Guten Morgen.
CBA-Themen überlagern derzeit das Thema NFL-Combine, daher heute ein kurzer eigener Eintrag dazu.
Gestern kursierten zwei wesentliche Gründe, warum sich auf Spielerseite sehr wahrscheinlich eine Mehrheit für den CBA-Vorschlag der Owner finden wird.
#1 Anhebung der Mindestgehälter für Spieler
Tom Pelissero (vom NFL Network wohlgemerkt!) war einer der ersten (oder der erste), der zu diesem Thema konkrete Zahlen beisteuern kann. Sie sind in dieser Tabelle aufgelistet. Die in der grün markierten Spalte angeführten Zahlen repräsentieren die „accrued seasons“ eines Spielers – die Anzahl der „Arbeitsjahre“, die der Spieler in der NFL bereits gesammelt hat. Je länger er in der Liga ist, desto höher ist sein Mindestlohn:
(Hier die Entwicklung von 2011 – 2020 unter dem alten CBA)
Die Zahlen zeigen: Es gibt einen recht krassen Spike der Mindestgehälter im Jahr 2020, das eigentlich noch zum alten CBA gehört hätte. Ein Rookie hätte heuer unter dem alten CBA 510.000 USD kassiert. Im neuen sind es 610.000 USD. Ein Anstieg von fast 20%. Die Owner können das gegenüber den billigen Spielern als Goodwill verkaufen.
Aber Vorsicht! In den darauf folgenden Jahren bleibt die jährliche Anhebung der Mindestgehälter, wenn man sie in absoluten Zahlen bemisst, quasi linear: Als Beispiel 50.000 bzw. 45.000 USD Zuwachs pro Jahr für Rookies.
Der Trick steckt in der relativen jährlichen Anhebung der Mindestgehälter – und dort zeigt sich: Für die ersten paar Jahre steigen die Mindestgehälter nun auch relativ recht okay an, aber hinten raus in diesem CBA haben wir wieder das alte Lied: Minimale prozentuelle Erhöhungen. Vergleich das mit dem jährlichen Anstieg der Salary-Cap (zuletzt um die 6% pro Jahr) und/oder der Inflation, und schon sieht der Deal nur mehr halb so lecker aus.
Und noch ein Detail: Die quicke Lohnerhöhung von 2020 kompensiert im Prinzip nur das, was in den letzten Jahren dort verloren ging, weil im letzten CBA ähnlich schlecht verhandelt wurde.
Überhaupt fühlt sich das Thema „Mindestlohn“ in einem Konstrukt wie dem NFL-Salary Cap weniger wie ein Thema für die Owner an, mehr für die Spielergewerkschaft selbst. Den Ownern kann es simpel gesagt relativ wumpe sein, wer wieviel kriegt, solange sie immer 48% oder 50% oder [setz irgend eine Zahl ein]% an die Spieler abgeben müssen.
Dass sie das Thema nicht aus der Hand lassen, hat natürlich einen simplen Grund: Verhandlungsmacht und Druck gegenüber der NFLPA, die so viele unterschiedliche Interessen vertreten muss, weil ein Gros ihrer Spieler mit Minimalgehalt abgefrühstückt wird.
Fazit: Die Anhebung der Mindestgehälter ist natürlich erstmal real und auch spürbar, fühlt sich aber mit Gesamtbild ziemlich hohl an – gerade, wenn wir beachten, wie krass die Salary-Cap mutmaßlich ansteigen wird.
#2 Abänderung der Compensatory-Pick Regelung
Künftig sollen Spieler, die auf dem Transfermarkt niedrige Verträge (die Rede ist von 1-Jahresverträgen unter 1.75 Mio) unterschreiben, nicht mehr gegen die Compensatory-Pick Regelung gerechnet werden.
In den letzten Jahren mussten solche Spieler oft lange warten bis sie einen Vertrag bekamen, oft bis in den Sommer hinein, weil Teams sich mit der Aussicht auf den einen oder anderen Compensatory-Pick scheuten, diese Spieler unter Vertrag zu nehmen und den Pick zu verlieren.
