Was lernen wir aus dem Windspiel von Buffalo?

Mein windiger Take zum Monday Night Game Bills – Patriots.

Ich weiß, unpopuläre Meinung, aber: Ich mag diese Bad-Weather-Games. Es mag dran liegen, dass ich selbst am Berg groß geworden bin, und dass das Wetter dort manchmal Kapriolen schlägt. Dass man manchmal unter widrigen Umständen raus muss und nicht jede Arbeit dort draußen Spaß macht. Dass diese Überwindung am Ende doch erfüllend sein kann.

Aber das ist es nicht allein. Diese Spiele sind willkommene Abwechslung. Sie haben nur bedingte Aussagekraft für die Zukunft – aber sie zwingen Coaches und Spieler zu adjusten.

In solchen Spielen ist nicht bloß die andere Mannschaft der Gegner, sondern auch die Natur. Ich verstehe warum Leute denken, solche Bedingungen verhindern, dass Sportler ihre beste Leistung zeigen können, und dass sie deshalb kacke sind.

Aber was ist die „beste Leistung“? Die beste Leistung in kontrollierten, für den Menschen ideale Bedingung? Oder beste Leistung in den gegebenen Bedingungen?

Football ist, wie aktuell definiert, kein Hallensport. Solange die Bedingungen für die Beteiligten nicht gefährlich werden (wie zum Beispiel ein Gewitter oder völlig aufgeweichter Rasen), gehören diese Spiele ebenso dazu wie der Schönwetterkick am Sonntagnachmittag.

Es war windig

Im Orchand Park am Montagabend war es kräftiger Wind mit Böen bis zu 80 km/h – nicht ungewöhnlich für einen Spätherbst in Buffalo. Das Spiel zwang beide Coaches zu massiven Anpassungen im Gameplan. Die Patriots zum Beispiel spielten 94% der Spielzüge Laufspiel – so viel in einem NFL-Spiel wie seit den Siebzigern nicht mehr. QB Mac Jones hatte nur einen einzigen Passversuch in den ersten drei Vierteln – und nur drei insgesamt.

Die Patriots gewannen am Ende mehr glücklich als verdient 14-10, weil Buffalo zwar seinen einzigen Touchdown durch einen Muffed-Punt der Pats quasi auf dem Servierteller präsentiert bekam, aber eben auch zig Chancen liegen ließ um ein „optisch“ überlegen geführtes Spiel einzutüten.

Aber den Spielverlauf selbst sollten wir gar nicht zu tief analysieren – viele Schlüsse können wir daraus nicht ziehen.

Die Pats rannten und rannten und rannten und rannten, und zwischen all den kurzen Raumgewinnen brach RB Damien Harris ein einziges Mal durch, für einen 64-yds TD, als der einzige Deep-Safety es mit der Aggressivität überzog und die Mitte komplett offen ließ.

Am Ende hatten die Pats 222 Rushing Yards in 46 Versuchen, 4.8 Yards/Versuch. In EPA/Run war es trotzdem negative Punkterwartung: -0.02 EPA/Run.

Die Bills trauten sich etwas mehr aus ihrer Hundehütte raus – und wären gar nicht so unerfolgreich gewesen. In den Serien, in denen Buffalo in 1st Down mit Passspiel begann, hatte die Offense eine Conversion-Rate (neues 1st Down) von 92%. Wenn sie mit Lauf begannen: Nur dreimal in acht Serien ein neues 1st Down geholt. Oder anders: Achtmal gestuffed. Es wäre also möglich gewesen – warum die Bills z.B. QB Josh Allen nicht stärker als Waffe im Scrambling/Designed Rushing Game einsetzten, wird ihr Geheimnis bleiben.

Am Ende machten die Bills einfach zu viele kleine Fehler in Offense und Defense – und Belichicks Gameplan, bloß keine größeren Fehler am Feld zu begehen, ging auf. Belichick wurde hinterher für diesen Gameplan als Genie gefeiert, und verwies noch in der Kabine auf seine gefürchteten Bad-Weather-Practices als einen Schlüssel:

Ich sehe dieses Spiel nicht als Sternstunde Belichick’scher Gameplan-Kunst. Denn auch wenn er einen Sieg brachte: Es war ein glücklicher Sieg. Die Offense machte bis auf den einen langen Play keinen Stich. Sie scorte 14 Punkte – darunter acht nach einem fluky big run.

Belichick und Mac: Blindes Vertrauen?

Was ich als wichtigstes Nugget aus diesem Spiel mitnehme, ist die Frage: Wie viel vertraut Belichick seinem Rookie-QB Mac Jones wirklich?

Adrian Franke hat Jones in seinem QB-Ranking von dieser Woche bereits als Top-10 QB gelistet. Das klingt auf den ersten Blick noch einigermaßen plausibel: Jones ist #6 in PFF Grading, Jones ist Top-12 in Total EPA und EPA/Play, er ist Top-10 im Vermeiden von Turnover-worthy-Plays und Accuracy% und auch ohne den ganz großen Wurfarm ein sehr guter Game-Manager aus Clean Pocket.

Aber in schwierigen Umständen traute ihm Belichick in einem engen Spiel DREI VERDAMMTE DROPBACKS zu. Es war krasser als „wir sind physischer als du und können dich überpowern“. Belichick ließ mehr als ein 3rd&12 in die Mauer laufen. Wie deutlicher kannst du einem QB den Ball enthalten?

