Samstagsvorschauer – Rivalry Weekend 2017

Großkampftag heute im College Football – und an dieser Stelle eine spoilerfreie Vorschau darauf.

Kurze Einleitung, worum heute gespielt wird: Die Iron Bowl ab 21h30 bestimmt den zweiten Finalisten der SEC. Wisconsin, Ohio State, Oklahoma, Clemson, Notre Dame und Georgia spielen darum, ums Verrecken nicht noch eine weitere Niederlage zu kassieren und somit im Playoffrennen ganz schwer ins Hintertreffen zu geraten. Washington State spielt um die Qualifikation für das Conference-Finale. Und andere, wie FSU oder Oregon, spielen einfach nur noch um die Qualifikation für die Bowl Season oder darum, mit einem Sieg gegen einen Lokalrivalen die Saison noch anständig zu beenden.

Ausgedehnte Vorschau auf die heutigen Partien auch als Podcast von Sportradio360 mit Nicolas Martin, Christian Schimmel und Jan Weckwerth.

Frühschicht

  • 18h: Georgia Tech – #7 Georgia (Clean, Old-Fashioned Hate)
  • 18h: Michigan – #9 Ohio State (The Game, nur bei FOX!)
  • 18h: #20 Memphis – East Carolina
  • 18h: Florida – Florida State (Sunshine Showdown)
  • 18h: Kentucky – Louisville (Governor’s Cup)

Das namhafteste Spiel der Frühschicht, Michigan vs #9 Ohio State, gibt es bei uns nicht auf konventionellem Wege zu sehen, weil in den USA von FOX ausgestrahlt. Michigan (7-4) hat keine Big-Ten Ambitionen mehr, kann seine Umbruchsaison aber mit einem Sieg gegen die Buckeyes retten. Ohio State ist zwar schon für das Conference-Finale qualifiziert, muss aber zwingend gewinnen, will es seine kleine Playoff-Chance am Leben erhalten.

Ähnlich wichtig das Südstaatenderby Georgia Tech Yellow Jackets vs #7 Georgia Bulldogs, im Volksmund „Clean, Old Fashioned Hate“ genannt. Es ist eine der uralten Rivalitäten im College Football, wird seit 1893 jedes Jahr ausgespielt. Georgia braucht einen Sieg, will es im Playoffrennen am Leben bleiben. Georgia Tech ist dieses Jahr nur 5-5, muss wohl gewinnen, will es sich noch für die Bowl Season qualifizieren.

Dabei wären die Yellow Jackets durchaus kein schlechtes Team. Sie sind mit 1-3 Bilanz in engen spielen, darunter 1-Punkt Niederlagen gegen Tennessee und Miami. Es ist jedoch eine unzuverlässige Mannschaft: Vor zwei Wochen wurde das nicht schwache Virginia Tech geschlagen, ehe man letzte Woche bei Duke abgeschossen wurde.

Insgesamt wird das eine sehr „bodenständige“ Veranstaltung: Georgia Tech hat in seiner von Headcoach Paul Johnson patentierten Triple-Option Offense aus der Flexbone-Formation zwei Angreifer mit mehr als 1000 Rushing-Yards, bei Georgia machen die RBs Chubb/Michel auch zusammen fast 2000 Yards, sodass QB Fromm nur im äußersten Notfall werfen muss. Insgesamt ist die Offense von GT ästhetisch ansprechender, weil ungewöhnlicher, während Georgia vor allem über feines Vorblocking und athletische Dominanz kommt.

Völlig unter dem Radar läuft diesmal der „Sunshine Showdown“ zwischen Florida und FSU: Das Spiel, das in den 1990ern jedes Jahr für direkte National-Title Implikation am letzten Spieltag stand, läuft diesmal im wahrsten Sinne des Wortes im Sonnenschein ab: Mittags, nicht wie gewohnt zur Primetime. Es ist ein Duell 4-6 gegen 4-6, was wohl auch bedeutet: Nur der Sieger hat noch eine Chance auf eine der kleinen Bowls in der Post Season. Mickriger Trostpreis für diese beiden erfolgsverwöhnten Fanbases.

