Date am Donnerstag – Woche 14: Rams gegen Patriots, McVay gegen Belichick 2.0

Heute bricht das letzte Saisonviertel dieser außergewöhnlichen NFL-Saison 2020 an!

Die Ansetzung Los Angeles Rams (8-4) vs. New England Patriots (6-6) ist megaspannend – und hat als Neuauflage der Superbowl 53 auch eine entsprechende Vorgeschichte. Es war eine offensiv extrem enttäuschende Superbowl. Die punktärmste Superbowl ever ausgerechnet nach einer der offensivgewaltigsten Spielzeiten!

Das Spiel war gleichzeitig Lehrstunde für den jungen Rams-Headcoach Sean McVay und Patriots-Kantersieg trotz nur 10 Punkten Differenz und Gleichstand bis spät ins Schlussviertel hinein. Die ersten acht Rams-Drives endeten in Punts, fünf davon in 3&outs.

Im Prinzip sind nur zwei Plays in Erinnerung geblieben: Der verpasste Jared-Goff-Wurf für WR Brandin Cooks mit der exzellenten Pass-Defense von CB Jason McCourty und der tiefe Pass für TE Rob Gronkowski aus 22-Personnal-Spread-Formation an die 2-Yards-Line.

Konzeptionell blieb Belichicks 6-1 Defensive-Front gegen die Wide-zone-Offense der Rams übrig – eine Blaupause, die, ligaweit kopiert, den Rams die ganze nachfolgende Saison 2019 zu schaffen machte. L.A. krebste 2019 mehr schlecht als recht durch die Saison, fand nie zu seinem Groove (#18 nach Offensive EPA/Play).

Wenn die Rams den Ball halten

Erst zu dieser laufenden Spielzeit gelangen McVay ein paar notwendige Adjustments um die Rams-Offense wieder einigermaßen funktionabel zu machen – wenn auch die Passing-Effizienz 2020 fast identisch zu jener in 2019 ist (0.08 EPA/Pass) und die meiste Verbesserung geschaffen wurde, indem man unteririsches durch unterdurchschnittliches Laufspiel ersetzt hat:

  • Mehr Quick-Game um den gegen Pressure allergischen QB Goff zu entlasten (2.48 sek Time to Throw und 51% Würfe schneller als 2.5 sek vs. 2.60 sek und 46% in 2019)
  • kürzere Pässe (nur mehr 6.9 Air-Yards/Attempt vs. 7.9 letztes Jahr), dafür die zweitmeisten Yards nach dem Catch für die starken Receiver
  • etwas mehr Play-Action Passing (35% zu 32% letztes Jahr, wobei das auch Zufall und dem Spielstand geschuldet sein kann)

Goff steht damit anstatt in 36% der Plays wie letztes Jahr heuer nur in 26% der Plays unter Druck. Das hilft natürlich. Doch Druck ist bei Goff nicht gleich Druck, wie The Athletic diese Woche gezeigt hat. Vielmehr ist Goff erstaunlich gut gegen den Blitz (!!), aber entsetzlich, wenn der Druck über die Mitte, also Center und Guard, kommt.

Es ist ein Klischee zu sagen, Goff sei mies, wenn er schnell unter Druck gerät, denn das gilt für praktisch alle QBs. Goff fällt aber im Vergleich zu anderen QBs stärker ab, wenn er lange den Ball halten muss und seine Reads durchgehen muss. Zwingt ihn eine Defense zum „processen“, klappt Goff häufig ein.

Dummerweise sind die Patriots von Belichick genau eines der Teams, dessen Defense wie gebaut dafür scheint, Quarterbacks à la Goff in ihre Einzelteile zu zerlegen. Die Pats valorisieren Containment über Sacks. Ihre Back Seven ist gut genug um dem Quarterback die schnelle Pass-Option wegzunehmen und kreiert dann mit Scheme Pressure. Ein Beispiel?

  • Die Pats haben die 10t-niedrigste Sack-Rate der NFL
  • Aber sie haben nach PFR die 2t-höchste Pressure-Rate der NFL
  • Und das, obwohl sie kaum blitzen: In nur 24% der Fälle werden Spieler aus der zweiten Reihe geschickt – das ist unteres NFL-Viertel.

Belichicks Gameplan wird mit ziemlicher Sicherheit darauf bauen, Goff in der Pocket zu halten, ihm die schnelle erste Option zu nehmen und ihn auf Teufel komm raus von Rollouts und Naked-Bootlegs abzuhalten. Edge-Setting ist eine Stärke der Pats – und sie ist heute wichtiger als je zuvor in dieser Saison, denn obiger Athletic-Artikel zeigt auch: Nur bei Derek Carr ist die EPA/Play-Diskrepanz zwischen Dropbacks ohne und mit Druck größer als bei Goff.

Ausführlich auf das schematische Duell hat Evan Lazar bei CLNS geblickt.

