Oakland Raiders – Follow Up zur Sezierstunde

Die Sezierstunde zu den Oakland Raiders vor ein paar Wochen beschäftigte sich mit der Zusammenarbeit von GM Mike Mayock und dem „starken Mann“ der Franchise, Head Coach Jon Gruden. Sie malte kein überaus rosiges Bild. Lass uns nach den ersten zwei Wochen Free Agency noch einmal draufschauen.

Denn das Bild sieht urplötzlich gar nicht mehr so schwarz aus: Theoretisch ist den Raiders vieles aufgegangen.

Was im Nachhinein erstaunt, ist die Denke der Raiders-Führung, die da gewesen zu sein scheint: „Wir befinden uns viel näher am Win-Now Modus als ihr alle gedacht habt.“ Taten sagen oft mehr als Worte – und die Raiders-Moves sprechen nicht dafür, dass Mayock/Gruden mit Blick 2023 operieren – sondern mehr mit Blick 2019 bis 2021.

Und so viel sie eingekauft haben, so wenig haben sie eigentlich dafür bezahlt:

  • WR Antonio Brown für einen 3rd Round und 5th Rounder aus Pittsburgh geholt
  • Deep-Ball Offense mit Free-Agent WR Tyrell Williams aus Los Angeles verstärkt (12 Mio/Jahr)
  • FS Lamarcus Joyner für einen Vierjahresvertrag geholt, der praktisch gesehen ein Einjahresvertrag mit 3 Jahren Team-Options ist
  • OT Trent Brown als Free-Agent aus New England geholt: 4 Jahre, 66 Mio. Die Ausnahme: Ein monströs bezahlter Offense Tackle, der vom Paradies (New England mit QB Brady und Coach Scarnecchia) in die Hölle wechselt (Raiders mit Coach Tom Cable).
  • Billigere Free-Agent Verträge für LB Vontaze Burfict, WR J.J. Nelson, CB Nevin Lawson und OG Jordan Devey als Rollen- und Ergänzungsspieler.
  • Dazu wurde OG Osemele an die Jets verkauft um mehrere Mio. an Cap-Space zu sparen – und man ließ WR Jordy Nelson, OT Penn und TE Cook ziehen.

OT Trent Brown ist die finanziell kaum zu verantwortende Verpflichtung, doch alle anderen Moves sind sowohl unter dem Aspekt „sofortige sportliche Verbesserung“ als auch unter einer Wirtschaftlichkeitsrechnung einfach zu verteidigen. WR Antonio Brown ist ein Top-5 Receiver und hat theoretisch noch locker drei Jahre auf Topniveau im Tank, WR Tyrell Williams ist eine hervorragende WR2-Option und erlaubt das Aufziehen von tieferem Passspiel. Joyner lässt sich exzellent mit FS Karl Joseph paaren, wäre auch als Nickelback eine hochwertige Alternative und hat einen team-freundlichen Vertrag.

Und das Beste zum Schluss: Mit fünf 1st Roundern in den nächsten beiden Drafts, davon drei heuer (#4, #24 und #27) plus den #35 Pick im Draft obendrein, ist die Raiders-Mannschaft plötzlich mit extrem viel Munition ausgestattet um einen Generalangriff auf die AFC-Spitze zu starten.

Die große Baustelle

Defense ist natürlich noch längst nicht ideal besetzt – aber das große Hindernis ist ein anderes: QB Derek Carr. Carr hat sich in seinen fünf Jahren in der NFL nie als veritabler, kompletter Quarterback erwiesen. Die Kritiker sind mit ihm gnädig, weil er aussieht wie ein QB-Prototyp und weil er hohe Completion-Rates (70% / selbst nach Anpassung an seine eher kurzen Pässe ist Carr aber noch überdurchschnittlich präzise) einfährt.

Doch Carr ist bei genauem Hinsehen doch beträchtlich limitiert. Mit ihm ist, obwohl er durch tief präzise Pässe werden könnte (51% Completion-Rate über 20yds / NFL-Schnitt = 41%), kaum mehr als Kurzpassspiel aufzuziehen. Er leidet noch stärker als Alex Smith unter dem „Alex-Smith Syndrom“, Bälle lieber ins Aus zu werfen, lieber Sacks zu kassieren als das Schicksal in die eigene Hand zu nehmen (16% Sack-Quote in 3rd-Downs!) und häufig „short of sticks“ in 3rd Downs zu werfen.

Carr passt damit nicht zu WR-Einkäufen wie Brown & Williams. Deep ball-Offense? Keine Nerven dafür!

Auch wenn ein Kyler Murray nicht 100%ig als QB-Prototyp für eine Jon-Gruden Offense durchgeht, so ist dennoch zu erwarten, dass die Raiders im Draft Anstrengungen unternehmen, um sich die Rechte an Murray zu sichern. Murray ist mit weitem Abstand der beste Deep-Passer im Draft, und er ist ein Prospect, für das es sich lohnt, einen Top-Draftpick zu investieren.

