Akademische Viertelstunde – Rückblick auf College-Woche 4

College Football war letzte Woche total unterhaltsam und bot uns vielleicht sogar schon das Spiel des Jahres.

Spiel der Woche: UCLA Bruins 67, Washington State Cougars 63

Chip Kelly gegen Mike Leach = Viele Punkte. Eine fassungslose Partie in Pullman, bei der UCLA ein Monster-Comeback nach 17-49 Spielstand schaffte und trotz am Ende nur drei verwerteten 3rd Downs und trotz 570 kassierten Passing-Yards und 9 (in Worten: neun) Passing-TDs für Wazzou-QB Anthony Gordon gewann.

Ein 32-Punkte Comeback gehört zu den größten Comebacks der US-Footballgeschichte, und UCLA zog es in nur 18 Minuten durch! Die Orgie an Big-Plays war so sensationell, dass man weniger darüber schreiben muss als vielmehr einfach mal auf das Highlight-Reel verweisen sollten. Es reicht für das ganze Jahr:

Georgia Bulldogs 23, Notre Dame Fighting Irish 17

Grandiose Atmosphäre im Sanford Stadium in Athens und ein hervorragendes Footballspiel zweier veritabler Top-10 Teams. Georgia gewann die Partie, weil die Bulldogs in den meisten Belangenen eine Spur besser waren…

  • 2 NY/A Passing (Notre Dame: 5.6 NY/A)
  • 6 YPC Rushing (Notre Dame: 3.3 YPC)

…doch Notre Dame blieb bis in die allerletzte Minute im Spiel, weil es das machte, was es am besten kann: Eine Run-Defense, die Georgias potenziell überragendes Laufspiel etwas besser kontrollieren konnte als befürchtet, und Kurzpassspiel über QB Ian Book und WR Chase Claypool.

Das reichte um sich eine Führung in der ersten Halbzeit zu erspielen, doch mit zunehmendem Spielverlauf übernahm ab Q3 immer mehr Georiga das Kommando. Es brauchte letztlich ein paar Big-Plays vor allem des sensationellen Georgia-Safetys J.R. Reed um den Sieg nach Hause zu schaukeln.

Es mag nur ein Detail im Spiel gewesen sein, aber am Ende hatte Notre Dame die Chance, im letzten Drive der TD zu gewinnen. Der Grund: Georgias Headcaoch Kirby Smart hatte bei 20-10 Führung und 4th&1 ein Fieldgoal geschossen anstatt auszuspielen.

Die 13-Punkte-Führung ist nur eine leichte Abwandlung der vermaledeiten 6-Punkte Führung. Immer reichen zwei TD plus Extrapunkt zum Sieg. Gegen ein Kaliber wie Georgia sind solche Aufholjagden immer schwierig, aber wenn College-Coaches alles riskieren bzw. gezwungen werden alles zu riskieren, ist ein Comeback durchaus möglich. Für Georgia ging es gerade noch einmal gut.

Die Bulldogs bleiben auf #3 in den Rankings. Notre Dame fällt auch nicht weit: Von #7 auf #10.

Texas Longhorns 36, Oklahoma State Cowboys 30

Ein Sieg für Texas, der aufgrund einiger Special-Teams Bolzen am Ende knapper ausfiel als eigentlich gedacht. Die Offense sieht immer mehr danach aus, als ob sie sich von totaler Abhängigkeit von QB Sam Ehlinger lösen könnte, und die Defense hatte ein insgesamt starkes Spiel gegen eine total explosive Offense, die sich nicht so einfach kontrollieren lässt.

Trotzdem war ich beeindruckt von Oklahoma State. QB Sanders ist noch total grün, aber bereits mit atemberaubenden Plays – das sind Ingredienzien für einen Superstar in the making. Die Defense hatte einen guten Game-Plan, aber athletisch insgesamt noch etwas zu schwach um mit der physisch überlegenen Texas-Mannschaft über 60 Minuten mitzugehen.

Wallace und RB Hubbard sind zwei fantastische Waffen, die von Mike Gundy auch bis zum Vergasen eingesetzt werden. Im Prinzip ist das Gewinnmaximierung, was Gundy da betreibt, auch wenn er seine Stars zu verheizen droht.

Am Ende fühlte sich Texas deswegen überlegen an, weil sie die sehr passive Nickel- und Dime-Defense von Oklahoma State recht gut mit trockenen Läufen und Screenpässen auskonterten und ihre langen Drives kompromisslos in Touchdowns umwandelten. Gegen Texas Dime-Defense zu spielen, sieht Woche für Woche nach einer schlechteren Idee aus. Ehlinger ist zwar ein guter Werfer, aber das genesene Backfield ist physisch genug um „leichte“ Defenses zu überpowern.

