Vorschau auf die NFC East.
Vorab: Wirklich gute Division ist das nicht, aber wenn alle vier Teams unter den fünf NFL-Mannschaften mit dem einfachsten Schedule der NFL-Saison sind, könnte es trotzdem viele Siege für diese Mannschaften abgeben:
Dallas Cowboys
PFF Playoff-Chance: 55%
Superbowl-Chance: 4%
Over/Under 10.5 Siege
Schedule #28
Dass Dallas die Division letztes Jahr gewonnen hat und zwischendurch sogar als größter Superbowl-Favorit gehandelt wurde, habe ich ganz ehrlich längst vergessen. Ich hatte, bevor ich mich in die Saisonvorbereitung gestürzt hatte, auch keinerlei Erinnerung mehr an das Playoffspiel der Cowboys gegen die 49ers. Ich hätte kein Ergebnis mehr gewusst, nicht eine einzige Spielszene – ich hatte das komplette Spiel ganz einfach aus meiner Erinnerung gelöscht.
Wie ein Schaden fühlt sich das nicht an, denn wirklich was hinterlassen haben die Cowboys 2021 nicht. Das war keine besonders gefinkelte Offense, eine allein durch Passrush und Turnovers überlebende Defense sowie eine recht zähe zweite Saisonhälfte. Es reichte um mit 12-5 die Division zu holen. Aber als es in den Dezember hinein ging, rechnete eigentlich längst niemand mehr mit einem erfolgreichen Saisonende für Dallas.
Es folgte eine weirde Offseason, in der die Spätfolgen des sinnlosen Monster-Vertrags für Zeke Elliott einmal mehr sichtbar wurden: WR1 Amari Cooper musste für einen 5th Rounder an Cleveland verscherbelt werden, weil man den 20 Mio Cap-Hit nicht mehr tragen konnte. Auch Randy Gregory musste man ausgerechnet nach dessen erstem rundum starken Jahr ziehen lassen, weil man zu schlampig war, das NFL-Vertragswerk zu studieren und anschließend Gregory pikierte.
Jetzt gehen die Cowboys mit einem Kader in die neue Saison, der plötzlich ziemlich dünn ausschaut. Der Qualitätsverlust ist im Receiving-Corps ablesbar: Ohne Cooper rückt CeeDee Lamb zum WR1 auf. Lamb hat in den beiden Jahren viele gute Ansätze gezeigt und war stets im oberen Mittelfeld nach Yards/Route klassiert, aber so wirklich konstant der ganz große Weltmeister war Lamb noch nicht. Hinter ihm ist Michael Gallup in seinem Contract-Year nach seiner Rückkehr von Kreuzbandriss (wohl eher noch nicht zum Saisonstart) plötzlich nicht mehr ein erstklassiger WR3, sondern muss sich als WR2 beweisen.
Vielleicht vertauschen die beiden auch ihre Rollen: Gallup ist eher ein Typ X Receiver, Lamb ist am besten als Free-Runner aus dem Slot. Der WR3 Spot wird zwischen James Washington und Jalen Tolbert ausgemacht, zwei JAGs, die den ebenso abgewanderten Cedrick Wilson erst einmal ersetzen müssen. TE Dalton Schultz ist okay, aber keine echte Matchup-Waffe.
PFF rankt den WR-Corps der Cowboys noch an #12. Aber das ist fast zehn Spots niedriger als vor einem Jahr. Und das macht sich nicht gut für QB Dak Prescott – ein Liebling der Massen, eine der coolsten NFL-Geschichten der letzten Jahre, aber gleichzeitig jetzt ein mit über 40 Mio/Jahr bezahlter QB, der in seiner Karriere noch nie so wirklich einen mittelmäßigen Support-Cast „elevated“ hat.
2016, 2019 und Teile von 2021, als die Cowboys-OL dominierte und der Receiver-Corps die NFL in Grund und Boden spielte, dominierte Prescott mit grandiosen Spielen die Stat-Lines und beschwor den Hype eines Elite-QB herauf. Aber in den Zeiten, in denen die O-Line wackelte und die Receiver strauchelten, wackelte auch Dak und tendierte, mit dem Schiff unterzugehen. Dak ist streaky, und damit kein so einfach greifbarer QB.
Erschwerend kommt 2022 dazu, dass die O-Line schön langsam auseinanderfällt. Der zuletzt ständig verletzte OT La’el Collins und OG Connor Williams verließen Dallas in der Offseason, und in der Free Agency verletzte sich zu allem Überfluss auch noch der Ankermann LT Tyron Smith so schwer, dass es für den permanent von Zipperlein geplagten Smith das Karriereende bedeuten könnte.
Damit wackelt plötzlich das komplette Gebälk. Drei neue Leute, von der einst so dominanten O-Line ist nur noch RG Zach Martin übrig geblieben.
OL Tyler Smith, der 1st Round Pick, war eigentlich als Left Guard eingeplant. Jetzt könnte er tatsächlich als Left Tackle spielen. Zumindest hat Dallas bis jetzt noch keinen Ersatz wie den 40jährigen Oldie Jason Peters geholt. Left Guard wird damit erstmal frei.
Auf Center ist Tyler Biadasz eine eher durchwachsene Lösung, und RT Terrence Steele ist passabel, aber mit dem Zusatz mit dem Zusatz „für einen UDFA“. Kurz: Das könnte für Pass-Block-Win-Rates bis runter ins NFL-Mittelfeld sorgen, vom Run Blocking ganz zu schweigen.
Und das will Owner Jerry Jones ja bekanntlich am liebsten: Zeke feeden. Jones wird nicht müde, das zu betonen. Dass auch mittelmäßiges Dak-Passspiel >>> Rushing, ist Jerry egal. Ebenso, dass Zeke auf dem Feld seit Jahren vom Backup Tony Pollard in Grund und Boden gespielt wird, auch.
Einzig gut für Dallas: Zekes Vertrag hat man in der Offseason nicht neu strukturiert, was darauf hindeutet, dass die Cowboys auf eine Entlassung in der Offseason hinarbeiten.
Bleibt noch ein kleines, aber langsam größer werdendes Fragezeichen hinter OffCoord Kellen Moore: Vor eineinhalb Jahren noch als Wunderkind gehypt, ist Moores „no scheme Underdog Offense“ zum Ende der letzten Saison raus immer häufiger als uninspiriert und limitiert abgekanzelt worden.
Die Defense wird mit Regression zu kämpfen haben. Es werden keine 34 Turnovers wie letztes Jahr mehr sein. Im Passrush geht in Gregory ein wichtiger Depth-Player verloren, aber das ist noch kompensierbar (warum? Siehe gleich).
Aber CB Trevon Diggs hat keine Chance, die 11 Interceptions vom letzten Jahr zu wiederholen. Der boom or bust CB Diggs kaschierte mit all den Turnovers, dass er für über 1000 Yards verbrannt wurde. Er wird noch Bälle abfangen, ganz einfach weil seine Qualität als Ballhawk nicht komplett random ist, aber 11 Stück ist ein praktisch nicht zu wiederholender Ausreißer. Dass NFL-QBs letztes Jahr trotz aller Turnovers nicht aufgehört haben, ihn anzuwerfen, spricht übrigens Bände.
Diggs als CB1 birgt also Gefahren für die Cowboys-Defense, die nur dann abgefedert wird, wenn CB Kelvin Joseph in Jahr 2 an seine starke Rookiesaison anknüpft. Dann hätte Dallas einigermaßen vernünftiges CB-Play, auch wenn von CB3 (Jourdan Lewis) abwärts bis zu den eher instabilen Safetys nicht viel Qualität auf Feld gebracht wird.
Was also kann der Passrush kompensieren?
Tank Lawrence ist seit Jahren in oder knapp unterhalb der Passrush-Elite angesiedelt.
Osa Odighizuwa hat als Rookie fast 40 Pressures gemacht und hat als ex 2nd Rounder bestimmt auch die Athletik um an diesen Einstand anzuknüpfen.
Und dann ist da noch Micah Parsons, der als Rookie nicht nur Rookie des Jahres war, sondern bis zuletzt im DPOY-Rennen mit im Spiel war. Parsons wurde als Linebacker gedraftet, dann eher notgedrungen auf EDGE gestellt, wo er sensationell aufspielte und die NFL aufmischte: Nur 300 Passrush-Snaps, aber 67 Pressures und 14 Sacks. Nur Maxx Crosby hatte eine bessere Passrush-Win-Rate als Parsons.
Die meisten Projections sehen Parsons als 50/50 Split zwischen Linebacker und Edge-Rush. Das ist nur dann vertretbar, wenn Odighizuwa den Breakout schafft und Dallas ohnehin dominanten Passrush aufstellt, denn Parsons als Linebacker fand ich wesentlich wackeliger als der Public (der Parsons glaube ich zum All-Pro auf beiden Positionen gewählt hat).
Für einen so jungen Spieler wie Parsons ist es auch keine Schande, als Linebacker hie und da noch etwas ungestüm auszusehen – Eric Eager hat mit Tracking-Daten nachgewiesen, dass die meisten Linebacker Jahre brauchen um die Finten der OffCoords, die ihre Plays heute so designen, dass sie spezifisch Linebacker attackieren, zu durchschauen.
