Die Cleveland Browns haben am Wochenende den Vertrag von RB Nick Chubb verlängert. Weil die relativ teure Vertragsverlängerung mit einem Runningback diesmal von einem „Analytics Darling“ gemacht wurde, lohnt sich ein kurzer Blick auf diesen Move.
Die Vertragsverlängerung
Chubbs Vertrag ist ziemlich einfach zu interpretieren: Die Browns gaben ihm auf seinen bestehenden Vertrag (4.8 Mio Cap-Hit in 2021) eine Verlängerung über drei Jahre (Spielzeiten 2022 bis 2024) über insgesamt 36.6 Mio. Dollars.
Das macht in Summe einen APY von 12.2 Mio/Saison. Unter den laufenden Runningback-Verträgen klassiert dieser Vertrag als sechst-teuerster Runningback-Vertrag.
Rund 17 Mio. davon sind „fully guaranteed“, weitere zumindest ca. 3 Mio. kann man aufgrund der Vertragsstruktur als so gut wie „fully guaranteed“ klassifizieren.
NFL-Verträge sind immer ein bisschen schwierig zu verstehen. Die landläufig diskutierten Zahlen schauen sich eigentlich durch die Bank nur die Expension (Verlängerung) ab 2022 an. Chubb hat demnach folgenden Cashflow:
- 13.6 Mio nach 2022
- 24.4 Mio nach 2023
- 36.6 Mio nach 2024
Die Browns halten mit der Vertragsstruktur die Cap-Zahlen in den ersten Jahren niedrig. In der laufenden Saison (2021, also noch vor Eintreten des neuen Vertrags) zählt Chubb keine 5 Mio gegn die Salary-Cap. Und auch nächstes Jahr ist Chubb mit 5.2 Mio relativ „billig“ – er zählt keine 3% gegen die Salary Cap.
Die fetten Hits kommen dann 2023 und 2024 mit 14.8 Mio. und 16.2 Mio.
Chubb kostet 2023 bei Entlassung/Trade 8 Mio. Dead-Cap, 2024 nur mehr 4 Mio Dead-Cap.
Den besten Breakdown des Vertrags gibt es natürlich beim besten Cap-Guru, Jason Fitzgerald. Wer die genauen Details verstehen will, sollte bitte dort vorbeischauen.
Der Spieler: Nick Chubb
Man kann Argumente aufbringen, dass Nick Chubb der beste Runningback in der NFL ist. Chubb machte in seinen drei Jahren in der NFL im Schnitt 5.2 Yards/Carry und knackte die Schallmauer von 5 YPC dabei auch in beiden Jahren vor der Implementation des Wide-Zone-Schemes von Kevin Stefanski.
Chubb lag in allen drei Profijahren in den Top-3 nach „Rushing Yards over Expected“ gemessen an Tracking-Daten. Er war Top-3 in forcierten Missed-Tackles und Breakaway-Rate (explosive Runs). Selbst als Receiver, wo Chubb nun wirklich nicht berühmt für ist, rankt Chubbs relative Produktion ziemlich gut:
Der Vertrag im Vergleich
In Punkto APY (Durchschnittsgehalt pro Jahr) liegt Chubb in etwa auf Augenhöhe mit einem Aaron Jones (48 Mio. über 4 Jahre), allerdings gilt die Struktur von Chubbs Vertrag als vergleichsweise vorteilhaft für Chubb:
- Chubb hat de facto 20 Mio „fully guaranteed”, Jones nur 13 Mio.
- Chubb hat damit rund 55% der Vertragssumme als Garantie ausgestellt bekommen, Jones keine 30%
- Chubb kassiert 24.4 Mio frischen Cash in den ersten zwei Jahren (schnell abzucashen ist bei Runningbacks mit der hohen Verletzungsgefahr und relativ kurzen Performance-Peaks immer besonders wichtig), Jones nur 20 Mio.
Zum Vergleich: Ein Derrick Henry hat einen Cashflow von 25.5 Mio in den ersten beiden Jahren, ein Dalvin Cook über 26 Mio und Leute wie Joe Mixon, Christian McCaffrey und Zeke Elliott oder Todd Gurley lagen mit 27-28 Mio. weit drüber.
McCaffrey und Zeke (und vor ihren Entlassungen auch LeVeon Bell und Todd Gurley) schreiben über 8% gegen die Salary-Cap an.
