Bowl, but not the Orange Bowl… außer sie haben vergessen sich die Unterhosen zu waschen“).

Der Rest der Bowl-Season bleibt wie gehabt Kraut und Rüben, mit der Gründung von vier neuen, kleinen vorweihnachtlichen Bowls: Camellia Bowl in Alabama, Miami Beach Bowl im Marlins Park, Boca Raton Bowl im Stadion von FAU und die Bahamas Bowl am Heiligen Abend, die in Nassau fern des US-amerikansichen Staatsgebiets stattfinden wird.

Der Auswahlprozess

Der Auswahlprozess der vier Halbfinalisten ist sicher Stoff für mehrere Abhandlungen, aber Punkt 1: Das Kauderwelsch um Journalisten-Rankings, Coach-Polls und pseudoobjektive Computer-Rankings wird beendet. Ein 13-köpfiges Selektionskomitee wird installiert, dessen Zusammensetzung man möglichst vielschichtig gestalten wollte – ich werde noch genauer drauf schauen – aber alle Vielschichtigkeit führt zu allerlei Diskussion, z.B. um die Einberufung der ehemaligen Außenministerin Condoleezza Rice („zu dumm, zu schwarz, zu wenig Ahnung vom Football, und überhaupt: Eine Frau…“).

Der Abstimmungsprozess wird wie auf der offiziellen Seite beschrieben in mehreren Runden ablaufen. Er wird wöchentlich ab ca. Saisonhälfte ablaufen und für fröhliches Diskutieren sorgen.

Die Halbfinalisten müssen nicht zwangsweise ihre Conference gewonnen haben, aber der Titel hilft. Besonderes Augenmerk wird auf den strength of schedule gelegt, was nicht gut für die Aussichten der Mid-Majors ist, aber umso besser für die Qualität vieler Regular-Season Ansetzungen. Weitere Kriterien sollen die Sieg/Loss-Bilanz sein, plus im Zweifelsfall direkte Vergleiche, Verletzungspech (!) und sogar das Wetter (!!!). Advanced-Stats gelten offiziell nicht als Auswahlkriterium, sollen dem Gremium aber regelmäßig zugespielt werden.

Die Mitglieder des Gremiums sind nicht gezwungen, jede Woche Spiele live in persona im Stadion zu schauen, kriegen aber i-Pads um möglichst viel Football zu sehen. Sie dürfen nicht über Teams mit abstimmen, wenn sie von Unis bezahlte Verwandte oder sonstige Verbindungen zur Uni haben. Man wird sich dann regelmäßig in einem texanischen Hotel treffen um den Saisonverlauf zu diskutieren; schließlich und endlich wird nach jedem Spieltag ab Saisonhälfte ein Ranking veröffentlicht.

Die Dollars

Es profitieren… die Universitäten und Conferences. Man hat sich an wahnwitzige Summen im College-Sport gewöhnt, aber selbst dann klingen die geschätzten 7.2 Mrd. Dollar, die ESPN für 12 Jahre Übertragungsrechte allein an den sechs Big-Bowls plus Finale zahlt, irr.

Summa summarum dürften allein die sieben großen Spiele runde 500-600 Mio. Dollar pro Saison umsetzen; ausgezahlt an die Conferences sollen davon rund 350 Millionen werden. Drei Viertel davon sollen in die Kassen der großen fünf Conferences fließen. Das restliche Viertel ist den Group of Five (= Mid-Majors) vorbehalten, also auch noch immerhin 350*0.25 = ca 90 Mio/Jahr, oder ca. 18 Millionen Dollar pro Conference. Notre Dame soll als Independent allein rund 4 Mio/Jahr erhalten, die anderen kleineren Independents um BYU rund 2 Mio/Jahr.

Die genauen Verteilungsschlüssel unter den Conferences gelten aktuell als noch in Verhandlung.

Recap

Soweit ein erster Überblick. Über die Folgen und die Aussichten werde ich sicher noch was schreiben. Lass uns rekapitulieren:

  • Ab sofort werden vier statt nur zwei Teams zum Meister-Playoff zugelassen.
  • Die Halbfinalisten und die großen Bowl-Ansetzungen werden künftig von einem Auswahlgremium
  • Die sechs großen Bowls finden künftig innerhalb von insgesamt vielleicht 36 Stunden von Silvester bis Neujahr durchgezogen; das Finale gut 7-12 Tage später.
  • Rose Bowl und Sugar Bowl werden 2015 die Halbfinals austragen. Am 12.1.2015 findet das erste Endspiel in Arlington bei Dallas statt.
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9 Kommentare zu “So wird das College Football Playoff in groben Zügen aussehen

  1. guter Artikel,kannst du noch was zu den TV Sendern schreiben wer was überträgt,also wer die Top Teams der unis auf welchem Sender zeigt.danke

  2. Sport 1 US plant schon für den Eröffnungstag, den 28. August 2 Spiele um 0 und 3 Uhr zu senden. Um 0 Uhr kann das nur Texas A&M @ South Carolina sein.

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