USC Trojans 30, Utah Utes 23

Bestätigung einer alten Weisheit: Traue niemals Utah! Besonders nicht, wenn Wendehälse wie Desmond Howard beginnen, in die Lobeshymnen mit einzustimmen und Utah zum National-Title Contender hochzujazzen.

Das einführend gesagt, bleibt von diesem Spiel festzuhalten: USCs Air-Raid Offense ist fantastisch. Obwohl Utahs Game-Plan einer Defense, die 8 Mann in die Deckung stellte, eigentlich zum Laufen einlud, blieben der angezählte USC-Coach Helton und OffCoord Graham Harrell beim Passspiel und sezierten die Utah-Defense nach Belieben – und das, obwohl mit QB Slovis der zweite USC-QB ausfiel und mit QB Matt Fink der third stringer eingewechselt werden musste! Fink legte über 350 Passing-Yards und 3 TD auf. Air-Raid in Reinform.

Ich bin sehr gespannt auf USC. Die Saison 2019 ist noch nicht komplett fürn Arsch, aber man ist vermutlich noch nicht der Top-Contender auf den Pac-12 Titel. Helton übersteht die Saison vielleicht gar nicht, aber es wäre fahrlässig, wenn die Trojans mit ihrem Zugang zu den besten Talenten an der Westküste nicht beim Air-Raid Scheme bleiben und damit zusätzlich zu ihrer normalen Überlegenheit im Recruiting nun auch endlich ein modernes Scheme aufbieten.

Wisconsin Badgers 35, Michigan Wolverines 14

Ein Ergebnis, das nicht ganz dem Spielverlauf entspricht, denn Wisconsin überrannte Michigan über weite Strecken des Spiels, führte zur Pause 28-0 und schien das Spiel noch lockerer nach Hause zu fahren, ehe die Badgers das Spiel nach der Pause einstellten und den stolzen Wolverines zumindest die ganze große Blamage am Scoreboard ersparten.

Dennoch: RB Jonathan Taylor lief hinter einer total dominanten Offensive Line für über 200 Yards und QB Jack Coen machte über weite Strecken, was er wollte. Die große Geschichte bei Michigan diese Saison ist die schwache neue Offense (QB Shea Patterson wurde in diesem Spiel ausgetauscht und durch den etwas effizienteren QB Dylan McCaffrey ersetzt), aber die noch größere Enttäuschung scheint tatsächlich die Defense zu sein.

Die war in der Ära von Jim Harbaugh immer überragend. Doch obwohl DefCoord Don Brown als nationales Wunder gilt, bricht die Michigan-Defense dieses Jahr auseinander. Abgänge wie DE Gary, LB Devin Bush (beide Top-12 Draftpicks) oder DE Winovich (3rd Rounder) haben wohl doch größere Wunden hinterlassen als man dachte.

Michigan bleibt zwar als #20 gerankt und kann sich morgen gegen den Big-Ten Nachzügler Rutgers wieder rehabilitieren. Die Playoff-Ambitionen kann man nach diesem Abschuss aber wohl begraben, und in der Big Ten sieht man aktuell nicht wie ein veritabler Konkurrent für Ohio State aus. Ob sich Harbaugh über die Saison hinaus halten kann, wenn Michigan nicht schlagartig verbessert?

Unter der Woche

Die größte Geschichte war die Verkündung von Houston-Cougars QB D’Eriq King, seine Saison abzubrechen um sich 2020 ein letztes Jahr Spielberechtigung zu erhalten – King ist damit ähnlich wie vor einem Jahr QB Kelly Bryant auf dem Trip, seine College-Karriere zu maximieren: Maximal 4 Einsätze pro Saison erlauben dem Spieler ein „redshirt“ und damit ein fünftes Jahr am College.

Bryant, letztes Jahr in Clemson von Trevor Lawrence als Stamm-QB ersetzt, strebte hernach einen Wechsel an. Bei King steht ein solcher Transfer, trotz seiner momentanen Beteuerungen, weiter im Team von Dana Holgorsen zu bleiben, auch im Raum.

Sein Abschied kommt ohne wie bei Bryant als #1 QB entthront zu werden – und so abrupt, dass unweigerlich Stimmen aufkommen, die fehlende Wellenlänge zwischen ihm und Houston-Coach Dana Holgorsen vermuten: Holgorsens Air-Raid Version komme nicht ganz den Stärken des mobilen King entgegen. Nun munkelt natürlich schon alles vom einzig logischen Move: King 2020 nach Oklahoma.

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