Ergo: Cowboys-Passrush könnte Spitzenklasse wie Tiefe haben. Aber alles andere dahinter könnte schneller zusammenfallen als ein Kartenhaus, wenn die Turnovers ausbleiben.
Die Cowboys haben ein Over/Under von 10 Siegen. Mit jedem Tag sieht mir diese Lnie zu hoch angesetzt aus, denn auch Headcoach Mike McCarthy ist jetzt nicht berühmt dafür, mit gefinkeltem In-Game Coaching das Maximum aus allen Möglichkeiten herauszuholen.
Der einfache Schedule könnte helfen, aber der Kader hat mittlerweile gefährlich viele Lücken, gerade mit einem QB, der in seiner NFL-Karriere bis jetzt stärker vom Support-Cast abhing als umgekehrt. Die Playoffs bleiben denkbar, weil die NFC in der Breite eher schwach besetzt ist. Aber schon für einen Divisionssieg würde ich keine Fingerkuppe mehr ins Feuer halten, von Superbowl-Träumen ganz zu schweigen.
New York Giants
PFF Playoff-Chance: 40%
Superbowl-Chance: 1%
Over/Under 7.5 Siege
Schedule #30
Superbowl wird es für die Giants ganz gewiss auch nicht geben, aber dafür kann ich mir vorstellen, dass Big Blue besser performt als das Over/Under von 6.5 Siegen. Der wichtigste Grund dafür ist der Wechsel auf Headcoach. Wenn die Jaguars drei automatic Wins durch die Entlassung von Urban Meyer generieren konnten, dann würde ich mal von einem oder zwei bei den Giants ausgehen für den Rauswurf von Joe Judge.
I mean: Ich hab die Scheiße hier bestimmt zwei Dutzend Mal angeschaut, und noch immer wirkt sie wie ein Fake. Ich bin durchaus skeptisch gegen vieles was NFL-Coaches über die Jahre aufgeführt haben, aber so’nen BS hatte ich ehrlich niemals für möglich gehalten:
Dass die Giants-Owner Judge nicht noch nach diesem Spiel an der Seitenlinie gefeuert haben, spricht nicht für ihre Kompetenz, aber zumindest für ihre Geduld. Heißt: der neue Coach kriegt wohl Zeit.
Und der heißt Brian Daboll. Daboll als weiterer ex-Belichick-Assistent und 1st-Time-HC auch eine nicht ungefährliche Wahl sein und der Giants-Kader mag von der neuen sportlichen Leitung um GM Joe Schoen in einen einjährigen Umbruch geschickt worden sein – aber no way, dass diese Paarung nicht um Längen besser performt als das Kasperl-Duo Gettleman/Judge.
Schoen/Daboll werden also eine ähnliche Long-Term-Vision haben. Aber in 2022 haben sie wahrscheinlich noch nicht das Spielermaterial um mehr als ein paar Nadelstiche zu setzen und von der Regression zu profitieren, nicht Joe Judge zu sein. Es wird also ein Jahr der Evaluierung, und das beginnt beim Quarterback.
QB Daniel Jones geht ins vierte Jahr. Bis auf Momente und einzelne Episoden hat er noch nicht viel gezeigt, was ihn zu einem hochklassigen NFL-QB qualifizieren würde, aber für drei Jahre an der Front wissen wir erstaunlich wenig über Jones:
- Ist er eher Ballverteiler oder Athlet?
- Ist er Sicherheits-QB oder Playmaker?
- Ist seine Mobilität zu nutzen eher Fluch oder Segen?
Als Rookie spielte Jones in der dink&dunk Offense von Pornoschnäuzer Ben McAdoo, zeigte aber angeflanschtes Playmaker-Potenzial. Im Jahr 1 unter Judge hatte er hohe Rate an Big-Time-Throws, aber im zweiten Jahr verschwand zu ziemlich alles, was einen NFL-QB charakterisiert, aus seinem Spiel: Keine Eier mehr, kein tiefer Ball, keine Aggressivität, nichts.
Erst jetzt, in Jahr 4, sieht er den ersten echten Offensive Coordinator. Grandios viel Vertrauen bringt Daboll ihm nicht entgegen: Seine 5th Year Option wurde nicht gezogen. Und die Liste an 4th-Year-Breakouts auf der quarterback-Position ist eher kurz.
O-Line ist auf vielen Stellen optional. Außer dem LT Andrew Thomas gibt es fast nur Fragezeichen. Nur wenn der in den Top-10 gedraftete RT Evan Neal schnell performt, wird das eine bessere Line als in Thorns #23 OL-Ranking.
