Es hat sich schon letztes Jahr angedeutet: Die Saints setzen alles auf die letzten (oder: das letzte?) Jahre von QB Drew Brees. Was danach kommt, interessiert erstmal niemanden.
Die Vorgeschichte ist bekannt:
- Die Saints lebten jahrelang in der Cap-Hölle, unfähig, ihre desolate Defense sinnvoll zu verstärken um unter dem alternden Brees noch einmal einen Titel-Ansturm in Angriff zu nehmen
- Dann kam der sensationelle Draft 2017, als man u.a. RB Alvin Kamara, CB Marshon Lattimore und S Marcus Williams draftete und plötzlich mit kompetenter Abwehr die NFC von unten aufrollte
- Schon 2018 ging man im Draft „all-in“ und zahlte zwei 1st Rounder um EDGE Marcus Davenport verpflichten zu können – das fehlende Puzzlestück auf dem Weg zum Superbowl.
- Mehrere Vertrags-Restrukturierungen bei Brees sorgen dafür, dass den Saints der Salary-Cap 2020 erneut um die Ohren fliegen wird (3 Mio. Dead-Cap, selbst wenn Brees zurücktritt): 50 Mio. Cap-Space, aber Leute wie WR Thomas, OT Peat oder CB Apple sind dann Free Agents und 2021 ist die Draftklasse von 2017 zu zahlen.
- Sportlich waren die Saints dem Superbowl 2017 und 2018 sehr nahe, doch sie scheiterten an Freak-Ereignissen wie dem Minnesota Miracle oder der No Call DPI beide Male haarscharf.
Wesentliche Neuverpflichtungen in der Offseason 2019 waren nicht drin – zu knapp ist man bei Kasse. Auch im Draft waren die Saints nach dem Davenport-Trade vom letzten Jahr ohne 1st Rounder und ergo ohne allzu viele Ressourcen ausgestattet.
Erhöhte Dringlichkeit bei GM Loomis
Doch das hinderte GM Mickey Loomis nicht daran, erneut mit zwei mehreren Up-Trades Moves einzuleiten, die 2019 (und eventuell 2020) maximieren, aber langfristig eher als Draufzahlen durchgehen:
- 2nd Round Trade mit Miami: #62, #202 und 2nd Rounder 2020 aufgegeben für #48 und #116 der Dolphins: 19 AV-Punkte abgegeben, nur 14.1 AV-Punkte bekommen ein Wertverlust von ca. 35% -> Gedraftet an #48: C Erik McCoy
- 4th Round Trade mit den Jets: #116 und #168 aufgegeben um #105 zu bekommen: 6.1 Punkte abgegeben, 5 zurückbekommen, ein Wertverlust von erneut über 20% -> Gedraftet an #105: S Chauncey Gardner-Johnson
McCoy gilt als relative einsatzbereiter Center mit Option auf einen Starterplatz auf Guard, während Gardner-Johnson für viele einer der besseren Safetys des Jahrgangs gewesen war – ein Corner/Safety-Hybrid für mehrere Rollen in der Big-Nickel Defense. Beide Picks zielen in erster Linie auf schnelle Verfügbarkeit am Feld. Sie füllen Needs und sind nur dann als erfolgreich anzusehen, wenn beide schnell viel Einsatzzeit bekommen.
Die restlichen drei Picks kamen erst im Niemandsland ab Runde 6. 2020 wird man erneut ohne 2nd Rounder operieren.
Saints vs. Bears: Wann zahlt sich Aggressivität aus?
So richtig verdenken mag man den Saints ihre Eile nicht: Brees ist ein Hall-of-Fame QB, der erst ganz am Ende der letzten Saison einige Leistungsschwankungen zeigte – nachdem er zuvor 10-15 Jahre lang mit einer unheimlichen Konstanz auf Elite-Niveau operiert hatte. Einen Quarterback wie Brees werden die Saints so schnell nicht wieder bekommen.
Auf der anderen Seite ist der Kern abseits von Brees eher jung, mit atemberaubenden Skill-Playern wie WR Michael Thomas oder Kamara, oder jungen Defense-Stars wie CB Lattimore oder Crawley. Wie im Fall Bears ist es irgendwo schade, wenn extrem kurzfristige Denke einen so tollen, aufstrebenden Kern mittelfristig limitiert.
Doch anders als im Fall Bears, die nur Trubiskys Fenster zu nutzen versuchen, geht es bei den Saints um Brees – ein gänzlich anderes Quarterback-Kaliber. Es ist nicht auszuschließen, dass Brees 2019 kollabiert – er wurde im Jänner 40, ein Alter, in dem Elite-Quarterbacking die absolute Ausnahme ist.
Doch Brees ist es wert, auch nur bei leiser Hoffnung auf ein letztes Jahr Genialität alles auf eine Karte zu setzen. Anders als bei den Bears bin ich daher geneigt, den Saints einen Freifahrtschein für ihre Überaggressivität auszustellen.
Denn nach Brees kommt so oder so der Blues in die Wiege des Jazz.
Du schreibst über S Gardner-Johnson, dass er „ein Corner/Safety-Hybrid für mehrere Rollen in der Big-Nickel Defense.“ Stimme da grundsätzlich zu, nur denke ich dass sich Big-Nickel ja eigentlich durch einen Safety/Linebacker-Hybrid auszeichnet, der sowohl Pass-Coverage kann, aber auch solide gegen den Lauf ist. Mir fällt da sofort S Patrick Chung ein, der eine solche Rolle für die Patriots spielt. Andere, die mir da einfallen sind Landon Collins, Jamal Adams oder Karl Joseph.
Ich denke, man kann die Rolle auf verschiedene Arten interpretieren.
Antrel Rolle war z.B. bei den Giants der „Big Nickel-Safety/Back“ und er war bestimmt mehr Cornerback als Linebacker.
Toller Artikel.
Unterstrichen auch von PFF: