Superbowl XLIX scorte auch in den Nielsen Ratings ganz groß und fuhr mit 49.7 einen neuen Rekord ein. Große Spiele verdienen große Zahlen. Große Spiele verdienen auch ihre Analysen, und so blicken wir mal auf das, was hinterher so gesagt und geschrieben wurde. Nicht in den Massenmedien, denen ich misstraue, sondern den wirklich Guten.
Bill Barnwell schaut sich bei Grantland noch einmal „The Call“ an und blickt hernach auf drei Plays, die letztlich untergegangen sind, die aber durchaus erhöhte Aufmerksamkeit verdient gehabt hätten. Barnwell versucht, noch einmal den möglichen Denkprozess hinter dem letzten Spielzug der Seahawks-Offense zu rekapitulieren. Sein Fazit ist dem meinigen nicht unähnlich: Laufspiel wäre besser gewesen, aber worst call ever? Cool down. Siehe: What was Pete Carroll thinking?
In dieselbe Kerbe schlägt Andreas Renner bei den Sofa-QBs. Man würde es vielleicht nicht vermuten, da wir in gemeinsamen Podcasts nicht immer denselben Standpunkt vertreten, aber Renners Sicht auf Football ist der meinigen von allen Sofa-QBs mit Abstand am nächsten. Siehe: Sofa-QBs, Super Bowl 2015.
Den Monster-Call nebst Ausführung am Spielfeld hat sich der beste Seahawks-Blogger der USA, Danny Kelly, bei Fieldgulls vorgenommen: Breaking down the nightmare Super Bowl ending. Kelly steht klar im Eck derjenigen, die einen anderen Spielzug angesagt hätten. Was ich interessant an dem Call finde, ist die Aufstellung: Im Nachhinein kann man konstatieren, dass der Spielzug nach „Pick Play“ förmlich geschrien hat: Kearse sollte Browner nach hinten drücken und CB Malcolm Butler aus dem Konzept bringen.
Der Play scheiterte, weil Browner fantastisch gegenhielt. Hätte sich Browner nur einen Schritt weiter nach hinten schieben lassen, er hätte den dahinter laufenden Butler entscheidend gestört und Butler hätte den gedachten Passempfänger Lockette nicht mehr erreichen können. Aus Butlers Sicht interessant ist seine Sichtweise: Im Training wurde er bei diesem Spielzug von der zweiten Garnitur der Patriots-Offense auseinandergenommen. Im Spiel sah er, wie Wilson eine Sekunde vor dem Snap in seine Richtung schielte – und wusste: Der Ball kommt zu mir. Solche Kleinigkeiten entscheiden darüber wer Sieger und Verlierer ist. Solche Banalitäten entscheiden, wie eine ganze Ära an Patriots wahrgenommen wird.
Tom Brady. Sechs Superbowls, sechsmal innerhalb von vier Punkten, vier Siege, zwei Niederlagen. Es ist keine Übertreibung zu behaupten, dass man jede seiner Superbowls am Gelingen oder Misslingen eines einzigen Plays festmachen konnte. Sechs Plays, und du bist entweder 0-6 oder 6-0.
Mike Tanier schreibt in seinem letzten Hangover der Saison über die Größe und Auswirkung dieses fantastischen Spiels. Tanier prügelt zwar für meinen Geschmack zu heftig auf den PlayCall Bevells ein, aber der Rest ist wie immer lesenswert. Er macht den Erfolg der Patriots auch an einigen hier bereits angesprochenen Nuancen fest: Die Yards nach dem Catch, die Rivers-like Präzision, die kleinen Vorblocks der Wide Receiver. Tanier lobt auch die Schiedsrichter, die zwar zu wenig gepfiffen haben wenn wir das Regelbuch als Grundlage verwenden, aber genau ausreichend, wenn wir das Sehvergnügen als Maßstab verwenden. Siehe: Patriots Untainted, Clutch Redemption Legacy.
