NFL-Wochenschau nach Spieltag #3

Rückblick auf Woche 3.

Beginnen wir mit dem Sunday Night Game: Ein eindrucksvoller erster Saisonsieg für die Detroit Lions, die die New England Patriots 26-10 schlugen. Es war gleichzeitig der erste Sieg von Matt Patricia als Lions-Headcoach und ein Sieg von Patricia über seinen Lehrmeister Belichick.

Detroit zeigte viele lang ersehnte Elemente in dieser Partie, die man jahrelang vermisst hatte: Knackige Defense, die sich auf des Gegners Stärken einstellen kann, Ansätze von brauchbarem Laufspiel und intelligentes Verwalten einer Führung.

Der erste Punkt ist der überraschendste. New Englands Offense ist natürlich extrem Gronkowski-zentriert, aber den Mann musste erstmal stoppen. Patricia und DefCoord Pasqualoni stellten CB Shead auf Gronkowski ab und gaben ihm fast immer Safety-Hilfe in Form von Quin oder Diggs. Shead machte eine disziplinierte Partie, wenig Spektakuläres, aber immer wie Klette an Gronkowski. Brady komplettierte 4 Bälle für 51 Yards, aber das ist nichts, wenn das die Zahlen der besten gegnerischen Waffe sind.

Der zweite Punkt? Hast du schonmal die Statistik gehört, dass Detroit seit 5 Jahren keinen 100-Yards Rusher mehr hatte? Jetzt hamse wieder einen: Kerryon Johnson machte in 16 Carries 101 Yards. Von der Zahl hielt ich nie besonders viel. Doch Vorteil Detroit: Die Lions konnten in dieser Partie mit Führung spielen.

Und vor allem: Sie hatten verlässliches Laufspiel auch in kürzeren Down-Situationen in 2nd und 3rd Down. Gegen die häufig in Cover-2 spielenden Patriots waren Johnson und Legarrette Blount vor allem über die halblinke Seite erfolgreich. Und anstelle wie in Vergangenheit von der Stärke wegzugehen, blieben Patricia und OffCoord Cooter diesmal auf dem Gaspedal und nutzten ihre Stärke aus. Das war Patriots-like.

Variabilität kannste dir auf den Hut stecken, wenn etwas funktioniert. Bleibt so lange drauf, bis der Gegner reagiert, dann wirst du erst recht variabel. Dieser Pragmatismus hat Brady in acht Superbowls gebracht. Am Sonntag leise Anflüge davon in Detroit.

QB Matthew Stafford begann mit 12/13 Completions und war das ganze Spiel über mit seinen kurzen, schnellen Pässe gefährlich. Stafford ging nur selten tief – was gut sein mag, denn einer der tiefen Pässe führte zu einer INT, als Stafford TE Willson böse unterwarf und LB Bentley eine Gratis-INT abstaubte. New England übernahm und verkürzte sofort auf 10-13.

Doch anders als gewohnt kollabierte Detroit dann nicht unter dem Druck. Stafford übernahm wieder das Kommando, komplettierte einen haarigen 3rd&9 Pass auf einen gut gedeckten WR Golladay und vollendete mit einem bockstarken 33-yds TD für WR Marv Jones. Ein fantastischer Spielzug – dabei war Jones bei diesem Play-Action Fake noch nichtmal erste Option gewesen (sondern Golladay). FS Harmon biss den Fake an und Stafford bediente Jones, der dem Star-CB der Pats, Gilmore, auf und davon gelaufen war.

Der Konter zum 20-10. Lions wieder in Kommando und geben die Führung nicht mehr auf, weil man balancierte Offense im letzten Viertel spielen kann und New England keine Antworten hatte.

Einer der Stars des Spiels ist natürlich RB Johnson. Doch der heimliche Treiber der Offense wird immer mehr WR Golladay, der wieder einen TD scorte und mit über 60% Success-Rate einer der besten Offensivspieler des ersten Saisonviertels ist – ligaweit. Golladay ist in 1st, 2nd und 3rd Down erfolgreich. Er ist die gefährlichste Waffe im Spiel der Lions – um ihn herum werden Räume frei für die Nebenmänner Jones und Tate im Slot. Auffällig an der Lions-Offense auch: Sie kassiert kaum noch Sacks. 138 Dropbacks für Stafford, nur 3 Sacks (2.2% Sack-Quote, #1 der Liga).

