NFL Power-Ranking nach Woche 16.
Ich hab ja auf Anfragen von Lesern schon seit Monaten ein kleines Paket zu Analytics und EPA (Expected Points Added) auf dem Tisch liegen, das ich noch nicht umfänglich angegangen bin.
Es schaut jetzt aus als dass es vorerst nicht notwendig ist es noch anzugehen, denn wir können ein taufrisches neues Blog begrüßen, das sich zwar thematisch wohl v.a. mit den Atlanta Falcons beschäftigen wird, aber gleichzeitig schon mal einen detaillierten Einblick in das Thema EPA gegeben hat.
Ich verweise hier auf das Sturzflug-Blog von Marko Markovic (Twitterhandle @ViennaFalcons) und im Speziellen auf seine Analytics/EPA-Zusammenfassung, wo es weitere Links zum Thema gibt.
Damit zum Power Ranking, wo es noch immer Bewegung gibt – unter anderem ein neues Schlusslicht.
Bewegung dieser Woche
Wir haben diese Woche ein neues Schlusslicht und hinter den Top-3 gleich sieben Positionswechsel in den Top-10. Das ist eher ungewöhnlich, denn normalerweise beginnt sich die Lage mit zunehmendem Saisonverlauf zu stabilisieren.
Unten arbeiten sich die Jets mit ihrem zweiten Sieg in Folge von #32 hoch auf #30. Die neue rote Laterne ist an die Jacksonville Jaguars übergegangen, die ja auch schon den #1 Pick im Draft fixiert haben.
Neue #31 sind die Detroit Lions, die in den letzten Wochen einen beispiellosen Absturz erlebt haben und nach der unterirdischen Performance gegen die Tampa Bay Buccaneers jetzt sogar unter die 2-13 Jets gefallen sind.
In den Top-10 gibt es hinter dem gleichbleibenden Spitzentrio einen Haufen Bewegung. Diese Woche haben die Ravens und Saints mit starken Offense-Vorstellungen gegen überforderte Gegner den Sprung nach oben gemacht – dafür sind die Titans und Rams nach deutlichen Schlappen um etliche Plätze gefallen.
Bei den Rams mag der Einbruch nach der Verletzung von QB Jared Goff durchaus mehr als reiner Ausrutscher gewesen sein, aber Tennessee ist eines der Teams, das schon das ganze Jahr zwischen #3 und #10 oszilliert: Super-Offense, aber völlig unzuverlässige Defense. Bei den Titans ist einfach alles drin.
Es fällt auch auf: Acht der zehn besten Offenses sind in den Top-10. Neun der besten zehn sind unter den ersten Elf. Einzig die Steelers und Rams schaffen es mit unterdurchschnittlichen Offenses in die Phalanx der Großen – PIT ist die #8 und die Rams die #10 in der neuesten Ausgabe des Power Rankings. Die Rams haben die #1 Defense, Pittsburgh die #2. Die beiden sind sozusagen „Effizienz-Ebenbilder“.
Nur fünf der Top-10 Defenses sind in den Top-10 gerankt. Nur drei Mannschaften – Buccs, Saints, Ravens – haben jeweils eine To-10 Offense und Top-10 Defense.
Vorne im Power-Ranking
Auf #1 bleiben interessanterweise trotz der Wackel-Performance von letzter Woche die Chiefs. Der Vorsprung auf die Packers ist minimal und vollständig vom um einiges besseren Schedule der Chiefs getriggert.
Nach Rohdaten haben die Packers die bessere Offense und Defense nach EPA/Plays, doch u.a. weil Gegner der Packers à la Jacksonville und Detroit am 16ten Spieltag völlig abgelost haben, reicht es in Summe für einen knappen Vorsprung der Chiefs.
Die Chiefs haben am Sonntag gegen die Falcons doch etwas glücklich 17-14 gewonnen und dabei auch nur 0.02 EPA/Play offensiv eingefahren. Das war eine der schwächsten Offense-Performances in der Ära Mahomes. Doch komplett miserabel war das ganze dann auch nicht: Die Chiefs hatten eine 4th-Down-Interception an der 1 Yards Line und eine weitere Interception in der Endzone. Sie haben den Ball also durchaus bewegt: Early-down offense zum Beispiel war mit 0.19 EPA/Play genau im Soll der Saison. Es hakte einfach an den „high leverage“ Plays, bei denen KC normalerweise brilliert wie kein zweites Team.
Ich bleibe bei den Chiefs optimistisch. Das mit dem „Schalter umlegen“ haben wir schon zu oft gesehen. Zwei Wochen Ruhepause dürften reichen um die Batterien aufzuladen und nach einer gelangweilt wirkenden Regular Season in den „Season starts now“-Modus zu schalten.