Attraktive Partie: Kentucky vs Louisville – die vorletzte Chance, den grandiosen QB Lamar Jackson noch einmal in Aktion zu sehen, ehe Jackson wohl Richtung NFL wechselt. Ob des NFL-Potenzials gibt es bei Jackson zwar noch einige Zweifel (nicht bei mir im Übrigen, ich würde ihn und nicht Darnold, Josh Rosen oder gar freaking Baker an #1 draften), aber unbestritten ist, dass er ein elektrisierender College-Footballspieler war. Jackson ist amtierender Heisman-Gewinner, und er scheint dieses Jahr sogar noch besser geworden zu sein. Allerdings ist das keiner Sau aufgefallen, da Louisville „dank“ miserabler Defense längst aus allen ACC-Ambitionen ausgestiegen ist.

Spätschicht

  • 21h30: #6 Auburn – #1 Alabama (Iron Bowl, cbsstream)
  • 21h30: Minnesota – #5 Wisconsin (Paul Bunyan’s Axe)
  • 21h30: Maryland – #10 Penn State (BTN)
  • 21h30: NC State – UNC
  • 21h30: Fresno State – #23 Boise State (CBS)
  • 21h30: K-State – Iowa State
  • 21h45: #4 Oklahoma – West Virginia
  • 22h: Rutgers – #16 Michigan State (FOX)
  • 22h: Illinois – #22 Northwestern (FS1)
  • 22h: Tennessee – Vanderbilt

Das alles überstrahlende Spiel ist natürlich die Iron Bowl, Auburn Tigers vs Alabama Crimson Tide, ab 21h30, übertragen im cbsstream. Die Partie entscheidet über den Einzug ins SEC-Finale, der Sieger fordert nächste Woche die Georgia Bulldogs um den Conference-Gewinn heraus. Natürlich ist das „nur“ der kleine Preis. Es geht nämlich vor allem um die Playoffs. Alabama könnte sich dahingehend vielleicht sogar noch eine Niederlage erlauben, aber Auburn (9-2) muss zwingend heute und nächste Woche gewinnen.

Alabama läuft diese Saison unterm Radar, was komisch klingen mag für ein ungeschlagenes Team und größte Dynastie unserer Zeit. Aber wir haben uns an die Größe dieser Mannschaft gewöhnt – und außerdem hat Alabama einen eher schwachen Schedule gespielt. Namhafte Gegner wie FSU, Tennessee oder LSU erwiesen sich als Rohrkrepierer, und so ist das in vielen Metriken in den Top-10 gerankte Auburn nach Mississippi State erst der zweite wirklich starke Gegner.

Alabama ist nicht mehr die alles plättende Naturgewalt gegen das Laufspiel, aber als Top-5 Rushing Defense noch immer eine Macht. Auburn wirft dem entgegen seine gefinkelte, von Headcoach Gus Malzahn patentierte Spread/Option Offense, die aber nicht mehr so eindimensional lauflastig ist wie aus der Vergangenheit gewohnt. Das Running Game über RB Kerryon Johnson (1172yds, 17 TD) trägt die Offense natürlich noch immer, aber in QB Jarret Stidham haben die Tigers einen akkuraten Ballverteiler, der dich auch übern Luftweg schlagen kann.

In den USA halten es einige Experten für möglich, dass Auburn die Alabama-Defense ernsthaft fordern kann, wenn Johnson früh im Spiel seine 5-Yards Plays durchbringen kann um die langen 3rd Downs zu vermeiden. Das wäre lebenswichtig: Denn schnell viele lange dritte Downs ausspielen zu müssen ist nach wie vor der Killer gegen Alabama.

Auf der anderen Seite wird Alabamas Offense oft belächelt, aber bei genauem Hinsehen ist sie noch immer eine Top-15 Unit. Sie versucht, vor allem über Laufspiel zu operieren, obwohl der furchteinflößende RB Bo Scarborough den richtigen Durchbruch noch nicht geschafft hat. Scarborough macht in 114 Carries trotzdem 5.2yds/Carry. Das ist nicht „schlecht“, aber aufgepasst: RB Damion Harris macht bei fast gleich vielen Carries sogar 8.2yds/Versuch!