Die Hoffnung scheint nun zu sein, diesen Veterans die Aussicht auf schnellere Vertragsangebote und somit mehr Sicherheit zu geben und sie damit für eine CBA-Unterschrift zu ködern.
Meine Einschätzung
Es gibt bestimmt Punkte, die ich gerade übersehe, aber diese beiden oben abgeführten Themen wirken in erster Linie wie billige (bzw. kostenlose) Zugeständnisse, mit der die NFL-Owner und eventuell auch die NFLPA-Spitze die „Unterschicht“ unter den NFL-Spieler für ein „Ja“ ködern wollen.
Die Owner können sich ein schnelles JA erkaufen, ohne bei den wirklich relevanten Zahlen – Prozent-Anteil der Personalkosten an der Salary-Cap sowie Minimum Spending-Floor – keine weiteren Zugeständnisse machen zu müssen.
Mindestgehälter wirken sich auf die Brieftaschen der Owner nur minimal aus. Sie sind eher aus kader-planerischer Sicht für die Front-Offices relevant. Sie dürfen allerhöchstens nicht zu hoch werden, damit der Pöbel auch beim nächsten Mal gierig bleibt – wobei: So wie wir den Menschen kennen, ist noch nichtmal das fix. Und die Compensatory-Pick Regel dürfte wirtschaftlich so gut wie irrelevant für die Owner sein.
Treffen diese Vermutungen zu, dann gibt die NFLPA-Spitze kein gutes Bild ab. Sie wälzt die Verantwortung auf die Spieler ab, die in ihren Interessen total gespalten sind und sich wesentlich oberflächlicher mit dem Thema beschäftigen können, anstatt mit Weitblick einen (offensichtlich durchaus möglichen) besseren Deal anzustreben – mit dem Risiko eines kurzen Holdouts. Demokratie ist nicht immer der beste Weg – in diesem Fall ist es sogar offensichtlich nicht der ideale Weg für die Spielergewerkschaft und somit auch für die Spieler, die hier womöglich besser vor sich selbst geschützt werden müssten.
Das liest sich jetzt fast so, als ob sich die Spieler zum 2. Mal hintereinander von den Ownern böse ausspielen lassen…
Aus reiner Fan Sicht dagegen sicher besser, wenn es früher als später zu einem Vertrags Abschluss kommt. Arm wird von den ganzen Protagonisten keiner, wenn sie es nicht selbst verschulden. Aber dann ist egal ob 500.000 pro Jahr, 600.000 oder 20 Millionen, dann verschulden sie es immer selber.
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Bin da weiterhin sehr, sehr skeptisch ob der NFLPA als Gewerkschaft. Halte sie immer mehr für einen Witz.
Aber ist ja nicht mein Problem^^
Wenn man bedenkt wie sich die Arztrechnungen in den USA so gestalten, die durchschnittliche Verweildauer in der Liga hinzu nimmt, und das ganze in Verbindung setzt mit dem Mindestgehalt sehe ich die Erhöhung zwar als Fortschritt aber noch immer als äußerst Arbeitgeberfreundlich.
Ein Punkt der in den Diskussionen etwas untergegangen ist: bevor die NFLPA über den Vertragsentwurf abgestimmt hat, hat es eine Anpassung gegeben, wonach die relative Mehrheit der Stimmen ausreicht um diesen durchzuwinken. Vorher hätten 2/3 der Spieler dafür sein müssen. Ich frage mich, von wem aus diese Änderung ausgegangen ist. Weiß da jemand mehr? Die Abstimmung selbst ist knapp ausgegangen (17-14-1), das hätte ursprünglich nicht gereicht.
@Buddy: Ja, das war hier auch Thema… Hab das auch nicht verstanden, aber das passt irgendwie ins Bild. NFLPA macht ein bisschen den Eindruck von einer Owner Strohmannorganisation in diesem Moment.
Deal ist natürlich trotzdem nicht ganz mies für die Player, aber wenn man Artikel wie diesen liest, bekommt man einfach den Eindruck, daß da mehr gehen müsste, aber die NFLPA ihre Klienten nicht genug vertritt.
