Bisherige Gewinner und Verlierer der Free Agency mit dem WAR-Verbesserungsindex

Ich habe es vor Monaten schon einmal kurz angeschnitten: WAR, Wins above Replacement, ist eine der vielversprechendsten Metriken im Football. Sie misst den Einfluss einzelner Spieler, Positionen oder anderer Elemente auf das Geschehen am Feld.

PFF hat seine Version von WAR nun über Monate im Labor entwickelt und getestet und beginnt sie immer stärker auf seiner Website einzubauen. Kevin Cole hat nun eines der möglichen Einsatzgebiete von WAR aufgezeigt: Den „WAR Improvement Index“ – wie viel besser oder schlechter machen bestimmte Moves mein Team?

Die WAR-Metrik nach PFF-Auslegung ist in den letzten Monaten immer wieder verfeinert worden. Noch ist sie offenbar nicht reif genug um sie im PFF-Elite Paket auch für die Masse freizugeben, doch in den letzten Wochen ist die Metrik immer offensiver auf der PFF-Seite propagiert worden.

Es handelt sich kurz gesagt um einen „Mehrwert“ bestimmter Elemente, z.B. von Spielern. Als Basis-Wert („Replacement-Level“) ist eine 3-13 Siegbilanz ausgewiesen – Annahme: Ein Team aus lauter Replacement-Level Spielern geht im Schnitt 3-13. Eine genauere Erklärung hier.

Auf Basis des PFF-Grading Modells werden verschiedenen Spielern auf Basis des Einflusses ihrer Positionen und ihrer Leistung WAR-Werte zugeordnet. Positiver WAR ist natürlich eine Verstärkung. Negativer WAR natürlich nicht so optimal.

Anhand des WAR-Modells kann man grob abschätzen, wie viel individuellen Impact ein einzelner Spieler auf die Leistung / Performance seiner Mannschaft hat. Natürlich ist die Metrik nicht perfekt, aber sie ist die momentan beste quantifizierbare Annäherung an individuellen Spielerwert. Sie zeigt z.B.: Nicht einmal Quarterbacks können ihr Team in dem Ausmaß tragen, das man gemeinhin annimmt.

Ein Beispiel? Dak Prescott war 2019 der dritt-wertvollste Quarterback in der NFL. Sein WAR betrug 2.4 Siege über Austauschbarkeit. Es gibt natürlich ein paar Ausreißer: Brady in seiner Ausnahmesaison 2017 hatte zum Beispiel 5.4 WAR, aber selbst das war wesentlich mehr als z.B. Mahomes 2018 (4.3 WAR).

Quarterbacks sind trotzdem natürlich wesentlich wichtiger als andere Positionen: Der wertvollste Safety 2019 z.B. war Denvers Justin Simmons mit 0.85 WAR. Die besten Cornerbacks und Receiver haben in der Regel knapp über 1 WAR/Saison.

Genauere Zahlen sind noch nicht bekannt, aber Kevin Cole hat oben angesprochenes interessante, sehr holistische Modell entworfen, in dem er abschätzt, welche Teams sich um wieviel in der Free Agency verbessert bzw. verschlechtert haben. Dabei wiegt er Abgänge mit Neuzugängen gegenseitig auf. Es gibt keine Berücksichtigung für das Re-Signing von Spielern. Neue bzw. abgegebene Spieler werden anhand ihrer Projection für 2020 bewertet – die ist u.a. abhängig von vergangener Leistung, Konstanz und Alter, aber auch von der bisherigen Qualität der Kaderbesetzung beim einkaufenden Team.

Nicht immer kommt bei den Moves ein erwartetes Ergebnis dabei heraus: Zum Beispiel wies das Modell für den Abgang von Dallas-WR Randall Cobb einen positiven WAR, also positiven Effekt auf den Cowboys-Kader aus!

Der Browns-Einkauf von TE Hooper ist mit 0.14 WAR z.B. fast gleich effizient wie der Bills-Trade für WR Diggs, der um die 0.20 WAR bringt.