Das Problem, das die Alabama-Offense aber seit nunmehr zwei Jahren durchschleift: QB Jalen Hurts ist zwar gut bei Fuß, aber er kassiert in fast jedem 10ten Play einen Sack und hat nie gelernt, seine Progressions durchzugehen. Nimmst du Hurts die erste Anspieloption weg, wird Hurts schnell planlos und scrambelt ohne Sinn und Verstand übers Feld. Vielleicht ist das aber Jammern auf allerhöchstem Niveau, denn Hurts hat bei aller Kritik eine TD/INT Ratio von 14:1 und bringt 62% der Pässe für 9.1yds/Pass an den Mann.

Vielleicht ist es aber auch eine realistische Einordnung der Alabama-Offense, die dieses Jahr noch keine Defense vom Level jener Auburns gesehen hat (im Fremeau Efficiency Index ist Auburns Verteidigung sogar die #1 landesweit!). Auburns Run-Defense lebt von seinen famosen Linebackers Tre Williams und Deshaun Davis, die zum besten in der SEC gehören, sowie von der Abrissbirne DE Holland im Pass Rush. Wenn die Bama-Backs hinreichend eingebremst (von „ausgebremst“ möchte ich gar nicht reden) werden und von Holland ausreichend Druck gen QB ausgeht um ohne allzu starkes Blitzing auszukommen, hat Auburn einen ganz fetten Matchball aufgelegt.

Ich lese und höre vielerorts, dass Auburn daher sogar zu favorisieren ist, auch dank Heimvorteil. Finde ich eine gewagte Einschätzung. In den Wettbüros bleibt Alabama mit 4 Punkten favorisiert. Sehe ich ähnlich: Ich fände einen Auburn-Sieg nach wie vor eine Überraschung – aber es wäre nicht ohne Beispiel: 2010 zum Beispiel trieb Cam Newton ein episches Comeback das Feld runter, und natürlich 2013, im „Kick Six“ Spiel, einem der legendärsten College-Footballmomente. Gegen einen weiteren erinnerungswürdigen Moment hätte niemand etwas, egal wer denn nun gewinnt.

Nachtschicht

  • 01h: Oregon – Oregon State (Civil War)
  • 1h30: #24 South Carolina – #3 Clemson (Palmetto Bowl)
  • 1h30: #18 LSU – Texas A&M
  • 2h: #21 Stanford – #8 Notre Dame (Legends Trophy)
  • 2h: #17 Washington – #13 Washington State (Apple Cup, nur auf FOX)

Der Palmetto Bowl zwischen #24 South Carolina und #3 Clemson hat keine Auswirkung mehr auf das ACC-Rennen, sehr wohl aber noch für die Playoffs, wo sich Clemson vermutlich keine Niederlage erlauben kann. Clemson hatten wir schon öfters dieses Jahr: Großartige, druckvolle Defense mit zwei Defensive Ends, die über 8 Sacks erzielen. Dafür eine etwas lauere Offense, die im Jahr 1 nach Deshaun Watson vor allem über Spread-Laufspiel agiert, wo die RBs Tavien Feaster und Travis Etienne gleichermaßen stark eingesetzt werden. QB Kelly Bryant hat sich als passabler QB erwiesen, aber er ist kein Watson: Nur 7.3 NY/A und nur 10 TD-Pässe.

Dagegen ist South Carolina mit seiner 8-3 Bilanz eine der positiven Erscheinungen des Jahres: Die Gamecocks haben sich im zweiten Jahr von Headcoach Will Muschamp viel besser entwickelt als mancher gedacht hat, der noch das unselige Ende von Muschamp bei den Florida Gators im Kopf hatte. South Carolina spielt nicht wirklich auffällig, ist aber effizient – und mit Heimvorteil im lauten Williams-Brice Stadion (eines von nur zwei FBS-Stadien, das nach einer Frau benannt ist) hat man gegen das wuchtige Clemson vielleicht eine kleine Außenseiterchance.