Detroit ist damit 1-2 und schöpft Hoffnung: Mit Minnesota und Green Bay fingen sich am Sonntag zwei NFC-North Konkurrenten überraschende Niederlagen ein und Chicago ist, obwohl 2-1, noch auf der Suche nach NFL-tauglicher Offense.

Viel wichtiger als das Wort „Playoffs“ ist jedoch das erste Erfolgserlebnis für Head Coach Patricia, der in den letzten Monaten viel auf die Fresse bekam: Erst die Superbowl mit den Patriots, dann das Debakel gegen die Jets, dann die Pleite in San Francisco. In einer Zeit, in der öffentlich Zweifel nach nur zwei Wochen angemeldet werden, ist Patricias auf allen Ebenen dominant eingefahrener Heimsieg über New England Gold wert und stellt die Kritiker fürs erste still.

Ruhe ist ein Wort, das nach solchen Vorstellungen natürlich nicht nach New England passt, zumal man bereits letzte Woche von Jacksonville vorgeführt wurde. Angesagt ist mal wieder Katzenjammer, und zum x-ten Mal werden sämtliche Untergangsszenarien von wegen „Ende der Patriots-Dynastie“ gezeichnet. Doch wie las ich irgendwo?

Week 1 = Overreaction Week
Week 2 = Premature Victory Lap Week
Week 3 = Patriots Dynasty is over Week

Wie immer muss man also zur Vorsicht mahnen: Wir befinden uns noch in der frühen Saisonphase, die Belichick und Co. als „verlängerte Preseason“ betrachten.

New Englands Offense sah in Detroit ähnlich aus wie in den ersten beiden Wochen: Kein Verlass auf die Wide Receiver, also stellt der Gegner TE Gronkowski zu und zwingt Brady, allein über die Runningbacks zu operieren: 26 Pässe, 5 für Gronkowski und 9 zu den Backs. Nur 5 WR-Targets, dazu etliche Pässe ins Nichts. Brady war insbesondere schwach, wenn er mehr als 3 Sekunden Zeit bekommt: In diesem Jahr hat Brady dann ein QB-Rating von 39. Das ist exakt das Level eines Incomplete Passes. Doch abschreiben würde ich noch lange nichts: Edelman kehrt in zwei Wochen zurück und Josh Gordon war am Sonntag noch inaktiv.

Doch wenn die Patriots wie in Detroit mit gleich drei 3&outs in die Partie starten und nach drei Wochen 1-2 sind, ist in Boston immer Hyperventilation angesagt. Belichick wird sich nun in den Film-Room setzen und den nächsten Gegnern entsprechende Aufgaben stellen. Nächsten Sonntag kommt Miami, das 3-0 ist. Für Belichick genau das richtige Fisch zum Verspeisen.

Rund um die Liga

Saison-Aus für Garroppolo in San Francisco. Die NFL sorgt momentan mit hyper-vorsichtigen Regeln dafür, dass einst saubere Tackles wie jene von Clay Matthews zu Strafen werden – was man schlecht finden kann, dessen Intention man angesichts der Millionen-Investments der Franchises in ihre wichtigsten Spieler (die Quarterbacks) aber zumindest nachvollziehen kann.

Nun müssen die Quarterbacks aber auch selbst schauen, dass sie sich nicht verletzen. Garroppolo oder am Sonntag auch Buffalos Josh Allen mit seinem Hürdensprung über einen Linebacker begeben sich in Gefahr, wenn sie mit vollem Körpereinsatz den NFL-Verteidigern in die Arme springen. Garroppolo verletzte sich beim Versuch, 1 zusätzliches Yard zu ergattern.

Man sieht es immer wieder: Immobiler Quarterback rennt downfield und tritt 2 Meter vor dem Verteidiger ins Aus, manchmal 1 Meter vor der gelben Linie. Man denkt sich „da hat er nun ein Yard verschenkt“. Doch in Wahrheit ist ein zusätzliches 1st Down nichts gegen das Risiko, sich bei dem einen Hit unnötig zu verletzen.