Der neue CBA wird in den Medien massiv kritisiert. Die Spieler lesen das doch auch und sollten den so noch nicht annehmen. Ich bin mir sicher, die Owner haben noch eine Reserve eingeplant, falls der CBA in der ersten Abstimmung durchfällt. Die Owner sind Milliardäre, die haben immer noch einen Plan B in der Schublade. Die NFL-spieler wären dämlich, wenn sie sich mit dem ersten Vorschlag abspeisen lassen. Sie haben mMn nichts zu verlieren, wenn sie dieses erste Angebot ablehnen.
@Dizzy: Einige Spieler vielleicht, aber dass sich die Spieler ordentlich informieren, ist ein Trugschluss. Die meisten interessieren sich genau für eine Zahl: +x% Mindestlohn-Steigerung im nächsten und übernächsten Jahr.
Es wäre vermessen zu glauben, dass sich Spieler anders/besser informieren als die Masse vor Wahlen und anderen Abstimmungen.
Ich halte es von der NFLPA-Spitze für ziemlich verantwortungslos, einen Deal, der offensichtlich noch verbessert werden kann, „halbfertig“ rauszugeben und die Verantwortung über die Entscheidung den Schwächsten zu überlassen.
Ich bezweifle das Mark Davis 1 Mrd in Dollar hat.
Das alte CBA gilt eh noch ein Jahr, aber was die Spitze da treibt verstehe ich nicht.
Das die Armen da unten dazu ja sagen ist logisch, aber die NFLPA hätten es ablehnen sollen.
Aber irgendwas hat sie zur Eile und Spaltung getrieben.
Die (also die NFLPA) sind halt reine Werkzeuge der Owner. Man muss sich ja alleine die unterirdische Verhandlungstaktik mal vor Augen führen: Die Owner machen schon seit Monaten zwischen den Zeilen und beizeiten auch explizit Druck, dass sie einen schnellen Abschluss wollen. Und die einzige Reaktion der NFLPA auf den Vorschlag ist, dass sie „überrascht“ sind davon, dass die Owner so schnell eine Entscheidung haben wollen. Das ist derartig lächerlich und unterirdisch, da kann man die NFLPA einfach nicht Ernst nehmen. Die haben sich im Rahmen von 2011 und seitdem systematisch aus der öffentlichen Meinung rausdrängen lassen und haben jetzt weder medial noch am Verhandlungstisch auch nur ein Jota von Leverage – obwohl sie rein von den Fakten her genug davon hätten, wurde ja bereits von korsakoff super thematisiert hier.
Die Owner sind einfach knallhart und die NFLPA hat nicht den langen Atem, sich da sinnvoll aufzustellen – und will das wohl auch nicht, weil sie so ja einfach ohne Streitereien in ihrem gemachten Nest sitzen und genau wissen, dass die Mehrheit der Spieler sich darüber nicht aufregen wird, weil sie ja mehr bekommen – und die Minderheit der teuren Superstars, die auch mehr Öffentlichkeit bekommen würden tun sich halt schwer jetzt eine Kampagne zu fahren, denn: Einerseits müssten sie sich gegen ihre Owner stellen und andererseits müssten sie der Öffentlichkeit erklären, dass sie – Hausnummer – 100 Millionen-Verträgen nicht zufrieden sind und lieber 150 Millionen hätten – das macht keine guten Schlagzeilen, vor allem wenn die Medien großteils von den Ownern gesteuert sind. Und wenn sie sich den Kampf für die Mindestgehalts-Spieler der NFL an die Fahnen heften, dann wird es auch ziemlich schwer da glaubwürdig zu werden, wenn genau diese Spieler ja zufrieden sind mit dem neuen Deal.
Die Spieler sind im Moment nicht in der Lage sich langfristig zu organisieren. Ist auch irgendwo verständlich, weil der allergrößte Teil der heute Aktiven 2011 noch nicht dabei war – und diejenigen die es sind, sind eh schon superreich. Umgekehrt hat sich bei den Ownern kaum etwas geändert, die tun sich somit viel leichter eine wirklich langatmige Strategie zu fahren und die meisten kennen sich damit halt auch in ihren Geschäftsfeldern aus und haben da einfach mehr Erfahrung.
