All-32: New York Jets 2021 Vorschau

Die New York Jets haben in dieser Saison eine Mission: Entwickle QB Zach Wilson.

MAGA Wilson war der #2 Overall Pick der Jets im Draft. Es ist der jüngste Versuch der Jets, ihren neuen Joe Namath zu finden – den ersten echten Franchise-QB seit 50 Jahren. Allein in meiner NFL-Lifetime sind 1st Round Projects wie Chad Pennington, Mark Sanchez oder Sam Darnold teilweise krachend gescheitert. Irgendwann muss der Negativ-Streak ja aufhören – oder?

Immerhin: Die Jets legen ihren jungen QB anders als z.B. die Bears in die Hände eines unverbrauchten Trainerstabs, der von einer gefinkelten Organisation abgeworben wurde: der neue Headcoach Robert Saleh kommt wie OffCoord Mike LaFleur von den San Francisco 49ers.

LaFleur wird viele Wide-Zone/Play-Action-Prinzipien von seinem Lehrmeister Shanahan mitbringen – und der Erfolg seines Bruders Matt in Green Bay lässt mich zumindest stärker dran glauben, dass diese jüngsten Zöglinge keine reinen Shanny-Abklatsche sind.

Saleh strahlt extrem positive Autorität als Führungsfigur aus, und man kommt nach zwei exzellenten, schematisch gut weiterentwickelten Jahren seiner 49ers-Defenses auch nicht mehr drum herum, seine footballerische Kompetenz zu würdigen.

  • Bilanz 2020: 2-14
  • Pythagorean: 2.8 Siege (#32)
  • Close Games: 2-3
  • Offense EPA/Play: -0.12 (#32)
  • Defense EPA/Play: +0.11 (#27)
  • Turnovers: +/- 0
  • Fumble Luck: 41% (#26)
  • Adjusted Games Lost: #29 (OFF #22, DEF #31)

Am wichtigsten für den Common Sense: Adam Gase ist weg. Gase ist die Personifikation des Schlechten in NFL-Coaches, wenn wir auf die letzten zwei Jahre zurückblicken. Aber das war nicht immer so.

Erst vor zwei Jahren hatte Gase nach seiner Entlassung noch als eine Art „Perle vor sie Säue“ in Miami gegolten – verbrannt von einer mies geführten Franchise mit einem ewigen Talent und Coach-Killer auf QB (Ryan Tannehill) und als Coach, der aus wenig Talent viel herausholte (extrem gute Close Win Bilanz). Wie sich die Zeiten ändern.

Offense

Wilson war vor einem Jahr noch total unbekannt, legte bei BYU dann aber in einem dem Jets-System ähnlichen Offensivsystem atemberaubende Zahlen mit richtig starken Würfen auf. Er ist bestimmt ein sehr gutes Quarterback-Talent. Ich sehe persönlich das eine oder andere Problem in seinem College-Tape:

1) Wilsons Arm ist nicht so kräftig wie es manche Analysten weismachen wollten. Er ist gut, aber nicht Kategorie Mahomes oder Stafford.

2) Wilson hat die Tendenz, Receiver hie und da krankenhausreif anzuwerfen.

3) Wilson mied bei BYU die Spielfeldmitte. Das ist total untypisch für das Wide-Zone-Play-Action-System. Doch BYU designte alsbald nicht einmal mehr Routen über die Mitte, da sie dort eh verwaisten. Kann LaFleur seinem jungen QB diese Zone noch schmackhaft machen? Oder wird es eher wie bei Aaron Rodgers in Green Bay aussehen? Dann muss Wilson in allen anderen Bereichen brillieren.

Sonst ist vieles da: Er ist mobil und kann im Laufen werfen. Und er ist meisterhaft in Play-Action


Der Kern an Skill-Playern wurde ziemlich aufgepeppt. Via Free Agency kam Corey Davis aus Tennessee, im Draft zog man Slot-WR Elijah Moore von Ole Miss, und dann holte man noch Keelan Cole als WR4 aus Jacksonville. Dazu gehen WR Denzel Mims und TE Tyler Kroft ins zweite Jahr.

Davis war seinen #5 Overall Pick in Tennessee nie wert, aber neben AJ Brown entwickelte er sich in den letzten zwei Jahren zu einem immerhin soliden WR2. Mims hätte den Körperbau eines WR1. Er hätte die Highlight-Catches und er kann außen spielen. Aber bislang zeigte er nie die Konstanz. Die Jets-Hoffnung ist, dass der junge Mims von Davis‘ Präsenz als Ablenkungsmanöver profitieren kann, während Davis von der physischen Präsenz eines Mims schmarotzt – und sich die Symbiose aus den beiden als besser als die Summe der beiden Einzelteile herausstellt.

Moore ist ein echt interessanter Pick. Viele Draft-Scouts haben Moore als einen der spektakulärsten Picks im ganzen Draft gefeiert, und es gibt keine Zweifel: Moore war bei Ole Miss ein produktiver Spieler.

Aber Moore war dort eben auch ein reiner Slot (90% und mehr Aufstellungen im Slot). Im Slot ist es einfacher, produktiv zu spielen als outside. Die besten Wideouts sind im Slot produktiver als die besten reinen Slot-Receiver. Also warum haben Moores College-Coaches ihn quasi nie nach draußen geschoben, obwohl Ole Miss dort keine validen Alternativen hatte? Als Backup für Moore hat man noch Jamison Crowder im Roster, einen über Jahre produktiven Slot-WR.

