NFL 2015 – Preview New York Jets

Same old Jets: Die Defense eine Goldmine, die Offense eher Kohlebergwerk. Und den besten „content“ für den Worldwide Leader in Sports produzieren sie auch. Nach sechs Jahren unter Rex Ryan gibt es jetzt den Neuanfang unter Todd Bowles, der sich in den letzten beiden Jahren als Defensive Coordinator bei den Arizona Cardinals ebenfalls das Label „Defensivgenie“ erarbeitet hat. In der Offense gibt es einen härteren Bruch: von der ground-and-pound Philosophie der letzten Jahre (die nie richtig funktioniert hat) kommt jetzt ein 63-jähriger Knochen, der schon viel gesehen und erlebt hat und aber trotzdem oft mit Spread- und Pistol-Offense vorneweg marschiert ist.

Die Jets Offense

Die größte Frage der Offseason wurde auf recht unkonventielle Weise schnell beantwortet: mit einem anderen Bruch. Geno Smith hat sich mit einem back-up Linebacker um eine dreckige Handvoll Dollars gestritten, dessen Hand, geformt zur Faust, landete dann in Genos Gesicht; Kieferbruch, Operation und einige Wochen Pause. Darum gehen die Jets nun mit Dr. Ryan Fitzpatrick als Quarterback in die Saison.

Der neue Staiger für diesen Kohlebergwerksangriff ist Chan Gailey. Gailey hat eine interessante Vita hinter sich. Er hat in Denver John Elway trainiert, in Pittsburgh Kordell Stewart zu „Slash“ umgebaut und damit fast den Super Bowl erreicht und war dann Ende der neunziger Jahre sogar Head Coach der Dallas Cowboys als Troy Aikman noch spielte. Nach einer Zwischenstation als Head Coach der Georgia Tech Yellow Jackets kam er 2008 zu den Kansas City Chiefs und wurde dort Liebling aller Taktik-Afficionados als er Tyler Thigpen eine Spread Offense aus der Pistol-Aufstellung spielen ließ, die zu dieser Zeit außerhalb der College-Welt ungefähr so bekannt war wie Facebook. Das brachte ihm die Cheftrainerstellung in Buffalo ein, wo er Harvard Man Fitzpatrick einen $60M-Vertrag verschaffte.

Gailey hat so viel Erfahrung und so viele verschiedene Systeme gespielt, daß sich kaum hervorsagen läßt, was er nun für Pläne mit diesen Jets hat. Zumindest in seinen letzten Jahren war er sehr auf das Paßspiel fokussiert, sehr horizontal orientiert mit vielen Wide Receivers. Durch die Horizontalität basieren die meisten Spielzüge auf schnellen Entscheidungen und kurzen Routen. Das dürfte für Fitzpatrick sehr passend sein, der ganz dem Hardvard-Klischee entsprechend von seiner kognitiven Reaktionsschnelligkeit und seiner Intelligenz lebt, nicht von seinem Arm oder seinen Beinen.

Mit Brandon Marshall, der aus Chicago kam, hat er auch einen Nr.1 Wideout, der sich mit seiner breiten Statur und seinen kräftigen Händen gegen die meisten Cornerbacks auf kurzen und mittleren Comebacks, Hitches und Backshoulder Throws durchsetzen kann. Der flinke Wuseler Jeremy Kerley paßt da auch super rein als Julian-Edelman-Verschnitt (hat aber im Camp anscheinen bisher große Probleme). Eric Decker bringt wie auch Marshall 100kg Masse mit, hat aber lange nicht seine Hände. In Runde Zwo wurde Ohio States Devin Smith gedraftet. Smith war am College ein Deep Threat vor dem Herrn. Letzte Saison machte er bei den Buckeyes aus nur 33 Catches 931 Yards (28,2 pro Catch!) und 12 Touchdowns (!). Für die dicken Tight Ends Jace Amaro, 2nd-rd Pick 2014, und Jeff Cumberland, wie auch Amaro um die 120kg, muß Gailey eine Rolle finden, die sie ihre Körperlichkeit gegen kürzere Linebackers oder leichtere Safeties nutzen läßt.

