Eine der interessantesten Mannschaften im College Football stellen die Texas Longhorns, die getrost als einer der größten Underachiever durchgehen. Wenn man sich den Ruf der Uni als Flaggschiff des texanischen Universitätssystems inmitten der texanischen Hauptstadt Austin anschaut und sich vor Augen führt, dass für die meisten texanischen Highschool-Talente die „UT“ als erste Anlaufstation für College Football gilt, sind die letzten acht Jahren nur als krasse Enttäuschung zu werten.
Seit sich Texas-QB Colt McCoy im BCS-Finale 2009/10 mit Verletzung verabschiedete und eine moralisch zerstörte Longhorns-Mannschaft von Alabama zerlegt wurde, haben die Longhorns in acht aufeinanderfolgenden Saisons nicht eine einzige 10-Win Season hingelegt.
Sie haben zwei Head Coaches verschlissen – den in Austin hochverehrten Mack Brown und den eher umstrittenen Charlie Strong – und eine gemessen den Ressourcen verheerende 53-48 Bilanz eingefahren. Sieht man sich die Recruiting-Rankings an, ist eine solche Bilanz eigentlich ein schlechter Witz:
- 2009: #6
- 2010: #2
- 2011: #4
- 2012: #2
- 2013: #17
- 2014: #17
- 2015: #10
- 2016: #7
- 2017: #25
Man sieht auch: Recruiting spielt zwar nicht mehr die extrem dominante Rolle, seit Mack Brown nach 2013 zum Rücktritt gedrängt wurde. Strong und auch Nachfolger Tom Herman konzentrier(t)en sich mehr darauf, passende Athleten zu finden und zu entwickeln, als sich einen schwierigen Typen nach dem anderen ins Team zu holen und hinterher wieder aufwändige Befriedungsaktionen zu starten. Doch trotzdem ist man selbst in den letzten fünf Jahren konstant unter den Top 15-25 der Recruiting-Rankings.
Doch Brown, Strong und Herman suchen seit Colt McCoy eines vergeblich: Einen „Franchise-Quarterback“. Wo da Texas der 2000er Jahre sich ganz massiv über zwei QB-Superstars definierte (Vince Young und eben McCoy), ist das Texas der 2010er ein Team Marke „Sehnsucht nach dem Zauber der Vergangenheit“.
Die aktuellen Anwärter sind Sam Ehlinger, der in Woche 1 gegen Maryland starten wird, und Shane Buechele. Beide gelten als eher dürftige Werfer und Ehlinger hat zudem permanente Verletzungsprobleme.
Es ist erstaunlich, dass ausgerechnet Texas, zuhause mittendrin im Land der Quarterbacks, seit so langer Zeit noch nichtmal durchschnittliche Quarterbacks zu rekrutieren imstande ist. So war auch 2017 ein eher zähes Jahr ohne viele Yards und mit niedriger Success-Rate in der Offense (in beiden Kategorien war man nahe der roten Laterne in der eigentlich offensivfreundlichen Big 12 Conference).
Herman, der als Offensivguru gilt, steht schon im zweiten Jahr in Austin unter Zugzwang, dem erwartungsfreudigen Publikum einen QB zu präsentieren, der die hohen Erwartungen erfüllen kann. Doch wenn Ehlinger nicht völlig verblüfft, steht dieser QB 2018 eher noch nicht im Kader.
Die Defense von DefCoord Todd Orlando war 2017 viel besser als befürchtet. Sie kontrollierte sogar die Monster-Offenses von Oklahoma und Oklahoma State und hielt sie unter 30 Punkten. Aber jetzt gehen wesentliche Leistungsträger in allen Mannschaftsteilen verloren: DT Ford, LB Malik Jefferson, FS DeShon Elliott – fast ein Drittel der Snaps muss ersetzt werden.
Damit droht ein Jahr nach der 7-6 Einstandsbilanz von Herman erneut eine Saison mit Bilanzen um die .500. Ein 8-4 Jahr würde man schon als Fortschritt empfinden, aber selbst das wird so einfach nicht. Doch jede Wette: Die riesige Anhängerschaft würde auch ein 5-7 in Kauf nehmen, wenn man gleichzeitig den Quarterback der Zukunft präsentieren könnte.
Ohne ihren besten Mann, Franchise-Punter Michael Dickson, geht für die Texas Longhorns nix. 🙂
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