Rivalry-Saturday Preview 2019

Letzter Großkampftag der College-Footballsaison 2019/20, ehe nächste Woche nur noch die Conference-Finals und vereinzelte Abschlussspiele stattfinden.

Es geht heute nicht nur um die Qualifikation für Conference-Finals, eine gute Ausgangsposition im Rennen um die College Football Playoffs und um den sechsten Sieg für die Bowl-Qualifikation, sondern mehr als in allen anderen Wochen der Saison um „die Ehre“ – zahlreiche Lokalderbys stehen auf dem Programm, und manches Team kann eine verkorkste Saison mit einem Sieg gegen einen Dorfnachbarn noch halbwegs retten.

Da ich nach einem tagelangen Seminar heute wieder auf Achse bin (heute steht Weisenblasen auf einem Christkindlmarkt in der Oberpfalz an), nur kurz zu den einzelnen Spielen. Wer es genau haben will, der möge bitte abbiegen zu Triple Option Blog von Jan Weckwerth oder zu Peter Schindler, wo bestimmt wieder jedes Spiel in die Pipette hinein analysiert wird.

Hier nur ein paar wichtige Storylines unterfüttert mit ein paar Einschätzungen unter Zuhilfenahme des aktuellen SP+ Rankings.

Frühschicht um 18h

Zentrales Thema um 18h00: Welcher Außenseiter kann seinen Top-4 Gegner mit Heimvorteil aus dem Playoff-Feld kegeln?

The Game: #13 Michigan Wolverines – #1 Ohio State Buckeyes (FOX). Michigan ist die auf dem Papier größte Bedrohung für Ohio States Halbfinal-Ambitionen, nachdem die Buckeyes nächste Woche „nur noch“ gegen Minnesota oder Wisconsin (das sie heuer schon einmal zerlegt haben) antreten muss.

Eine Vorschau auf Michigan vs. Ohio State kann nicht geschrieben werden ohne kurz auf die Vorgeschichte einzugehen. Es handelt sich bei diesen beiden Top-Programmen um historische Größen aus dem US-Midwest. Beide gehören zum sieben, acht Universitäten umfassenden erlauchten Zirkel der „Blaublüter“ (gemeinsam mit Alabama, USC, Notre Dame, Texas, Oklahoma, vielleicht noch Florida oder Georgia).

Die Rivalität wird entsprechend auch „The Game“ genannt. Nicht „Big Game“ oder „The big Game“. Einfach „The Game“. Das Spiel. In den Siebziger-Jahren erlebte diese Rivalry ihre absolute Blütezeit, als sich die beiden verfeindeten Headcoaches Woody Hayes (Ohio State) und Bo Schembechler (Michigan) im „Ten Year War“ gegenüberstanden – Woodys Aussage auf die Frage warum er in einem Blowout gegen Michigan kurz vor Schluss eine 2-pts Conversion versucht, ist legendär wie vielsagen: „Because I could’n go for three“.

In der zeitgenössischen Geschichte muss erwähnt werden, dass in Michigan seit nunmehr fünf Jahren der etwas kontroverse Jim Harbaugh am Werk ist. Harbaugh hat es geschafft, die Wolverines nach Jahren im Big-Ten Mittelmaß wieder relevant zu machen, und er hatte in zwei seiner vier Spielzeiten auch lange Zeit echte Playoffchancen. Doch letztendlich scheiterte Harbaugh bislang immer an – eben – Ohio State: 0-4 lautet seine Zwischenbilanz in den direkten Duellen. 2016 verlor man in der Overtime. Letztes Jahr wurde man, obwohl leicht favorisiert, mit 62-39 nach allen Regeln der Kunst verprügelt.

Weil Michigans „neue“ Offense 2019 zwar mittlerweile besser funktioniert als noch zu Saisonbeginn (sie ist schon an #26 der Offenses nach SP+ angelangt), aber im Verbund mit einer nicht mehr ganz epischen Defense (nur noch #5 nach SP+) eben nicht für ganz oben reicht, stehen die Chancen eher schlecht, dass es ausgerechnet heuer mit dem lang ersehnten Sieg über die Buckeyes klappen soll.

Denn Ohio State ist nach zahlreichen Advanced-Stats das beste Team im College Football. Wer die tödliche Rushing-Armada um QB Justin Fields und RB J.K. Dobbins stoppt, bekommt es mit dem schon sehr reifen Passspiel des mittlerweile schon als 1st-Round Prospect 2021 (also nach nächster Saison!) gehandelten Fields zu tun – und selbst dann geht es noch weiter, denn wer diese Mega-Offense als Komplex in den Griff bekommt, muss die Ohio-State Defense um den überragenden Pass-Rusher Chase Young überwinden.

Kurzum: Die Karten stehen schlecht. Wenn Ohio State nicht doch noch einen seiner in den letzten Jahren patentierten „Off-Days“ auspackt, ist es schwer an einen Michigan-Sieg zu glauben. Wer die Partie sehen will, muss irgendwo hin ausweichen, denn sie ist weder im ESPN-Player noch auf DAZN zu sehen, weil in den USA der Sender FOX die Rechte daran hat.


Palmetto Bowl: South Carolina – #3 Clemson (ESPN). South Carolina hat heuer schon Georgia auf dem Gewissen, doch jetzt kommt ein noch gefährlicheres Team: Titelverteidiger Clemson. Die Tigers waren zu Saisonbeginn durchaus wackelig und wankten gerade in den ersten Wochen mehr schlecht als recht durch die Saison.

Doch in den letzten Wochen läuft QB Trevor Lawrence wieder zu großer Form auf und zerlegt gegnerische Defenses auch wieder mit der Autorität, die man ihm als potenziellen Top-Pick im Draft 2021 schon vor der Saison zuschrieb. Lag es am einfachen Spielplan Clemsons?

Vielleicht. Doch auch ACC-Mittelklasse musst du erstmal mit diesen Clemson-Resultaten der Güteklasse 50-10 aus dem Weg räumen. Ich glaube, dass wir alle die Tigers mittlerweile unterschätzen, weil sie im September etwas unsouverän wirkten.

South Carolina hat ein cooles Heimstadion mit intensiver Fan-Base, in Will Muschamp einen knackigen Defense-Spezialisten als Headcoach und den Vorteil, befreit aufspielen zu können. Doch ich kann mir eigentlich kein Szenario vorstellen, in dem das reicht um Clemson gefährlich zu werden.


Clean, Old Fashioned Hate: Georgia Tech – #4 Georgia (ABC). Georgia ist 10-1 und trotz einer nicht immer restlos überzeugenden Vorstellung hier der glasklare Favorit: Die Bulldogs sind auch auswärts mit über 30 Punkten favorisiert.

Georgia Tech ist im Jahr 1 nach Paul Johnson 3-8 und an #103 nach SP+ gerankt. Der Übergang zur Geoff-Collins Offense scheint noch anzudauern, denn es wurden bislang keine 200 Offense-Punkte erzielt.

Abendschicht um 21h30

Iron Bowl: #15 Auburn – #5 Alabama (CBS). Auburn vs. Alabama hat schon zahlreiche Dramen geliefert – auch in den letzten zehn Jahren mit unvergesslichen Highlights wie dem Cam-Newton Comeback von 2010 oder dem Kick-Six 2013 – Spiele, die fast alle NFL-Höhepunkte „meines“ Footballlebens in den Schatten stellen.

Heute hat der patentierte Chaos-Agent Auburn mal wieder die Chance, den Spoiler zu spielen. Auf dem Spiel steht die erste Eliminierung Alabamas schon vor den Playoffs. Ein möglicher Vorteil für Auburn ist, dass man auf den Bama-Backup-QB Mac Jones anstelle von QB Tagovailoa trifft. Jones wird bestimmt im Passing etwas fabrizieren müssen, denn Auburn ist in der Front-Seven gut genug besetzt um das Bama-Laufspiel zumindest zu kontrollieren.

Jones hat natürlich den wahnsinnigen Receiver-Corps von Alabama zur Hand – WR Waddle, WR Smith, WR Jeudy und WR Ruggs sind alles angehende hohe Draftpicks – aber er wird auch einigen Druck in seiner Pocket sehen, denn Auburn wird über DT Derrick Brown die Pocket innen bearbeiten.

Auburns Defense ist nicht zu unterschätzen. Sie ist die #4 nach SP+. Sie hat Auburn in dieser Saison in jedem Spiel gehalten – die einzigen Niederlagen waren alle knapp: @Florida mit 11 Punkten, @LSU mit 3 Punkten und vs. Georgia mit 7 Punkten. Die Achillesferse der Tigers, die eine ernsthafte Chance auf den Gewinn der SEC verhindert hat, ist die nur mittelmäßige Offense, wo QB Bo Nix immer wieder gezeigt hat, dass er ein Freshman ist.