Auch das Laufspiel ist eine Wundertüte. Chris Ivory, Bilal Powell und Zac Stacey sind dicke Power-Backs; Stevan Ridley ein guter Allrounder. Sollte Gailey wieder sehr viel Spread Offense spielen, werden sie oftmals nur 6- oder 7-Men-Fronts vor sich haben. Das sollte viele Läufe bis zum Level der Linebackers geben, aber wohl kaum viele Yards darüber hinaus.

Zumal auch die Offensive Line einigermaßen suspekt ist. Center Nick Mangold und Left Tackle D’Brickashaw Ferguson gehören immer noch zum oberen NFL-Drittel, aber Leute vom Schlage eines James Carpenter, Willie Colon und Bren Giacomini sollte man immer zu erstzen suchen. Aus Green Bay kommt Offensive Line Coach Steve Marshall, der bei den Packers aus ebenfalls limitiertem Talent eine brauchbare Linie geformt hat. Dazu hat er jahrzehntelange Erfahrung als OLine-Trainer in der NFL und bei großen Colleges.

Der Staiger Gailey übernimmt einen Stollen, der nur mäßige Vorräte hat, aber mit seiner Erfahrung kann er da vielleicht genügend Kohle rausholen, daß die Stube auch im Winter noch warm ist. Denn geheizt wird bei den Jets immer noch mit dem Ofen, die Zentralheizung bleibt vorerst ein Traum.

New Yorks Defense

Auf der anderen Seite dagegen übersieht der neue Head Coach Todd Bowles eine hochmoderne Goldmine. Bowles hat mit seiner Arbeit als Defensive Coordinator vielen die Köpfe verdreht. Aggressiv, komplex und innovativ ist sein System. Seine vielen Blitzes und die vielen Defensive Backs bei Passing Downs erinnern an Rex Ryan; dazu ist er ein Liebhaber des Double-A-Gap-Blitzes, den er letztes Jahr in Arizona sogar zu Triple-A-Gap-Blitzes erweitert hat. Das dürfte in New York allerdings schwierig werden. Die Athletik bei den Linebackers und die Vielseitigkeit bei den Defensive Backs fehlen im Kader. Einzig LB Demario Davis hat eine überragende Schnelligkeit.

OLB Quinton Coples hat immerhin Power, den kann man auch gerne mal zwischen den Defensive Tackles angreifen lassen. Die anderen beiden OLB, Bulldogge Jason Babin und Riesenschildkröte Calvin Pace, scheinen dafür nicht besonders geeignet; immerhin ist Babin recht gefährlich von außen.

Aber wer will sich über die falsche Rolex beschweren, wenn ihm zwei fette Goldketten um den Hals hängen? Darrelle Revis, der mit großem Ring vom Erzrivalen New England zurückkehrt, ist immer noch der Goldstandard unter den Cornerbacks. Er allein gibt Bowles schon die Freiheit, seine ganze Kreativität mit den restlichen zehn Spielern ausleben zu können.

Die andere Goldkette ist die Defensive Line um Superstar Sheldon Richardson, PFF-Liebling Mu Wilkerson und den Mann, den sie „Snacks“ nennen: Damon Harrison samt seinen 350 Pfund. Richardson ist die ersten vier Spiele der Saison gesperrt (plus eventuell eine weitere Sperre wegen Dummheiten am Steuer), aber immerhin konnten sich die Jets einigermaßen überraschend an Position sechs das angeblich größte Talent der diesjährigen Draft in Defensive Linemen Leonard Williams krallen.

Jeder mittelmäßige Minenmanager kann aus diesem Vorkommen seinem Besitzer ein Vermögen erwirtschaften. Um aus dem Rest in der Secondary neben Revis ein großes Geschäft zu machen, braucht es dagegen schon einen MBA einer besseren Business School. Den hat sich Bowles spätestens letzte Saison in Arizona erworben.

