Shutdown: Revis Island wird geschlossen

Besser: Die Insel war bereits seit ein paar Jahren geschlossen, da CB Darrelle Revis seinen extrem hohen Standard an NFL-Manndeckung mit zunehmendem Alter nicht mehr halten konnte. Aber das ist egal: Revis wird in die NFL-Annalen eingehen als bislang bester Cornerback des 21. Jahrhunderts. Diese Woche verkündete der einzige Shutdown Cornerback unserer Generation seinen Rücktritt aus der NFL.

Als Cornerback ist Revis für den gemeinen NFL-Zuschauer ein Phantom: Die Live-Übertragungen zeigen nur selten das Defensive Backfield – und wenn, dann sieht man die Action in der Zone, in die der Ball geworfen wird. Bei Revis war das selten der Fall: Die Quarterbacks warfen meist in die andere Richtung.

So ist es schwierig, die Größe des Spielers Darrelle Revis adäquat zu begreifen, ohne sich intensiver mit dem All-22 Coaches Tape auseinandergesetzt zu haben. Ohne allzu tief ins Detail zu gehen: Wie gut Revis auf dem Zenit seines Schaffens wirklich war, kann man ungefähr anhand des folgenden Standbilds erahnen: Der tiefe Safety der Jets steht komplett auf der gegenüberliegenden Spielfeldseite. Er lässt Revis „auf der Insel“ allein mit dem gegnerischen Top-WR. Weil sie es sich leisten können. Die Insel bekam den Namen „Revis Island“.

Revis hat auf mehreren Ebenen eine extreme NFL-Karriere hingelegt: Er war viermal All-Pro und auf dem Höhepunkt seines Schaffens der dominanteste NFL-Verteidiger, er holte eine Superbowl und kassierte das maximal mögliche an Dollars ab: Revis war berühmt nicht nur für seine kompromisslose Manndeckung, sondern auch für seinen beinharten Verhandlungsstil. Revis war es egal, dass er riskierte als Raffzahn abgestempelt zu werden. Im Gegenteil: Er spiegelte ganz einfach die NFL-Verhandlungstaktik mit ihren Spielern und rang den Teams damit die spielerfreundlichsten Verträge ab. Bekam er nicht das, was er wollte, trat er in Streik oder wechselte die Farben.

So spielte Revis in seiner Karriere für die Jets (zweimal), Buccs, Patriots und am Ende kurz für die Chiefs. Seinen legendären Ruf begründete Revis ab 2009 in New York, als er den Katalysator für eine der dominantesten Pass-Defenses der letzten 20 Jahre gab. Revis, der schon als Rookie vor seinem allerersten Snap in Vertragsstreik getreten war, würgte sämtliche gegnerischen Top-Wideouts im Alleingang ab – ein Vorgang, der es der Defense erlaubt, de facto mit einem Mann mehr als geplant zu verteidigen. Resultat: Die Jets beendeten die Saison 2009/10 im NFC-Finale und mit 4.6 aufgegebenen NY/A gegen Passspiel – nur ganz wenige Defenses unterboten seit 1990 diesen Wert, und alle von ihnen waren personell kompletter besetzt als die Jets 2009.

Dass Revis 2009 nicht zum NFL-MVP, ja noch nichtmal zum besten Verteidigungsspieler der NFL-Saison, gewählt wurde, bleibt eines der Mysterien, die den Ruf der offiziellen NFL-Awards ins Lächerliche ziehen.

Revis war nicht bloß zwischen 2009 und 2011 dreimal in Serie All-Pro. Er mutierte mit der Inszenierung der „Revis Island“ zur lebenden NFL-Legende unter den Abwehrspielern. Just als er bei den Jets wegen anhaltender Vertragsstreitigkeiten in Ungnade zu fallen drohte, wurde er in einem Aufsehen erregenden Trade nach Tampa Bay abgegeben – wo er nur reich, nicht glücklich, wurde. Revis handelte mit den Buccs einen Sechsjahresvertrag über 96 Mio. Dollar aus – ohne guaranteed money. Ungewöhnlich für NFL-Verhältnisse. Aber so war Revis: Auf sich selbst wetten zu einem Grad, der an Arroganz grenzt.

Jahr 1 unter Greg Schiano verlief wechselhaft. 2014 wurde er noch vor Saisonstart wieder entlassen, weil der neue Trainerstab um Lovie Smith gedachte, eine Cover-2 Zonendeckung zu installieren, die an den Talenten von Revis vorbeidesignt war.

Folge: Revis wechselte für ein Jahr zu den Patriots, Erzfeind der Jets, um im Spiel der Spiele – Superbowl 2015 – seinen verdienten Ring abzustauben. Der emotionale Höhepunkt reichte natürlich nicht aus für eine längere Anstellung bei den Patriots. Die Jets boten in der Free Agency mehr – und so bekam Revis nicht bloß die Chance, noch einen letzten großen Vertrag abzustauben, sondern auch die Gelegenheit, Frieden mit der Jets-Fanbase zu schließen. 2015 wurde er ein letztes Mal in die Pro Bowl berufen, doch es reichte nicht mehr für die Playoffs.

Ihm war’s egal. Revis hatte alles erreicht, was er wollte. Die Insel ist ab sofort privat. Man kann nur hoffen, dass es sich Revis dort gemütlich macht.

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