Übersicht zum Start der NFL-Combine und zum Status der CBA-Verhandlungen

Guten Morgen am Montag.

Diese Woche ist NFL-Combine in Indianapolis. Ich habe in den letzten Jahren oft über diese Veranstaltung geschrieben – und wer will, der kann auf den alten Einträgen nachlesen, was an dieser Veranstaltung so besonders ist:

In aller Kürze: Es ist ein Sichtungstraining für 300 ausgewählte Draft-Prospects unter standardisierten Bedingungen. Es gibt zahlreiche allgemeine und individuelle Trainingseinheiten für verschiedene Positionen. Zu den allgemeinen zählen u.a. der 40-Yards Sprint, der Three-Cone-Drill, Hoch- und Weitsprung sowie Bankdrücken. Individuelle Einheiten sind positionsspezifisch. Dazu werden von jedem Prospect alle erdenklichen Körpermaße außerhalb des Intimbereichs abgenommen.

Die meisten Beobachter aber erzählen durch die Murmeltierschleife: Das wichtigste an der Combine sind nicht diese öffentlichen Einheiten, sondern vielmehr die Medizintests und die 15-minütigen Vorstellungsgespräche der Prospects mit den einzelnen Teams. Nach der Combine hat man meistens relative Gewissheit, wie es um die körperlich und mentale Fitness der Prospects bestellt ist.

Wer denkt, dass es sich bei den kurzen Interviews um normale Vorstellungsgespräche handelt, der irrt. Die Prospects werden mit listigen Fragen förmlich gegrillt – wir bewegen uns knapp unterhalb von „gehst du lieber mit Frauen oder mit Männern aus“, und würde es sich bei diesen Prospects um Frauen handeln, so wäre die Frage nach der Familienplanung bestimmt kein Tabu.

Der Zeitplan der heurigen Combine ist auch schon bekannt:

Verschiedene Positionsgruppen reisen jeweils an verschiedenen Tagen an und halten sich ca. 5 Tage lang in Indianapolis auf. An den ersten drei Tagen gibt es jeweils Interviews, Medizincheck, Körpermaße. Am letzten Tag finden dann die Workouts auf dem Feld statt – beginnend am Donnerstag:

  • Donnerstag 27.02. Tight Ends, Quarterbacks, Wide Receiver
  • Freitag 28.02. Special Teams, Offense Line, Runningback
  • Samstag 29.02. Defensive Line und Linebacker
  • Sonntag 01.03. Defensive Backs

Achtung: Es gibt heuer ein paar neue Drills. Auf der NFL.com Homepage kann man nachschauen, welche – nur, dass man dann nicht überrascht ist, wenn die Quarterbacks plötzlich Endzone-Fades werfen.

Bezüglich der Medicals sind natürlich alle Augen auf Tua Tagovailoa gerichtet. Der Star-QB von Alabama verletzte sich bekanntlich im November schwer an der Hüfte – nach wie vor ist der Öffentlichkeit nicht genau bekannt, ob es sich vielleicht nicht doch um eine Karriere-bedrohende Verletzung handelt.

Ein paar bekannte Prospects, die am College häufiger mit Verletzungsproblemen zu kämpfen hatten und daher möglicherweise ganz genau beobachtet werden: RB Zach Moss (Utah), OT Trey Adams (Washington), C Netane Muti (Fresno State), OT Lucas Niang (TCU), EDGE Terrell Lewis (Alabama) und K’Lavon Chaisson (LSU), DT Javon Kinlaw (South Carolina), CB Bryce Hall (Virginia) und CB Jaylon Johnson (Utah).

CBA-Verhandlungen

Doch die Draft-Prospects stehen in dieser Woche vorerst noch nicht im Mittelpunkt. Das viel dominantere Thema ist momentan die Verhandlung um den neuen Kollektivvertrag zwischen NFL und NFL-Spielergewerkschaft NFLPA. Ich habe darüber schon am Freitag ausführlich geschrieben.

