Trainerkarussell 2019 – Die erste Runde

Unsere Head Coaches – ein beliebtes Ziel. Acht Headcoaches wurden in der abgelaufenen Saison gefeuert – sechs Posten sind schon besetzt (Stand gestern Abend). Beginnen wir jedoch mit einer Check-List für die Trainersuche.


Sheil Kapadia hat auf Twitter seine Faustregeln für die Trainersuche gepostet – ich kann mich damit identifizieren:

  1. Stelle einen Offensiv-Coach als Head Coach ein. Eine Headcoach mit Defense-Hintergrund braucht in heutigen Zeiten einen starken OffCoord. Und hast du den erstmal, wird er dir sofort abgeworben.
  2. Stelle eine starke Führungsfigur ein, an die die Leute in Krisenzeiten glauben.
  3. Totschlagargumente für Coaches im Vorstellungsgespräch: „managable third downs“ und „flip the field“.
  4. Stelle jemanden ein, der offen für Veränderungen ist. Lass ihn dafür Beispiele bringen. Die NFL verändert sich konstant – und dagegen resistent ist, wird eingehen.
  5. Führe so viele Vorstellungsgespräche wie möglich durch. Im schlimmsten Fall kannst du ihre Ideen klauen – im besten Fall findest du einen Rohdiamanten, den keiner kannte.

Die meisten offenen Trainerposten sind nach 10 Tagen vergeben.


Arizona Cardinals

Der Neue ist Kliff Kingsbury, ein in Footballkreisen trotz seiner erste 39 Lenzen bekannter Name. Kingsbury war Anfang der 2000er ein rekordträchtiger Air-Raid QB unter Mike Leach. In der NFL hatte er damals mit seinem Stil noch keinen Erfolg, aber Kingsbury stieg vertikal durch die Trainer-Leiter hoch und war in den letzten Jahren Headcoach von Texas Tech am College. Dort wurde er in der abgelaufenen Saison wegen Erfolglosigkeit gefeuert.

Vom entlassenen Texas-Tech Coach zum NFL-Headcoach? Null problemo in der NFL 2018, die erpicht ist wie selten, die Siegerfenster ihrer jungen Franchise-QBs zu nutzen. Arizona hat auf dieser Position natürlich QB Josh Rosen zu bieten, 1st Rounder im Draft 2018. Rosen spielte eine desaströse Rookiesaison, doch sie allein Rosen anzukreiden, würde zu kurz greifen. Tatsächlich war die Cardinals-Offense von 2018 eine seltene Kombination aus graupenschlechtem Playcalling, unterirdischer Offensive Line, kaputten Ballfängern und eben blutjungem QB. Kommt nun Kingsbury, der heißeste Offensiv-Mind auf dem College-Markt, um Rosen zu retten?

Die Fragen sind natürlich auch schon klar: Kann er sein Scheme auf die NFL übertragen? Ist er der wesentlich größeren Aufgabe gewachsen? Was ist mit der Defense, von der Kingsbury keine Ahnung hat.

Nach Auftauchen eines Interviews aus dem Oktober tat sich vorgestern noch eine weitere interessante Baustelle auf: Kingsbury hatte mehr oder minder klar geäußert, wie geil er QB Kyler Murray fände und wie straight er ihn mit dem 1st Pick draften würde. Just jener Murray erklärte vor Tagen seine Intention, nun wohl doch in die NFL zu gehen und Arizona hat wiederZufalleswill den 1st Draftpick. Ein Zufall? Wirklich? Würde Kingsbury Murray draften und Rosen zu den Giants traden?

Wenn Kyler tatsächlich in den NFL-Draft geht, lege ich Ende der Woche schonmal meinen kleinen Finger ins Feuer, dass Arizona im Sommer einen neuen QB haben wird.

Doch die noch wichtigere Frage: Wer wird Kinsburys DefCoord: Vance Joseph ist im Gespräch, weil man eine Veterans-Präsenz auf der Position haben möchte, aber Joseph soll auch von den Browns umworben sein.

Punkteskala:

  1. Frage: 10 Punkte
  2. Frage: offen
  3. Frage: 8 Punkte
  4. Frage: 9 Punkte
  5. Frage: 5 Punkte

Cleveland Browns

Die Browns beförderten den Interims-OffCoord Freddie Kitchens zum permanenten Headcoach. Ein riskanter Move, der angesichts der kolpotierten Namen im Mixer durchaus als „Billiglösung“ für die Browns interpretiert werden kann.

Das Positive an Kitchens: Er hat seit seiner Übernahme zu Saisonmitte die Browns-Offense von einer der schlechtesten in der NFL zu einer Top-10 Unit hochgezogen und mit den Browns in wenigen Wochen mehr Spiele gewonnen als der unselige Vorgänger Hue Jackson.

