Teil 6 der großen NFL Offseason-Vorschau heute mit „dem Reich der Packers“, der NFC North.
Green Bay Packers
13-3, NFC-Finale
Power Ranking: #4
Cap Space: -11.5 Mio (#25)
Die Packers sind mit ihrer starken 13-3 Saison einer der Gewinner der letzten Saison, auch wenn die unglückliche Halbfinalpleite gegen Tampa Bay lange nachhängen wird. Das Positive für Green Bay: Das Titelfenster bleibt ein weiteres Jahr offen – und es gibt recht einfach zu erspähende Prioritäten:
- Aaron Rodgers halten. Rodgers kokettierte direkt im Anschluss an das NFC-Finale mit seiner Zukunft, aber es spricht so gut wie nichts für Abgang.
- Auf #2 Wide Receiver nachlegen
- Center Corey Linsley ersetzen
- Bisschen Tiefe für die Secondary
Datt war’s. Viel mehr geht mit einer recht engen Cap-Situation nicht ohne sich in den Jahren danach arg einzuengen. Momentan liegen die Packers noch 11.5 Mio über der Gehaltsobergrenze, obwohl bereits LB Kirksey gefeuert wurde. Das Gute: Die einzigen nennenswerten Free Agents sind Center Linsley, die beiden Runningbacks Aaron Jones und Jamaal Williams sowie CB Kevin King.
King will eh keiner mehr in Green Bay sehen; die Packers wären gut beraten, noch 1-2 niedrigpreisige Free Agents oder Mid/Late Round Draftpicks in die Secondary zu investieren.
Jones wird oft als möglicher Extension-Kandidat genannt. Jeder Stammleser weiß was ich von so einem Move halten würde – gerade beim Blick auf Green Bays Cap-Situation. Ob die Packers-Verantwortlichen gleich denken? Ich lege keine Extremität ins Feuer. Nur so viel: Eine teure 10 Mio/Jahr Verlängerung für Jones ein Jahr nach A.J. Dillon im Draft wäre Front-Office-Meltdown.
Linsley halte ich für die größere Priorität als Jones – aber nicht so hoch wie Receiver. Wenn man den starken Center gehen lassen muss, dann hat man immerhin eine gute Draftklasse auf der Position.
Der wichtigste Move ist im Receiver-Corps eine valide #2 hinter Davante Adams nachzulegen. Adams ist einer der besten Receiver in der NFL; die Packers haben bessere Tiefe als gedacht ab WR3 mit MVS, Allen Lazard und TE Robert Tonyan. Aber die Nummer 2 fehlt. Ein verlässlicher Ball-Catcher für die Mid-Range oder ein echt guter deep threat – quasi ein MVS ohne „Lapsus“.
Will Fuller von den Texans wird oft genannt – und sollte er auf den Markt kommen, wäre er die „logische“ Ergänzung. Fuller ist ein Field-Stretcher, und er könnte etwas billiger kommen als die absolute Elite. Fuller ist verletzungsgeplagt. Das hin oder her: Es wäre fahrlässig von den Packers, die Schwachstelle WR2 zu missachten.
Andere Moves wie ein J.J. Watt auf seine alten Tage halte ich für reinen Luxus. Kannste machen, wenn grad noch etwas Kohle da ist und Watt einen Rabatt gibt. Aber musste nicht. Auch wenn man Preston Smith aus Cap-Gründen feuern sollte, so tut es auch ein niedrigpreisiger Edge-Rusher hinter dem Top-Duo Zadarius Smith/Rashan Gary. Defensive Backfield kann man mit Billig-Vets oder Mid-Round-Rookies adressieren.
Chicago Bears
8-8, Wildcard Playoffs
Power Ranking: #19
Cap Space: -2.5 Mio (#22)
Man muss keine Umschweife machen und es politisch korrekt ausdrücken: Die Bears sind in einer Scheißsituation. Man hat es seit Jahren kommen sehen, aber man muss es noch einmal betonen: GM Ryan Pace hat die Mannschaft in die Ecke gemanagt. Er hat einen Kader ohne valide Quarterback-Option und nach unendlich vielen Up-Trades im Draft auch langsam wenig Kadertiefe.
Die Bears haben sich zwar nicht unerwartet in die Playoffs geschummelt, aber das kann einfach nicht über die Perspektivlosigkeit hinwegtäuschen. Pace und Headcoach Matt Nagy haben ein Ultimatum für 2021 – und das ist mega-gefährlich, verleitet es doch zu weiteren ruinösen Einkäufen. Es gerüchtelt, dass die Bears einen hohen Preis für Carson Wentz als QB zahlen wollten – aber ein Trade an einem Veto des Spielers gescheitert ist.
Man kann Wentz an der Stelle verstehen: QB ist zwar der Need schlechthin. Aber weder O-Line noch Receiver-Corps sind NFL-tauglich besetzt und es ist kein Geld da um gute Leute einzukaufen.
Die Bears sind schon jetzt 2.5 Mio. über der Salary-Cap und haben zahlreiche Free Agents. Der weitaus wichtigste von allen ist WR Allen Robinson. Sein Appetit auf ein weiteres Jahr Chicago dürfte inexistent sein. Robinson hat in seiner Karriere eine elendige Latte an miesen Quarterbacks gesehen – es ist kaum vorstellbar, dass er noch ein weiteres Jahr in dieser Mannschaft bleiben will.
Dann wäre da QB Mitchell Trubisky. Der gefloppte #2 Pick aus dem Draft 2017 ist der Fan-Base kein weiteres Jahr zu verkaufen. Es wäre absurd, wenn dieser Mann Ende der Offseason noch im Bears-Trikot spielt. Die anderen Vertragslosen sind eher „zweite Reihe“: WR Patterson, OL Ifedi, DTs Urban/Edwards, EDGE Mingo, DBs Burns/Gipson. Kein echter Star dabei, aber alles „Tiefen-Spieler“.
Die Bears werden fast sicher noch teure Spieler feuern müssen um überhaupt noch Handlungsspielraum zu haben. TE Jimmy Graham, Paces gefeierter Marquee-Einkauf von letzter Offseason oder OT Bobby Massie könnten richtig deklariert jeweils ca. 8 Mio Cap-Space bringen.
Insgesamt also eine verzwickte Situation. Wie willst du ohne Quarterback und ohne Budget vernünftige Receiver nach Chicago holen? Auf QB bleibt der Draft – aber mit einem Pick außerhalb der Top-15 sind die besten vier QBs ohne Monster-Trade außer Reichweite. QB, O-Line, Receiver, Tiefe für die Defense: Das kannst du nicht alles heuer lösen.
Prinzipiell wäre der Blowup mit Neustart für Chicago die beste Option – steht aber den Interessen der unter Druck stehenden sportlichen Leitung diametral gegenüber. So wird es wohl eine zusammengekasperte Offseason ohne richtigen Blick in die Zukunft. Der absolute Worst-Case wäre ein „Bradford-Move“: Wenn Pace in einer Art Panik-Trade extreme künftige Ressourcen für einen QB-Veteran verpfeffert.
Minnesota Vikings
7-9
Power Ranking: #23
Cap Space: -9.5 Mio (#24)
Die Vikings waren letztes Jahr nicht unerwarteterweise chancenlos auf die Playoffs. Der Grund war die implodierte Defense. Auch das kam nicht überraschend. GM Spielman waren letzte Offseason die Hände gebunden – er musste eine brutale Cap-Situation aussitzen und zahlreiche Verteidiger und WR Stefon Diggs gehen lassen sowie QB Kirk Cousins verlängern um die Cap einigermaßen zu sanieren.
„Einigermaßen“ heißt auch: Große Sprünge gehen auch 2021 nicht. Die Vikes sind schon wieder 10 Mio über der Salary-Cap und müssen sich noch von einigen Spielern trennen um „Cap-compliant“ zu werden. Der exzellente S Anthony Harris ist Free Agent und wird kaum zu halten sein (großer Vertrag geht nicht, zweite Franchise Tag hintereinander auch praktisch ausgeschlossen). Dazu wird man teure Veterans ausmisten. Ein OT Riley Reiff wäre mit an die 12 Mio. Cap-Savings ein logischer Kandidat für einen Cut.
Zur Defense kommen wir gleich. Zuerst ein schneller Moment Offense. Minnesota hat ein gutes WR-Duo in Thielen und dem sensationellen Justin Jefferson – aber ehrlicherweise könnte der Kader noch eine vernünftige #3 vertragen. Die Tight Ends sind zwar gut und Minnesota spielt viel 12-Personnel, doch die 3-WR-Formationen waren eher ineffizient. Wenn sich ein guter Mid-Round Pick ausgeht: Zugreifen.
O-Line ist ein ewiger Struggle bei den Vikes. Was man auch versucht hat: Es hat nicht gefruchtet. Hohe Draftpicks wie Pat Elflein oder Garret Bradberry sind ganz oder fast gebustet und Reiff könnte der Salary-Cap zum Opfer fallen. Will man wirklich nochmal draften – was so oft schiefgegangen ist? Oder will man Free Agents holen – ohne Geld? Alles schwierig.
Die Defense ist noch dabei, sich von ihrem Kollaps 2020 zu erholen. Die blutjunge Secondary konnte dem Druck der kaputten Front Seven einfach nicht lange standhalten. Minnesota, jahrelang Stammgast in den Top-10 nach EPA/Play, fiel letztes Jahr ins untere Ligaviertel zurück.
D-Line ist komplett blank, während man in der Secondary wohl zwar FS Harris verlieren wird, aber immerhin einen Haufen junger Picks aus 2020 hat, bei denen man sich Entwicklung einreden kann. Denkbar ist die Strategie, in der Free Agency auf Ü30-Oldie Defensive Tackles zu gehen, die man billig für 1-2 Jahre ins Karriereende begleiten kann, die aber nochmal um die 500 Snaps in der Rotation bestreiten können ohne ein gewisses Niveau zu unterschreiten.
Die Draftklasse 2021 ist auf Defensive Tackle hinter DT Chris Barmore extrem dünn besetzt, und besteht im Edge-Rush aus haufenweise mäßig produktiven athletischen Freaks. Denkbar, dass Minnesota 1st Round DT und 2nd Round EDGE geht. Aber wenn einer der beiden Top-Cornerbacks (Farley, Surtain) auf #14 fällt, könnte auch Cornerback eine Option im Draft sein. Bis dahin müssen die Verantwortlichen aber auf jeden Fall schauen, die schlimmsten Lücken irgendwie preiswert zu patchen um im Draft nicht volle Pulle auf Need gehen zu müssen.
Detroit Lions
5-11
Power Ranking: #31
Cap Space: -8.3 Mio (#23)
Komplett neue sportliche Leitung bei den Detroit Lions mit GM Brad Holmes und einem Headcoach Dan Campbell, der sich in den ersten Wochen einen Heidenspaß daraus gemacht hat, einen Spruch nach dem anderen rauszupressen. Das Duo hat Sechsjahresvertrag. Das ist einerseits gut, weil es Geduld seitens der Ownerschaft impliziert – aber andererseits auch gefährlich, weil es zu Schlendrian und zahllosen Durchhalteparolen einlädt (Negativbeispiel: Raiders).
Die Offseason hat begonnen mit dem Verkauf von QB Matthew Stafford. Der Move hat 19 Mio. Dead-Cap angeschrieben, aber auch zwei 1st Rounder und QB Jared Goff in die Stadt gebracht. Dass Goff eine Langzeitlösung ist, muss man bezweifeln. Dass man ihn weiterzuverkaufen versucht, ist mittlerweile auch eher unwahrscheinlich geworden – trotz heuer 47 Mio. Cap-Zahl auf Quarterback (!!).
Goff kostet davon 28 Mio Cap-Space und kann in einem Jahr für 15 Mio. Dead-Cap gefeuert werden. Seinen Vertrag ins Haus geholt zu haben kann man dann als erfolgreich bezeichnen, wenn die Lions die ganzen 1st Rounder der Rams nutzen um einen Franchise-QB zu draften.
Das ist Ziel #1 in den nächsten zwei Offseasons: Quarterback. Detroit hat heuer den #7 Pick. Ein QB schon diese Offseason ist trotz der guten Klasse wohl nicht so wahrscheinlich. Aber wenn einer der Top-4 fällt und das Scouting-Department das Okay gibt, könnte die Lösung „im Vorbeigehen“ mitgenommen werden. Bis dahin wird wohl erstmal Goff der QB1 bleiben.
Frage ist, was man drumherum machen wird. Alle drei Top-Receiver sind Free Agents: Kenny Golladay, Marv Jones und Danny Amendola. Golladay wird wohl zu teuer für langfristigen Vertrag. Vielleicht zieht man an #7 einen Nachfolger und staubt den Compensatory-Pick 2022 ab (nächstes Jahr ist eventuell jeder Pick wertvoll, wenn es um den QB-Pick geht).
Auch vorstellbar ist, dass die Lions in der heurigen Offense erstmal Defense adressieren. Die D-Line war vor allem im Edge-Rush legendär mies besetzt. Der einzige Passrusher von Format, Romeo Okwara, ist Free Agent. Sein Bruder Julian, Rookie aus 2020, hat noch nicht viel gezeigt. Etwas Beef wäre durchaus cool.
Linebacker galt ebenso als horrende Schwachstelle. Es ist durchaus denkbar, dass die Lions im April an #7 Micah Parsons ziehen – quasi als „Tone Setter“ für den neuen vor testosterongeschwängerten Statements nur so triefenden Headcoach.
Möglich ist auch Nachbesserung für die Secondary. Der Top-Pick aus dem letzten Jahr, Jeff Okudah, spielte eine üble Rookiesaison. Er ist entschuldigt durch Horror-Trainerstab und generell kaum lösbare Aufgaben. Okudah ist längst noch kein verlorener Fall, aber wenn Detroit auch Free Agent CB Darryl Roberts verliert und Desmond Trufant aus Cap-Gründen cutten muss (6 Mio. Cap-Ersparnis), dann stünde auch unabhängig von seinem Status den Lions einer der Top-Corner Farley/Surtain nicht schlecht zu Gesicht.
Momentan stehen einfach alle Wege offen. Von QB abwärts ist alles denkbar. Die nächsten Wochen sind für mich Selbsttest ob ich mit der neuen Führung warm werden kann. Das heißt nicht zwingend „QB“ oder „radikal tanken“. Es heißt vor allem beobachten wie die neuen Leute am Ruder operieren, welche Schwerpunkte sie setzen, wie sie Free Agency und Draft angehen.
GM Holmes gibt mir die Sicherheit, dass hinter der Fassade der bold takes eines Dan Campbell doch auch ein Funken Vernunft zu finden ist. Mit einem Lautsprecher vornedran still und leise ein gutes Team aufbauen, das 2022, spätestens 2023 um die Playoffs mitspielen kann: Das muss das Ziel in Detroit sein.
„@GDavenport says Green Bay must hold on to their elite RB to keep its SB window open“ (Quelle: b/r)
Die Berichte in den letzten Saisons von Backups, die Superstar-RBs mehr als adäquat ersetzt haben, die müssten sich doch gerade unter Schreiberlingen rumgesprochen haben? Manchmal hab ich das Gefühl, wenn eine Sache zu klar ist, bemühen sich die bezahlten Sport-schreiberlinge um neue Kontroverse. Ich könnte mir vorstellen, dass der in-Stein-gemeißelte No1 Pick Lawrence auch kurz vor der Draft wieder in Frage gestellt wird. Diesmal sind es vielleicht nicht die kleinen Hände sondern vielleicht die OP oder der schlechte cW-wert seiner Frisur.
Glaubt Davenport ernsthaft, dass von Aaron Jones Green Bays SB-chancen abhängen…? *scratching my head*
(Wobei es natürlich an Lawrence schon auch ein paar Dinge zum anzweifeln gäbe, aber dazu vielleicht später mal mehr)