Der QB-Tausch von Jameis Winston auf Tom Brady ist nach diesem Modell auch nicht so krass wie erwartet: Die Buccs gewinnen netto „nur“ rund 0.30 WAR, also erwartete 0.3 Siege für die kommende Saison, vergleichen mit der QB-Performance im letzten Jahr.

Das ist in etwa so viel wie die Colts mit der Verpflichtung von Philip Rivers gewinnen – oder die Cardinals mit dem Einkauf von WR Nuk Hopkins (die Texans verlieren ca. 0.3 WAR durch Hopkins‘ Abgang und gewinnen quasi null durch den Zugang von RB David Johnson).

Weiteres Beispiel: Die Lions gehen durch den Verkauf von CB Slay und die gleichzeitige Verpflichtung von CB Trufant ziemlich genau pari aus: Gewinnen 0.08 WAR und verlieren in etwa diesen Wert durch Slays Verkauf an die Eagles.

Heraus kommen Charts wie die folgenden von Cole in den letzten Tagen auf Twitter publizierten und täglich aktualisierten:

Wir sehen: Colts und Cardinals sind unter den am meisten verbesserten Teams mit ca. +8% an Verbesserung gegenüber ihren Vorjahresversionen. 8% entsprechen je nach letztjähriger Stärke eine Verbesserung 0.30 bis 0.35 WAR gegenüber der letzten Saison.

Auf der anderen Seite des Spektrums sind lauter Teams mit Abgängen auf Quarterback: Jacksonville (ja…), Chargers und jeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeezzzz, ganz am Ende durch den Abgang von QB Brady die Patriots! Die sind zwar konstant unter den Teams, die am meisten individuellen Value nach WAR abgeben (Belichick ist wenig überraschend der WAR-Kreator #1 in der NFL), doch bislang konnte man auch dank Brady diese Verluste gut kompensieren.

Die Texans haben es geschafft, ohne einen Quarterback-Verlust total mies dazustehen, aber wir wissen bereits in Teilen, warum. Doch auch DT Readers Abgang nach Cincinnati war nicht unerheblich und ist nach Value mit CB Slays Abgang in Detroit zu vergleichen (weniger wichtige Position, aber Spieler im richtigen Alter).

Die Titans konnten zwar QB Tannehill halten, verlieren aber in OT Conklin ca. 0.1 WAR, in EDGE Cam Wake ca. 0.09 WAR und in DT Jurrell Casey ca. 0.08 WAR. Das plus die erwartete Regression von QB Tannehill müssen uns schon jetzt einigermaßen skeptisch machen, wenn wir auf 2020 schauen.

Über die Patriots muss ich noch separat schreiben.

Die Bears haben es geschafft, trotz eines Quarterback-Einkaufs auf der Verlust-Seite zu stehen – die Trennung von CB Amukamara ist ein wichtiger Grund dafür. Die Lions sind interessanterweise trotz des Slay-Verkaufs auf der positiven Seite des Spektrums – und nein, die Verpflichtungen von LB Collins und OT Vaitai sind nur marginaler Grund dafür, denn sie haben kaum 0.03 WAR gebracht. Also ein Nullsummenspiel.

Das Gebaren der Vikings sieht auf diesem Sheet auch weniger schlimm aus als es sich angesichts der Moves ins Mittelmaß anfühlt – Headcoach Zimmer gebe ich keine 12 Monate mehr.

Insgesamt ist es ein aufregendes Tool, das einige Erwartungen an Neuverpflichtungen ins rechte Licht rückt und neu kalibriert. Doch wirklich interessant wird es erst, wenn PFF irgendwann mal die WAR-Metrik auch für Subscriber freigibt.

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9 Kommentare zu “Bisherige Gewinner und Verlierer der Free Agency mit dem WAR-Verbesserungsindex

  1. Ist mit Bradys Ausnahmesaison wirklich 2017 gemeint? Klar war er da MVP, aber so krass überragend und gefühlt schon gar nicht besser als Mahomes 2018 und 2019? 2007 würde da doch eher passen, falls die Werte schon für so lange zurück liegende Saisons vorliegen, oder? Grüßle

  2. Nein, 2017.

    Das Jahr, in dem Brady die vertikalste Offense seit 2007 spielte.