Chubb liegt eher in der Range von Henry, Cook oder Jones: Zirka 6 bis 6.7 Prozent. Die Verträge von Runningbacks haben in letzter Zeit ein ziemliches „Downsizing“ erfahren.
Den entscheidenden Kontext zum Vertrag liefert Jason Fitzgerald auf Twitter, indem er Vertragslänge, Flexibilität und Franchise Tag ins Spiel bringt:
Chubbs Vertrag wäre nach 2021 ausgelaufen. Zwei Franchise Tags in Folge hätten die Browns in etwa 21.1 Mio. Dollar gekostet. Die Franchise Tag ist eine recht kostspielige Angelegenheit, doch bei Teams war sie in den letzten Jahren auf der verletzungsanfälligen Runningback-Position nicht unbeliebt, denn sie birgt keine negativen Langzeiteffekte wie bei den grausamen Zeke/Gurley-Verträgen und erlaubt eine saubere Trennung in nur einem Jahr.
Chubb bekommt in Summe mit 24.4 Mio. jedoch etwas mehr „two year cash“ als zwei Franchise Tags. Somit sprechen wir beim Chubb-Vertrag von einem leichten „Upgrade“ über zwei Franchise Tags mit einem relativ teuren dritten Jahr, aus dem es jedoch einen vergleichsweise billigen Ausstieg gibt.
Also aus Browns-Sicht: Marktgerechter Deal für einen der besten Runningbacks im Business, Kostenkontrolle in den ersten beiden Jahren, geringer negativer Langzeit-Impact.
Für Chubb: Kein Rekordvertrag, aber ohne das Risiko einer Verletzung eingehen zu müssen einen Top 4-6 Deal auf der Position abgeschlossen, mit der Möglichkeit noch vor dem 30ten Geburtstag wieder Free Agent zu werden.
Meine Bewertung
Wenn wir das Browns-Front-Office als fehlerfreie und 100%ig rationale Maschine annehmen, dann ist es ein erstaunlicher Vertrag. Aber vollständige Rationalität ist keine gute Annahme.
Aus meiner Sicht ist es kein guter Deal für die Browns. Der Vertrag ist keine Katastrophe wie bei Gurley oder Zeke, aber die Runningback-Position hat in der Kalkulation von PFF WAR nur in etwa 2-3% Anteil am Team-Record – und das berücksichtigt noch nicht die hohe Long-Term-Instabilität und die recht geringe Varianz der Position.
Bei einer Salary-Cap von 200 Mio. ist die Position in etwa 4-6 Mio. wert. Ein Runningback, der eine Standardabweichung besser ist als der Durchschnitt, wäre demnach rund 7 Mio. pro Saison wert. Einer, der zwei Standardabweichungen besser ist, um die 9 bis 9.5 Mio/Saison.
Selbst wenn wir annehmen, dass Chubb seinen Level der letzten Jahre halten kann, und wenn wir annehmen, dass die Browns im Standard-Modus eines der lauflastigeren Teams sein wird, so ist der Chubb-Vertrag gemessen am Wert der Position zu teuer.
Ich erinnere an das ewige Hamsterrad der Runningback-Verträge…
…und bin nicht bereit, dem an sich sehr starken Front Office der Browns einen Freipass für diesen Deal auszustellen. Relativ teamfreundlicher Vertrag im Vergleich zu anderen Runningbacks täuscht zumindest mich nicht darüber hinweg, dass die Position insgesamt nach wie vor zu teuer bezahlt wird.
Nun ist die Chance hoch, dass Chubb noch einiges im Tank hat: Mit keinen 700 NFL-Carries ist er trotz langer College-Karriere noch relativ „frisch“ (ab etwa 1500 Carries tendiert der Production-Drop-Off von Runningbacks kritisch zu werden). Aber der Deal kann auch negative Auswirkung aufs Playcalling haben, z.B. noch stärkeres Featuren des teuren Spielers.
Der Vertrag ist gut für Chubb, einen tollen Typen, der schon zu College-Zeiten einiges an schweren Rückschlägen mitgemacht hat. Er ist aber nicht gut für die Browns, die in Kareem Hunt einen zweiten Back in „mid price range“ (6 Mio/Jahr) am Roster haben. Chubbs Vertrag wird eine etwaige Vertragsverhandlung mit Baker Mayfield im nächsten oder übernächsten Jahr natürlich nicht komplett torpedieren, aber die hohen Cap-Zahlen in 2023 und 2024 könnten bestimmte Optionen limitieren.
