NFL Wildcard Weekend 2014/15, Samstagsvorschau

NFL-Playoffs sind die beste Ausscheidungsrunde, wenn wir vielleicht die Fußball-Weltmeisterschaft mal ausklammern. Also die zweitbeste. Vier Runden, keine Rückspiele, ein Ausrutscher und du bist erledigt. Heute beginnt die fünfwöchige Show mit dem Wildcard-Weekend. Den gesamten Spielplan habe ich schon unter der Woche gepostet.

Spieltaktische Previews hat Herrmann schon gestern geliefert:

Carolina Panthers – Arizona Cardinals

22h35, live SPORT1 US und Gamepass

Den Auftakt macht die unwahrscheinlichste Partie, die man sich nach Sichtung der Regular Season so hätte vorstellen können: Die Carolina Panthers, erst der zweite Divisionssieger mit negative Bilanz (7-8-1) in der 16-Spiele Ära (exklusive Streik-Jahre), gegen die Arizona Cardinals (11-5), die locker ein Stockwerk über ihren Verhältnissen gespielt haben.

Die beiden Mannschaft eint, dass sie von jedem Playoff-Komitee aus selbigen gewählt würden. Carolina und Arizona „fühlen“ sich nicht wie Playoff-Teams an, aber auf der anderen Seite kann man nicht anders als zu achten, dass hier zwei Mannschaften aus schwer tragbaren Situationen jede für sich das Beste gemacht hat, und es letztlich aufgrund der NFL-Regularien eben für die Qualifikation reichte.

Carolina zum Beispiel gewann zwischen Anfang Oktober und dem Nikolaustag nicht ein einziges Spiel. Viel schlimmer noch: Ihr Quarterback und Einmann-Angriff, #1 Cameron Newton, quälte sich hinter einer erwartet schwachen Offensive Line mit geprellten Rippen über das Spielfeld. Newtons Support-Cast war so unausgegoren wie man es in der Preseason hatte kommen sehen. Der WR #13 Kelvin Benjamin, selbst für einen Rookie ein ungeschliffener Diamant, war der einzige Skill-Player von Format. Die Defense war im Backfield das befürchtet offene Scheunentor.

Sie bissen sich durch. Newton überstand nicht bloß jede Prellung, sondern gleich einen satten Autounfall inklusive mehrfach überschlagenem Wagen. Die Defense heilte sich gerade rechtzeitig soweit aus, dass man sich nicht mehr allein auf die Drei-Mann Show LB Kuechly, LB Davis und DE Johnson verlassen muss. Das DT-Pärchen Short/Lotulelei gilt nach einem harzigen November als mittlerweile gekurt. In der Secondary wechselte Headcoach Rivera eine Handvoll Rookies ein und schloss somit die größten Lücken zumindest soweit, dass sich ein QB Ryan Lindley schwer tun wird sie zu finden.

Auch Arizona musste viele Tiefschläge einpacken: Schon in der Offseason und Preseason verletzten sich wichtige Leistungsträger in der Defense. Es kam der Herbst, und nacheinander gingen die besten QBs, Palmer und Stanton, den Bach runter. Die Cardinals mussten sich schließlich auf QB Lindley verlassen, der selbst für einen third stringer eine eher niedrige Latte setzt. Man überlegt für heute sogar, den kreuzbandverletzten Stanton zurück ins Lineup zu holen und dessen Karriere zu riskieren, um wenigstens eine theoretische Siegchance beanspruchen zu können.

Die Cardinals waren nach Effizienz-Stats ein noch unreiferes Team als Carolina, aber dank DefCoord Bowles hatte man die Traute, in den kritischen Momenten die riskantesten Plays auszupacken: Es ging auf, und so würgte man sich mit einem gefühlten 7-9 Team zu sensationellen elf Siegen. Lange Wochen hielt man sich mit einer überdurchschnittlichen Run-Defense im Spiel, aber zuletzt wurde diese von Panthers-ähnlichen Offenses regelrecht niedergemetzelt.

Also: Schön wird es vielleicht nicht, wenn wir Football in seiner Kunstform beschreiben wollen. Aber die Qualitäten dieser beiden Mannschaften haben auch was, sie sind zäh und leidenschaftlich, ziehen dich zu sich runter und hoffen dann auch den Knockout-Punch.

