Ein letzter Nachklapp zum NFL Wildcard-Weekend, das entgegen aller Ankündigung alles andere als „super“ war.
Nachklapp Rams – Cardinals 34:11
Das Spiel war noch einseitiger als gedacht. Die Cardinals wirkten drei Viertel lang komplett überwältigt, und das nicht bloß physisch, sondern auch mental. Obwohl die Rams wie immer ein paar Unsauberkeiten in ihrem Spiel hatten, war das Ding eigentlich schon im zweiten Viertel gegessen, spätestens als Kyler Murray einen Wentz™-Meltdown hinlegte und bei drohendem Safety aus der eigenen Endzone heraus einen Pick Six schaufelte.
Der Spielzug steht Pate für die Performance der Cardinals, auch wenn Arizona auch ohne diesen kapitalen Bolzen keine Chance gehabt hätte.
Die O-Line sah kein Land und war durchlässig wie ein Sieb. DT Aaron Donald und auch EDGE Von Miller „lebten“ im Backfield, wie der Amerikaner zu sagen pflegte, und Murray hielt gerade in den ersten Drives viel zu lang den Ball, kassierte dadurch immer wieder Pressures und feuerte dann wilde Pässe ins Nirvana.
Die Receiver waren 1-vs-1 chancenlos, und wenn sie sich tief mal freigelaufen hatten, platzierte Murray den Ball genau dazwischen, sodass sich keiner dafür zuständig fühlte – nimm du ihn, ich hab ihn sicher, und so.
Die Run-Defense zeigte altbekannte Schwächen gegen das Zone-Running, schon bevor J.J. Watt nach seinem Kurzauftritt auf der Bank verschwand.
Kingsbury ließ vor der Halbzeit bei 0-21 mit drei Timeouts die Uhr runterlaufen – natürlich tief in der eigenen Redzone, aber trotzdem dem Signal einer weißen Flagge gleichkommend.
Kurzum: Das war von den Cardinals eine Pleite, die in Vergangenheit schon zu Entlassungen geführt hat. Arizonas Ownership ist nicht dafür bekannt, die proaktivste in der NFL zu sein – GM Steve Keim z.B. darf schon über ein Jahrzehnt wursteln und hat bitterste Spielzeiten überlebt. Aber die Hoffnungslosigkeit, mit der Arizona hier abgeschlachtet wurde, war kein Einzelfall in den letzten Wochen. Spätestens seit Mitte November ist nicht mehr viel zu sehen von der vor Elan sprießenden Mannschaft in der ersten Saisonhälfte.
Und das wiederum war kein Einzelfall – auch letztes Jahr implodierten die Cards nach gutem Saisonbeginn. Das wird wie die Unfähigkeit, größere spielerische Adjustments vorzunehmen, an Kingsbury hängen bleiben.
Murray hat heuer als QB einen ordentlichen Schritt nach vorn gemacht – er ist z.B. die #1 in Big Time Throws, die #4 in Turnover-würdigen Würfen, hat gelernt über die Mitte zu gehen und ist kein reiner Boom-or-Bust QB mehr. Aber seine Pocket-Präsenz wirkt weiter wackelig. Sein Scrambling ist weder rational noch effizient. Und wenn die tiefen Completions ausbleiben, holpert die Offense nach wie vor gewaltig.
Auch die Limitierungen des Kaders sind gestern wieder offensichtlich geworden. O-Line, Receiver, Defensive Tackle, Cornerback – alles Problemzonen in einem Team, das die letzten zwei Drafts seine besten Ressourcen jeweils in versatile Linebacker gesteckt hat, die noch nicht voll eingeschlagen haben.
Auch wenn Routiniers wie Watt nach dem Spiel deutliche Worte gefunden haben, die indirekt den Coach anschießen: Murray und Kingsbury werden das heutige Fiasko wahrscheinlich überleben – bei letzterem schon allein, weil die Alternative einen deutlichen Umbruch nach sich zieht. 2022 ginge Kingsbury dann aber schon als lame duck an – nicht die besten Vorzeichen, wie immer. Frage wird sein, ob der GM den Jänner überlebt.
Die Rams fahren jetzt als leichter Außenseiter nach Tampa, das sie in der Regular Season zuhause schon einmal klar geschlagen haben. Ich gebe den Rams bei den Buccs eine gute Chance.
