Die NFL kennt in Sachen Trainerneueinstellungen keinen Trend. Sie kennt nur hopp oder topp. 2013 war ein Jahr voller Offense-Einstellungen, 2015 mit vielen Defense-Einstellungen, 2014 war recht ausgeglichen. In diesem Jahr gibt es nur Offense: 7/7 der neu bestellten Coaches haben einen Offense-Hintergrund. Der einzige der sieben neu Eingestellten, der mal in der Defense gearbeitet hat, ist Chip Kelly, der Anfang der 1990er mal Defensive Backs an der Highschool trainiert hat.
Miami Dolphins – Der Neue ist Adam Gase, vormals Offensive Coordinator in Denver und Chicago und der Mann, der als „heißester“ Name des Jahrgangs gehandelt wurde. Gases Ruf der letzten Jahre gründet vor allem auf den erfolgreichen Jahren mit Peyton Manning und einem guten Jahr 2015 mit Chicagos QB Cutler. Auf der anderen Seite: Mit Cutler Erfolg hatten auch schon andere Coaches wie Martz oder Trestman.
Cleveland Browns – Hier werde ich noch genauer den Fokus legen. Der Neue ist Hue Jackson, zuletzt OffCoord beim Divisionsrivalen Cincinnati und der einzige Schwarze des Jahrgangs. Jackson war früher OffCoord in Atlanta und für eineinhalb Jahre Headcoach in Oakland und er erarbeitete sich bei den Bengals einen hervorragenden Ruf als Coordinator mit einer sehr offenen Denke. Und: Jackson hat Andy Dalton hingebogen.
New York Giants – Nach dem ganz sachte erzwungenen Rücktritt vom 69-jährigen Tom Coughlin wurde dessen bisherigen OffCoord Ben McAdoo zum Nachfolger bestimmt. Diese interne Lösung gilt als Move, der QB Eli Manning zufriedenstellt. Sie ist gleichzeitig typisch für die mit sehr ruhiger Hand geführte Organisation der Giants.
Philadelphia Eagles – Der Divisionsrivale Philadelphia hatte bekanntlich bereits vor dem letzten Spieltag HC Chip Kelly gefeuert. Danach wurde eine Trainerfindungskommission unter der Schirmherrschaft von Owner Lurie, Personal-Director Domowitz und GM Roseman installiert, im Zuge deren Suche u.a. auch Coughlin interviewt worden sein soll. Der am Ende Auserwählte war Doug Pederson, früher NFL-Backup QB und zuletzt OffCoord unter Andy Reid. Damit haben die Eagles nach dem Wirbel um Kelly zu einer „halben“ In-House Lösung gegriffen: Pederson hat Wurzeln in Philly. Und Pederson hat Verbindungen zu Reid, den man in Philadelphia offensichtlich erst nach seinem Abgang so richtig zu schätzen gelernt hat.
San Francisco 49ers – Der in Philadelphia geschasste Kelly ist nun neuer Headcoach in San Francisco. Den Move werde ich morgen genauer beleuchten.
Tampa Bay Buccaneers – Eine der überraschenderen Entlassungen war jene von Lovie Smith in Tampa. Lovie wurde durch dessen OffCoord Dirk Koetter ersetzt, dem man in der Arbeit mit dem jungen Franchise-QB Jameis Winston sehr gute Noten ausgestellt hat. Man munkelt, dass Lovies Entlassung vor allem vor dem Hintergrund eines möglichen Abgangs von Koetter passiert ist; man wollte nicht riskieren, dass Koetter woanders den Cheftrainersessel annimmt und Winston schon in Jahr 2 einen neuen Coordinator vorgesetzt bekommt.
Tennessee Titans – Die bizarrste „Trainersuche“ fand in Tenneessee statt. Die Titans waren unter den ersten Teams, die ihren Trainer entließen (Ken Whisenhunt im November). Der Interimsnachfolger Mike Mularkey wurde nun als fixer neuer Headcoach bestätigt, ohne dass nennenswerte Interviews geführt wurden. Das Entsetzen über diese Einstellung ist groß; Mularkey gilt als Move um die sich gerüchteweise im Verkauf befindlichen Titans attraktiver am Markt zu halten („Der neue Owner kann sich schnell einen neuen Trainer suchen“). Mularkey hat in den letzten 10 Jahren eine 4-21 Bilanz als Cheftrainer eingefahren. Seine beiden Parade-QBs, die er „entwickelt“ hat, sind Matt Ryan und Kordell „Slash“ Stewart. Titans-QB Mariota wird durch den Move auch schon fleißig unisono betrauert.