Kitchens soll sich exzellent mit dem jungen Franchise-QB Baker Mayfield verstehen. Seine Offense zeichnete sich durch viele modernere Elemente wie Motions und Sweeps sowie durch eine vielfältigere Aufstellungspolitik aus: Wo Vorgänger Jackson meistens aus 11 oder 12 Personnel operieren ließ, war Kitchens auch in 13, 40 und 21 Personnel unterwegs.

Der Nachteil: Es waren nur 8 Spiele. Eine halbe Saison. Wenig Zeit um einen Coach effektiv zu bewerten, der zuvor kaum Coordinator-Erfahrung hatte und die beträchtliche Zeit unter Bruce Arians als QB-Coach eines 35-jährigen Carson Palmer verbrachte – wo jeder weiß, dass, wo Arians auftritt, sich Arians um die Belange mit den QBs kümmert.

Als DefCoord ließ man Gregg Williams (Interims-HC) ziehen. Der Neue ist noch nicht ganz klar – aber Vance Joseph soll ein Kandidat sein.

Punkteskala:

  1. Frage: 10 Punkte
  2. Frage: 8 Punkte
  3. Frage: 9 Punkte
  4. Frage: 9 Punkte
  5. Frage: 2 Punkte

Denver Broncos

John Elway stellte im 60-jährigen Vic Fangio (bislang DefCoord der Bears, erster NFL-Headcoach Job) schon wieder einen Defensiv-orientierten Coach ein, nachdem das Vance-Joseph Projekt kolossal schiefgelaufen war.

Der Grund? Einfach: Fangio akzeptierte den Elway-Spezl Gary Kubiak als OffCoord. Kubiak war der Headcoach, als die Broncos 2015 den Superbowl gewannen, allerdings allein auf Basis ihrer Mega-Defense. Kubiaks Offense gilt seit einigen Jahren als aus der Zeit gefallen.

Die offizielle Sprachregelung in Denver ist eine andere: Fangio ist ein Coach, der für Back to the Basics steht: Toughness, Fokus auf Fundamentals, Disziplin, Verantwortungsbewusstsein. Bei allem Wandel, den der Football momentan durchmacht, seien das noch immer die wichtigsten Elemente.

[Update 11.01.] Kubiak kommt nun doch nicht.[/Update]

Punkteskala:

  1. Frage: 0 Punkte
  2. Frage: 8 Punkte
  3. Frage: offen (Kubiak ist allerdings eher konservativ)
  4. Frage: 5 Punkte
  5. Frage: 5 Punkte

Green Bay Packers

Der Neue: Matt LaFleur, ein Mann, den man im selben Atemzug wie einen Kingsbury nennen könnte. LaFleur ist ein junger Coach, der NFL-weit damit punktet, unter den momentan gefragtesten Offensivgeistern gearbeitet zu haben: Kyle Shanahan (in Atlanta 2016 als QB-Coach) und Sean McVay (2017 als OffCoord bei den Rams).

LaFleur war letztes Jahr Offensive Coordinator in Tennessee – ein Job, bei dem er sich als idiotischer Play-Caller im 1st Down erwies, aber auf der anderen Seite mit die höchste Play-Action Quote im Passspiel hatte. LaFleurs Aufgabe in Tennessee muss mit heutigem Wissen trotzdem als Erfolg gewertet werden – hat er nun doch seinen angestrebten Sprung zum Chefcoach geschafft.

LeFleurs Mission in Green Bay ist klar: Biege Aaron Rodgers auf dessen alte Tage. Rodgers litt in den letzten Jahren zunehmend unter Kommunikationsschwierigkeiten mit dem ex-HC Mike McCarthy und schien einen Luftwechsel dringend zu brauchen. LaFleurs Play-Design gilt als modern und darauf ausgerichtet, Receiver per Routenkombination frei zu bekommen. Das entlädt Druck von der Schultern der jungen Receiver.

Doch die LaFleur-Offense verlangt auch einen strukturierten Quarterback, der sich an das Spielzug-Design hält und keine Freelancer-Aktionen startet. In diesem kleinen Sätzchen könnte mit einem QB Rodgers mehr Sprengstoff liegen als man im ersten Moment denkt.

LaFleur behält DefCoord Mike Pettine, der in den Vorstellungsgesprächen mit von der Partie gewesen sein soll.

Punkteskala:

  1. Frage: 10 Punkte
  2. Frage: offen
  3. Frage: 2 Punkte
  4. Frage: 9 Punkte
  5. Frage: 8 Punkte

New York Jets

Uninspirierte Anstellung: Adam Gase, gerade erst in Miami gefeuert, jetzt zum Dolphins-Erzfeind Jets gewechselt. Gase galt vor Jahren mal als heißer Offense-Mind, weil er aus Tebow einen passablen NFL-QB gemacht hatte und später Peyton Manning im Peyton-Manning System, dem Gase qua Titel (QB-Coach) vorstand, Passrekorde en masse aufstellte.

