NFL 2015 – Preview Minnesota Vikings

Der Bandwagon der Minnesota Vikings hat kaum noch freie Plätze. Dafür gibt es zwei Gründe: Teddy Bridgewater und der Glaube an Mike Zimmers Künste als Defensivgenie. In seinem ersten Jahr als Head Coach hat Zimmer die Vikings mit einem Rookie-QB zu sieben Siegen geführt. Konsens ist, daß es dieses Jahr weiter bergauf gehen wird. Einfach wird das nicht.

Minnesotas Offense

Touchdown Teddy wurde letztes Jahr am Ende der ersten Runde gedraftet, noch nach Johnny Trainwreck und weit nach Blake Bortles, der an Position drei nach Jacksonville ging. Bridgewater war mit Abstand der beste Rookie-QB 2014, weil er die Basis hat, die must haves. Egal, wie man es dreht und wendet: um in der NFL erfolgreich zu sein, muß ein Quarterback zwingend in drei Bereichen stark sein: Pocket Awareness, Decision Making und Accuracy. Alle anderen Eigenschaften – Raketenarm, Bergziegenbeine, irgendwelche intangibles – sind immer nur Zugaben, die aus einem guten Quarterback einen großen machen können. Ohne Pocket Awareness, Decision Making und Accuracy ist das aber alles für die Katz.

[Preview Pittsburgh Steelers]

Bei Bridgewater konnte man nun gleich in seinen ersten Spielen beobachten, daß er die drei Kernkompetenzen mitbringt. Das war in Woche 3, als er gegen die Saints nach einer Verletzung Matt Cassels ins kalte Wasser geworfen wurde – gegen Rob Ryan, der Rookie-QBs zum Frühstück ißt. Aus dem Notizblock:

Am Ende hat Brees das Spiel dann auch mit einem starken, langen close-out drive gewonnen, 20-9. Was aber die Vikings mitnehmen können: damn, sah Bridgewater gut aus! Ich kann mich nicht erinnern, schonmal so ein starkes erstes Spiel eines Rookie-QBs gesehen zu haben.

Das war vor allem so beeindruckend, weil Bridgewater clever and smart bei den vielen blitzes war. Es ist mental unglaublich streßig, blitzes von allen Seiten zu bekommen. Bridgewater hat sich oftmals russelwilsonmäßig befreit, hatte dabei immer den Blick auf seinen receivers und ist nur gelaufen, wenn er wirklich niemanden gefunden hat – und dabei hat er dann auch noch immer den im richtigen Moment den slide gemacht. Das Problem der Vikings war das fürchterliche Laufspiel. Was ist in diesem Spiel gegen die Saints vor allem gefehlt hat, war eine größere Einbindung Cordarrelle Pattersons und big plays in der zweiten Hälfte.

An den angesprochenen Problemen hat sich im Laufe der Saison auch nicht mehr viel getan; einzig Rookie-RB Jerrick McKinnon hatte einige lichte Momente. Cordarrelle Patterson ist bei OC Norv Turner aus irgendeinem Grund untendurch. Allzu große Hoffnungen scheint der Trainerstab nicht mehr in das einstige Riesentalent zu setzen, denn für die Big Plays wurde WR Mike Wallace verpflichtet. Der kann zwar nicht viel mehr als sehr schnell geradeauslaufen, aber immerhin das kann er.

Der possession receiver soll wohl Charles Johnson werden. Der 7th-rd pick aus 2013 ist 1,90m groß, kräftig und scheint sehr starke Hände zu haben. Bis Thankgsgiving letztes Jahr hat er so gut wie gar nicht gespielt, danach war er der Go-to Guy. Auf ihm ruhen große Hoffnungen. TE Kyle Rudolph wird in diesem Leben kein ganz Großer mehr, aber für vier, fünf Sicherheitsbälle kann ihn Bridgewater immer anvisieren. Neben Wallace, Johnson und Rudolph sollte sich doch wohl eine passende Rolle für Pattersons Talent finden lassen, oder? Zumal das langjährige Gesicht der Franchise letztlich dann doch zurückgekehrt ist.