Bei #21 Stanford vs #8 Notre Dame geht es für Notre Dame (9-2) noch darum, sich die kleine Chance auf die Playoffs am Leben zu halten. Notre Dame hat ein exzellentes Laufspiel über RB Josh Adams, das jedoch von den beiden besten Defenses im Schedule – Georgia und Miami – komplett abgewürgt wurde. Stanford hat auch eine gute Run-Defense, wenn auch nicht mehr so dominant wie aus den letzten Jahren gewohnt. Nicht unspannend ist Stanfords Offense, wo RB Bryce Love (1723yds, 8.8yds/Carry, 16 TD) noch eine Chance auf den Gewinn der Heisman-Trophy eingeräumt wird.

Für Stanford ist Notre Dame ein seit Jahren bekannter Rivale, insofern natürlich ein wichtiges Spiel. Aber Stanford schaut mindestens genauso gespannt beim parallel stattfindenden Apple-Cup in Seattle zu. Dort entscheidet sich, wer sich für das Pac-12 Finale qualifiziert: Es ist Washington State, wenn es auswärts bei den Washington Huskies gewinnt. Gewinnen die Huskies, qualifiziert sich hingegen Stanford.

Auch namhaft aus der Pac-12: Der Civil-War Oregon Ducks vs Oregon State Beavers. Das Spiel hatte schon größere Bedeutung als heute, ist aber für den kompletten Bundesstaat noch immer von Bedeutung. Oregon ist 6-5 und im Jahr 1 von Willie Taggert ein eher unkonstantes Team: Eine Woche Blowoutsieg, nächste Woche debakulöse Niederlage. Letzte Woche z.B. Kantersieg gegen Arizona. Vieles hing heuer an der Gesundheit von QB Justin Herbert: Spielte er, lief die Offense. War Herbert verletzt, wirkte Backup Burmeister auf verlorenem Posten (2 TD, 6 INT). Im Prinzip ist Oregon 2017 eines dieser Teams Marke „Können blitzt in lichten Momenten auf“, die dann im Folgejahr ordentlich Rabatz machen. Also: Watch out Oregon.

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4 Kommentare zu “Samstagsvorschauer – Rivalry Weekend 2017

  1. Wenn heute die Fäden von gestern weitergespannt werden, gibt es ein Blutbad in den Rankings. Und ich roote für Chaos. Wird ein toller Spieltag ohne Frage 😉

  2. Ich konnte mir das Iron Bowl leider nur als Condensed Tape ansehen (→ https://youtu.be/8pJ0A__kPkY ), aber das war schon sehr beeindruckend wie Auburn mit allen 3 Team-Teilen aufgetreten ist. Besonders was die Herren Stidham, Johnson und Davis in der Offense fabriziert haben war elektrisierend für mich. Besonders Davis hat es mir angetan in diesem Spiel (Schon wieder ein Davi(e)s der dem Iron Bowl seinen Stempel aufgedrückt hat 😉 ).

    Auf der anderen Seite waren die vielen Fehler von Alabama doch einigermaßen überraschend (Doppelt so viele Penalties wie Auburn). Und die von dir angesprochene laschere Laufverteidigung ist sicher ein Schlüsselfaktor. Ich hab mich kurz durchgeklickt… Diese Woche 168yds, letzte Woche gegen Mercer (!!) 101yds, davor gegen Mississippi State 178yds, LSU 150yds zugelassen… 2016 waren 114yds zugelassene rushing yards gegen TexasA&M das höchste der Gefühle, selbst für Clemson im gewonnenen Endspiel war nach 91yds Schluss.

    Für die Playoffs ist das alles schon sehr spannend. Ob das Komitee ein 2. SEC-Team nominieren wird hängt wohl jetzt va. von der Performance Oklahomas und Wisconsins im Endspiel ab, gewinnen beide ist Alabama wohl draußen, oder wie seht ihr das?

  3. Pingback: Deshaun Watson, Lamar Jackson und die große Angst vor Selbstüberschätzung | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!

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