Über die Geschichte der Salary-Cap habe ich schon letzte Woche geschrieben. Darüber, wie die Gehälter gegen das Cap-Budget gerechnet werden, habe ich schon vor Jahren geschrieben. Lass uns heute mal einen Blick darauf werfen, wie die Salary-Cap selbst berechnet wird: Welche Faktoren fließen in die Berechnung der NFL-Gehaltsobergrenze (2019 ca. 189 Mio. Dollar) ein?
Vorab: Ins letzte Detail ist die Formel nicht bekannt – und vor allem sind die genauen Werte der einzelnen Parameter nicht bekannt, da nicht jedes NFL-Medium ihre Umsatzzahlen bekannt gibt. Doch es gibt ganz gute Schätzungen, die selten mehr als 2-3 Mio. vom später offiziell kommunizierten Wert abweichen.
Unadjusted Salary Cap
Wichtig zu wissen: Wenn wir von Salary-Cap reden, müssen wir zwischen der Basis-Salary Cap („Unadjusted Salary Cap“), die als Grundlage für die jeweilige Saison dient, und der Team-Salary Cap („Adjusted Salary Cap“), die für die jeweiligen Mannschaften gilt, unterscheiden.
Die Unadjusted Salary Cap ist der Wert, der in einigen Tagen als offizielle Salary-Cap kommuniziert werden wird. Sie wird in dieser Saison bei ca. 189 Mio. Dollar liegen (letztes Jahr 177 Mio). Doch jedes einzelne Team hat völlig andere Cap-Limits! Grund dafür ist der Cap-Rollover, über den ich schon vor Jahren geschrieben habe. Dieser Rollover ist sowas wie das „Nach-Vorne Schaufeln“ von ungenutztem Cap-Space. Ein Team kann sich also über Jahre ein Budget „zusammensparen“ für einen General-Angriff in einigen Jahren. Dass das nicht ausartet, dafür sorgt der Salary-Cap Floor, der Teams verpflichtet, eine bestimmte Untergrenze an Geld auszugeben (ca. 89% muss an Cash über einen Vierjahreszeitraum ausgeschüttet werden).
Schon verwirrt?
Salary Cap ist nicht gleich Personalkosten
Lass uns mal dazu übergehen, wie die Unadjusted-Salary Cap gerechnet wird. Wir müssen uns als Faustregel merken: „Salary-Cap“ ist nicht gleich „Personalkosten“. Vielmehr ist die Salary-Cap der größte Anteil an den Personalkosten. Die NFL unterschiedet ihre Personalkosten in:
- Salary Cap Kosten – Cap-relevante Kosten.
- Player Benefits – Personalkosten, die nicht unter die Salary-Cap fallen.
Update: Wichtig – und Danke an Kommentator Nesro für den Hinweis: Wen ich hier von „Personalkosten“ spreche, geht es um „Spielerkosten“. Gehälter für Coaches, Staff usw. sind darin nicht inkludiert. Sie werden allesamt abseits der hier aufgeführten Budgets bezahlt. (Update Ende)
Cap-relevante Kosten sind folgende:
- Grundgehalt (das P5 Gehalt)
- Handgeld (Signing Bonus)
- Roster Bonus
- Tenders (Franchise-Tag, RFA-Tags usw.)
- Dead Money
- Termination Payments
- Injury-Versicherungen
Dagegen fallen folgende Personalkosten als Fringe-Benefits nicht unter den Deckmantel der Salary-Cap:
- Preseason und Postseason-Gehälter
- Medizinische Versorgung
- Pensionsfond
- Verpflegung (Essen und Trinken, Doping)
- Versicherungen
- Reisekosten
Wie berechnet sich das Budget für Personalkosten?
(NB: Auf Hinweis in den Kommentaren Titel des Abschnitts geändert)
Wir müssen also zuerst schauen, wie die Personalkosten berechnet werden, bevor wir uns an die Salary-Cap heranwagen können. Diese Personalkosten setzen sich zusammen als Summe aus vier wesentlichen Parametern:
- Übertragungsrechte in Radio, TV und Internet: Die Vertragssummen der großen TV-Networks (NBC, FOX, CBS, ESPN), DirecTV, Westwood One oder Siruis werden zusammengezählt. 55% dieses Gesamtwerts werden in die Salary-Cap eingespült. 45% behalten die Owner. Wichtig: Im aktuellen CBA sind noch keine internationalen TV-Verträge inkludiert, aber die NFLPA hat sich das schon als Verhandlungsparameter für das CBA 2021 in die Verträge schreiben lassen.