An Adrian Peterson hängt viel. Nur ist Adrian Peterson ein 30 Jahre alter Running Back – und der Leistungseinbruch kommt bei Running Backs so plötzlich wie das Ende des Berliner Sommers. Noch sieht es gut aus, für beide, aber die Erfahrung zeigt, daß der Bruch schnell und hart kommt. Minnesotas Angriff braucht dringend einen heißen Altweibersommer, soll ein großer Schritt nach vorn gemacht werden. Norv Turners Offenses sind immer dann besonders erfolgreich, wenn das Laufspiel mit dem Star im Mittelpunkt funktioniert, so war es in Dallas mit Emmitt Smith, so war es in San Diego mit LaDanian Tomlinson.

Kann Peterson 20 starke Carries pro Spiel abliefern, tun sich für den Angriff ungeahnte Möglichkeiten auf. Bridgewater wird wahrscheinlich besser sein als letzte Saison, aber eine erstklassige Offense kann das mit diesem Receiving Corps nicht werden, wenn Peterson nicht mehr laufen kann wie vor seiner Suspendierung.

Und um nochmal auf die drei Pfeiler guten Quarterbackings zurückzukommen: mit guter Pocket Awareness, Decision Making und Accuracy kannst du ein guter NFL-Starter werden – also Andy Dalton oder Alex Smith. Das ist die Business Class, die mit guter Unterstützung in den Playoffs landen kann. Für die First Class mit Champagnerfrühstück sollte man aber schon einen starken Arm und schnelle Beine im Gepäck haben. Bridgewater kann sich zwar manchmal aus Drucksituationn befreien, aber ein starker Läufer ist er nicht. Und sein tiefer Ball flattert meistens saftlos durch die Gegend wie Schwalben bei Gewitterwarnung. Gerade in Norv Turners System mit großem vertikalen Element reicht ein Deep Threat Wallace alleine nicht für die Bombe, da hat Teddy in der Offseason hoffentlich immer zwei Schmalzstullen mehr gegessen um mehr Power auf den Ball zu bekommen.

Problematisch für die downfield attack könnte auch die Offensive Line werden. Center John Sullivan und Right Guard Brandon Fusco sollen überdurchnittlich sein. Right Tackle Phil Loadholt immerhin guter Durschnitt. Die linke Seite dagegen könnte Bridgewaters Krankenversicherung zu einer Beitragserhöhung veranlassen. Left Tackle Matt Kalil war 2014 die Lachnummer, immer wenn die O-Line Experten Bill Mouth (Football Outsiders) und Robert Mays (Grantland) ihre Tape Studies veröffentlicht haben. Einen Left Guard gibts zur Zeit noch gar nicht, eventuell könnte 4th-rd pick T.J. Clemmings diese Lücke schließen. [/update 16. August: Loadholt hat sich im zweiten preseason game die Achillessehne gerissen. Damit wird Clemmings wohl RT spielen.]

Wenn AP wieder einschlägt; wenn WR Johnson der Anquan Boldin wird und WR Wallace seine Rolle als Deep Threat so gut wie zu Steelers-Zeiten spielt; wenn Turner eine Rolle für Patterson findet; wenn die Linie hält; und wenn Bridgewater tatsächlich seinem Talent gerecht wird, dann könnte Minnesota Angriff gehörigen Lärm machen. Ziemlich viele Wenns. Immerhin sollte es im schlimmsten Fall wenigstens eine solide Offense sein.

Die Vikings Defense

Größere Hoffnungen machen sich die Vikings in der Defense. Zimmer hat jahrelang mit relativ anonymen Personal starke Verteidigungsreihen auf die Beine gestellt. Jetzt in Minnesota hat er einen sehr talentierten jungen Kern um etliche 1st-rd picks. Daraus sollte etwas zu machen sein.