Das explosive Passing Game ist stets brandgefährlich, solange Stafford nur den Hirnfurz vermeidet. Kupp machte trotz Sonderbewachung seine Yards, Beckham sah total dynamisch aus, dazwischen immer wieder Big Runs über die Runningbacks Michel & Akers, bei dem man dem einen seine schweren Füße aus New-England-Zeiten nicht ansah, und dem anderen nicht, dass er erst vor kurzem von Achillessehnenriss zurückkam.
Sonstige Nachwehen
Raiders – GM Mike Mayock ist gestern gefeuert worden. Mayock war eine Gruden-Marionette und hatte keine Zukunft. Mayock hatte ich im TV wegen seiner famosen Draft-Analysen abgöttisch verehrt, aber als GM war schnell klar, dass ein anderer Wind weht und wir übelste football guy Rochaden sehen würden.
Weil Mayock wohl nie das letzte Wort bei den Raiders hatte, ist letztlich schwer, seine Arbeit einzuschätzen.
In den letzten Tagen mehrten sich auch Gerüchte, dass Interimscoach Rich Bisaccia möglicherweise bleiben darf. Bisaccia hat das Team vor dem Zusammenfallen bewahrt, aber ich kann nicht behaupten, dass Las Vegas unter ihm besonders inspirierenden Football gespielt hätte. Ein radikaler Tapetenwechsel wäre wahrscheinlich nicht das schlechteste.
Wildcard Weekend – Weil die Playoffs 2022 spielerisch so schlecht losgegangen sind wie die kompletten letztjährigen verlaufen sind, gibt es schon zahlreiche Stimmen, die die Erweiterung auf das Siebener-Feld als Fehler bezeichnen. Die bislang vier Spiele zwischen #2 Seed und #7 Seed waren mit Ausnahme von Colts@Bills letztes Jahr absolute Langweiler:
Gurkentrupps hatten wir aber auch schon vor der Erweiterung auf sie Glorreichen Sieben mit dabei, und ich kann nicht verhehlen, dass das Finish der Regular Season insgesamt interessanter geworden ist, weil es für mehr Mannschaften noch um etwas geht.
Ich, der idealerweise ohnehin nur die acht Divisionsgewinner qualifizieren würde, habe mein größtes Problem mit der Playoff-Erweiterung darin, dass das Wildcard Weekend komplett auseinandergerissen wurde. Was früher kompakt zwei Spiele Samstagnacht und zwei Sonntagabend bedeutete, zieht sich jetzt über drei lange Nächte, keine Chance für einen normalen Europäer, das durchzustehen, ohne mit dunkelsten Augenringe in eine Woche zu starten oder normal life für ein paar Tage komplett aufzugeben.
Die NFL Playoffs haben für mich durch diese letzte Erweiterung vieles von ihrem Charme verloren – was ich langfristig schlimmer finde als die Tatsache, dass wir zum zweiten Mal zwei Blowouts mehr sehen. Denn schlechten Wildcard-Football hatten wir früher auch.
Ich persönlich finde die Erweiterung auch nicht für gelungen.
Aber es geht letztendlich nur ums Geld. Wie auch bei der Spielplanerweiterung der Regular Season um ein Game. Auf der anderen Seite freue ich mich einfach Football gucken zu dürfen/können, meckere also nicht.
Auch wenn nur die 8 Divisionssieger die Playoffs bestreiten würden, könnte es aufgrund der Spielstärken der einzelnen Divisionen zu Graupenspielen kommen und viel stärkere Divisionszweite und sogar Divisionsdritte wären genau so raus.
Es wäre unter dem Strich genau so ungerecht wie jetzt. Ich glaube sogar, dass es noch viel schlimmer werden wird. Erweiterung in den nächsten Jahren auf 50%. (8 von 16) Alles wegen der Kohle.
Siehe Collegepläne (Erweiterung der Playoffs)
Es ist wie beim europäischen Fußball, bzw. WM/EM. Aufgebläht, langweilig, Kommerz pur!
KEIN Fan will das, wen interessiert? KEINEN
Ich persönlich habe meine Konsequenzen gezogen und gucke nur noch meinen Heimverein. Auf so einen Kack wie DIE MANNSCHAFT und eine WM in Katar oder eine EM mit 32 Mannschaften kann ich verzichten!