Die NFL-Owner haben ihren Vorschlag offiziell als „friss oder stirb“-Vertragsentwurf auf den Tisch gelegt. Die NFLPA schien von der Art und Weise der Übermittlung des Vertrags überrascht zu sein und konnte sich in der Kürze der Zeit bislang weder mit allen Paragraphen beschäftigen noch sich zu einer Abstimmung durchringen.

Morgen trifft sich der „Rat der 32“ in der NFLPA zu einer Dringlichkeitssitzung. Das Prozedere ist einfach: Stimmen die 32 gewählten Vertreter der NFLPA mit einer Zweidrittelmehrheit für den Vorschlag der NFL, so geht der Vertragsentwurf weiter an alle Spieler. Diese können dann mit einer einfachen Mehrheit das neue CBA gutheißen.

Die NFL-Owner wollen offensichtlich eine Entscheidung innerhalb dieser Woche. Dieser Stress macht durchaus stutzig – und auch die Spitze der NFLPA scheint sich nicht ganz einig zu sein, wie man mit dem Vorschlag umgehen soll:

  1. Auf der einen Seite gibt es ein paar Fortschritte im neuen CBA: Anhebung der Personalkosten von 47% auf 48.5%, Anhebung der Mindestgehälter, verschiedene neue Boni
  2. Auf der anderen Seite konzentrieren sich viele Punkte im Owner-Vorschlag auf wirtschaftlich unwesentliche Punkte wie Trainingsbestimmungen und Rechtssprechung von Commissioner Goodell.
  3. Und weiter: Die Owner behalten sich nach wie vor mehr als 50% vom NFL-Umsatz. Es gibt keine Änderung am Rookie-Vertragssystem, und die NFL scheint weiterhin einen Cap-Floor von 90% sowie die Franchise-Tag zu behalten.

Für den gemeinen Fan ist die größte Auswirkung die mögliche Einführung zweier zusätzlicher Playoffspiele sowie die mögliche Implementierung eines 17. Regular-Season Spiels pro Team.

Eine genaue Einschätzung der einzelnen Punkte kann man bei Jason Fitzgerald von OvertheCap nachlesen – sie ist relativ neutral und nicht wie die meisten Medien von NFL-Ownerseite aus gesteuert.

Was nun?

Verschiedene Vertreter von Spielerseite aus haben sich bereits äußerst negativ dem CBA-Vorschlag gegenüber geäußert. Dass das allein simple Verhandlungstaktik ist, glaube ich eher nicht – die Owner wollen (zumindest offiziell) gar nicht verhandeln! Sie wollen entweder Zustimmung oder Lockout der Verhandlungen für mindestens 13 Monate.

Warum dieser Stress von Seiten der Owner?

Antwort: Money. Die meisten wichtigen TV-Verträge laufen nach Ende der Saison 2022 aus (außer ESPN schon nach Ende von Saison 2021) und die NFL möchte eine möglichst gute Verhandlungsposition bei der Verlängerung dieser TV-Verträge. Sie sollen extrem lukrativ werden – man erwartet eine förmliche Umsatzexplosion.

Und die Owner bringen sich in die bestmögliche Verhandlungsposition mit den Networks, wenn sie möglichst schnell Klarheit über den Rahmenvertrag mit den Spielern hat. Wie würde ein Network reagieren, wenn es solche massive Unklarheiten bis hin zu einem drohenden Lockout gibt?

Man könnte natürlich auch Teufels Advokat spielen und behaupten, dass eine schnelle Zustimmung der Spieler auch deren eigenen Interessen entgegenkommt, weil sie von besseren TV-Verträgen finanziell ebenso profitieren – die Salary-Cap ist prozentuell an den NFL-Umsatz gekoppelt. Doch das wissen beide Seiten.

Wo die NFL-Owner 2011 über fassungslos gute Verhandlungsmacht verfügten, weil sie selbst bei einem Saisonausfall die Gelder der Networks kassiert hätten, ist diese Position mit den anstehenden TV-Verhandlungen diesmal etwas geschwächt. Die Spieler könnten diesen Hebel nutzen, den Vertragsentwurf niederstimmen, 13 Monate warten und dann mit reinem Tisch und dem Ziel auf 50% zu kommen neu beginnen.