Carolina geht als 6.5 Punkte Favorit in die Partie. Ich bin geneigt, diesen Spread zu unterschreiben. Arizona wird sowas brauchen wie vor ein paar Wochen gegen Kansas City, hirnlose Interceptions und verschossene Fieldgoals beim Gegner, und lange Returns der Defense und Special-Teams, am besten abgeschlossen per Touchdown.

Detaillierter hat der Kollege Herrmann die Vorschau schon am gestrigen Freitag vorgenommen: Preview Wildcard Playoffs – Arizona Cardinals @ Carolina Panthers.

Pittsburgh Steelers – Baltimore Ravens

02h15, live SPORT1 US und Gamepass

Der einstige “Grudge Bowl” zwischen zwei herzhaft miteinander verfeindeten Franchises, die in dieser Saison so gar nichts mehr mit ihrer Vergangenheit gemein haben: Pittsburgh gegen Baltimore, das stand lange Jahre für Defense-Schlacht galore. Heuer stehen die Offenses im Fokus.

Bei den Steelers ist die Hauptfrage, wie der RB #26 LeVeon Bell ersetzt werden soll. Bell ist für einen Runningback ein ungewöhnlich wichtiger Spieler für die Steelers geworden: Er ist nicht nur der Mann, der fast alle (also wirklich nahe an 100%) der Ballberührungen bekommt. Er ist auch noch einer, der effizient gelaufen ist und eine echte Waffe als Kurzpassempfänger war.

Running Backs EPA / WPA 2014

Running Backs EPA / WPA 2014

Bell ist der mit Abstand wichtigste Runningback im Jahr 2014. Ihn zu ersetzten wird schwerfallen. Bei RB Ben Tate, einst als Supertalent gepriesen, aber nun innerhalb von neun Monaten bei Texans, Browns und Vikings gefeuert, stehen die Wetten eher schlecht. Der zaundürre RB Dri Archer wäre zwar per Anlage ein Typ, der Catches und End-Arounds machen könnte, aber aus irgend einem Grund bekommt er kaum Einsatzzeit.

Wenn die Triplets der Steelers nur ein Double sind, dann wird viel Last auf den All-Pro würdigen WR #84 Antonio Brown zukommen, der noch mehr wird machen müssen als die Drecksarbeit im Slot und auf den Mitteldistanzen. Brown könnte noch stärker im Screen-Pass Spiel mit einbezogen werden. Ob und inwiefern die jungen WR #10 Bryant und Co. noch mehr eingebunden werden, bleibt abzusehen, aber wenn man bedenkt, wie waidwund die Baltimore Ravens in ihrer Secondary sind, könnte sein, dass es OffCoord Haley und QB Roethlisberger auch tiefer versuchen werden.

Die Ravens sind ein Mysterium, das noch keiner durchschaut hat. Man war monatelang ein wenig beachteter, aber von den Advanced-Stats hoch gehandelter Außenseitertipp, ehe man im Dezember an Effizienz einbrach und sich nur glücklich in die Playoffs retten konnte. Vieles wird daran liegen, ob die Umstellung mit OG Yanda auf die rechte Tackle-Position auch gegen Pittsburgh fruchten wird – die Steelers haben keinen furchterregenden Passrush, aber situativ können sie Spitzen setzen.

Den Rest hat eh Herrman schon geschildert: Preview Wildcard Playoffs – Baltimore Ravens @ Pittsburgh Steelers.

Grundsätzlich dürfte Baltimore trotz der Verletzungen etwas kompletter besetzt sein, aber die Pittsburgh Steelers haben das höhere „Ceiling“ in ihrer großen Stärke – dem Passspiel – und dort gleichzeitig die mit Abstand größte Schwäche des Gegners. Pittsburgh hat weiters Heimvorteil. Ich würde meine Jetons auf die Steelers setzen.

6 Kommentare zu “NFL Wildcard Weekend 2014/15, Samstagsvorschau

  1. „wenn wir vielleicht die Fußball-Weltmeisterschaft mal ausklammern. Also die zweitbeste.“

    Das scheinen die schlimmsten Zeilen zu sein, die ich je auf dem Blog hier lesen musste.

  2. Also für mich trifft das auch zu aber ich find da auch nix schlimm daran.
    Eine Fußball WM ist halt was anderes, vom ganzen Turniermodus und weil wirklich Mannschaften aus der ganzen Welt teilnehmen. Die WM 2014 war für mich einfach nur großartig. Ich liebe American Football aber ich seh auch sehr gerne Fußball, Baseball, Basketball und Eishockey.

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