Sonntagsvorschauer – Woche 4

Das Auftaktspiel zum Donnerstagsspiel brachte keinen Abbruch der Offensiv-Explosion in der National Football League 2018.

Die finale Stat-Line der Quarterbacks von Rams und Vikings ist ebenso beeindruckend wie auch ein Hinweis darauf, dass man hie und da etwas genauer auf die Zahlen schauen sollte um die wahren Unterschiede zu erkennen:

QB Jared Goff 26/33 für 465 yds, 5 TD
QB Kirk Cousins 36/50 für 422 yds, 3 TD

Beide QB-Leistungen sehen beeindruckend aus: Zweimal über 400 Yards Offense, beide zusammen 8 TD. Doch erst bei einem genaueren Blick auf diese Zahlen fällt der ganz krasse Unterschied zwischen diesen beiden Quarterbacks auf: Goff kassierte nur einen Sack und hatte nur 33 Passversuche, während Cousins gleich viermal für 30 Yards Raumverlust gesackt wurde und satte 50 Mal warf. Das führt uns zu der Zahl, die ich schon seit Jahren als die wesentlichste Kennzahl im American Football anpreise: Net Yards per Attempt (NY/A), Netto-Raumgewinn pro Passversuch (inklusive Sacks).

Gemäß dieser Kennzahl erreichte Goff in 34 Drop-Backs 456 Yards Raumgewinn. Cousins hatte in 54 Versuchen deren 392. Was ebenso nicht schlecht ist, aber:

Goff = 13.4 NY/A
Cousins = 7.3 NY/A

Beim Blick hinter die erste Fassade war Goff fast doppelt so produktiv wie sein Gegenüber – und die Kirk’schen 7.3 NY/A sind schon nicht von schlechten Eltern (kaum eine Handvoll Offenses toppt diese Produktivität über eine ganze Saison)! Was also auf der Oberfläche wie „ok – Goff war etwas besser“ aussieht, entpuppt sich mit nur wenig Abstand als gigantischer Vorteil pro Goff.

Die Rams-Offense ist eine Bestie. Minnesotas Verteidigung mag mit Verletzungsproblemen zu kämpfen haben, doch sie war die #2-Defense der letzten Saison, performt seit Jahren in den Top-5 und wurde am Donnerstag an die Wand gespielt.

1st-Down Offense der Rams in der ersten Halbzeit: 8 Pässe, 5 Läufe. 11 von 13 Versuchen mit Success, davon alle 5 Läufe. 16.8 yds/Pass und 2 TD vs. 6.2 yds/Carry für Goff und Gurley. Viel besser geht nicht – Resultat: 5 Drives, 4 Touchdown, 4 Drives über 70 Yards.

Vor allem Goff macht einen exzellenten Eindruck. Goff mag als „System-QB“ gelten, weil man in der breiten öffentlichen Meinung vor allem Headcoach Sean McVay den Kredit gibt – aber das waren nicht nur offene Receiver durch Scheming, sondern auch fulminante Pässe in enge Deckungen.

Oakland in Woche 1 mag eine der schwächeren Defenses der NFL gewesen sein, doch danach prügelte Los Angeles mit Cardinals, Chargers und nun Vikings drei nominelle Top-Defenses aus dem Stadion, scorte in jeder Partie der Saison zwischen 33 und 38 Punkte.

Goffs Rookiesaison war eine Katatrophe. Er wurde hinter einer katastrophalen Offense Line, in einer Offense mit nur einem Playmaker und von steinzeitlichem Play-Calling kastriert – und wäre fast zum Bust abgestempelt worden. Zwei Jahre später ist er ganz oben. Los Angeles hat:

  • Den besten Play-Designer und Play-Caller in der NFL.
  • Eine massiv aufgerüstete Offense Line.
  • Etliche Star-Individualisten: Gurley, Woods, Cooks, Kupp.

Goff scheint damit in seinem dritten Jahr in der höchsten Kategorie der NFL-Quarterbacks angekommen – und auch wenn die Rams in den nächsten Wochen Regression zur Mitte erleben werden (v.a. wenn erste Starter durch Verletzungen ausfallen sollten): Er ist einer der jungen Hoffnungsträger in der NFL.

Seit fünf Jahren kommt in der Draft-Zeit stets die gleiche Leier: Es gibt keine gescheiten Quarterbacks mehr, weil das College nur noch schlampige Spread-System QBs herausbringt. Das goldene Zeitalter mit Peyton Manning, Brady, Brees, Rodgers, Rivers oder Roethlisberger neigt sich dem Ende zu – genieß die nächsten Jahre, denn dann kommt nicht mehr viel…

Absurde Panikmache.

Goff, Wentz, Mahomes und Watson – alles Quarterbacks im maximal dritten Jahr mit teilweise atemberaubenden Vorstellungen. Und im Hintergrund warten mit Mayfield, Darnold oder (hüstel) Josh Allen Rookie-QBs, die in ihre bisherigen Einsätzen zumindest nicht überrollt ausgesehen haben.