Das Abenteuer Miami verlief für Gase eher enttäuschend: Er hatte eine fulminante 28-5 Bilant in engen Spielen, verlor aber auch 19 Spiele als Blowout. Es ist beim Trainergrab Miami nie ganz klar, woran es letztendlich lag: Mangelhaft zusammengestellter Kader, ein konzeptloser Owner, Holiday-Feeling oder sind es schlicht stets schlechte Coaches, die sie dort anstellen?

Jetzt also die Jets. Diese befinden sich mit QB Sam Darnold ein Jahr vor dem Superbowl-Fenster, das 2020 und 2021 in Darnolds drittem und viertem Jahr aufgeht. In dieser Zeit brauchen die Jets einen großartigen Kader mit starkem Coaching.

Gase als Chefcoach ist für mich uninspirierend. Doch interessant ist, wie die Jets auf Gase überhaupt gekommen sind – er ist nur die Notlösung, nachdem der Favorit Matt Rhule (bislang Baylor-Coach am College) abgesagt haben soll. Und zwar? Rhule sprang im letzten Moment doch noch ab, weil GM Maccagnan dem Coach vorschreiben wollte, mit welchen Coaches er es in New York zu tun haben würde.

Das lassen sich nicht viele Coaches gefallen. Rhule haute doch noch auf den letzten Drücker ab und überlässt nun das Feld Gase, der offensichtlich kein Problem hatte, mit Dowell Loggains einen maximal unterwältigenden Offensive Coordinator einzustellen.

Punkteskala:

  1. Frage: 10 Punkte
  2. Frage: 4 Punkte
  3. Frage: 5 Punkte
  4. Frage: 5 Punkte
  5. Frage: 8 Punkte


Tampa Bay Buccaneers

Der Star-Trainerstab der Runde:

  • Headcoach: Bruce Arians
  • OffCoord: Byron Leftwich (ein Stift)
  • DefCoord: Todd Bowles

Arians und Buccs-QB Jameis Winston ist ein Traumszenario für die NFL. Winston ist einer der aggressivsten, aber auch fehleranfälligsten Deep-Ball Werfer in der NFL, und Arians ist einer der Coaches, der mit am wenigsten Angst hat, seine Offense über vertikale Routen zu designen. Leftwich als OffCoord ist bestenfalls ein Lehrling, der nicht viel zu sagen haben wird – aber das brauchst du hinter Arians auch nicht.

Dazu gesellt sich Bowles, der bereits zu Arizona-Cardinals Zeiten gemeinsam mit Arians gecoacht und dabei eine phänomenale Defense auf das Feld gestellt hatte. In Tampa hat Bowles nicht annähernd die Spieler wie damals in Arizona – aber man stelle sich vor, sie holen zwei gute Neuzugänge und upgraden das veraltete Mike-Smith Konzept mit dem aggressiven Bowles: Verbesserung unabkömmlich.

Tampa könnte mit diesem Trainerstab zu einem Superbowl-Kandidaten mutieren und Winston zu einem MVP-Anwärter. Für Winston auch günstig: Er ist im fünften Vertragsjahr, dem „Option-Jahr“ für 1st-Round Quarterbacks. Eine starke Saison unter dem idealen Coach Arians, und schon winkt ein Monstervertrag.

Das Risiko an Arians ist natürlich auch klar: Der Mann ist 66 und unterschrieb nun einen Vierjahresvertrag. Auch handelt es sich bei ihm um einen Coach, der wiederholt in den letzten Jahren mit Rücktritt und Ruhestand kokettiert hatte – kann er noch einmal die Kraft für vier lange Jahre aufbringen?

Punkteskala:

  1. Frage: 10 Punkte
  2. Frage: 10 Punkte
  3. Frage: 9 Punkte
  4. Frage: 9 Punkte
  5. Frage: irrelevant, wenn man Arians bekommt

Noch offene Posten: Cincinnati Bengals, wo ex-Chiefs Assistenz Eric Bienemy (Update: Bengals wollen wohl doch Zac Taylor, Rams-QB Coach… Du musst heutzutage mit Sean McVay zu tun gehabt haben. Lt Wikipedia wohnt im Hause McVay noch dessen Freundin und sein Assistenzcoach Chris Shula). Favorit sein soll, und Miami, wo am Mittwoch noch Kris Richard als Topanwärter galt. Die beiden konzentrieren sich momentan auf ihre Einsätze als Coordinators am morgen beginnenden Divisional-Wochenende.

 

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10 Kommentare zu “Trainerkarussell 2019 – Die erste Runde

  1. Du musst heutzutage mit Sean McVay zu tun gehabt haben. Lt Wikipedia wohnt im Hause McVay noch dessen Freundin und sein Assistenzcoach Chris Shula).

    das heißt, seine Freundin wird demnächst auch eine Coordinator-Vakanz füllen?

  2. Brian Flores wohl zu den Dolphins, also Mal kein Offensiver Coach. Aber gut ohne Q hilft der dir auch nicht.

  3. Kubiak zu den Vikings, damit Zimmer seinen feuchten Traum von mehr Laufspiel verwirklichen kann.

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