Mich nervt dieses langgezogene WE auch. Und die Nachtspiele habe ich auch allesamt nicht live gesehen….zum Glück gibt es im Gamepass die 40 Minuten Zusammenfassungen. Die liebe ich einfach, perfekt um morgens mit Kaffee auf der Couch vor der Arbeit 1-2 Spiele zu schauen.
War ziemlich erschrocken wie schlecht die Arizona Offense gestern aussah. Und bei einigen Einblendungen auf Murrays Gesicht sah er ein wenig wie ein verunsicherter Rookie QB aus…
Ich finde die Playoff-Erweiterung gut.
Spannung am Saison-Ende war höher.
Die Chance für Verletzungsgeplakte Top-Teams zu gesunden und sich spät in der Saison noch zu qualifizieren ist da.
Und das Wild Card Weekend war schon immer nur Aussortieren vor den eigentlichen Playoffs. Das war dies Jahr nicht anders. Ich habe Spiele die ich live sehen kann. Und den Rest gibt’s im 40 auf dem Weg zur/von der Arbeit sowohl Mo als auch Di. Gefällt mir.
Die nächsten beiden Spieltage sind eh die spannendsten in den PlayOffs.
Und dass das letzte Spiel schwach war, ist ja quasi per Definition gewollt. Es gibt eine Chance mehr für ein schwaches Team einen Upset in den Play-Offs hinzulegen. Wenn das einmal in 10 Spielen (Jahren) passiert, reicht mir das.
Was ich nicht verstehe am Rams-spiel: Sie haben das Spiel nach Belieben dominiert und komfortabel geführt als sie im 3. Viertel einen Trickspielzug verbrennen. Warum? Jetzt ist er für die nächsten Gegner auf’m Tape. Vielleicht haben sie aber auch ein episches Trickspiel-arsenal, wer weiss.
Ich vermute, dass Kyler Murray noch Entwicklungspotenzial hat. Den würde ich noch nicht aufgeben. (Wobei… wenn die Cards ihn zu den Saints traden, fände ich das ausgesprochen reizvoll… 😉 )
Nochmal zum Dallas – 49ers Spiel, welches mich immer noch nicht los lässt.
Das war nnicht nur gute Spannung, das war bestes Entertainment pur.
Ich habe andere Präferenzen als der Hausherr und kann mich auch faszinieren lassen von einem Spiel mit vielen Fehlern und kuriosen Vorfällen.
Das was „Americas team“ an Fehlern auf dem Feld und an der Seitenlinie fabriziert hat war zwar für eine eigentlich (1 von 32) superpofessionelle Organisation eher diletantisch. Um so überraschender, dass sie trotzem noch im Spiel waren und es so spannend wurde.
Ich denke bei den 32 Franchises trennt sich hier (Anhäufung von Fehlern) auch die Spreu vom Weizen, eine Anzahl n der Teams würde in der Hektik weitaus nesser agieren, aber ich denke es gibt auch eine Anzahl m, wobei die Cowboys da nicht alleine sind, die auch in der Hektik solche Böcke schiessen.
Was ich aber bis heute nicht begriffen habe (kann es mir jemand erklären was das sollte), warum die Boys nach dem erfolgreichen fakepunt dann die OFF nicht gleich auf das Feld brachten. Für mich herschte dann Ratlosigkeit, aber als dann doch die OFF kam, lief ja die Clock wieder erneut bei 25 Sekunden los.
Der Fehler war dann als die OFF gemütlich auf das Feld joggte und weder Center, noch QB noch Coaches einen Blick für Uhr hatten und es einen Delaystrafe gab – unglaublich.
Zum Ende: Wenn Dak nicht die Seitenlinie erreichen kann, braucht er hier doch gar nicht loszulaufen.
Wenn nix offen ist, dann wegwerfen oder einen Jumpball riskieren. Aber die Schiris haben hier überhaupt keine Schuld. Ich meine, der Schiri hätte nicht nur den Ball „berühren“ müssen, sondern er muss ja den Ball spotten ( sonst legt ihn sich der Center hin wie es passt) und in der Hektik hatte Dak. P das wohl nicht gewusst oder vergessen.
