Akademische Viertelstunde – Woche 11

Woche 11 war kein Spieltag der engen Resultate, was nicht heißt, dass das Playoffbild nicht trotzdem ordentlich durcheinander gewirbelt wurde. Das fängt ganz oben an.

#1 Georgia kassierte seine erste Saison-Niederlage und verlor bei den #10 Auburn Tigers klar 17-40. Georgia war dabei in allen Belangen unterlegen: Offensive Line wurde platt gemacht, Defensive Line wurde überlaufen und die Defensive Backs kassierten über 200 Pass-Yards von QB Jarret Stidham, und die Special Teams vermasselten zwei Punts für hervorragende Auburn-Feldposition.

Das klare Resultat hat zwei Folgen: Georgia hat plötzlich keinen Spielraum mehr für weitere Ausrutscher und muss nun wohl das SEC-Finale gewinnen, will es in die Playoffs. Für Auburn galt das mit dem „keinen Stolper mehr“ schon lange, denn Auburn hat bereits zweimal verloren. Aber: Auburns Chance auf den Gewinn der SEC ist drastisch gestiegen: Von 8% vor dem Spieltag auf mittlerweile 21%. Auburn hat mit dem Sieg über Georgia die in zwei Wochen angesetzte Iron Bowl zu einem Play-in für das SEC-Finale gemacht.

Stell dir vor, Auburn gewinnt die SEC mit drei Siegen in insgesamt drei Spielen gegen Alabama und Georgia – würde das Playoffkomitee die Tigers, die nur knapp gegen Clemson und LSU verloren, wirklich mit 11-2 Bilanz draußen lassen?

#2 Alabama bleibt nach dem 31-24 bei Mississippi State als letztes SEC-Team ungeschlagen. Dabei war die Performance an Alabama sehr untypisch: Eingangs des Schlussviertels lag man sogar sieben Punkte in Rückstand, weil man zu wenig Zugriff auf das effiziente Laufspiel der Bulldogs bekam. Zudem geigte die Offense um QB Jalen Hurts erst im letzten Abschnit auf: Erst ein 85yds-Drive zum Ausgleich, dann ein Drive der in einem verschossenen Fieldgoal endete, dann ein quicker Drive mit zwei 25+ Yards Pässen für Ridley und Smith zum Sieg.

Alabama wird damit vermutlich die Spitzenposition in den CFP-Rankings übernehmen. Alabama bewies bei allen Schwächen, die es am Samstag offenbarte, aber auch Eier und die Traute, eine wackelige Partie mit viel Konsequenz gegen Spielende doch noch zu den eigenen Gunsten zu drehen ohne überaus nervös zu werden oder zu viel Glück zu brauchen. Gegen Auburn in der Iron Bowl muss man aber konzentrierter agieren, will man nicht erstmals seit 2013 das SEC-Finale verpassen.

Vorentscheidendes Ergebnis bei #3 Notre Dame Fighting Irish @ #7 Miami Hurricanes: Miami fuhr 41-8 über Notre Dame drüber. Ein extrem fettes Ausrufezeichen der Canes, die als letztes ACC-Team ungeschlagen sind und die Notre Dame die zweite Niederlage zufügten.

Miami stellte schon in den ersten Drives klar, wer das Sagen hat. Die Canes machten die Schotten für RB Adams und QB Wimbush dicht und ließ in 36 Laufspielzügen nur 109 Yards zu. QB Wimbush wurde völlig verwirrt und fabrizierte total konfus vier Turnovers. Miami führte zur Pause 27-0, ließ danach nix mehr anbrennen. QB Rosier musste noch nichtmal viel Spektakuläres veranstalten – es reichte, dass er sich darauf konzentrierte, den Ball nicht herzuschenken.

Das Resultat hat nun folgende Auswirkungen: Notre Dame ist mit 8-2 Siegen nahezu aus dem Playoffrennen eliminiert. Eine knappe Pleite gegen Georgia und eine klare Niederlage bei Miami sind zwar nicht der tödlichste Todesstoß, aber dummerweise sind diese beiden Gegner möglicherweise am Saisonende direkte Konkurrenten in der Verlosung der Playoffplätze – und man hätte das direkte Aufeinandertreffen beide Male verloren.