Überschätzt, unterschätzt
Ich habe schon einige Mal dieses Jahr darüber geschrieben, dass die Carolina Panthers mit ihrer Siegbilanz unterschätzt sind. Die Panthers halten nach dem Sieg in Washington jetzt zwar bei 5-10 Siegen, aber im Power-Ranking stehen sie weit besser da als ihre .333 Bilanz: Die Panthers sind als #18 nach EPA/Play ein fast genau durchschnittliches NFL-Team gewesen. Carolina hat eine durchschnittliche Offense kombiniert mit einer als #25 besser als gedachten Defense.
Wenn Carolina für die nächste Saison OffCoord Joe Brady halten kann, dann sind die Panthers vielleicht nur mehr einen echten Franchise-QB vom Durchbruch entfernt. Tewddy Bridgewater hat ziemlich genau das geliefert, was man erwarten konnte. Die Panthers haben einen starken Skill-Position-Corps und können in der jungen Defense auf eine Entwicklung hoffen (Panthers haben im Draft 2020 sieben Defense-Rookies gedraftet).
Ebenso nach EPA/Play weit besser als auf dem Scoresheets: Die 49ers als #13! Dass San Francisco auch mit 3rd Stringer auf QB noch die voll im Playoff-Rennen befindlichen Arizona Cardinals wegputzt, kann man nicht hoch genug einschätzen. Trotz extrem vieler Verletzungen waren die Niners diese Saison fast immer konkurrenzfähig.
Die Offense ist als #20 erwartungsgemäß nicht unter den besten gewesen. Aber dass die Niners-Defense an #7 klassiert ist, kann man nach den zahlreichen Ausfällen DefCoord Robert Saleh fast noch höher anrechnen als die #2 Platzierung letztes Jahr.
Keine Ahnung ob Saleh bleibt. Aber so oder so sind die Niners schon jetzt für 2021 wieder einer der Titelkandidaten, denn dort scheint vieles zu stimmen – auch abseits des Feldes: Wennn ein Superstar wie George Kittle in Rekordzeit wieder fit wird um die letzten zwei Spiele einer verlorenen Saison zu bestreiten obwohl er den dicken Vertrag bereits in der Tasche hat, dann weißt du wie es um die Team-Chemie bestellt ist.
Die Falcons könnte man auch nennen: Atlanta ist die #17 im Power Ranking trotz 4-11 Bilanz, die momentan den #4 Draftpick bedeuten würde. Bei Atlanta steht das Kadergerüst, aber es gibt extrem viele Unsicherheiten ob der sportlichen Ausrichtung für 2021:
- Wird Arthur Blank ein komplett neues HC/GM Duo einstellen oder wird er verleitet sein dem Interimscoach Raheem Morris die Verlängerung anzubieten, weil die Defense sich einigermaßen stabilisiert hat?
- Wird man den 35-jährigen QB Matt Ryan als Lösung für die nächsten 5 Jahre ansehen oder den hohen Draftpick nutzen um den Umbruch auf QB einzuleiten?
- Dazu die Cap-Situation: Atlanta hat neben New Orleans, Philadelphia und Pittsburgh eine der vier schlechtesten Cap-Situationen für 2021 mit viel zu teurem Kader und relativ wenig Cap-Flexibilität.
Überschätztes Team dagegen? Cleveland mit 10-5, aber nur ziemlich genau durchschnittlichen Werten im Power Ranking. Die Browns leiden in diesem Ranking zwar darunter, dass sie zwei extreme Wetter-Games im November hatten (Houston und Philly), bei denen jeweils offensiv nix gegangen ist – und dass sie zuletzt leicht freakig bei den Jets ohne Receiver antreten mussten und daher nicht laufen (!) konnten.
Aber die Browns haben auch den #32 Schedule gespielt, nach wie vor ein negatives Punktverhältnis und zwei komplette Abschüsse durch die Ravens und Steelers im Portfolio. Es war eine gute Einstands-Saison unter Kevin Stefanski, und die starke Entwicklung der Offense gerade in der zweiten Saisonhälfte lässt Hoffnung auf eine gute Zukunft machen.
Aber das Gerüst ist noch nicht so wirklich stabil. In Woche 17 bekommt man dankenswerterweise ein Spiel gegen Pittsburgh-Backup-QB Mason Rudolph, womit man die erste Playoffqualifikation seit 18 Jahren einfach eintüten muss. Aber insgesamt war das von den Browns noch keine ganz so runde Saison wie es auf der Oberfläche wirkt.

Hier noch Advanced-Stats wie gewohnt als kleine Gallerie:




