Senior Bowl 2021: Weitere interessante Prospects

Am Vormittag hab ich die Senior-Bowl-Quarterbacks angeschaut. Lass uns jetzt noch auf ein paar andere interessante Talente eingehen.

Wide Receiver

Drei Senior-Bowl-Receiver sind im PFF-Draftguide in den Top-100 Prospects gelistet. Topmann ist Kadarious Toney, der 1st-Round-Hype bekommt. Meine Notizen aus der Regular Season befassen sich vor allem mit seinen Stärken:

  • Slot-WR, brutal guter Antritt, sehr schnell und wendig
  • Extrem gut in Separation, extrem gut mit dem Ball in den Händen
  • Hat nicht viele Routen gelaufen, ist mehr YAC-Typ oder Returner = „Offensive Weapon“

Toney kommt von Florida und weckt damit sofort „Percy-Harvin-Assoziationen“. Er hat 87% seiner Offense-Aufstellungen am College im Slot bestritten. Das ist kein Killer mehr für die heutige NFL-Zeit, aber echten Mehrwert hat er dann, wenn er auch außen gewinnen kann. Und da ist die Senior Bowl mit „Press-Reps“ gegen enge Deckung im Gesichtsgitter durchaus eine gute Chance für Toney, seine Aktien zu verbessern.


Tylan Wallace von Oklahoma State gilt als möglicher 2nd Rounder. Er weckt fast 1:1 Erinnerungen an seinen ex-College-Kollegen James Washington:

  • Brutal produktiver College-Receiver mit über 100 Yards/Spiel über 3 Jahre (!)
  • Ehemaliger Sprinter, extrem explosiv im Antritt
  • Aber wie jeder Oklahoma-State-Receiver nur sehr limitierter Route Tree

Washington hat vor 2-3 Jahren in der Senior-Bowl schnell gezeigt, dass er alle Routen laufen kann, wenn gefordert. Wenn Wallace das auch gelingt, kann er schnell auf den Boards klettern.


Sage Surratt von Wake Forest war der Go-To-Guy vom am Vormittag vorgestellten Jamie Newman bei Wafe Forest. Er hat wie Newman 2020 wegen Corona-Bedenken ausgesetzt.

Surratt ist ein brutal physischer Bolzen mit seinen 6‘3, 215 Pfund. Er ist ein Receiver, der die 1-vs-1 Duelle am Catch-Point liebt, aber im Antritt wenig bieten kann. In Punkto Geschwindigkeit ist er wahrscheinlich eher ein Tight End als ein echter Receiver. Dafür ist er eine Gefahr für Yards nach dem Catch, weil er sich physisch über Defensive Backs drüberwalzt.

Ich verstehe nicht ganz warum Surratt so viel Hype als Mid-Rounder bekommt, denn eigentlich tendiert die NFL heute eher in Richtung quicke, agile Receiver, die sich Freiraum („separation“) verschaffen als solche Bolzen.

Ich habe in einem Podcast aufgeschnappt, dass Surratt vielleicht für die NFL am besten als Slot-Receiver eingesetzt wird, weil er außen wohl zu langsam ist. Bloß gibt es da wie bei Newman ein Problem: Die ganze Wake-Forest-Offense hat dahingehend überhaupt nix gezeigt. Surratt hat fast keine Route in der Mitte gelaufen. Er wurde fast nur auf Out/Hitch-Routes an den Seitenlinien angespielt. Ihn in den Slot zu stellen, erfordert einige „Projection“.


D’Wayne Eskridge (Western Michigan) – ein famoser Athlet, der ziemlich viel Buzz generiert. Auch wenn er am College nur 2-3 Routen gelaufenn ist: Diejenigen, die er gelaufen ist, waren brillant. Eskridge ist extrem agil. Er ist sofort auf Tempo 100, kann brutal schnell abbremsen und Richtungen wechseln.

Eskridge ist nur 5‘9 und wiegt 188 Pfund. Das ist ziemlich Leichtgewicht und wird ihn erstmal in die Schublade „Slot-Receiver/Returner“ stellen. Aber z.B. ein Tyreek Hill ist auch auf dem Weg in die NFL gekommen: Als sprintstarker, wendiger Zwerg, langsam über den Slot zu einer immer größeren Rolle entwickelt.

Natürlich kann man eine ähnliche Entwicklung wie bei Hill unmöglich prophezeien, doch Hill hat in den letzten Jahren eines gezeigt: Diese Explosivität, diesen hasenartigen Richtungsänderungen – das ist eine der Qualitäten, die immer wichtiger werden, weil sie kaum zu verteidigen sind.

Eskridges Performance in den Trainingseinheiten wird hymnisch besungen. Er kam nach Mobile mit dem Ruf ein kontaktscheuer WR zu sein, doch dann scheute er keinen physischen Kampf mit den DBs.

Eine der großen Fragen bei ihm betrifft seine Drops – hier soll er diese Woche extrem fangsicher gewesen sein. Eine andere betrifft – wie fast jeden dieser kleinen Receiver von kleinen Colleges – seine Fähigkeit mit Press-Coverage umzugehen: Wenn Eskridge diesbezüglich in der Woche ein paar Dinge andeuten konnte, dann kann das schnell hochgehen in die 2te bis 3te Runde Draft.

(PFF rankt ihn momentan 4te Runde – und kommentiert süffisant: Eskridge ist mit 24.5 Jahren schon ziemlich alt für einen Rookie. Wie viel Entwicklung ist da noch möglich?)


Nico Collins (Michigan) – athletisch ziemliches Gegenteil von Eskridge: Sehr hoch aufgeschossen, aber ähnlich guter Deep-Speed. Collins hat natürlich nicht die immediate Beschleunigung eines Eskridge, kann aber over the top allen davonlaufen. So ein bisschen erinnert er an DK Metcalf.