Ich bin gespannt, welches Personal die Offense bevorzugt spielen wird. Ich hätte einiges 12-Personnel erwartet, aber gestern hat man den vermeintlich besten Tight End im Kader (Chris Herndon) nach Minnesota verkauft. Kroft bleibt übrig, aber viel Qualität bietet die Position nun nicht mehr. Herndon war 2019 verletzt und hatte 2020 ein sportliches Seuchenjahr, aber davor hatte er ganz gutes Potenzial angedeutet.


O-Line wird a bissl Wundertüte. LT Mekhi Becton hat ein überraschend gutes Rookiejahr gespielt, aber der ganze Rest ist noch etwas eigen. Für LG Alijah Vera-Tucker hat man im Draft einen horrenden Preis gezahlt, der nur ein weiteres Mal die blanke O-Line-Not aufzeigte. Denn von AVT rechtsseitig gibt es nur Fragezeichen.

Defense

Ich habe Saleh lange unterschätzt. Aber in den letzten beiden Jahren hat Saleh extrem gute Arbeit bei den 49ers geleistet. 2019, als die meisten Schlüsselspieler fit blieben, hatten die Niners eine Top-3 Defense. Letztes Jahr blieb das Team in den Top-10 nach EPA/Play, obwohl fast der ganze Depth-Chart auf IR wanderte.

Saleh glänzte dabei u.a. durch zahlreiche Scheme-Adjustments. Anfangs war Saleh stark auf das Seattle Cover-3 fokussiert, doch in letzter Zeit baute er immer mehr two high Prinzipien in der Passing-Defense ein. Im Passrush war Saleh sind Salehs Mannschaft von hyper-aggressiven Wide-9 Teams zu Teams geworden, die eher abwarten und auf das Blocking-scheme des Gegners reagieren, und dafür mehr Blitzen (über 32% Blitzes in 2020).

Diese Adaptivität gefällt mir.

Konzeptionell habe ich einige Takes.

Die Stärke der Jets-Defense ist auf Defensive Tackle um Quinnen Williams und den neu von den Saints geholten Sheldon Rankins. Die beiden machen die Mitte dicht, sodass es schwer wird drüberzulaufen. Aber das kann falsch eingesetzt auch Schwäche sein, wenn es wie 2020 die Gegner zum Werfen einlädt.

Ich denke, Saleh wird es schematisch besser machen als das Vorgänger-Regime und weniger Ressourcen in die Run-Defense stecken, aber der dünn besetzte Edge-Rush macht Sorgen.

Im Passrush war man hoffnungsfroh, aber jetzt hat sich die große Free-Agent-Verpflichtung EDGE Carl Lawson schon bis nächstes Jahr auf IR verabschiedet, und auch Vinny Curry wird mit Blutproblemen die Saison verpassen. Gestern hat man kurzerhand für Shaq Lawson von den Texans getradet. Der ist eher eine #2 als eine echte #1 und kostet darüber hinaus einen Day-3 pick.

Hinten gibt es kaum Talent auf Cornerback, weswegen Saleh das in San Francisco gespielte Cover-2 getrost in die Tonne kloppen kann. Bryce Hall als ehemaliger 5th Rounder ist wahrscheinlich CB1.

Safety ist dagegen nicht unspannend mit Marcus Maye, dem von den Raiders geholten Ex-Star Lamarcus Joyner (ein Slot/Safety Hybrid) und dem bisher unterwältigenden Ashtyn Davis.

Ausblick

Die Jets werden schon qua Regression und besserer Kadertiefe deutlich mehr Spiele gewinnen als im Seuchenjahr 2020. Aber schon allein wegen der Personalprobleme an wesentlichen Stellen – rechte Seite O-Line, Edge-Rush, Cornerback – ist das Potenzial noch deutlich gedeckelt.

Aber wichtiger als ein schneller sportlicher Durchbruch ist in der anstehenden Saison erst einmal, Wilson in einem guten Offense-Scheme zu entwickeln, um ab der nächsten Saison eine Basis für eine längerfristig erfolgreiche Zukunft zu haben.

Ich bin nicht der größte Wilson-Verfechter unter der Sonne, aber der leidenschaftlichen Jets-Fanbase wäre endlich mal wieder ein richtiger Franchise-QB zu vergönnen, weswegen 2021 das erste Jahr seit langem sein wird, bei dem ich mich mal etwas ernsthafter für diese Mannschaft interessiere.

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6 Kommentare zu “All-32: New York Jets 2021 Vorschau

  1. Von Morgan Moses auf RT hälst du nicht viel? Ich persönlich fande ihn in Washington ziemlich beständig in seinen Leistungen.

  2. Gehalt ist da 🙂
    Kannst du nochmal deine Paypal Daten posten, damit ich dir für deine tolle Arbeit danken kann?

  3. @Tebow15: War jetzt vor 2020 nicht so der Wahnsinn. In den letzten vier Jahren zwischen #40 und #55 in Pass-Block-Effizienz, und dann Jahre mit 11 bzw. gar 15 Penaltys.

    „Beständig“ vielleicht ja, aber auf welchem Niveau?

  4. Pingback: Es geht los! Heute beginnt die NFL-Saison 2021/22 | Sideline Reporter - Eier, wir brauchen Eier!

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