Miami dagegen könnte langsam als Eliteteam ernst genommen werden. Im SOR (eindrucksvollster Record) klettern die Canes mit ihrem Sieg auf #1. Allerdings sehen Rankings wie das SRS (Miami an #16) und der ESPN FPI (Miami an #11), die versuchen, die „wahre Stärke“ der Teams zu schätzen, die Canes aktuell noch deutlich schwächer als es die Sieg/Niederlagen Bilanz wahrhaft zu machen versucht.

Miami ist bereits für das ACC-Endspiel qualifiziert. Gegner dort werden die #4 Clemson Tigers (9-1) sein, die Florida State locker 31-14 aus dem Weg räumten. Clemson ist seit seiner überraschenden Niederlage bei Syracuse Mitte Oktober etwas aus dem landesweiten Fokus verschwunden, aber keine Sorge: Die Tigers bleiben ein komplettes Team und der Favorit in der ACC. FSU dagegen fällt so nebenbei bemerkt auf 3-6 Bilanz und muss nun alle verbleibenden Spiele gewinnen, will es nicht erstmals seit über 40 Jahren die Bowl Season verpassen.

#5 Oklahoma hat sich mit einem klaren 38-20 gegen #6 TCU in hervorragende Position für die Playoffs gebracht. Die Sooners bleiben mit dem Sieg nicht nur mit 9-1 bei einer Niederlage, sondern haben das Ticket für das Big-12 Finale quasi gelöst.

Der Endstand gegen TCU reflektiert die Kräfteverhältnisse am Feld noch nichtmal richtig: Oklahoma führte zur Pause 38-14. QB Baker Mayfield hatte fast 300 Pass-Yards zur Pause und 50 Rush-Yards. Mayfield ist damit momentan der klare Heisman-Favorit: Er produziert Zahlen, die selbst in einer Big 12, die extrem viele krasse Zahlen schreibt, herausstechen. Und nicht vergessen: TCU hatte nach Advanced-Stats und Anpassung an den Schedule die #3 Defense im Lande. Mayfield und die Sooners-Offense fuhren ohne mit der Wimper zu zucken drüber.

Für TCU sind die Playoffträume damit wohl ausgeträumt, aber die Horned Frogs haben noch immer die Qualifikation für das Big-12 Finale und somit die Chance auf Revanche gegen Oklahoma in eigener Hand. Ausgespielt wird in dem Finale mindestens die Qualifikation für die Sugar Bowl (wenn TCU gewinnt) und maximal das Ticket in die Playoffs (Oklahoma-Sieg).

Klarheit herrscht nun auch in der Big Ten Conference: #8 Wisconsin bleibt mit dem Sieg über #20 Iowa ungeschlagen und ist den Playoffs einen Schritt näher. Wisconsin hat die Qualifikation für das Big-Ten Finale damit in der Tasche, aber trotz 10-0 Record ist Wisconsin nur #6 im SOR: Zu wenige Qualitätssiege. Der SOR behauptet, dass ein durchschnittliches Top-25 Team eine 28%ige Chance hätte, gegen Wisconsins Schedule ebenso eine 10-0 Bilanz einzufahren.

Wisconsins Gegner im Big Ten Finale ist mit hoher Wahrscheinlichkeit Ohio State. Die #13 Buckeyes zerstörten #12 Michigan State komplett: 48-3 Kantersieg. Der Sieg hat zwei Folgen: OSU ist fast fixer Starter im Conference-Finale, und OSU hat sich wieder die Hintertür für die Playoffs geöffnet: Notre Dame hat nun ebenfalls zwei Niederlagen, und OSU hat einen gewaltigen Qualitätssieg eingefahren (wird das Playoffkomittee behaupten, auch wenn Michigan State in den Qualitätsrankings wie SRS, FPI oder Las Vegas längst nicht die Wertschätzung erhielt, die ein #12 Ranking gerechtfertigt hätten).

Aus dem Playoffrennen verabschiedet hat sich wohl die Pac-12 Conference: #9 Washington verlor am Freitag 22-30 bei Stanford. Das Pac-12 Finale wird trotzdem Washington vs USC heißen, aber da beide bereits zwei Pleiten kassiert haben, geht es wohl „nur noch“ um die Qualifikation für die Rose Bowl.