SP+ sieht Alabama auswärts mit 7 Punkten vorn.


Paul Bunyan’s Axe: #8 Minnesota – #12 Wisconsin (ABC). Neben der Axt zum Zerhacken des gegnerischen Campus steht hier auf dem Spiel: Der Finaleinzug ins Big-Ten Championship Game. Es ist das Play-in. Minnesota spielt unter Headcoach P.J. Fleck die beste Saison seit Äonen, während Wisconsin nach dem Upset @Illinois und einer klaren Pleiten @Ohio State im Oktober etwas von der Bildfläche verschwunden ist.

Nach SP+ sollte das Spiel eine ausgeglichene Angelegenheit sein: Minnesota ist mit Heimvorteil nur ca. einen Punkt vorn.


#8 Penn State – Rutgers (BTN). Fix eingeplanter Pflichtsieg für Penn State gegen Rutgers. Penn State hatten wir heuer oft: Gutes Team, dem für ganz oben ein bissl der Esprit in der Offense abgeht. Rutgers dagegen ist JEEEEEEEEEEZF*CKINGCHRIST. So schlecht, dass man jetzt noch nichtmal mehr einen neuen Headcoach findet, nachdem sogar der verzweifelte Greg Schiano seinem ehemaligen Arbeitgeber abgesagt hat.


Kansas – #9 Baylor (ESPN). Baylor ist mit Sieg im Big-12 Finale, was Fluch und Segen zugleich wäre. Segen, weil die Uni damit nach dem abscheulichen Sexskandal in der Ära Briles wieder positive Reputation holen könnte. Fluch, weil der ambitionierte Headcoach Matt Rhule mit jedem Sieg wieder attraktiver für offene Headcoach-Posten bei größeren Unis oder der NFL werden könnte.

Von solchen „Problemen“ ist Les Miles (Headcoach Kansas) noch ein Jahr entfernt. Der ulkige Miles hat heuer durchaus modernere Offense als gedacht spielen lassen. Wenn er diesen Trend nächste Saison fortsetzen kann und dann vielleicht 6 oder 7 Siege holen kann, könnte auch er noch einmal interessant für ein größeres Programm mit Playoffambitionen werden.

Abendschicht um 22h

Civil War: #14 Oregon – Oregon State (PAC12).
Stanford – #16 Notre Dame (FOX).

Westküsten-Football in der 22h-Schicht. Der Civil-War Oregon vs. Oregon State ist sportlich ziemlich unbedeutend geworden, weil Oregon letzte Woche in Arizona verlor, aber man kann ein paar gute Prospect u.a. QB Justin Herbert scouten.

Stanford vs. Notre Dame ist eine klassische Rivalry zwischen zwei Elite-Universitäten. Beide haben heuer enttäuscht, doch man kann nicht davon ausgehen, dass die Headcoaches David Shaw (Stanford) bzw. Brian Kelly (Unsere Liebe Frau im Walde) wackeln.

Nachtschicht um 1h

#2 LSU – Texas A&M (ESPN). Südstaatenduell in Baton Rouge. Ich bin mir relativ sicher, dass LSU mit einem Sieg heute unabhängig vom Ausgang des SEC-Finals nächste Woche sein Playoff-Ticket schon lösen kann. Texas A&M ist ein Gegner mit eher mauer 7-4 Zwischenbilanz, doch Vorsicht: Die Aggies haben einen hammerharten Schedule gespielt und nur gegen die absolute Elite verloren:

  • @Clemson 10-24
  • Auburn 20-28
  • Alabama 28-47
  • @Georgia 13-19

Nach SP+ ist Texas A&M ein Top-20 Team.

LSU bleibt trotzdem klar favorisiert (mit 2 TD). Der beste Weg für A&M würde im Ausnutzen der überraschenden LSU Defense-Schwächen liegen (Triple Option Blog hat hier in einem Mailbag auf meine Fragen geantwortet!), aber irgendwie sagt mit A&M-QB Kellen Mond nix. Seine Stats sind nicht grottenschlecht und man hört immer wieder, dass er ein verkapptes Juwel sei. Aber wenn ich ihn anschaue, fühle ich… nichts. Heute seine große Chance, daran was zu ändern.

Nachtschicht um 1h30

#6 Utah – Colorado (ABC). Utah mit dem Must-Win Game, will man seine winzige Außenseiterchance im Playoffrennen noch nutzen. Am besten wäre es, hoch zu gewinnen.