Eine zweite irreführende Statistik aus dem Rams-Vikings Spiel: 3rd Down Offense.

3rd Down mag als „Money-Down” durchgehen. Aber in Wirklichkeit ist die beste 3rd-Down Offense die Offense, die 3rd Downs vermeidet. Und darin sind die Rams großartig, weil sie das wichtigste Down der NFL, das 1st Down, dominieren.

Frühschicht um 19h

  • Atlanta Falcons – Cincinnati Bengals
  • Chicago Bears – Tampa Bay Buccaneers
  • Dallas Cowboys – Detroit Lions
  • Green Bay Packers – Buffalo Bills
  • Tennessee Titans – Philadelphia Eagles
  • Indianapolis Colts – Houston Texans
  • New England Patriots – Miami Dolphins
  • Jacksonville Jaguars – New York Jets

Nominell die interessanteste Partie ist Chicago Bears (2-1) – Tampa Bay Buccaneers (2-1), weil wir Stärke-vs-Stärke und Schwäche-vs-Schwäche sehen: Die fulminante Bears-Defense gegen „Fitzmagic“ auf der einen Seite – auf der anderen Seite der Versuch von Chicagos QB Trubisky, nun wenigstens das offene Scheunentor der Buccs-Defense zu treffen.

Chicagos Defense ist eine der großen Geschichten des Septembers: 68% Erfolgsquote und 5.9 NY/A gegen den Pass sind Top-5 Werte, gepaart mit 8 erzwungenen Turnovers. Doch die gegnerischen Offenses waren eher mau: Green Bay mit QB auf einem Bein, dann Seattle mit katastrophalem Play-Calling und schließlich der Rentner-QB der Cardinals, Sam Bradford. Jetzt wartet die ultimative Challenge: QB Ryan Fitzpatrick, der seinen x-ten Frühling erlebt und zweieinhalb Spiele hinter sich hat.

Fitzpatrick, eigentlich nur Backup-QB in Tampa, leistete sich letzte Woche 3 INT in der ersten Halbzeit gegen Pittsburgh und sah sich schon wieder den alten Zweifeln ausgesetzt – doch er führte Tampa mit einem fulminanten Comeback fast noch zum Sieg nach 20-Punkte Rückstand. Er wird heute starten, obwohl der etatmäßige Franchise-QB Jameis Winston nach Sperre wieder einsatzbereit wäre. Tampa hat am nächsten Wochenende spielfrei, weswegen fast alle glauben, dass Fitzpatrick ein weiteres Super-Spiel braucht um seinen Job nach der Bye-Week zu behalten.

Ein Top-Spiel gegen Khalil Mack und seine wuchtige Defense? Besseren Verkaufsschlager kannst du nicht liefern. Doch auch die Bears könnten Ansprüche anmelden, wenn sie mit Fitzpatrick einen der beiden Top-QBs der bisherigen Saison kaltstellen.

Viel trister sieht es auf der anderen Seite des Matchups aus. QB Mitchell Trubisky ist zwar auch einer der jungen Quarterbacks (er war der #2 Overall Pick 2017) – aber der Offense-Aufschwung geht an ihm und damit der Bears-Offense vorbei. Er hat drei banale Auftritte hinter sich, in denen er wenige Zeichen zeigte, zum Franchise-QB zu taugen. Nach den geskripteten Drives im ersten Viertel kam von Trubisky bislang nicht mehr viel:

Und letzte Woche listete der Ringer Indizien für schwindendes Vertrauen des Bears-Trainerstabs in seinen jungen Quarterback auf. Das führt dazu, dass Trubisky heute schon unter Beobachtung steht: Liefert er gegen die bis dato so desaströse Buccs-Defense erneut nichts, wird es einen Aufschrei geben – denn Geduld ist in der heutigen NFL keine hoch gehandelte Eigenschaft mehr.

Aus persönlichem Interesse wäre dann da natürlich auch Dallas vs. Detroit zu listen. Bei den Cowboys hagelt es Kritik für das ideenlose Play-Calling mit Dutzenden 1st&10 Läufen in eine Mauer – HC Garrett und OC Linehan sind bereits angezählt und können sich nur in zwei Fällen retten:

  1. Entweder sie korrigieren ihren Kurs – äußerst unwahrscheinlich angesichts der bisherigen Nachweise und Aussagen.
  2. Oder Jerry Jones hält seinem Man-Crush Garrett weiter nibelungentreu die Stange – zu Garretts Glück schon viel wahrscheinlicher.

Die Lions haben hier trotz Auswärtsspiel eine hervorragende Chance, an ihren Sunday-Night Schwung anzuknüpfen, in Dallas schnell Punkte vorzulegen und dann den Vorsprung bis Spielende zu verwalten.


Colts vs. Texans ist das Aufeinandertreffen zweier QB-Sorgenkinder: Andrew Luck hat keine Anzeichen von tieferem Passspiel mehr in seinem Repertoire – und letzte Woche wechselten die Colts zu Hail-Mary gar den Backup Brissett ein. Vertrauen in Lucks Arm sieht anders aus.