Doch die Spieler haben ein Problem: Sie haben im Gegensatz zu den Ownern nicht alle das gleiche Ziel. Veterans, Superstars, Rookies, Lückenfüller – sie alle profitieren bzw. verlieren in unterschiedlichen Ausmaßen, je nachdem wie einzelne Details im Vertrag verhandelt werden und je nachdem wann der Vertrag unterzeichnet wird. Diese gefühlte Uneinigkeit sowie die nicht immer souverän auftretende NFLPA-Spitze macht die nächsten Tage sehr, sehr spannend.

Ein kleiner Nebeneffekt: Die Combine war in den letzten Jahren stets auch sowas wie ein klammheimlicher Start der Free-Agency. Front-Offices und Spieler begannen sich auf die Transferperiode vorzubereiten und betrieben in den Hinterzimmern in Indianapolis fleißig Networking. Sofern es in den nächsten Tagen zu keinem CBA-Abschluss (und keiner Ablehnung) kommt, dürfte das diesmal anders sein – denn Ungewissheit über das CBA bedeutet auch Ungewissheit in der Planung für 2020.


Wer übrigens wissen will, warum die Spieler durchaus nicht falsch liegen, den Owner-Entwurf niederzustimmen, der kann sich bei Business-Experte Andrew Brandt in der Timeline einklinken. Brandt hat langjährige Erfahrung auf beiden Seiten am Verhandlungstisch und sein Urteil fällt recht eindeutig aus: Spieler sollten sich von den Ownern nicht aufschrecken lassen. Sie können abwarten und haben mehr Verhandlungsmacht als man glauben würde.

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9 Kommentare zu “Übersicht zum Start der NFL-Combine und zum Status der CBA-Verhandlungen

  1. Hand Size Tag bei der Combine… LOVE IT. Knüller dieses Jahr: Tua hat zwei unterschiedlich große Hände 🙂

  2. Habe ich das richtig verstanden, Tua ist eigentlich Rechtshänder und macht alles sonst mit der rechten Hand, aber wirft mit der linken? Wie ist so etwas überhaupt möglich?

  3. Wahrscheinlich durch Training. Rafael Nadal spielt ja auch mit links Tennis, obwohl er Rechtshänder ist. Insgesamt wird das Gehirn vielleicht gleichmäßiger trianiert und ausgelastet?

  4. @JM
    O‘Sullivan spielt mit beiden Händen auf Weltklasseniveau Snooker, dass ist dann beindruckend. Gibt da auch einen Spieler der sonst alles mit rechts macht, aber mit Links spielt.

  5. Im Fußball sind ja auch viele beidfüßig. Andi Brehme hat in einem WM Semifinale einen Freistoß mit links ins Tor geschossen und dann ein paar Tage später im WM Endspiel den Elfmeter mit rechts verwandelt.

  6. Viele ist übertrieben, wirklich Beifüßig sind die allerwenigsten.
    Andi Brehme war im Sinne des Wortes beidfüßig. Hat beide Außenbahnen gleich gut gespielt. hat Freistöße aller Art mit beiden Füßen geschossen. Das macht z.B. auch Santi Cazorla.
    LeBron ist auch Linkshänder und seine Wurfhand ist Rechts.

  7. @Klappflügel

    Snooker ist aber ein Vergleich, der ein bisschen hinkt. Das Links- und Rechts-Spiel wird von den Spieler absichtlich trainiert. Ronnie gehört natürlich zu den Besten im Fach. Aber die anderen Spieler trainieren es ebenfalls.

  8. @Der Sofasportler
    Als Ronnie das erste mal mit links gespielt hat gab es einen Skandal. Er würde den Gegner nicht ernst nehmen und ihn lächerlich machen.
    Daher musste er danach demonstrieren dass er mit links genau so gut ist.
    Normal war das zumindest damals nicht.

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