Die 49ers laden als möglichen Ersatzmann den ewigen Colin Kaepernick Tom Savage (315 Karriere-Pässe, 5.2 NY/A, 5 TD, 7 INT) zum Training nach Santa Clara ein. Savage verlor zuletzt das QB-Battle in New Orleans… um den 3rd Stringer Platz. Der 3rd-Stringer in New Orleans (Taysom Hill) verdingt sich dort nun als Kickreturner…

…und muss liefern. Denn die Saints sind unterwegs, eine historisch schlechte Pass-Defense aufzufahren: 3 Spiele, 10.2 NY/A gegen den Pass aufgegeben – und das, obwohl man 1/3 der Spiele gegen die zahnlosen Browns spielen durfte. 10 TD kassiert, nur 1 INT gefangen, QB-Rating von 142 zugelassen. Ich hatte davor gewarnt: Saints-Defense 2017 war ein Trugschluss. Gegen Cutler, Hundley, Tyrod Taylor und Trubisky sieht jeder gut aus.

Dafür brilliert die Saints-Offense: Schon 38 Catches für Saints-WR Michael Thomas in drei Spielen – und das in 40 Anspielen! Das macht fast 13 Catches pro Spiel für Thomas. Das NFL-Rekord für die Saison liegt bei 143, aufgestellt irgendwann vor ca. 15 Jahren von Marvin Harrison im Tandem mit Peyton Manning. 143 sind knapp 9 pro Spiel.


Bizarro-Cardinals: Viel krasser kann ein NFL-Einstand nicht sein als jener von QB Josh Rosen, der von den Cardinals zum allerletzten Drive gegen Chicago eingewechselt wurde. Kein Druck. Nur 16-14 Rückstand und die Erwartung, den Winning-Drive das Feld runter zu orchestrieren.

Rosen scheiterte – wird aber nun trotzdem die Stammrolle bekommen. Was die Bradford-„Ära“ in Arizona schnell vergessen macht. Bradford könnte nun auch vertragsbedingt Trade-Ware werden.

Rosens Konkurrent am Sonntag, Chicagos QB Trubisky, lieferte eine abscheuliche Partie. Chicagos Defense ist grandios und kann die Bears lange im Playoff-Rennen halten, aber die Offense ist mausetot. Das liegt zu weiten Teilen an Trubisky, der sich im zweiten Jahr und mit allen den Ressourcen, die man in die Offense gebuttert hat, nicht entwickelt.

Trubiskys brutale Schwäche ist das Angesicht von Passrush: Er wird dann panisch, rennt wie ein aufgescheuchtes Huhn über das Feld und kassiert 15-Yards Sacks anstelle cool die Hot-Route zu bedienen. Das mag an mangelnder Erfahrung liegen (er hat auch im College nur ein Jahr gespielt). Aber man kann es auch schon als Trend sehen: Kollaps unter Passrush war eine der größten Schwächen in Trubiskys College-Tape. Auf alle Fälle: Da hatte man mehr erwartet.


Die Colts bleiben Spezialisten im Verdaddeln von Führungen: Bei den Eagles im Schlussviertel 16-13 geführt und am Ende doch noch mit 20-16 das Nachsehen gehabt. In Philadelphia kann man natürlich verlieren, aber es ist bitter, wenn man wie die Colts in den letzten 16 Spielen insgesamt 11x im Schlussviertel geführt hat und nur viermal die Schäfchen ins Trockene gebracht hat.

Ich weiß nicht, ob es direkt mit den Verwaltungsproblemen bei den Colts zusammenhängt, aber auf alle Fälle ist das eine auffällig: QB Andrew Luck wirft fast keine längeren Pässe mehr. Nach drei Wochen ist Lucks durchschnittlicher Pass exakt 4.9 Yards lang, #31 der NFL. Seine Y/A sind bodenlose 5.4 Yards/Attempt (nicht sack-bereinigt, nur die Würfe). In den letzten 5 Jahren hatten 231 Quarterbacks mindestens 100 Passversuche. Andrew Luck ist einer von 6, die bei so vielen Versuchen unter 5.5 Yards/Pass an den Mann bringen.