Der Receiving-Corps ist eine Ansammlung von Slot-Receivern, was nice ist, wenn Kyle Shanahan deine Offense designt, aber weit weg von allem ist, was Daboll in Buffalo spielte. Der einzige Receiver mit WR1/X Potenzial ist Kenny Golladay, aber der wäre als Catchpoint-Receiver ohne Separation-Skills eher ein Receiver für einen Matthew Stafford als für einen Daniel Jones. Ob Golladay die Saison in New York zu Ende spielt, ist auch alles andere als gewiss: In der Preseason wurde er zeitweise zu den third stringern demontiert, was ihm sichtlich stank:
Vielleicht trägt ja RB Saquon Barkley die Off… ach, lassen wir das.
Die Defense hat in den letzten Jahren eindeutig underperformt und ist hinter der wuchtigen D-Line (DTs Leonard Williams und DT Dexter Lawrence erlauben seichte Boxen zu spielen, EDGE Kayvon Thibodeaux ist als #5 Overall Pick ein exzellenter Prospect) mega-dünn besetzt. Zum Beispiel auf Cornerback haben CB1 James Bradberry und Logan Rayn das Team verlassen. Der einzige Cornerback von Format ist Adoree Jackson.
In CB Aaron Robinson und dem 2nd Year Passrusher Azeez Ojulari gibt es etwas hoffnungsvolles Frischtblut – aber Linebacker ist ein schwarzes Loch, und wirklich viel Tiefe ist auf keiner Position vorhanden.
Also: Es fehlt insgesamt an Spielern, was für einen jahrelang von Dave Gettleman zusammengestellten Kader zu erwarten ist. Aber dafür dürfte es im Gegensatz zu den letzten beiden Jahren ernsthaftes Coaching geben. Ich erwarte nicht, dass die Giants oben mitspielen werden, aber zwischen sieben und acht Siegen halte ich tatsächlich für nicht ausgeschlossen.
Philadelphia Eagles
PFF Playoff-Chance: 57%
Superbowl-Chance: 3%
Over/Under 9.5 Siege
Schedule #32
Wo die Cowboys um ihren Status als Playoffkandidat bangen und die Giants im Umbruch sind, befinden sich die Eagles in einem reizvollen Zwischenzustand zwischen dem möglichen Titelfenster von heute und der Unsicherheit ob ihrer Quarterback-Situation von morgen.
Seit vier Jahren sind die Eagles nicht mehr mit so einem Optimismus wie diesmal in eine Saison gegangen. Sie haben den Schwung der letztjährigen Überraschungsqualifikation für die Playoffs und das Fenster eines günstigen QB-Vertrags genutzt für massive Einkäufe, um QB Jalen Hurts Waffen zu geben und die Defense zu stärken.
Sie investierten einen ihrer drei 1st Round Picks im NFL Draft in WR-Ass A.J. Brown von den Tennessee Titans, dem sie dank des Rookie-Fensters gleich noch 25 Mio/Jahr für vier Jahre nachschoben. Sie drafteten den Koloss von Athens DT Jordan Davis mit dem anderen 1st Rounder, verpflichteten EDGE Haason Reddick, CB James Bradberry und LB Khyzir White in der Free Agency und griffen den durch das Board fallenden LB Nakobe Dean in der 3ten Runde des Drafts ab.
Aber mit dem dritten ihrer 1st Rounder betrieb GM Howie Roseman „hedge funding“, verschob ihn in einem Trade mit den Saints ins nächste Jahr – wo ein QB-lastiger Jahrgang wartet. So agiert kein GM, der „all in“ geht, sondern einer, der sein Fenster nutzen möchte ohne sich Türen für die Zukunft versperren zu wollen. In Summe also ein klassischer Howie.
Punkt ist: Hurts hat ein gutes erstes volles Jahr als NFL-Starter gespielt. Nachdem ich ob seiner Rookiesaison vor einem Jahr noch gemunkelt hatte, ob Hurts überhaupt ein valider NFL-Quarterback sei, funktionierte Hurts in 2021 schon wesentlich besser.
Er hielt den Ball nur mehr 3.2 anstatt 3.4 Sekunden im Schnitt – noch immer lang für einen NFL-QB, aber nicht mehr völlig außer jeder Vorstellungskraft. Er machte ein halbes Prozent mehr Big-Time-Plays, reduzierte seine Turnovers um 1%, erhöhte die Rate seiner fangbaren Bälle von 65% in 2020 (Desaster) auf 73% (plötzlich okay), zeigte eine exzellente Pocket-Präsenz (unter 5% Sack-Rate ist für einen QB mit so langem Ballhalten unerhört) und schraubte seine Performance aus sauberer Pocket deutlich hoch.