    2007 hatte Brady WAR = 4.50.

    Die beste Saison nach WAR (seit 2006 verfügbar) war Brees 2011 mit 5.54 WAR.

    Woran das alles genau liegt, kann ich gerade nicht sagen. Dafür ist über WAR noch nicht genug bekannt.
    Brady hatte 2007 die höheren PFF-Grades als 2017, aber mit Ausnahme der 12-Spiele Saison 2016 war 2017 für Brady das zweitbeste Jahr nach PFF-Grades.

  3. Krass. Hätte ich so niemals vermutet. Also ich hab die 07er Saison nicht live erlebt, aber gerade der Vergleich zu Mahomes überrascht mich dann doch 🙂

  4. Frage zur Methodik am Beispiel Brady-Winston bzw. Rivers:

    Bei Tampa Bay sind die 0,3 natürlich ein „echter“ Netto-Wert. Winston ist weg, mit ihm seine WAR(JW) und Brady mit seinen WAR(TB). Und anscheinen WAR(TB) – WAR (JW) = 0,3.

    Wie verhält es sich nun z.B. bei den Colts: Rivers ist neu, aber Brissett noch da. Ist der WAR-Zugewinn für die Colts jetzt WAR(PR) – WAR (JB)? Oder nur WAR(PR)?

  5. Es spielen ja keine zwei QBs!

    Brady hatte 2019 WAR = 1.96
    Winston hatte WAR = 1.65
    Das Delta ist das Upgrade.

    Rivers hatte WAR = 1.77
    Daraus kann man *ungefähr* schließen, dass Jacoby Brissett um die 1.47 gelegen ist. Ungefähr deswegen, weil nicht ganz klar ist, wie stark der Backp-QB gewichtet wird. Kevin hat unter der Woche mehrmals an der Formel geschraubt – das ganze ist ja auch noch ein Work-in-Progress. Backup-QB hat auf jeden Fall einen Wert, aber ich kann dir nicht exakt sagen, welchen.

  6. Genau auf das QB-Dilemma wollte ich hinaus. Wenn einfach nur die WARs der Zu- und Abgänge tabellarisch saldiert worden wären, käme es bei Rivers/Brissett zu dieser Doppelung. Gut zu wissen, dass das im Modell berücksichtigt ist und Rivers als Back-up „diskontiert“ ist. (Details dann mal außen vor.)
    Danke für die Aufklärung.

  7. Spannendes Tool

    Wenn man das ganze über einen längeren Zeitraum betrachtet und beobachtet, wie sich der war wert verändert – beispielsweise wäre zu erwarten das der Wert der pats Spieler die 2020 abgegeben wurden sich in den kommenden Jahren verringert- ließe sich daraus nicht auf Coaches/ Management Leistung schließen?

  8. @alexanderbrink: Ja!

    Ich weiß nicht genau, ob ich die exakten Zahlen nennen darf, aber die Patriots sind in der PFF-Ära (also seit 2006) das Team, das – immer alle Quarterbacks rausgerechnet – den meisten WAR an eigenen Spielern abgegeben hat – nur um dann hämisch mit anzuschauen, wie dieselben Spieler bei ihrem neuen Team nur noch einen Bruchteil der Performance erbracht haben!

    Wenn man halbwegs vernünftige Starter-Abgänge der Patriots rechnet (wir reden von Größenordnung in Summe etwa 10 WAR seit 2006), dann haben die in anderen Teams in der Folgesaison noch nicht einmal 50% des Values erzielt!

    Am zweitmeisten Value abgegeben haben übrigens die Dolphins. Die von denen abgegebenen Spieler seit 2006 haben dann wiederum bei ihrem nächsten Team deutlich *höhere* WAR-Werte eingefahren.

    Coaching ist irgendwo dann halt auch real.

    (PFF wird glaube ich dazu auch mal einen Artikel schreiben)

  9. Pingback: Was treiben die New England Patriots? | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!

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