Man kann das ganze auch an WR T.Y. Hilton ablesen – Hiltons durchschnittliches Anspiel kam in der letzten Jahren…

2014 – 14.5 Yards downfield
2015 – 13.6 Yards downfield
2016 – 13.3 Yards downfield
2017 – 13.1 Yards downfield
2018 – 8.2 Yards downfield

Man kann nur hoffen, dass Lucks Arm nicht „tot“ ist. Doch davon zu reden, dass Luck wieder der Alte sei, geht an den Erkenntnissen vorbei.


Season-Out für Falcons-Safety Ricardo Allen. FS Keanu Neal ist bereits auf IR und der Backup Kazee ist unter Beobachtung. Das macht Atlanta zu einem logischen Trade-Kandidaten für den Seahawks-Safety Earl Thomas – zumal Headcoach Dan Quinn mit Thomas gemeinsame Geschichte teilt: Quinn war der Seahawks-DefCoord in der Blütezeit der Seahawks um 2014 herum.

Eine andere Option ist Colin Kaepernick Eric Reid: In San Francisco gefeuert, weil er sich während der Arbeitszeit niederkniete. Nun arbeitslos, aber Atlanta sucht händeringend Safety-Hilfe.

6 Kommentare zu “NFL-Wochenschau nach Spieltag #3

  1. tja inmobile QB das würde einem cam newton nicht passieren wie geschmeidig er in die Endzone läuft ist einfach ein Genuss.

  2. Mich hat dieses Wochenende im negativen Sinne Cowboys-Seahawks bewegt: Desaströses Playcalling von beiden Seiten.
    Schottenheimer ist klar, aber bin gespannt, wie lange Linehan/Garrett noch weiter wurschteln dürfen. Prescott sieht natürlich auch nicht gut aus, aber wie auch? Eindimensionales Playcalling, die O-line ist ohne Frederick weit weg von Dominanz und dann gingen in der Offseason sämtliche Waffen verloren. Ein Graus, diese Cowboys spielen zu sehen.

  3. Noch schlimmer für Atlanta: LB Deion Jones ist auch schon auf IR. Da fehlen schon 3 Defense-Starter nach Woche 3 – mal sehen wie Dan Quinn das kaschieren kann.

    Bei den Patriots bin ich gespannt, ob man die Offense in den nächsten zwei-drei Wochen zum Laufen bekommt. Allerdings ist das nicht das einzige Problem. Die Secondary spielt komplett unter ihren Möglichkeiten, bei gefühlt jedem zweiten Play ist ein Receiver weit offen. Die Rückkehr von LB Dont’a Hightower von der letztjährigen Verletzung hatte auch noch nicht den erhofften Impact. Hightower wirkt teilweise noch eingerostet und spielt – gefühlt – nicht full speed. Das ist insbesondere deshalb alarmierend, weil er letztes Jahr keine Fuß-/Beinverletzung hatte sondern einen gerissenen Brustmuskel.
    Hier der Artikel / FIlm review von patspulpit:
    https://www.patspulpit.com/2018/9/19/17877266/new-england-patriots-donta-hightower-sized-problem-defense

  4. Zum roughing the passet:

    William Hayes hat sich wohl beim Versuch nicht auf dem qb zu landen verletzt-acl
    Was ein blödsinn mit der neuen regel(Auslegung)

    Mag ja sein, dass der ein oder andere Defense Spieler sich bewusst auf quatetbacks fallen lässt- ich als Laie sehr dabei das verletzungsrisiko als unwesentlich erhöht an…
    Auf der anderen Seite sind in der Liga immer noch Idioten unterwegs, die mit dem Helm Cheap shots verteilen und ungenügend gestraft werden.

  5. Damn… Josh Allen sah verdammt gut aus. Nicht wegen dem Hurdle (den sollte er nie wieder machen) oder dem Dive in die Endzone, aber wegen seiner Pässe, quick release, Übersicht und irgendwo natürlich auch wegen seiner aggressiven Einstellung. Das ist wirklich schön anzuschauen. Dazu die knusprige Defense… Ich bin kein Bills-fan, aber bei ihren Spielen werde ich künftig häufiger mal reinschalten.

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