@Philipp: Super zusammengefasst! Aber mir bleibt eine Frage: Warum sind die Player in anderen Ligen wie NBA oder NHL besser dran?
Mehr Leverage, oder sind die Owner dort schwächer, oder haben sich dort die langen Holdouts oder gar Season Lockouts bezahlt gemacht?
Das sind glaub ich andere Situationen. Grade in der NBA kenne ich mich aber nicht gut aus, in der NHL bin ich auch nicht mehr extrem am Puls, also das bitte bei den nachfolgenden Überlegungen bedenken. Dazu kommt, dass ich nicht weiß, wie der Abstimmungsmodus seitens der Spieler in den anderen beiden Ligen abläuft:
NHL: Der größte Unterschied der mir hier auffällt ist, dass die Spieler andere Optionen haben. Während der letzten Lockouts (die gab es in der NHL ja durchaus häufig, verglichen mit der NFL) haben viele Spieler in Europa oder Russland gespielt. Dazu gibt es die Farmligen, in denen vieles einfach weiterläuft und zu denen auch Zuschauer kommen und wo für die Spieler Geld reinkommt.
In der NFL existiert eine solche zweite Reihe und auch die Option Europa nicht. Letztere wahrscheinlich, weil bei Football in Europa einfach nicht die Kohle dahinter ist und die Qualität einfach um Welten niedriger. Beim Eishockey ist der Abstand da bei Weitem nicht so groß, da kann man in Europa und Russland sehr gut in Schuss bleiben für ein Jahr.
Dazu kommt: In der NHL sind sehr viele Spieler nicht US-Amerikaner, selbst abzüglich der vielen Kanadier gibt es doch sehr viele Europäer und Russen. Es könnte sein (ist aber sehr spekulativ, da bin ich mir nicht sonderlich sicher), dass es da schon einen grundsätzlichen Kulturunterschied gibt und sich die Spieler deshalb besser organisieren. Gewerkschaften sind in Europa ja viel besser und akzeptierter in der Gesellschaft verankert und damit könnte es auch sein, dass die Spieler viel eher gewillt sind, kollektiv für ihre Rechte zu kämpfen.
NBA: Hier sehe ich vor allem erstmal einen großen Unterschied in der Anzahl der Spieler. NBA-Teams bestehen in der Regel aus 5 sehr gut bis astronomisch bezahlten Startern und insgesamt maximal – so weit ich das bei Wiki grade überblicke – 17 Spielern. Das bedeutet, wenn ich mich nicht irre, dass es wesentlich mehr sehr reiche Spieler und wesentlich weniger „Basisgehalt-Pöbel“ (im Kontext dieses Artikels zu verstehen) gibt, wodurch die reichen Spieler mehr Macht haben.
Außerdem herrscht in der NBA – trotz der aktuellen Hongkong-Geschichte – bei den Spieler eine viel größere Akzeptanz sich zu sozialen Problemen auch zu äußern. Wo in der NFL Kaepernick football-technisch komplett vernichtet wurde (und das natürlich in stillschweigender Übereinkunft aller Owner, weil es hätte ihn ja einfach jemand signen können), so äußern sich die Topstars der NBA laufend regierungs- bzw. mainstreamkritisch zu genau den gleichen Themen. Auch das zeigt, dass die Spieler eine viel größere Stimme haben und dass sie ihre Agenden auch viel freier, abseits ihrer Owner vertreten können.
Damit stehst du in eventuellen CBA-Verhandlungen natürlich schon mal einem ganz anderen Selbstverständnis gegenüber als in der NFL, wo die Masse der Spieler ganz genau weiß, dass sie durch Training Squad-Spieler komplett austauschbar ist und sich dementsprechend nur in einem sehr gewissen Rahmen, oder halt wenn man Richard Sherman, Aaron Rodgers & Co. heißt, traut aufzumucken.
@Klappflügel:
Mit neuem CBA treten auch die neuen Regelungen in Kraft. Das ist ja das Prinzip:
Unterschreibt jetzt und ihr bekommt nächstes Jahr 100 000 mehr. Lasst es bleiben und ihr bleibt bei dem Gehalt.
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