Den größten Hype bekommt derzeit CB Xavier Rhodes, 1st-rd pick 2013, ab. Die Pundits sehen hier einen Top-10 Cornerback, der nur noch besser werden wird. Ähnlich gehypt wird wird Safety Harrison Smith, 1st-rd pick 2012. Ein Earl Thomas ohne den ganz großen Boom wird hier gesehen. Verstärkt wird die Secondary durch 1st-rd pick Tre Waynes, der erste CB, der dieses Jahr vom Brett ging. Abgerundet wird das das Defensive Backfield von Zimmers altem Spezi Terrence Newman (mit 37 aber mehr Player’s Coach und Gute-Laune-Onkel á la Claudio Pizzaro) und Captain Munnerlyn, einem der besseren Slot-CBs. Angeblich hat Zimmer sogar aus Robert Blanton einen guten In-The-Box-Safety gemacht.

Unterstützt wird die Pass-D von zwei relative unbekannten Edge Rushers, so wie Zimmer das auch schon bei den Bengals gemacht hat. Everson Griffen und Brian Robison überzeugten 2014 mit gemeinsamen 120 Sacks/Hit/Hurries. Auch OLB Anthony Barr, der letztjährige 1st-rd pick ist ein gefährlicher Quarterbackjäger.

Noch mehr Pressure kommt bei Zimmers Defenses normalerweise durch die Mitte von den Linebackers. Zimmer ist ein Double-A-Gap-Blitz-Connaiseur vor dem Herrn. Das ist immer schön spektakulär anzusehen, wenn zwei Linebackers zwischen den Defensive Tackles stehen und manchmal auf den QB gehen und manchmal nicht, nur verlangt das den LBs eine geistige und physische Schnelligkeit ab, die derzeit im Kader nicht vorhanden ist. Chad Greenway, 32, spielt mittlerweile wie ein angeschossener Hund. Gerald Hodges macht manchmal richtig gute Dinge – und manchmal richtig dumme. Barr, der in der Nickel-D auch oft in der Mitte spielt, ist zu oft verloren in Pass Coverage. Hoffnung zieht Zimmer wohl aus 2nd-rd pick Eric Kendricks und der Erfahrung, daß seine LBs in Cincinnati auch nicht besser waren.

Was Zimmer im Vergleich zu Cincinnati auch fehlt, ist ein Geno Atkins. Sharrif Floyd, auch er ein jüngerer 1st-rd pick, und Linval Joseph können sich hier und da mal durchsetzen, das aber ohne Konstanz. Immer wenn ich die Vikings in der letzten Saison gesehen habe, konnten die gegnerischen Runnings Backs auch relativ easy durch die Mitte laufen. Bei PFF allerdings bekam zumindest Floyd eine richtige gute Note für seine Laufverteidigung.

Die Minnesota Vikings 2015

Ich hab zwar auch schon ein Ticket für Minnesotas Bandwagon, aber eingestiegen bin ich noch nicht. Es ist viel Talent vorhanden, es gibt aber auch auch viele Wenns und Fragezeichen. Zumindest bis Thanksgiving werden die Vikings wohl immer eine gute Option sein, wenn man nicht weiß, welche 1pm-Spiele man gucken soll. Dann wird man auch wissen, was die Herren Zimmer und Turner aus ihren talentierten Einheiten rausholen können.

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3 Kommentare zu “NFL 2015 – Preview Minnesota Vikings

  1. Kannst du die Kurzeinschätzung von Rudolph erläutern?
    10yds p carry im Schnitt ..pro Bowl.
    Ich finde er gehört mit zu den ganz guten.

  2. @Nevermore
    Die ganz großen sind Leute wie Gronk, Julius Thomas, Jimmy Graham und Jason Witten. Die ganz guten sind vielseitige Typen wie Greg Olsen, Delanie Walker oder Charles Clay. Auf das Niveau ist Rudolph in vier Jahren nicht gekommen. Da müßte schon einiges passieren, daß er jetzt noch einen großen Sprung macht.

  3. Hier noch eine Preview auf englisch zu den Vikings…

    http://www.acmepackingcompany.com/2015/8/18/9171803/previwing-the-2015-minnesota-vikings-by-the-numbers

    „CONCLUSION
    The Vikings are probably a true talent 9-7 team, but one with significant upside. If Bridgewater is merely average they should be wild card contenders, but with a little luck and additional development, they can be much more. If you are looking for the team that is likely to be the thorn in the Packers‘ side for the next several years, look no further.“

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