Gegenüber Deshaun Watson riskiert hinter einer kaputten Offense Line, bleibende mentale Schäden mitzunehmen. Was ich auch unter der Woche aufgeschnappt habe: Die Texans-Offense hat die geringste Play-Action Quote der NFL – unfassbar.


Schließlich Dolphins vs. Patriots: 3-0 Miami gegen 1-2 Patriots. Wer bereit ist, New England abzuschreiben, hebe die Hand. Ich lasse sie unten – doch New England steht unter Druck: So früh in der Saison willst du noch nicht drei Spiele plus Tie-Breaker hinter einen Divisionskonkurrenten fallen.

Spätschicht ab 22h

  • Oakland Raiders – Cleveland Browns (22h05)
  • Arizona Cardinals – Seattle Seahawks (22h25)
  • New York Giants – New Orleans Saints (22h25)
  • Los Angeles Chargers – San Francisco 49ers (22h25)
  • Pittsburgh Steelers – Baltimore Ravens (SNF, 02h20)

Die Spätspiele sind gemessen an den bisher gezeigten Leistungen allesamt keine Spitzenspiele, aber bis auf den zu erwartenden Kantersieg der Chargers über eine von Backup-QBs angeführte 49ers-Offense sind es vier durchaus nicht zu vernachlässigende Matchups.

Bei den Browns ist nun Baker-Time angesagt: Mayfield macht seinen ersten NFL-Start, nachdem er vor zehn Tagen mitten im Spiel eingewechselt wurde und einen Comeback-Sieg über die Jets orchestrierte – und es könnte kaum einen besseren Gegner zum ersten Start geben als Oaklands zahnlose Defense:

Mayfield ist natürlich spannend, aber langweilig ist es auch auf der anderen Seite des Matchups nicht: Oaklands Pass-Protection war drei Spiele lang desaströs – und QB Derek Carr kollabierte mit Passrush im Gesichtsfeld: 5 INTs, 4 davon unter Druck geworfen. Die Raiders versuchten Carr, mit extrem viele schnellen Pässen zu helfen, was zu fast 77% Completion-Rate führte.

Cleveland offenbarte heuer viele altbekannte Probleme, aber die Defense war keine von ihnen. DefCoord Gregg Williams gab seine berüchtigte Angel-Defense teilweise auf und orchestrierte spannende Blitz-Packages. In Kombination mit dem Individualtalent DE Myles Garrett sollte das für Carr ein unruhiger Nachmittag werden.


Cardinals vs. Seahawks mag als Lehrstück offensiver Inkompetenz durchgehen, aber beide Mannschaften haben Ansätze von knackiger Defense gezeigt – dummerweise vor allem gegen die bislang offensiv so mauen Bears.

Giants gegen Saints klingt wie eine hervorragende Chance für Eli und Saquon Barkley, endlich in Schwung zu kommen – doch wie eine ebenso gute Gelegenheit für Brees, Punkte vorzulegen.


Und schließlich das Sunday Night Game zwischen den alten Erzfeinden Pittsburgh und Baltimore. Die Steelers haben bislang keine Defense und sind offensiv im besten Fall Sekundengenie. Baltimore gewinnt wie Baltimore immer gewinnt: Mit viel Defense und Special Teams. Offensiv Joe Flacco bloß nicht zu viel Verantwortung in die Hände drücken.

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5 Kommentare zu “Sonntagsvorschauer – Woche 4

  1. Eagles-Titans ist, wie ich finde, auch ein gutes Matchup. Beide mit 2-1 gestartet und beide mit (zumindest auf dem Papier) einer guten Defense und interessanter und nach-oben-noch-Luft-Offense.

  2. Nach 3 Wochen Redzone schaue ich heute mal Dolphins@Patriots. Ich bin gespannt, wie die Patriots mit dem durchaus schon vorhandenen Druck klar kommen.

  3. Ravens zu Gast bei den Steelers
    Ravens QB Flacco hat den Schlafmodus der Steelers Defense zu Anfang brutal mit seinem tiefen Würfen gekonnt ausgenutzt.
    Doch statt 21 : 3 stand es auf einmal 14 : 6, weil an der Goalline die Ravens mit einem Fumble den Steelers den Conter Drive ermöglichten mit FG Abschluss. Mit diesem Drive aus der eigenen Endzone kam der Steeler Train ins laufen.
    Die Raven hatten die Chance mit einer Vorentscheidung ihren Stempel aufzudrücken vergeigt, Stattdessen steht es zur Pause 14 beide.
    Mein Bauchgefühl sagt, Pittsburgh wird bis zum Ende das Game für sich entscheiden.

  4. Spätestens bei Min. 3:15 vor Ende wurde meiner einer wieder mal auf die nackte „Tatsache“ zurück gestutzt, die da lautet:
    „Verlasse dich nicht vorzeitig auf dein Bauchgefühl im American Football“.

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