Am 7. Dezember 1941 erlebte Amerika sein nationales Trauma, als japanische Kampfbomber den Hafen in Honululu auf Hawaii angriffen und mehrere Schlachtschiffe der US-Navy versenkten. Der Hinterhalt von Pearl Harbor verwandelte die pazifistisch dominierte Stimmung in den USA in Kriegsbegeisterung. Fortan befanden sich auch die Vereinigten Staaten im Krieg gegen den Faschismus – und die Rolle des American Football wurde neu definiert.
Die Frage nach dem “ob“ war schnell beantwortet – ob man überhaupt noch Football spielen sollte, wenn sich amerikanische Soldaten im Pazifik und in Europa der Rettung der Welt hingaben? Der US-Präsident selbst, Roosevelt (diesmal nicht Theodore, sondern Franklin Delano Roosevelt), gab nach dem Motto „Brot und Spiele“ sein Okay. Football zur Zerstreuung der Massen und als Ablenkung von den Gräuel des Kriegs.
Doch als wesentlich wichtigeren Grund zum Weiterspielen auf dem Gridiron empfanden die Granden die Möglichkeit, ihre künftigen Soldaten und treuen Diener des Staates fit zu kriegen, abzuhärten für die kommenden Herausforderungen auf den Schlachtfeldern der Welt. Es war der Moment, in dem die alten Kriegsfloskeln des Walter Camp ihre Comeback erlebten. Football wurde wieder gebraucht um der verweichlichten Jugend Sitte und Tugend einzuimpfen, bevor sie im Krieg fürs Heimatland geopfert wurde. Die Parole:
The young man must be toughened not only physically but mentally. He must be accustomed to violence.”
Quelle: Pro Football Researchers
Demokratie habe zwar Fortschritt und Freiheit gebracht, doch gleichzeitig die eigene Jugend auch verweichlicht. Jetzt brauche es Abhärtung für die angehenden Soldaten, damit sie eine Chance auf den Schlachtfeldern haben.
Doch je mehr Soldaten in den Krieg geschickt wurden, desto schwieriger wurde es, die Infrastrukturen des Spiels aufrecht zu erhalten. Immer mehr Programme sperrten ihren Laden zu, weil sie keine Spieler mehr fanden – und die wenigen, die weitermachten, begannen nicht bloß, erstmals ihre Freshmen einzusetzen, sondern auch zunehmend, während dem Spiel munter durchzuwechseln – eine Regeländerung, die 1940 eingeführt wurde und die heute bekannte Spezialisierung im American Football wesentlich begünstigte.
Athleten konnten nun rein- und rausrotiert werden. Es war der Vorreiter der später aufkommenden Spezialisierung – und der Trennung der Rollen zwischen Offense und Defense.
Doch natürlich verlor der College Football auch abseits des Spielfelds zahlreiche Facetten seines gewohnten Charakters. Die feucht-fröhliche Atmosphäre auf dem Campus wich der emotionalen Zelebrierung der US-Fahne – und zunehmend wurden immer mehr Athleten außerhalb des „Regel-Studienalters“ von ca. 19-23 Jahren aufs Feld geschickt – je länger sich der Krieg zog, desto mehr Frontkämpfer der „ersten Garde“ waren aufgebraucht.
So wurde auch das Feld der Contender immer dünner. SEC oder Big Ten stellten ihren Spielbetrieb teilweise oder ganz ein – und „vorne“ dominierten die Armee-Mannschaften wie Army oder Navy, und neu gegründete oder zu Flugschulen umfunktionierten Anstalten wie Notre Dame oder Iowa-Pre Flight School.
Je näher die USA dem Sieg auf dem Schlachtfeld kamen, desto euphorischer wurde der College Football als die ideale Vorbereitung der eigenen Soldaten gefeiert – missachtend, dass die Alliierten Kollegen aus England, Frankreich oder Russland höchstens Fußball oder Hockey, aber eher gar nichts von beidem spielten – aber sicher kein American Football. Erfolgreich waren sie trotzdem.
Doch für eine gute oder sich gut anfühlende Geschichte waren die Menschen schon immer zu haben – und so redeten sie sich nach dem siegreichen Ende ein, dass Football als Ersatzkrieg zur Stärkung von Moral und Tugend ihrer Jugend was taugte. Es war die Denke, die ranghohe Militärs wie Paul Bryant, Bud Wilkinson oder Woody Hayes in den Jahren des Kriegs prägte. Alle drei machten nach der Kapitulation der Achsenmächte Karriere – doch nicht in der Armee, sondern als glorifizierte Trainerlegenden im College Football.
Und so schloss sich am Ende der 1940er ein Kreis: Nach dem Boom der Goldenen Zwanziger und den darauf folgenden schweren Krisen des Schwarzen Freitags und Zweiten Weltkriegs war das Feld bereitet für einen neuen Boom. Football hatte sich in der Zwischenzeit beträchtlich verändert – es war schneller, spezialisierter und straffer (militärischer) organisiert worden. Doch das waren nur die Vorboten dessen, was die Jugend in den Fünfzigern erwartete.
Mega, danke!!
Finde die ganze Zeit vor 1950 oder sogar 1960 ist ein blinder Fleck, weil man so wenig darüber informiert wird. Das moderne Spiel ist erst später entstanden, aber die Geschichte wie überhaupt die Grundlagen geschaffen wurden und wie man Football in den verschiedenen Epochen gesehen hat, ist faszinierend.
Danke dass du das aufbereitest.
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