- NFL Medien: Bei diesen Medien geht es um liga-eigene Kanäle, wie das NFL Network, den RedZone Channel, NFL.com, NFL Films oder unseren NFL Gamepass, sowie – und das ist wichtig! – alle TV-Verträge für Playoffs und das komplette Thursday Night Paket der Regular Season. Der Pool der „NFL Medien“ wird anders verteilt als die Übertragungsrechte von oben: 45% Spieler, 55% Owner.
- Local Revenues: Hier geht es um die Radioverträge, die einzelne Mannschaften mit lokalen Stationen aushandeln (werden nicht zentral gesteuert), Preseason-Packages (werden ebenso nicht zentral vermarktet) sowie Ticket-Verkäufe und Einnahmen aus Stadion-Verpflegung. 40% dieser Moneten gehen an die Spieler, 60% an die Owner. Bei diesem Punkt streiten auch die Owner immer wieder untereinander, weil der Owner der Cowboys immer entrüstet anmerkt, so viel mehr Geld in die Liga zu pumpen als der Owner der Bills. Also möchte der Owner der Cowboys eigentlich eine höhere Salary-Cap. Gibt es aber nicht.
- Joint Contribution Credit: Hier geht es um einen jedes Jahr leicht ansteigenden Topf an zurückgelegten Geldern für medizinische Versorgung pensionierter Spieler oder Spenden an Charity-Organisationen. Die Gelder aus diesem Topf werden anteilig von Spielern und Ownern beigesteuert: Die Spieler steuern 47.5% bei, die Owner 52.5%. Also Achtung: Dieser Wert ist mit umgekehrtem Vorzeichen zu addieren, weil er von der Salary-Cap abgezogen wird!
Das ist die Grundlage. Man muss nun noch einige Einschränkungen beachten: Zwischen 2015 und 2020 dürfen die Personalkosten maximal 48.5% der Total-Revenues aus den obigen Kategorien betragen. Damit soll verhindert werden, dass der Anteil für die Spieler zu stark explodiert, sollten z.B. die TV-Verträge mit den großen Networks explodieren. Für die Owner war im letzten CBA die Garantie wichtig, unter allen Voraussetzungen immer mehr als die Hälfte der Kohle zu kassieren, Stichwort „beim Schwanzmessen haben wir zwar den Älteren, aber immer den Längeren!“
Umgekehrt darf der Anteil der Personalkosten am Total-Revenue der Liga nie unter 47% sinken, ehe ein maximal 1.5%iger Abzug an „Stadium Credit“ die Personalkosten auf mindesten 46.5% senken kann.
Folgendes Beispiel (Stadium Credit setzen wir einfach mal auf null):
- Übertragungsrechte = 8 Mrd.
- NFL Medien = 4 Mrd.
- Local Revenues = 2 Mrd.
- Joint Contributions = 70 Mio.
- Macht Total Revenues = 13.93 Mrd.
In diesem Fall müssen die Personalkosten so gerechnet werden:
+ 8 Mrd x 55% = 4.4 Mrd. + 4 Mrd x 45% = 1.8 Mrd. + 2 Mrd x 40% = 800 Mio. - 70 Mio x 47.5 = -33.25 Mio. ----------------------------- = 6.966 Mrd. an Personalkosten
Doch 6.966 Mrd. an Personalkosten sind 50% der Total-Revenues (weil ich extrem hohe Summe für Übertragungsrechte angenommen habe). Wir haben vorhin gelernt, dass maximal 48.5% sein dürfen. Der Pool für Personalkosten darf also maximal 13.93 Mrd. x 48.5% betragen. Macht 6.756 Mrd. Dollar, sofern wir wie in unserem Beispiel keinen Abzug für „Stadium-Credit“ in Betracht ziehen.
Und wie kommen wir zur Salary-Cap?