Aber auch hier folgt vermutlich noch ein genauerer Blick.
Eine andere nennenswerte Einstellung ist jene von Brian Schottenheimer als OffCoord QB-Coach bei den Indianapolis Colts – ein Move, den niemand versteht. Du fragst dich als Außenstehender, warum Schottenheimer jedes Jahr neue hochbezahlte Jobs in NFL und College Football bekommt, obwohl die bloße Nennung seines Namens in jeder Fan-Base blankes Entsetzen auslöst.
Die Colts bleiben auf GM (Grigson) und Headcoach (Pagano) stabil, was sich auch erst als ein Bindung erweisen muss, die über eine Zweckehe hinausgeht. Nun kommt der unisono als inkompetent verschmähte Schottenheimer als Offensive Coordinator – und Schottenheimer wird unter dem defensiv-orientierten Pagano eine hohe Machtfülle besitzen.
Ich habe es glaube ich schon einmal geschrieben: Wäre ich Andrew Luck, würde ich darüber nachdenken, einen Abgang zu forcieren. Lucks Vertrag läuft nach der Saison aus. Für 2016 können die Colts ihm ein Preisschild („5th-Year Option Tag“) aufsetzen, und eventuell für 2017 ein weiteres Jahr die Franchise-Tag. Aber Luck dürfte mit viel Macht in die Verhandlungen gehen. Wenn er nicht entweder einen Rekordvertrag oder seinen Abgang aushandelt, haben er und seine Berater versagt.
Wenn nicht noch verspätete Entlassungen folgen, dürfte der Großteil des Trainermarkts durch sein. Das bedeutet, dass Leute wie Jeff Fisher bei den Rams, Jim Caldwell bei den Lions oder Sean Payton bei den Saints bleiben. Das bedeutet auch, dass häufig genannte mögliche künftige Head Coaches wie Mike Shula (OffCoord Panthers), Sean McDermott (DefCoord Panthers), Josh McDaniels (OffCoord Patriots), Matt Patricia (DefCoord Patriots) oder Teryl Austin (DefCoord Lions) ein weiteres Jahr als Coordinators absitzen müssen.
Austin hat es als Schwarzer nicht einfach. Die anderen vier könnten Opfer ihres eigenen Erfolgs sein: Ihre Teams spielen noch um die Super Bowl mit – entsprechend limitiert sind ihre Interview-Möglichkeiten.
Brian Schottenheimer wurde als QB-Coach verpflichtet. Offensive Coordinator ist Rob Chudzinski.
colts: jener chudzinski, der in Cleveland vom nervösen Owner bereits nach einem Jahr als HC wieder gefeuert wurde.
@sidelinereporter: gute Übersicht und Kurzinfo. Freue mich auf mehr. Bei meinen Browns wurden heute der Dc festgelegt (Horton) und Off Posten besetzt u.a. Al Saunders der schon in Oak mit Jackson gearbeitet hat. Huu Jackson hat viel Macht sich sein eigenes Heim zu bauen. Bin gespannt wie Moneyball dePodesta dann später eingebunden wird. Sehr interessant das alles.
weshalb genau ist es relevant, dass xy schwarz ist?
ist da ein Rassismus-merkmal relevant für den trainerposten?
wird Austin als schwarzer gemobbt?
Überflüssiges Detail, mMn
In Zeiten, in denen ein Duce Staley (und andere) für Headcoach-Posten interviewt werden muss/müssen um die Rooney-Rule zu erfüllen, ein ganz und gar nicht unrelevantes Detail.
Die New York Times hat heute auch einen Artikel zum Thema schwarz und NFL-Coach. http://www.nytimes.com/2016/01/21/sports/football/among-nfl-coaches-a-lack-of-diversity-trickles-up.html?ref=sports&mtrref=www.nytimes.com&gwh=3525423E1AD413C56D997DBE3FC8DB03&gwt=pay
@JD: Danke für den Link, aufschlussreicher Artikel!
Wo wir grad beim Thema diversity sind: Kathryn Smith ist jetzt bei den Bills, wieder zurück bei Rex.
Special teams Quality Control (? wtf ist das).
Quality Control Coaches trainieren die Scout Teams. Also das Team was versucht den nächsten Gegner zu simulieren. Außerdem betreiben sie viel Video- und Statistik-Analyse.