Leider nicht viel Raum für die Entlassung von Tennessees Head Coach Butch Jones, der nach der 17-50 Klatsche gegen Mizzou entlassen wurde. Jones sollte das Programm nach dem Desaster Lane Kiffin und der unglücklichen Zeit unter Dave Doeren, die einen ausgedünnten Kader hinterließ, wieder an alte, glorreiche Zeiten zurückführen, aber nach halbwegs brauchbarem Start hat Jones gegen alle SEC-Mannschaften sein letztes Spiel verloren:

Ich habe über Jahre die Vols-Fans zu schätzen gelernt, da sie bedeutend mehr Geduld für die Entwicklung ihrer aufbrachten als andere Fan-Bases – und man muss sich vor Augen führen, dass Tennessee eines der ganz großen Programme ist: Stadion mit 102.000 Zuschauern, zuletzt in den 1990ern Landesmeisterschaft gewonnen. Trotzdem erduldeten die Fans die vielen schlechten Jahre – ja fast schon ein Jahrzehnt Malaise. Auch mit Jones hatte man lange Geduld. Wo in Auburn oder Florida schon vor zwei Jahren die Autos auf den Grillfeten vor dem Stadion angezündet worden wären, war in Knoxville immer noch Party.

Jones hinterlässt ein Programm, das vom Recruiting her nicht schlecht aufgestellt ist. Der Kader hat Talent – allerdings Talent, das er nicht oder nur unzureichend entwickeln konnte. Deswegen wurde zuletzt intern gegen Butch Jones rebelliert. Offen bleibt neben den Florida Gators ein weiterer hochklassiger SEC-Trainerposten. Man darf gespannt sein, ob Tennessee nach der Risikolösung Kiffin und nach den beiden Mid-Major Lösungen Doeren und Jones nun wieder zu einem der ganz großen Namen greifen wird.

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4 Kommentare zu “Akademische Viertelstunde – Woche 11

  1. 2 Anmerkungen: Das Pac12-Finale wird nicht zwingend Washington – USC heißen. Washington hat genau so viele Conference-Niederlagen wie Washington State und Stanford und muss noch den Apple Cup spielen.

    Außerdem war Dave Doeren nie HC der Vols, du verwechselst ihn glaube ich mit Derek Dooley, der Jones‘ Vorgänger war.

    Ansonsten aber wie immer ein schöner Überblick. 🙂

  2. Ja, die Pac12-Situation ist tatsächlich spannend! Washington State hat jetzt alle Trümpfe in der Hand und kann mit einem Gewinn des Apple Cups aus eigener Hand ins Finale (Tie-Breaker gegen Stanford),… Verlieren die Cougars, müssen die Huskies hoffen, dass Stanford zu Hause gegen Cal verliert, denn sonst ist Stanford drin, weil das Head-to-Head hat Washington ja diese Woche verloren.

    PS: Ganz nett, witzig und so nebenbei ist College Football in den „Tech-News“ in Österreich angekommen, mit diesen Fan-Aktionen 😀 → https://www.futurezone.de/digital-life/article212515913/Kreative-Football-Fans-machen-sich-wegen-Autocorrect-Bug-ueber-Apple-lustig.html

  3. @BlauGelb: Ja, natürlich Derek Dooley! Namen vergessen, aber das Gesicht nach dem 13-Mann am Feld Debakel bleibt unvergessen.

    RE: Pac-12
    Ja, das hatte ich gecheckt und leider nur noch im Freitags-Eintrag „Road to Atlanta“ ausgebessert: Washington scheint tatsächlich auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Gewinnt Stanford dieses Wochenende gegen Cal, ist Washington draußen, weil man das direkte Duell gegen Stanford verloren hätte.

  4. Btw. ich hab mir nochmals deine Pac12-Vorschau angesehen, da hast du diesen wundervollen Glaskugelsatz geschrieben und bist wie so oft richtig gelegen:
    „Washington hat einen Vorteil: USC steht in der Regular Season nicht auf dem Spielplan. Die größte Hürde ist das Auswärtsspiel bei Stanford.“ 😉

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