Der nächste Schritt ist zu schauen, wie hoch der Anteil an nicht Cap-relevanten Player Benefits ist. Ein guter Schätzwert dafür könnte 750 Mio. Dollar für die Prämien, Playoffgehälter, Reisekosten, medizinische Versorgung und Pensionsfond sein. Also bleiben uns 6 Milliarden für die Unadjusted Salary-Cap übrig. Dieser Wert wird durch 32 Mannschaften brüderlich geteilt und wir landen in unserem hypothetischen Beispiel bei 187.7 Mio. Dollar an Unadjusted Salary-Cap für die Saison.
Nun rechnet noch jedes Team den „Cap-Rollover“ aus der vorherigen Saison mit dazu und man landet beim jeweiligen Salary-Cap jeder Mannschaft. Beispiel: Ein Team nimmt 10 Mio. aus der letzten Saison an Cap-Rollover mit und hat somit eine Salary-Cap von 197.7 Mio. für die laufende Saison.
Rollover mitzunehmen, ist eine Formalität: NFL-Teams können einfach per Einschreiben verlangen, dass ihr ungenutzter Cap-Space aus der letzten Saison fortgeschrieben wird. Da es keinen Nachteil dabei gibt, lässt das auch jedes Team so machen.
Der Rollover ist fast immer positiv, doch es kann auch passieren, dass Teams durch verspätet ausbezahlte Boni (Thema LTBE = likely to be earned) oder Cap-Strafen seitens der Liga eine niedrigere Adjusted Salary-Cap als die ligaweite Salary-Cap haben. Diese Fälle sind jedoch eher selten.
Alles klar?
Hey,
können die Steelers das eigentliche Gehalt (Franchise Tag) von LeVeon Bell für die letzte Saison mit in diese Saison nehmen? Stichwort cap rollover…!?
Danke für die gute Zusammenfassung.
man muss natürlich bedenken, dass „Personalkosten“ hier Spielerkosten meint.
Gibt ja Headcoaches, die um die 10 Millionen verdienen. der gesamte Staff (Coaches, Medics, etc.) muss aus dem Anteil der Owner bezahlt werden. da kommt durchaus noch ein Sümmchen zusammen.
Zudem gibt es ja auch Gehälter, die nicht gegen die Cap zählen, gezahlt werden müssen die aber trotzdem
Wieso würde das Gehalt von brown bei einem trade weiter gegen den cap der steelers gezählt werden und nicht gegen den des neuen Teams?
Immerhin zahlen die ihm ja auch weiterhin das Gehalt.
@LeVeon: Ja, 14.5 Mio. an Cap Rollover, weil sie nichts an Bell ausbezahlt haben.
@Nesro: Guter Einwand, das werde ich präzisieren.
@Martin: Dazu hatte ich letzten Sommer einen Eintrag geschrieben, der Trade und Dead-Money behandelt. Siehe hier:
https://sidelinereporter.wordpress.com/2018/08/03/zahlendreher-welchen-unterschied-gibt-es-zwischen-trade-und-entlassung-bei-dead-money/
Es ist auch ein bisschen ungewöhnlich unter der Überschrift der Personalkosten die Einnahmeseite aufzuführen. Eigentlich müsste man vom zur Verfügung stehenden Budget für Personalkosten sprechen, welches sich aus Prozentsätzen der Einnahmen errechnet.
Ansonsten wie immer sehr informativ und toll erklärt. Vielen Dank dafür.
Ja – es ist ein Budget. Ich habe schon am Titel des Blogeintrags 3x herumgedoktert.
danke, hatte es sogar gelesen, aber wieder verdrängt…
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…wäre es denn möglich, dass die Steelers den Vertrag von Brown noch irgendwie umstrukturieren können bevor sie ihn traden?
Da er ja weg will, würde er ja wohl zustimmen.
Oder ist das nicht mehr möglich aufgrund der Vertragsstruktur?
Ohne die Vertragsstruktur im Fall Brown zu kennen, gilt folgender Grundsatz: Geld, das an Brown bereits ausbezahlt wurde, muss abgeschrieben werden – und zwar von jenem Team, das es an Brown bezahlt hat.
Insofern: Falls Brown hohes Handgeld kassiert hat, hat er hohe Dead-Money. Hat er garantierte Boni erst in der Zukunft, können diese ans neue Team weitergegeben werden.
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