Das war kein genialer Gameplan. Es war ganz einfach Reduktion auf das Minimum in der blanken Not, nicht mehr zur Verfügung zu haben. Minimal bessere Execution vom Gegner in der einen oder anderen Schlüsselsituation hätte zur Niederlage geführt. I’m sorry: Ganz für voll kann ich Jones damit nicht nehmen – schon gar nicht als Top-10 QB.

Und sonst?

Was lernen wir sonst noch aus dem Spiel? Eher wenig. Buffalo kriselt – aber das wussten wir schon.

Die Patriots führen in der AFC East jetzt mit 9-4 Siegen vor Buffalo mit 7-5, und haben das Heimspiel gegen die Bills noch vor sich. Die Pats haben jetzt 97% Playoffchance according to PFF. Die Bills nur noch 78%. Auch im Division-Race sind die Patriots jetzt der Favorit mit 2:1.

Über die erwartbaren Reaktionen in der Medienlandschaft zu schreiben („Belichick = größte Leistung seit Erfindung des Sauerkrauts“): Auch nicht so aufregend. Threads wie dieser vom „Football Guy“ Coach Vass triefen mal wieder vor testosterongeschwängertem Coach-Talk. Aber was soll ich dazu noch neues schreiben, nach elf Jahren, in denen die alte Schule kein Jota von ihrem eigentlich überholten Standpunkt abweicht.

So war das Spiel am Ende was es war: Ein Kampf auf Biegen und Brechen in unangenehmen Bedingungen. Adjustments der Beteiligten an die Bedingungen, die mal mehr, mal weniger Sinn machten – die aber einiges über die wahren Empfindungen der Coaches mitteilten. Ein Sieg der Patriots. Aber am Ende nicht viel mehr.

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8 Kommentare zu “Was lernen wir aus dem Windspiel von Buffalo?

  1. Danke das es noch jemand so sie, dass die Bills das Spiel eher selbst verloren haben, als das die Patriots es gewonnen haben, wirklich interessant wäre es gewesen wenn die Bills mal eine Führung gehabt hätten, dann hätte Bill nicht so strickt bei seinem Plan bleiben können.

  2. „Die Offense machte bis auf den einen langen Play keinen Stich. Sie scorte 14 Punkte – darunter acht nach einem fluky big run.“

    Naja, aber gleiches gilt doch für Bills auch. Ihre Offense lief…bis sie eben gar nicht lief und gegen die Defense prallte.
    Denn abgesehen vom muffed punt der zum TD wurde, kamen bis auf ein Field Goal 0 Punkte zustande. Und das FG wurde gleich danach durch ein Patriots FG ausgeglichen.

  3. Bin da bei Garosh, denn viel kam von den Bills nicht. „Bessere Execution“ kann man immer schreiben, hat halt viel von hätte, wäre, wenn.
    Hätte der Bills Safety minimal besser gespielt, hätten die Pats keinen 64yard run, hätte Allen einen Ball besser geworfen, hätten Sie einen Td mehr. Andersherum gilt das aber auch: wäre Harry nicht weggerutscht hätten die Bills nichtmal einen TD, hätten sie bei dem einen EndAround den Block besser gesetzt hätten sie einen TD mehr usw.

    Was ich aber auch gerne gesehen hätte, wäre ein Rückstand der Pats. Diesen kompletten Verzicht aufs passing Game finde ich unverständlich.

  4. Danke für die realistische Einordnung. Ich habe zuerst die Zusammenfassung gesehen und dann die Kommentare gelesen. Hätte Mac nicht gespielt, hätte ich nochmal überprüfen müssen, ob ich versehentlich das falsche Spiel gesehen habe.

  5. So sehr ich Belichick ja schätze, aber ich kann mich auch nicht des Eindrucks erwehren, dass sein Gameplan jetzt sehr vom Ende bzw. Ergebnis her betrachtet wird. Wenn die Bills gegen Ende des Spiels doch mit Glück das eine Big Play gemacht hätten, hätten sich alle darüber aufgeregt, dass die Patriots ja nur gelaufen sind. Und das auch nicht ganz mit Unrecht, wie ich finde. Gerade im zweiten und vierten Quarter hätte ich auch gerne mehr Passing Game gesehen, um das Spiel eindeutiger für sich zu entscheiden. V.a. Screens hätten sich doch angeboten, nachdem die Bills irgendwann die Box ziemlich vollgestellt haben. Letztendlich hat hier aber wohl der Konservatismus durchgeschlagen, der auch bei der quasi nicht vorhandenen 4th Down-Aggressivität zum Tragen kommt. Die Execution bei den Run Plays war nichtsdestotrotz immer wieder echt klasse – der Crack Toss zum TD war hierfür ein tolles Beispiel.
    Was Mac angeht: Ich sehe ihn nicht ganz so kritisch wie der Hausherr. Mir gefällt seine Entwicklung in der Hinsicht, dass er sich jetzt mehr tiefe Würfe traut als zu Beginn der Saison. V.a. gegen die Titans war das schön zu sehen. Aber man muss schon auch berücksichtigen, dass die Patriots in den letzten Spielen keine großen Rückstände aufholen mussten, was sie sicher auch ihrer Defense zu verdanken haben. Spannend wäre von daher natürlich zu sehen, wie Mac mit Rückständen umgehen kann bzw. damit, wenn das Spiel mehr auf ihm lastet – v.a. bei einer Playoff-Teilnahme wäre das sicher nicht unwesentlich.

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