Wenn die Pats den Ball halten

So vielschichtig die Patriots-Defense agieren kann, so eindimensional ist die Pats-Offense in dieser Saison. Passspiel geht nur in Spurenelementen – eigentlich will New England primär den Gegner zu sich herunterziehen und um QB Cameron Newton herum ein Power-Rushing-Team mit vielen Options aufziehen (am Sonntag beim 45-0 Sieg z.B. nur 69 Pass-Yards für Newton bis zu seiner Auswechslung). Das ist gemessen an dem Spielerpersonal durchaus sinnvoll:

  • Die Passing-Offense ist die #23 nach EPA/Play mit 0.01 EPA/Dropback
  • Die Rushing-Offense ist die #1 nach EPA/Run mit 0.07 EPA/Dropback

Damit sind die Pats eine der wenigen Mannschaften, die wirklich mehr Wert durch Laufspiel generiert als durch Passspiel. Natürlich hat der mobile Newton daran seinen Anteil. Aber die Patriots haben z.B. auch die drittbeste Run-Blocking-Offense-Line nach PFF.

Problem bei solchen Offenses: Sie sind meistens limitiert auf einen „Plan A“ und wenn der nicht zündet, ist schnell Ende im Gelände.

Noch dümmer: Die Rams-Defense kann dich auf viele Wege aufhalten. Der Löwenanteil am Rams-Revival mit 8-4 Record und NFC West Divisionsführung ist mehr vom Aufschwung der Defense als jenem der Offense getriggert (#2 Defense nach EPA/Play).

Dieser rasante Aufschwung der Defense ist durchaus bemerkenswert, denn er kommt just kurz nach der Zwangspensionierung der 73-jährigen Defensive-Coordinator-Legende Wade Phillips. Phillips wurde durch den 37-jährigen Brandon Staley ersetzt, der in Los Angeles eine moderne, Zone-Coverage-lastige, aber mit vielen Man-Konzepten und extrem viel „diguise coverage“ versehene Defense installierte. Seth Galinas Breakdown ist dazu nach wie vor der beste.

Eine der coolen Kniffe in dieser Defense ist die „Star“ Position – der Nickelback, der in dieser Defense nicht im Slot, sondern außen agiert und von dort einen der beiden Split-Safetys in der Coverage (Cover-2 oder Cover-4) in Run-Defense unterstützt und in Pass-Defense eine „Bracket Coverage“ gegen einen der Receiver aufbaut, die für den Gegner kaum zu gewinnen ist.

Weil die Patriots trotz der starken Entwicklung eines Jakobi Meyers oder Damiere Byrd keinen echten WR1 haben, könnte Staley heute seinen Superstar-CB Jalen Ramsey auf „Star“ schieben und damit jegliches Patriots-Passspiel im Keim ersticken.

Vielleicht wollen die Pats aber auch mal wieder nicht wirklich werfen, sondern einfach mit sauberer Defense, Big Plays der Special Teams und fehlerarmer Offense die Partie knapp halten und einen Sieg heraus „grinden“.

Wie wird es ausgehen?

Die Wettbüros sehen die Rams mit 5 bis 6 Punkten vorne, was nach viel klingt. New England spielt zwar auswärts, ist aber nach dem Kantersieg am Sonntag gegen die Bolts in L.A. geblieben und hat keine Reisestrapazen hinter sich. Und so sehr zum Vergessen Superbowl 53 gewesen sein mag: McVay und Goff haben heute noch Alpträume davon. Es ist nicht vergessen wie Belichick die beiden kaltstellte.

Insgesamt haben die Rams natürlich mehr Waffen und Wege um das Spiel zu gewinnen – aber ich wäre von einem Auswärtssieg der Pats auch nicht sonderlich überrascht. Das kann knapp werden!

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6 Kommentare zu “Date am Donnerstag – Woche 14: Rams gegen Patriots, McVay gegen Belichick 2.0

  1. Tolle Preview, aber ich sehe das ehrlich gesagt völlig anders. Ich glaube, die Patriots machen offensiv keinen Stich und die Rams gewinnen das in der Region 24:10 oder 24:13.

    Die Pats Defense ist überschätzt und Belichick kann mit dem Personal nicht noch einmal so ein Husarenstück wie im Super Bowl drehen. Wenn die Pats da eine Chance haben wollen, dann muss es entweder einen ST Return oder einen Defense Return TD geben.

    #facts

  2. Punktlandung @FloJo
    Erschreckend was da von den Patriots (nicht) kam, oder wie die Rams Defence Line jeglichen Ansatz nach vorne stoppen konnten.
    Allerdings hat Rams Coachs McVay auch keine Eier um der Offense um QB Jared Goff mehr Freiheiten zu gewähren, muss frustrierend sein als QB, nur als Balljunge die Übergabe auf seine Runner abzuwickeln.

  3. Goff hatte letzte Woche 37/47 für 351 Yards. So ganz stimmt das also nicht. Wenn die Patriots sich so leicht überrennen lassen, warum sollte man das nicht ausnutzen?

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