Sunshine Showdown: #11 Florida – FSU (SEC). Sunshine-Showdown in Gainesville, bei dem es für Florida um eine Einladung in eine der großen Neujahrs-Bowls gehen könnte. FSU denkt momentan nicht in solchen Dimensionen. Die Seminoles sind eher damit beschäftigt, den Nachfolger für den vor ein paar Wochen gefeuerten Headcoach Willie Taggart zu finden. Den wollte man so dringend loswerden, dass man keine Probleme damit hatte, Taggart 18 Mio. Abfindung in den Arsch zu schieben. Hauptsache Tschüss.

Wie sich die Headcoach-Suche in Tallahassee gestaltet? Nun – hier zwei Fun-Facts:

  1. Erst verkündete man, dass man eine Beraterfirma „und Booster“ konsultieren würde.
  2. Dann wurde Deion Sanders in möglicherweise direkter Verbindung zu Punkt 1 als möglicher Name kolportiert.

Nuff said.

Nachtschicht um 2h

Bedlam: #21 Oklahoma State – #7 Oklahoma (FOX). Letztes Spiel mit direkten Playoffimplikationen ist das Bedlam-Derby der beiden Flagship-Unis aus Oklahoma. Die Oklahoma State Cowboys sind nach einem turbulenten Saisoneinstand mittlerweile wieder gerankt und haben in der sehr Spread/Air-Raid lastigen MikeGundy Offense auch ein paar gefährliche Playmaker wie QB Spencer Sanders.

Aber Oklahoma muss als klarer Favorit angesehen werden. Die Sooners dominieren wieder einmal mit ihrer komplexen Air-Raid Mutation von Headcoach Lincoln Riley, die im Jahr 1 nach Kyler Murray bzw. in Jahr 2 nach Baker Mayfield nun im Alabama-Zugang QB Jalen Hurts den dritten Heisman-würdigen Quarterback in Serie Rekordzahlen abliefern lässt.

Oklahomas Problem ist die nicht immer sattelfeste Defense. Diese hat sich zwar vom enttäuschenden #78 Final-Ranking 2018 nach SP+ hochgearbeitet auf immerhin schon #41. Das reichte, um vor ein paar Wochen gegen Baylor lange genug zu halten um ein Comeback von 3-28 Rückstand in 34-31 umzuwandeln. Aber es langte nicht um Kansas States eigentlich eher unverdächtige Offense in Schach zu halten: Gegen K-state verlor man im Oktober 41-48 – genau die eine Niederlage, die am Ende zu viel sein könnte.

Ich habe schon gestern darüber geschrieben, dass sich Oklahoma trotz besserer „Overall-Effizienz“ als schwächerer Kandidat wie 2017 oder 2018 anfühlt. Könnte das daran liegen, dass die Sooners es in den letzten Wochen versäumt haben, ihre Gegner wie gewohnt abzuschießen und stattdessen eben auf solche Comeback-Wins wie gegen Baylor angewiesen waren.

Aber daran anschließend: Könnten diese „zu knappen“ Ergebnisse auch daran liegen, dass Oklahoma in den letzten vier Spielen gleich eine -7 Turnover-Bilanz eingefahren hat? Und dass es daran anschließend wiederum beeindruckend ist, dass man überhaupt viermal gewonnen hat?

Anyhow: Oklahoma hat genau den einen Weg in die Playoffs: Heute sehr deutlich gewinnen. Nächste Woche sehr deutlich gewinnen. Hoffen, dass Alabama heute gegen Auburn verliert (oder gewinnt und seeeeeeeeehr schlecht aussieht). Hoffen, dass LSU nächste Woche Georgia im SEC-Finale schlägt. Und hoffen, dass Utah nicht mit zwei ebenso deutlichen Siegen die Pac-12 mit 12-1 Bilanz gewinnt.

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5 Kommentare zu “Rivalry-Saturday Preview 2019

  1. Jonathan Taylor hat soeben seine 3. Saison mit 1.700+ Rushing Yards erreicht. Das hat bisher nur Herschel Walker geschafft.

  2. Ich weiß ja nicht, was DAZN die SEC Rechte kosten würde, aber nach so einem Iron Bowl sollte man sich eventuell mal damit auseinandersetzen. WOW what a game, ich persönlich würde es an Platz drei meiner persönlichen alltime Ironbowl Liste setzen (nach 2010 und 2013)

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