@korsakoff So sehr ich deine Arbeit hier schätze, bei den Colts habe ich (durch die Fanbrille?!) des öfteren den Eindruck, dass du biased bist. Bei einem Brady wird z.B. abgefeiert, dass er auf Geld verzichtet, um sein Team stark zu halten. Warum sind die einzigen Möglichkeiten für Luck Abgang oder Max Money? Den Rekordvertrag wird er bekommen, dass hat Irsay mehr oder weniger so gesagt. Sollte es für ihn nicht vielmehr darum gehen, dass er Forderungen stellt, um seine Titelchancen zu erhöhen? Also z.B. ein vernünftiges Konzept / Mitspracherecht fordern, wie bspw. die O-Line verstärkt werden soll und das Running Game besser integriert wird.
Es gibt einige Fragezeichen im Coaching-Staff der Colts, was – wie von dir dargestellt – mit der Beziehung Grigson/Pagano anfängt. Ich bin noch nicht lange genug beim Football, um Coaches wirklich beurteilen zu können, aber ich habe die Verpflichtung von BS nett ausgedrückt auch nicht unbedingt abgefeiert. Trotzdem ist es einfach falsch, dass er jetzt eine so riesige Machtfülle besitzt und darum Luck einfach möglichst schnell abhauen sollte.
Das eine hat mit dem nichts zu tun. Brady verzichtet aus eigenen Stücken (falls nicht doch mehr dahinter steckt) seit Jahren auf Geld und ist damit eine der ganz wenigen Ausnahmen. Der überwiegende Teil versucht (verständlicherweise), das Einkommen zu maximieren.
Brady hat aber eine funktionierende Organisation im Hintergrund. Luck nicht.
Yup, „OffCoord“ bei Schottenheimer ist falsch. Es hätte „QB-Coach“ heißen müssen. Also noch näher an Luck dran. Not good.
Klar, Brady ist ein Sonderfall und ich wollte auch nicht sagen, dass er jetzt groß auf Geld verzichten sollte.
Mit kommt es halt des öfteren so vor, dass du die Colts nicht magst (hast du so etwas in der Richtung nicht mal bei den Sofa-QBs erwähnt?) und bei mehreren Interpretationsmöglichkeiten da immer die negative wählst. Wie gesagt, ist dann auch durch die Fanbrille und möglicherweise auch inzwischen das, was ich lesen will.
Zu Schottenheimer: Das ist sicher nicht die 1a-Lösung und ich habe bei der Verpflichtung nicht unbedingt eine Party geschmissen. Aber „Also noch näher an Luck dran. Not good.“? Möglicherweise war er als OC überfordert und ist als QB-Coach nicht sooo schlecht? Auf jeden Fall hat er 1. nicht so viel Möglichkeit, Schaden anzurichten (im Vergleich zum OC) und 2. hat er es auch nicht geschafft, Drew Brees völlig zu versauen. Das ist das, was ich meine!
Bei der diesjährigen Trainersuche und dem Tamtam um Chip Kelly und das Analytics Departement der Browns gingen, finde ich, ein paar Personalien in den Medien etwas unter.
Bei den Giants wird z.B. Tom Coughlin entlassen und durch McAdoo nachdem sie vier Jahre in Folge die Playoffs verpasst haben. So weit so gut. Dass man allerdings Steve Spagnoulo als Def-Coordinator und Jerry Reese als GM behält erscheint mir dabei nicht verständlich. Wenn man bedenkt, dass der Kader sehr dünn besetzt war (Reese) und die Defense nach korsakoffs Power Ranking nur ganz knapp an den schlechtesten fünf vorbei geschrammt ist (Spagnoulo).
Ähnlich geht es mir mit Lovie Smith in Tampa Bay. Er hat dieses Jahr doch eigentlich eine gute Saison gespielt. Vielleicht unterschätze ich den Wert von Dirk Koetter, aber dass man seinen HC entlässt weil man Angst hat, dass der Off-Coordinator geht (wie gemunkelt wird) erscheint mir ziemlich kurzsichtig. Vor allem wenn man bedenkt, dass Koetter noch keinerlei Head Coach Erfahrung in der NFL hat.
Andererseits bin ich etwas verwundert, das bei den Rams Jeff Fisher bleiben durfte. Gerade der Umzug nach LA wäre doch eigentlich prädestiniert um den Coach zu wechseln, stattdessen geht man mit dem „farblosen“ Fisher nach LA. Ich weiß nicht worauf Groenke mit dem Trainerwechsel wartet. Hoffentlich nicht bis 2019 wenn das Stadion in Inglewood fertig gestellt ist.
Sorry für den langen Beitrag. Ich wollte eigentlich nur kurz meine Meinung dazu schreiben 🙂