Nächster Teil der Play-Calling Serie in der NFL – heute mit dem „Do or Die“ Down, dem 4th Down.
Die NFL spielte in den letzten beiden Jahren insgesamt 278 Mal ein 4th Down in der ersten Halbzeit aus (Trick-Plays wie Fake-Punt ausgeschlossen). Zum Vergleich:
- 1st & 10: 13.277 Snaps (SR%: 49%)
- 2nd Down: 11.176 Snaps (SR%: 45%)
- 3rd Down: 7.012 Snaps (SR%: 40%)
- 4th Down: 278 Snaps
4th Downs machen noch nicht mal 1% der Versuche in der NFL aus. Selbst nach Betrachtung der 60% erfolglosen 3rd Downs, nach denen ein 4th Down folgt, lassen Coaches in nur 7% der Fälle via Lauf oder Pass ausspielen. Der Rest endet in Kicks (ca. 25%), Punts (ca. 65%) oder anderweitig (z.B. auslaufende Uhr).
Wir sprechen bei ausgespielten 4th Downs also von einer kleinen Testmenge – es heißt aufpassen vor übertriebenen Schlussfolgerungen!
Doch: 60% dieser ausgespielten 4th-Down Versuche waren erfolgreich und führten zu einer neuen Angriffsserie. In 6 von 10 Fällen erzielt die NFL also ein neues 1st Down, wenn sie den Mut hat, den letzten Versuch auszuspielen anstelle auf Punt oder Fieldgoal zu gehen.
Auffällig an den ausgespielten 4th Downs: Nur 97 von ihnen kamen im ersten Viertel (72% Erfolgsquote), die anderen 181 im zweiten Viertel (53% Erfolgsquote). Die NFL beginnt also eher zögerlich, obwohl sie eigentlich den Elan nutzen könnte, denn die Erfolgschance im ersten Viertel steht hoch.
Wer sich übrigens fragt, warum ich meine gesamte Down-Studie immer auf die erste Halbzeit beschränkt habe: In der zweiten Halbzeit callt die NFL spielstandsbedingt bereits 698 4th Downs – Faktor 2,5 verglichen mit der Anzahl im ersten und zweiten Quarter.
Play-Calling und Success-Rates
Sehen wir uns den aus den letzten Einträgen bekannten Split an, sehen wir auch, dass wir im Prinzip zwei Situationen unterscheiden können: 4th & short (bis 2 Yards), und alles andere:
Datt tun wir dann auch gleich mal:
4th & 3+ Yards
Haken wir gleich die „langen“ 4th Downs ab: NFL-Coaches lassen ab 3 Yards Distanz im 4th Down fast nur noch werfen: 91% Pass-Quote. Dabei sind sie in lediglich 35% der Passversuche erfolgreich, wobei von den 4th-Downs über 8 Yards nur ein einziger Erfolg hatte. Man kann also argumentieren, dass die NFL die 4th Downs, die mehr als 2 Yards Distanz zurücklegen, tendenziell eher meiden sollte.
4th & short
Die wesentlich wichtigere Spielsituation ist 4th & short. Wir sehen: Die NFL erzielt in 140 von 203 Fällen ein neues 1st Down, wenn sie bei 4th & short ausspielt. Das ist eine 68%ige Erfolgsquote – oder: Fast 7 von 10 Versuche gelingen. Dabei lassen NFL-Coaches nur in 30% der Fälle werfen – die anderen 70% sind Laufspielzüge. Die Erfolgsquote gibt den NFL-Coaches recht: Laufspiel (70% Success-Rate) wie Passspiel (66% Success-Rate) sind fast annähernd gleich erfolgreich. Eine derart optimale Play-Calling Ratio haben wir bislang noch nicht gesehen – und sie führt zu großem Erfolg.
Extrem erfolgreich sind die QB-Sneaks: 32 Versuche, 29 Conversions für 91% Verwertungs-Rate.
Liegt das daran, dass vor allem die smarten Coaches überhaupt aggressiv 4th Downs ausspielen lassen, während die dummen sich gar nicht daran wagen?
Interessant ist in diesem Zuge dann doch die Aufteilung der kurzen 4th Downs in 1 und 2 Yards Distanz – denn wir sehen, dass Coaches im Prinzip schon ab 2 Yards Distanz ganz klar den Pass bevorzugen, während bei 1 Yards Distanz extrem viel gelaufen wird.
Auch können wir ablesen: 85% der 4th&short Situationen sind 1 Yard Entfernung. Schon ab 2 Yards sind Coaches trotz exzellenter Success-Rate eher skeptisch mit nur noch 30 Versuchen. Hier sollten Coaches aggressiver zu Werke gehen, denn die Verwertungs-Rate bei 4th & 2 ist nahezu identisch mit jener im 4th & 1 (die auch 4th & inches mit all seinen QB-Sneaks enthält). Aber Run/Pass Ratio ist in beiden Fällen nahezu ideal.
Sehen wir uns die Formationen der Coaches im 4th Down an:
- 35% 11 Personnel (3 WR): 54% Pass-Rate für 66% Erfolgsquote, 46% Run-Rate für 67% Erfolg
- 16% 12 Personnel (2 WR): 31% Pass-Rate für 70% Erfolgsquote, 69% Run-Rate für 52% Erfolg
- 16% 22 Personnel (1 WR): 97% Run-Rate für 87% Erfolgsquote
- 14% 13 Personnel (1 WR): 82% Run-Rate für 67% Erfolgsquote
Am erfolgreichsten ist „heavy personnel“ im 4th&short. Fullback und 2 Tight Ends und einfach über die Defense drüberlaufen bringt in 87% der Fälle ein 1st Down.
Play-Calling by Zone
Coaches callen fast 3/4 ihrer 4th Downs erst in der gegnerischen Platzhälfte:
Verlässliche Aussagen zu den jeweiligen Verwertungsraten pro Zone würde ich aufgrund der geringen Testmenge eher vermeiden.
Fazit
4th Downs mit 1 oder 2 Yards Distanz zahlen sich aus. Die NFL verwertet fast 70% dieser Situationen mit einer nahezu optimalen Play-Calling Ratio zwischen Lauf und Pass (70% Lauf, 30% Pass). Die NFL sollte viel mehr 4th&short Situationen ausspielen, vor allem noch aggressiver bei 4th & 2 vorgehen, denn obwohl die Success-Rate bei über 70% liegt, wurden nur insgesamt 30 solcher Situationen ausgespielt.
Ab 3 Yards gibt es nur noch insgesamt 75 Versuche – eine sehr geringe Testmenge. Doch die Erfolgsaussichten dabei sind eher mau: Nur rund ein Drittel Verwertungs-Rate.
Vielen Dank für die tolle Postserie. Für mich eine der interessantesten die bisher erschienen sind.
Was hast du als Datenquelle genutzt?
Werden noch weitere Post in dieser Serie erscheinen?
Datenquelle ist das Play-by-Play inklusive Playoffs von 2016 und 2017.
Nächste Woche kommt noch ein Round-Up zu den Downs.
Pingback: NFL Play-Calling in der Nussschale | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!
Komme erst jetzt dazu alle Playcalling-Artikel zu lesen, danke für die super Arbeit!