Cornell Powell und Amari Rodgers (beide Clemson) – die beiden Clemson-Receiver standen vor der Senior-Bowl nicht in Verdacht, Buzz für die höchsten runden zu bekommen, aber beide haben starke Senior-Bowl-Woche hinter sich.

Gerade Rodgers hat extrem gut ausgesehen. Man darf bei Rodgers nicht vergessen: Er hat 2019 mit Kreuzbandriss verpasst und war rekonvaleszent. Schon unter der letzten Saison wurde er immer quicker. Rodgers ist ein knackiger Route-Runner, der Cornerbacks gerne versetzt. Er ist auch einer der wenigen, die schon Press-Coverage geschlagen haben – vor allem mit seinem schnellen Antritt zu beiden Seiten.

Rodgers ist übrigens der Sohn von Tee Martin, einem der „Brady 6“ aus der Quarterback-Klasse von 2000.

Powell hat auch eine gute letzte Saison gespielt, gilt aber eher als Techniker denn als Athlet. Bei ihm fällt sofort auf, wie scharf er Routen cuttet.

Shi Smith ist extra dafür nach Mobile gereist, dass ihn Patrick Esume shitcommenten kann.

Offensive Line

Einer der spannenderen Prospects, OG Landon Dickerson, kann nicht spielen, weil er sich vor einem Monat das Kreuzband gerissen hat. Dickerson galt immer als sensationeller Run-Blocker mit Schwächen im Pass-Blocking. Er hätte mit guten Pass-Drills seine Aktien verbessern können.

Der höchstgehandelte einsatzfähige Offensive Tackle ist Alabama-LT Alex Leatherwood. Auch er soll Schwächen im Pass-Blocking haben. Leatherwood gilt als möglicher Late 1st Rounder.

Interessant war auch Notre Dames Leigh Eichenberg: Er hat in zwei Jahren in fast 1000 Pass-Blocking-Snaps nicht einen einzigen Sack aufgegeben! Aber: Viele hochklassige Edge-Rusher hat er nicht gesehen. Gegen den besten von allen, Rashad Weaver von Pitt, hat er nicht gut ausgesehen.

Senior Bowl ist wie gemacht für solche Prospects, weil sie hier viele Gegenspieler auf Augenhöhe bekommen. Sieht Eichenberg hier gut aus, räumt er mit vielen Zweifeln auf.

Defensive Line

Angesprochener Weaver galt als extrem guter College-Defender, aber mit Blick auf seine NFL-Ambitionen könnte ihm sein limitierter Antritt zum Verhängnis werden. Marke: Gut, aber nicht großartig.

Der beste Edge-Rusher in Mobile ist wahrscheinlich „Boogie“ Carlos Basham von Wake Forest. Wake schickt viele starke Prospects in die NFL! Basham ist prototypisch gebaut, hat eigentlich alle Anlagen – aber eine desaströs schwache Corona-Saison gespielt.

Ein physisch sofort auffälliger Edge-Rusher ist Payton Turner von Houston: 6‘6, 270 Pfund. Das sind fast JPP-Maße! Am College hat er nur gegen völlig inferiore Offense Tackles gespielt. In den Trainings soll er stark ausgesehen haben – vielleicht räumt er mit Vorurteilen von wegen „schwache Konkurrenz gesehen“ auf.

Auch DT Marvin Wilson von FSU ist in Mobile. Der galt lange Jahre als Supertalent, hat letztes Jahr aber enttäuschend gespielt. Am auffälligsten war Wilson letzten Sommer, als er sich öffentlich gegen den neuen FSU-Headcoach Mike Norvell positionierte, als der öffentlich Unwahrheiten über seine „Black Lives Matter“-Denke verbreitete. Das wird in NFL-Kreisen vielleicht nicht so gut ankommen.

Defensive Backs

Ich hab mir einige Notizen gemacht, aber noch kein kohärentes Bild. Von daher nur ein paar Schlagworte zu ein paar ausgewählten Prospects:

Safety Hamsah Nasirildeen von FSU: Mit 6‘3, 213 Pfund imposante Physis. Aber der Mann hat nach einem Kreuzbandriss 2019 nur zwei Partien 2020 gespielt. Mit seiner Größe ist er ein imposanter Run-Defender, aber in Deckung ist er wahrscheinlich zu langsam für Elite-Niveau.


Nasirildeen hat aber extrem lange Arme. Damit hat er einem Aaron Robinson von UCF einiges voraus. Der ist athletisch ziemlich hochkarätig, aber dann wurde seine „Flügelweite“ (Wingspan) der Arme abgemessen – und es kamen 30 inch raus. Das ist brutal wenig. Es gibt in der NFL mit Donte Jackson und Avonte Maddox nur zwei Starting-CB mit so kurzen Armen – und die beiden haben exzellente Sprintzeiten um das zu kompensieren.

Warum das wichtig ist? Nun – an der Anspiellinie musst du dich durchsetzen zu können, und das geht besser mit langen Armen. Wenn du die nicht hast, brauchst du den Speed um den Nachteil in der Route zu kompensieren. Auch im 1-vs-1 Kampf am Catch-Point sind lange Arme von Vorteil.


Wo Robinson eher Fragen aufwarf, soll sein College-Teamkollege Richie Grant seien Aktien massiv verbessert haben. Der Mann ist Safety – und er soll alles gezeigt haben was man von einem Starting-Safety in der NFL will. Athletik, Geschwindigkeit, Spielintelligenz, Riecher für den Ball – hier sehen wir vielleicht einen angehenden 1st Rounder, at worst frühen 2nd Rounder.

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