Also:
- Schlimmster Vertrag aller Zeiten und Browns canceled = NEIN
- Zu teurer Vertrag = JA
- Kritischer Kollaps unmittelbar bevorstehend = NEIN
- Limitierungen in Free Agency oder Baker-Verhandlungen incoming = JA
- Gefahr von „Featuren“ von noch mehr Rushing = JA
Die Browns sind mit dem Deal natürlich nicht über Nacht zum dümmsten Front-Office der NFL geworden. Aber es hätte bessere Lösungen gegeben (und sei es das Risiko gewesen, Chubb zu verlieren) – und es zeigt, dass auch die besten Front Offices nicht von Rechenmaschinen geleitet werden.
Topspieler auf ihren Positionen wollen natürlich auch einen gewissen ‚Respekt‘ seitens der Organisation. Da würde ich gerade bei den Running Backs nicht nur rein den Value berücksichtigen wollen. Ist ja auch irgendwie ungerecht. Es ist doch nicht so, dass du auf jeder Position nur Top-5 Spieler hast. Die einen haben halt die Stars auf WR, TE, CB, etc. und ein paar haben Top Backs. Du killst dir den Locker wenn du einen deiner Stars ‚unterbezahlst‘. Gute RB’s stehen im Rampenlicht und wollen natürlich nicht von einem OL wegen ihrem Gehalt bemitleidet werden. So lange es kein Elliott- oder Gurleyvertrag ist, ist doch alles gut. Ich finde hier sollten beide Seiten gut mit leben können.
Moin,
ich denke der Knackpunkt kommt nach der Saison 2022 und vor der Saison 2023.
Bis dahin, mit dem Risiko der Verletzung natürlich, finde ich den Vertrag eigentlich ziemlich gut.
2023 14,8 Mio. gegen die Salaray oder 8 Mio DeadCap sind das Problem. Die Cap muss schon sehr stark steigen damit die 14,8 nicht zu sehr weh tun und 8 Mio. DeadCap und dann ihn nicht auf dem Feld zu haben sind auch Kacke und zuviel.
2024 sehe ich dagegen wieder relativ entspannt. 4 Mio. DeadCap würde ich dann nehmen und vielleicht bekommt man ja bis dahin nen guten Rookie zusammen für die Position der unter der 1 Mio. bleibt die man heuer mehr für Chubb bezahlt.
Mein erster Gedanke gestern: für einen RB vom Kaliber eines Nick Chubb ja „relativ team-friendly“.
Mein zweiter Gedanke gestern: wie wohl Korsakoff den Vertrag sieht?
Von daher vielen Dank für die prompte Bewertung. 🙂
Bin ich zu doof mccaffrey im Raster zu finden?
Wo suchst du?
In der langen Runningback-Liste auf OTC ist er als Aktiver sogar grün markiert.
Ich denke Alexander meint die Yards Over Expected – Auswertung von PFF.
McCaffrey hatte ja aufgrund der Verletzung nicht genug Touches und taucht hier deshalb nicht auf (Minimum 100).
Pingback: Sind die Browns eine kluge Organisation und ist die Salary Cap schlecht? | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!
Pingback: All-32: Cleveland Browns 2021 Preview | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!
Also für mich zeigt sich der Deal für beide Seiten gut, eben wegen jener erwähnten Gründe. Die ersten beiden Jahre sind die, mit denen die Franchise halbwegs sicher planen will/kann. Der dann im Raum stehende dead Cap ist verglichen mit anderen Deals in Ordnung. Was für mich hier ausschlaggebend ist: die Franchises mit tatsächlichen Spitzen-RBs wollen ihre Stars nicht abgeben. Auch wenn PFF hier von ca. 3 % spricht, so wird kein Team seinen Henry, CMC oder Cook mit solch niedrigen Beträgen ausstatten. Und auch wenn der RB immer ersetzbarer wird und in einer Passliga an Wert verliert, so bist du als Coach doch dankbar, wenn du mit einem der Topleute arbeitest und dafür etwas mehr über Value bezahlst. Hinzu kommen der Trend hin zu ausufernden Verträgen auf anderen Positionen.