Aber auch dei 49ers Sequenz am Anfang war atemberaubend, zuerst der Sack gegen DAK, dann drauf die iNT gegen DAK und dann drauf gleich der lange Run zum TD.
Für mich ein absolutes Topspiel und der Mund blieb oft staunend offen über das was am Rasen da vor sich ging.
Aber als Jerry Jones würde ich nach dem Chaos schon mal ein ernsteres Wort mit meinen Führungsleuten führen und das wäre garantiert kein angenehmes Gespräch.
Generell zum aktuellen Format der Playoffs.
Es gibt eine zweistellige Anzahl von Wildcardteams die es IN den SB geschafft haben. Und einen #6 seed der den SB gewann ( mancher wird sagen leider).
Da jetzt die lange Zeit ohne Football sich nähert, bin ich für jedes Spiel und jedes Drama dankbar.
Ich finde auch dass das Ende der Regularseason aufgewertet wird weil mehr Teams noch Chancen haben.
Klar sind die Zeiten nicht freundlich für Europäer aber man kann ja die Medien meiden und abends noch die Spiele der Nacht unvoreingenommen gucken.
Euch allen noch tolle Playoffs. Gruß a.
Nachtrag: nochmal zum delay nach dem fakepunt:
Die ST sidn zwar schnell unter geflitzt aber die OFF zu langsam drauf. Aber der Judge macht auch keine gute Figur weil er erst vom Center weggeht, als die playclock fast am Ende war. Trotzdem „selbst schuld“ Cowboys
@alexander: “ … warum die Boys nach dem erfolgreichen fakepunt dann die OFF nicht gleich auf das Feld brachten.“
Ich nehme an, sie wollten die 49ers Defense dazu bringen, aus Panik/Überraschung über die ungewöhnliche Formation ein Timeout zu verbrennen.
@alexander: Sehe ich genauso. Ich sehe auch lieber ein spannendes Spiel als ein „qualitativ hochwertiges“. Ich setze das absichtlich in Anführungszeichen, weil „qualitativ hochwertig“ häufig mit offensiv erfolgreichen Spielen gleich gesetzt wird. Ein Spiel ist aber nicht objektiv qualitativ hochwertig, wenn die Defense schlecht spielt.
Die Erweiterung auf 17 Spiele und den 7th Seed ist und bleibt ein Fehler. Wir sind von einem wunderbar ausbalancierten Spielplan, der aus perfekten Zweierpotenzen besteht zu ungerader Kacke gegangen. Wer ein minimales Gefühl für Ästhetik hat, kann das nicht anders sehen. Man sehe sich doch einfach den alten Spielplan an:
256 Spiele
32 Franchises
16 Franchises pro Conference
8 Divisions
4 Franchises pro Division, 4 Wildcard Games & 4 Divisional Round Games
2 Conference Finals
1 Superbowl
🥰
„They’ve massacred my boy.“
@Dizzy: Merci, da haben sich die Boys dann selbst „ausgesmartet“
@geeps: Das mit dem Spielplan (17 Spiele) sieht der Hausherr genau gleich. Sehe ich ebenso (auch wenn es natürlich ein Wochenende weniger Football bedeutet). Und es verschiebt den ungleichen Spielplan innerhalb der Division noch mehr.
@Alexander: Ich würde Dallas-San Francisco etwa eine 7/10 in Watchability geben.
Ich gehe mit dir, dass auch Fehler eine Quelle für ein spektakuläres Spiel sind, aber wenn Fehler die Hauptquelle sind, dann reicht es eben nicht für die ganz großen Klassiker 🙂
Ja, es war spannend, aber nicht total mitreißend. Dafür waren zu viele Böcke und letztlich zu wenig Drama. Wenn ein Spiel durch so einen Eigenfehler wie von Coaches/Prescott am Ende entschieden wird, dann kann ich das Spiel nicht mit sagen wir Cards-Packers vor ein paar Jahren einordnen, bloß weil es das einzige halbwegs aufregende Spiel am Wochenende war.
Re: Zahlenreihe.
Ich könnte damit leben, dass sie die wunderschöne Reihe mit zwei Primzahlen (7 und 17) zerstört hätten, wenn diese Primzahlen entsprechendes Chaos liefern würden. Tun sie bislang leider nicht – im Gegenteil.