Schließlich und endlich sei auf die Audibles at the Line von den Football Outsiders verwiesen, eine Art zeitlich versetzter Liveblog, die jede Woche publiziert werden und auch aufgrund der fundierten Kommentatorenspalte immer eine Fundgrube sind.
Auch wenn ich dem ganzen Statistik-Overkill nicht viel abgewinnen kann, so finde ich die Rechnerei von Benjamin Morris auf FiveThirtyEight.com interessant: http://fivethirtyeight.com/features/a-head-coach-botched-the-end-of-the-super-bowl-and-it-wasnt-pete-carroll/
PFF bewertet Bradys Leistung im Super Bowl mit -2.4, in Worten MINUS zweikommavier.
All you need to know about their grading system.
In dieser Note spiegeln sich zwei der Faktoren wider, bei denen PFF zu kurz greifen:
– kein Adjustment an den Gegner
– jedes Play wird komplett für sich allein betrachtet.
Jeder einzelne von Bradys Pässen ist nicht „schwierig“ für NFL-Verhältnisse. Aber so einen Offense-Gameplan als komplexes über vier Viertel gegen eine fast historisch gute Defense das Feld hinterzureiben, ist eine Monster-Leistung, die selbst von einer hirnrissigen Interception nicht klein gemacht werden kann.
Hi an die Experten hier im Blog.
Ich bin erst in den letzten Jahren so richtig auf den Eier-Geschmack und möchte ein dickes Kompliment an den Betreiber und seine Co-Blogger loswerden. Alle Daumen nach oben für eure tolle Arbeit.
Darum wüsste ich niemanden, an den ich mich mit meiner Regelfrage besser wenden könnte:
Um ein bisschen auszuholen: Ich habe mir in den letzten Wochen die meisten Playoff-Games der letzten Saison angeschaut. Dabei gab es einige Interceptions die in der Endzone gefangen wurden. Danach ging es jeweils nach Angriffswechsel von der 20yd-Linie weiter.
Im SB bei Butlers Interception fängt er das Ding, soweit ich das mit meinen trüben Augen erkennen kann, über der Goalline, macht dann 2 Schritte zurück in die eigene Endzone und kämpft sich dann nochmal drei, vier Schritte nach vorne. Es geht weiter mit Ballbesitz Pats an der 1-Yd-Linie.
Jetzt die eigentliche Frage: wäre es nicht besser gewesen, wenn er in der Endzone abgekniet hätte? Wäre es dann nicht an der 20-Yd-Linie weiter gegangen, oder wäre NE dann in irgendeiner Form bestraft worden? Wenn das nicht der Fall ist, wäre ja die „Strafe“ für das eine Yard, das er gut gemacht hat, eine um 19 Yard schlechtere Fieldposition.
Falls mir das jemand beantworten könnte, wäre ich euch sehr dankbar.
Viele Grüße
Die Interception passierte kurz vor der Endzone. Butler tänzelte im Prinzip aus freien Stücken zurück in die Endzone, dann wieder heraus. Wäre er in der Endzone zu Boden gegangen, hätte es wohl eher Safety (und 2 Punkte für Seattle) gegeben als Touchback (und Ball New England an der 20).
Also ich hätte jetzt gesagt, dass Butler den Ball fängt und durch die Kollision mit #83 Lockette einen Impuls nach hinten bekommt. Er landet auf dem rechten Fuß und setzt dann den linken Fuß im Rückwärtsfallen und kann dann mit dem rechten Fuß den Anker setzen und nach vorne los „fallen“.
Dadurch dass er nicht „freiwillig“ nach hinten läuft, sondern durch den Prozess des Fangens nach hinten fällt, müsste der forward progress zählen (und damit Ball an der 1,5-2y line, dann halbe Distanz zur goalline für die celebration-Flag) falls er in der Endzone aufs Knie gegangen wäre oder dort getackled worden wäre. Touchback hätte es allerdings sicher nie gegeben, da der Ball dazu hätte in der Endzone gefangen werden müssen.
Am besten sieht man es glaube ich in diesem Replay: https://www.youtube.com/watch?v=U7rPIg7ZNQ8#t=0m42s