Sofern die Raiders auch nur Anflüge von Verkaufsbereitschaft des Top-Picks in Arizona wahrnehmen (was aktuell noch in der Schwebe ist), dürften ihre Ohren spitz werden. Wer will schon 1-b Optionen wie Lock oder Haskins, wenn ein Murray ganz oben wartet? Ein zweiter 1st Rounder in der Verlosung um Murray zu greifen? Null problemo, es bleiben selbst dann in den nächsten beiden Jahren noch drei weitere und ein hoher 2nd Rounder im Portmonnaie.

Vor einem Jahrzehnt scheiterte Gruden in Tampa, weil er die Quarterback-Position nie in den Griff bekam und nach dem Aderlass in der epischen Defense waren die Zeichen auf Karriereknick gestellt. Bis auf Aaron Rodgers 2005 hatte Gruden jedoch nie die Chance, sich ein Top-Prospect zu sichern – und als Rodgers griffbereit lag, hatte er in Chris Simms einen jungen Prospect im Kader.

Murray 2019 ist theoretisch in Reichweite. Wenn Arizona will.

Alle Aktionen der Raiders zeigen nun in eine Richtung: Go – win now. Ein Move mit Nachdruck in Richtung QB würde offene Stellen in der Defense hinterlassen – doch Quarterback ist die wichtigere Position. Die Schlüssel ob „Murray oder nicht“ liegen bei den Arizona Cardinals. Aber die Raiders wären nach all ihren Moves zu passiv, wenn sie nicht zumindest ein Angebot im Front Office von Steve Keim platzieren.

Wie auch immer es ausgeht: Man ist geradezu gespannt, wie es in Oakland weitergehen wird. Carr ist kaum die Lösung – und Gruden/Mayock wissen das. Die plausibelste Lösung wäre Murray – doch kriegt man eine Chance auf diesen Preis?

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7 Kommentare zu “Oakland Raiders – Follow Up zur Sezierstunde

  1. Mein Tipp: Kyler Murray wird so oder so Geschichte schreiben. Entweder als Megabust oder als Granate. Was er auf dem Feld macht, ist genial. Abseits des Felds weniger: Schwache ProDay-Interviews, minutenlanges Schulterzucken in live-TV-Shows, sich vorschnell in der MLB draften lassen, …
    Hopp oder top: entweder Coach, Mitspieler und Medien können mit ihm umgehen oder … siehe Antonio Brown.
    Lieber Gott, bitte lass die Raiders „Hard Knocks“ (starring Kyler, Vontaze und Antonio) bekommen. Amen.

  2. Wäre Rosen nicht auch ein Kandidat für die Raiders?
    Hängt logischerweise auch davon ab was die Cardinals machen und dann für ihn haben wollen.

    @Dizzy
    Murray war davor nie Starter am College und da die A’s darauf eingegangen sind ihn zu ziehen und ihn weiter Football spielen zu lassen sehe ich da nicht das Problem. Genauso wenig in den TV-Shows, er will ja kein Entertainer werden.

  3. @Klappflügel: Danke für die Starter-info. Das wusste ich nicht. Trotzdem schade für die A’s.
    Was die TV-show angeht: Wenn Du am Samstag abend zu einer Live-Talkshow eingeladen wirst, überlegst Du nicht vorher, was die fragen und was Du antworten willst? Klar! Man will ja in der Aufregung nicht als Depp dastehen.
    Kyler hat das nicht gemacht. Finde ich interessant. Vor der Draft will man der Welt zeigen, dass man ein guter Pick ist. Entertainer oder nicht, diese minutenlange Schulterzuckerei kann ihn Picks und damit Millionen von Dollars kosten. Die Medien mögen ihm egal sein (fände ich cool), aber er kann mir nicht erzählen, dass ihm 5mio Dollar Gehaltsunterschied egal sind.
    Ich habe mir den Kopf zerbrochen, warum ein Prospect sich preDraft nicht auf Interviews vorbereitet:
    a) Er hält sich für Superman, der eh First overall geht, egal was er so macht.
    b) Er versteht nicht, dass sowas seine Draftposition verändern kann.
    c) Geld ist ihm egal. (ja, nee, is klar… 😀 )

    a) wie b) finde ich bedenklich.

  4. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gruden wirklich an Murray interessiert ist. Carr hat in den letzten 2 Jahren unter einer schwächelnden O-Line gelitten und seine Verletzungen wohl nicht aus dem Kopf bekommen. Das ganze führte dann zu extrem schnellen Releases und damit zum Übersehen von alternativen Anspielstationen. Wenn er das in dieser für ihn wegweisenden Saison nicht in den Griff bekommt, dann ist er nächste Saison weg.
    Auf Murray bin ich sehr gespannt, wird er ein zweiter Doug Flutie oder ein zweiter Russsell Wison?

  5. Die Geschichte zeigt, dass Quarterbacks ihren Spielstil beizuhalten pflegen.

    Carr war schon am College ein Quarterback der kurzen Pässe.

    Er war es in der NFL, bevor Gruden kam. Und er blieb es, nachdem Gruden kam.

    Dass aus Carr über Nacht ein Aggressor wird, wage ich stark anzuzweifeln.

  6. 12.6.: Und die Raiders haben „Hard knocks“! 😀 Das erste Training mit Burfict vs Brown möge kommen! Wo ist das Popcorn?

  7. Pingback: Oakland Raiders 2019 Draft Analyse: Risk = No Fun | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!

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