Silvester 2019: Bowl-Preview und NFL-Trainerkarussell

432ster und damit letzter Blogeintrag des Jahres – schließlich wird in den USA heute noch College Football gespielt. Und es gibt noch eine Trainerentlassung und mehrere Coaching-Posten aus der NFL zu diskutieren.

Pat Shurmur out

Die Giants haben Pat Shurmur dann also doch dem Arbeitsmarkt zugeführt – das galt im Vorfeld als nicht gesichert. Shurmur war zwei Jahre als Cheftrainer bei den Giants aktiv und fuhr eine 9-23 Siegbilanz ein. Doch kann man in New York die Bilanz an Siegen und Niederlagen wirklich dem Chefcoach in die Schuhe schieben, nachdem Shurmur von David Gettleman einen zur Perfektion getriebenen Selbstzerstörungsakt im Kadermanagement ausbaden musste.

Nicht unwitzig in dem Zusammenhang ist, dass die Giants in ihrem Statement drei aufeinanderfolgende schlechte Jahre kritisieren, nicht zwei:

Und trotzdem das Bauernopfer Coach über die Klinge springen lassen. Das lässt nur einen Schluss zu: Gettleman ist ein [bleeeeeeeeeeeeeeeeep]. Er hat einen (oft dokumentierten) desaströsen Job gemacht – um die katastrophalen sportlichen Ergebnisse nun dem Coach in die Schuhe zu schieben, der mit einem ausgebluteten Kader voller Managementbolzen arbeiten musste.

Shurmur gilt nach wie vor als brauchbarer Kandidat für einen Job als Offensive-Coordinator. Seine Headcoach-Bilanz allerdings in je zwei Jahren Cleveland und New York: Zweimal 4-12, zweimal 5-11. Autsch.

Wer will nun den Giants-Job? In der Ausschreibung:

  • Ein junger QB Daniel Jones mit so vielen Flauseln, dass ihn zahlreiche Experten für „nicht fixable“
  • Ein Mega-Draftinvestment in RB Saquon Barkley, das nicht schief gehen darf (weil ansonsten Gettlemans Scheiße ans Tageslicht kommt) und somit nach vielen Carries und in Kürze auch einem fetten Vertrag schreit
  • Ein Kader, der in Offense und Defense auf POUND THE FOOTBALL ausgerichtet ist und vor allem in der Verteidigung nach Rundumerneuerung schreit
  • Ein inkompetenter GM
  • Eine sich formierende Medienmeute im Big-Apple, die nach schnellen Resultaten schreit und die negativen Headlines schon Copy&Paste bereit auf dem Desktop gespeichert hat.

Immerhin ist die Owner-Situation wesentlich besser als z.B. in Washington. Doch würde ich in New York als Headcoach anheuern, meine #1 Anforderung an den Job wäre der Austausch des General Manager vor meiner Unterschrift – am besten mit Garantie, dass Gettleman minimum fünf Jahre nicht mehr angestellt werden darf.

In der NFC East ist damit aber noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht: In Dallas steht Jason Garrett vor dem Rauswurf – die Jones-Familie, sonst nie scheu vor Rampenlicht, hat gestern alle ihre Pressetermine abgesagt. Aber mal ehrlich: Was gibt es bei Garrett noch groß zu diskutieren?

Washington dagegen galt gestern als fixer Kandidat für die Anstellung von Ron Rivera als neuen Chefcoach. Die Gespräche allerdings haben sich mehr in die Länge gezogen als gedacht – es ist nicht mehr ausgeschlossen, dass Rivera sich nun auch andere Angebote anhören wird.

Die Redskins haben bezüglich ihrer „Kultur-Problems“ aber reagiert und Dan Snyder hat die Franchise verkauft immerhin den indiskutablen GM Bruce Allen gefeuert, nachdem sich kein Schwein für Jobs unter irgendeiner „Leitung“ Allens interessiert hatte. Allen ist ganz raus, nicht bloß raus aus GM-Aktivitäten. Er arbeitet nicht mehr für die Redskins.

Und noch was: Minnesota-OffCoord Stefanski gilt als heißer Kandidat bei mehreren Mannschaften – u.a. als großer Favorit von Browns-Strategie Officer Paul DePodesta. DePodesta hat den internen Machtkampf mit GM Dorsey noch nicht gewonnen, aber gute Argumente für den Sieg. Sollte er ins Rennen um Stefanski eingreifen, gilt als nicht mehr ausgeschlossen, dass die Vikings ihrerseits versuchen, Stefanski mit einer Beförderung zu halten… was das Aus von Mike Zimmer als Headcoach in den Twin Cities bedeuten würde.

Bei Cleveland ist auch zu beachten, dass sich Owner Haslam wieder massiv in die Trainersuche einmischt. Ein möglicher Kandidat ist Pats-OffCoord Josh McDaniels, der im Paket mit GM Dave Ziegler im Angebot sein könnte – das klang vor einem Jahr noch anders, als es so wirkte als wolle New England McDaniels als Belichick-Nachfolger aufbauen.

Bowl Season von heute

Damit zur Bowl-Season. Gleich eine Handvoll Bowls gibt es heute:

Belk Bowl: Virginia Tech – Kentucky (18h)
Sun Bowl: Florida State – Arizona State (20h / CBS)
Liberty Bowl: #23 Navy – Kansas State (21h45)
Arizona Bowl: Wyoming – Georgia Southern (22h30 / CBSSN)
Alamo Bowl: #11 Utah – Texas (1h30)

Und damit zur kurzen Fragerunde – heute nur mit Jan Weckwerth (@giannivanzetti / Triple Option Blog).


#1: Ich muss einfach fragen: Silvesterfeuerwerk oder Arizona Bowl mit Wyoming und Georgia Southern?

Jan Weckwerth: Bei aller Liebe zum College Football werde ich voraussichtlich doch lieber mit ein paar Leuten feiern. Je nach Laune werde ich bei dem einen oder anderen Spiel vielleicht mit einem halben Auge hinschauen, aber die Chancen stehen eher nicht so gut. Ihr werdet es bei Twitter erfahren.

Alamo Bowl

#2: Texas feuerte nach der Saison Offensive und Defensive Coordinator: Ein Zeichen, dass Tom Herman schon lame duck ist?

Jan Weckwerth: Glaube ich ehrlich gesagt noch nicht. Die Saison war insgesamt natürlich enttäuschend, doch halte ich von solchen Schnellschüssen rein gar nichts. Herman ist ein hervorragender Recruiter und ein kreativer Offense-Coach, von daher wäre ein wenig Geduld angebracht. Ich weiß aber natürlich, dass Geduld eine Tugend ist, die im Umfeld der Longhorns gar nicht vorhanden ist.

#3: Texas-QB Sam Ehlinger: Problem oder Lösung für die Longhorns mit Blick auf das Jahr 2020 und neuerliche Playoff-Träume?

Jan Weckwerth: Ehlinger hat sicher seine kleineren Limitationen im Passing, allerdings werden die Longhorns ganz sicherlich keinen besseren QB auf kurze Zeit aufbieten können. Neben WR Devin Duvernay war Ehlinger schon noch einer der Lichtblicke der Offense, auch wenn sich einige vielleicht eine größere Steigerung erhofft hatten.

Grundsätzlich hätte es bei so viel Potenzial mit einigen Rückkehrern wie WR Collin Johnson in der Offense gerne etwas mehr sein können, doch daran trägt sicher nicht nur Ehlinger Schuld. Immerhin wurde er nicht mehr so viel in short yardage-Situationen verbrannt, was ihm langfristig zugutekommen dürfte.

Playoffträume ist allerdings ein sehr hohes Ziel, was im Angesicht des 7-5 Records und größerer Umstellungen in der Defense aktuell recht utopisch erscheint. Nach DC Todd Orlando und seinem ungewöhnlichen Scheme hat Herman nun seinen alten Bekannten (und ehemaligen Rutgers HC) Chris Ash verpflichtet, den er schon aus gemeinsamen Zeiten bei Iowa State und Ohio State kennt. Ich bin gespannt, wie sich die Longhorns-Defense im kommenden Jahr präsentieren wird.

#4: Utah scheiterte ganz knapp vor dem Ziel seiner Träume (Rose Bowl). Warum hat es für die Utes doch nicht gereicht – und welche Stellschrauben muss HC Kyle Wittingham drehen damit es 2020 vielleicht reicht?

Jan Weckwerth: Ich würde berichtigen: Das Ziel der Träume war #4 und damit das Halbfinale gegen LSU. Utah hätte wohl auch eine bessere Rolle gespielt als Oklahoma.

Ich halte Kyle Whittingham für einen exzellenten Coach, der aus vergleichsweise wenig Talent enorm viel rausholt. Allerdings glaube ich Stand jetzt nicht, dass die Utes 2020 auf ähnlichem Niveau spielen können. Diese Saison war in vielerlei Hinsicht vielleicht die eine große Chance: Viele Schlüsselspieler entschieden sich, nicht in die Draft zu gehen, sondern für ihre Senior Season zurückzukehren (u.a. RB Moss, DE Anae, DT Fotu, DB Blackmon). Gerade die Defense wurde dadurch enorm aufgewertet und avancierte zu einer der allerbesten des Landes, gegen die wirklich keiner beständig laufen konnte.

Und wie es so oft ist, gibt dann manchmal ein schlechter Tag den Ausschlag. Im Pac-12 Championship Game konnte man Oregons Laufspiel um C.J. Verdell nicht stoppen – und Aus war der Traum von einer letztlich ja sensationellen Playoffteilnahme. Dieses Spiel wird Spielern und Fans der Utes noch lange im Kopf rumspuken, befürchte ich.

Und damit guten Rutsch

2019 war ein gutes Jahr. 2020 wird besser!

Sprengt euch bitte keine Extremitäten runter und passt auf euch auf. Wir lesen uns dann im nächsten Jahr.

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7 Kommentare zu “Silvester 2019: Bowl-Preview und NFL-Trainerkarussell

  1. Danke für dieses Jahr mit sehr vielen lesenswerten Beiträgen und Empfehlungen. Hab angefangen Schnelles Denken. Langsames Denken zu lesen.

    Rivera ist bei Washington fix. Erstaunlich schnelle Einstellung. Und in jedem Fall besser als Lewis.
    Bei Garrett geht es nur noch um 14 Tage, da Mitte Januar sein Vertrag zu Ende ist.

  2. Bei dem senilen Jerry Jones würde ich mich nicht Wundern wenn Garret bleibt.
    Das Problem ist Jerry selbst der ist im Prinzip
    Der choach und GM in einer Person, statt kompetenten Leuten das Ruder überlassen macht der alte sturrkopf alles selbst.

  3. Herzlichen Dank zu deinen tollen Analysen und Berichten, auch oft der anderen Art.
    Ebenfalls Dank an die Mitarbeit von Jan, Christian und Herrmann
    Ich wünsche Euch ein gutes neues Jahr
    Sawadee pi mai * สวัสดีปีใหม่

  4. Pingback: Kickoff zum NFL-Trainerkarussell 2020 | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!

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