Antonio Cromartie geht zwar nicht mehr zu Höchstpreisen weg, muß aber hinter dieser Linie und neben Revis auch nicht mehr sternenhell funkeln. Buster Skrine, aus Cleveland kommend, gilt als Rohdiamant, der im Slot geschliffen werden soll. Vor der Draft 2014 groß angepriesen wurde Safety Calvin Pryor, für den Bowles noch die richtige Fassung finden muß. Von einer Rolle wie Deone Buchannon bei den Cards bis zum Kam Chancellor für Arme reichen hier die Spekulationen. Vielleicht muß er sogar weiter hinten spielen, wenn Neuzugang Marcus Gilchrist dafür doch nicht geeignet ist. In San Diego hatte diese Rolle jedenfalls Eric Weddle. Durch die Stärke in der Linie und Revis jedenfalls kann Bowles hier getrost seine ganze Kreativität ausleben.

Die New York Jets 2015

In einer hammerharten AFC East können die Jets nur mit ihrer Verteidigung glänzen. Mit dem spielerischen Talent, das Todd Bowles hier zur Verfügung hat, sollte man lange ein Playoff-Contender sein. Nur reicht der Glanz der Defense allein nicht aus, um Gang Green zu einer ernsthaften Gefahr in der AFC zu machen. Viel hängt von der harten glanzlosen Arbeit des Angriffs ab. Hier muß Gailey mit modernster Technik regelmäßig Kohle für den Ofen aus der Zeche ziehen. Denn was nützt dir das viele Bling-Bling auf deiner Party, wenn alle frieren?

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4 Kommentare zu “NFL 2015 – Preview New York Jets

  1. Hallo Herrmann,

    schönes Jets-Preview, allerdings habe ich zwei Anmerkungen:

    Buster Skrine muss nicht für den Slot „geschliffen“ werden, denn er ist schon einer der besseren Slot-CB der Liga und war dort auch sehr, sehr effektiv in der letzten Saison. Als #2 neben Haden sah er eher blass aus.

    Calvin Pryor kam als SS aus Louisville, musste aber in der vergangenen Saison FS spielen, was ihm nicht gelang. Mit Markus Gilchrist wurde ein FS geholt, der es Pryor erlaubt, endlich seine Stammposition zu spielen, für die er gedrafted wurde.

    Gruß, suuma

  2. Schöne Preview. Auf die AFC East bin ich schon sehr gespannt diese Saison, wen seht ihr dort als Gewinner/Favoriten?

  3. Bin auch sehr gespannt auf die AFC East. Mit Fins, Bills und Jets könnten gut und gern drei der Top 5 D-Lines aus der Division kommen. Trotzdem denke ich, dass Bills und Jets zu wenig in der Offense – speziell auf QB – haben, um den Patriots wirklich gefährlich zu werden.
    Bei den Dolphins sieht’s da schon besser aus. Ryan Tannehill hat inzwischen einige veritable Waffen zur Verfügung, sodass es da Gefahr für die Pats geben könnte. Trotzdem ist die Schwachstelle Cornerback für mich nicht genug, um New England die Favoritenrolle abzusprechen.

    Gruß patpicksix

  4. Die Personalsituation in der Defensive Line wird auch über 2015 hinaus zu beachten sein. Ich weiß nicht, ob man Sheldon Richardson noch vertrauen kann, nachdem der Mann nach Bekanntwerden seiner Sperre Polizeiflucht begeht, mit Kind im Marihuana im Mundgeruch, Kind im Rücksitz, geladener Waffe am Beifahrersitz. Das riecht danach, als ob die Ganzjahressperre nur noch eine Frage der Zeit ist.
    Nicht auszuschließen, dass Wilkerson doch noch zu seinem Vertrag kommt, obwohl die Jets bis vor kurzem doch deutlich gen Richardson geneigt schienen.

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