Dass er dann doch noch nicht ganz so weit ist, zeigten die Playoffs, als eine hoffnungslose Eagles-Defense in Tampa Bay keinen Stich machte, weil das Passspiel nicht gefährlich genug war und die Buccs keine Probleme mit dem Stoppen der Rushing-Offense hatten.
Hurts muss sich als Passer zweifellos noch entwickeln, will er die Langzeitlösung mit fettem Vertrag werden (nach der Saison läuft der Vertrag aus). Aber sein Rushing-Thread mit etwas angeflanschtem Playmaking ist als Basis gut genug um zu competen.
Zumal es jetzt einen richtig fetten Support-Cast für Hurts gibt. Die O-Line ist wahrscheinlich die beste in der ganzen NFL. Center Kelce und RT Lane Johnson sind seit Jahren echte Stützen, und sollte Kelce mit 35 Lenzen abbauen, so hat man in Cam Jurgens bereits den Nachfolger (mit Hilfe von Kelces Scouting) gedraftet. Auf Left Guard hat Landon Dickerson ein passables Rookiejahr hinter sich. Die große positive Überraschung war LT Jordan Mailata, der ex-Aussie Rugby Spieler mit dem Freak-Körper: Er verdiente sich einen der teuersten Tackle-Verträge der NFL.
Der Einkauf von WR Brown aus Tennessee zeigt, wie sehr die Eagles daran interessiert sind, ihre Passing-Offense zu entwickeln. Brown ist einer der besten Receiver in der NFL. Er schlägt als echter X Receiver jede Single-Coverage und bindet damit Defense-Ressourcen, die dem jungen Route-Runnnig-Star Devonta Smith den Rücken freihalten das zu machen, was ihm vor 23 Jahren in die Wiege gelegt wurde: Separation zu kreieren.
Körperlich können zwei Receiver nicht gegensätzlicher sein als der bullige Brown und der grazile Smith, und das macht sie schwer zu verteidigen. Wirf TE Dallas Goedert mit in den Mixer, und Philly hat einen exzellenten ersten Receiver-Anzug für Hurts. In Jalen Reagor wurde einer der Depth Player zwar unter der Woche verkauft, aber ein Quez Watkins ist ein pfeilschneller Ersatz.
Spannend wird an dem Setting mit Brown vor allem ein Aspekt, den ich in dieser Vorschauserie schon des öfteren intensiv thematisiert habe: Die Spielfeldmitte. Brown war in Tennessee „Mr In-Breaking Route“. Er schlug Cornerbacks an der Flanke um dann nach innen zu ziehen und mit YAC großen Schaden anzurichten. Hurts auf der anderen Seite war bislang in der NFL ein QB, der die Mitte des Feldes erneut mied wie der Papst Kondome:

Wie wird sich Browns Präsenz also nicht bloß auf die Defensive-Schemes und Smith auswirken, sondern vor allem auf das Play-Design der Eagles (die entsprechend für Hurts kaum Routen dorthin designten), und natürlich auf Hurts himself??
Laufspiel sollte weiter gut sein: Super O-Line, mehr Spread-Formationen und ein sehr mobiler QB als Rushing-Thread sind in der NFL ein Rezept um selbst mit Laufspiel positive EPA/Play zu erzielen. Die Eagles waren zwar letztes Jahr ironischerweise erst dann eine überdurchschnittliche Offense, als sie sich von hohen Early-Down-Passing-Rates losgesagt haben und in einen krassen Rushing-Modus geschaltet haben. Aber die Investments der Offseason deuten schon darauf hin, dass die von Analytics dominierten Eagles in erster Linie ihre Passing-Offense entwickeln wollen.
Auch defensiv geht es für die Iggles zuerst darum, den Pass zu stoppen: DefCoord Jonathan Gannon spielt kein aufregendes System mit vielen Blitzes, sondern eine eher konservative Defense mit vielen „light boxes“ und vielen in Coverage sitzenden Verteidigern. Es ist die Mehltau-Defense, die nicht ferner sein könnte von dem, wie ich die Eagles einst als kleiner Junge kennengelernt habe: Jim Johnson Blitz-Wahnsinn galore.
Letztes Jahr hatte Gannon noch nicht ganz das richtige Personal, aber die Einkäufe der Offseason waren ziemlich brillant.
Jordan Davis als Anker für die D-Line: Suspekt im Passrush, paar Fragezeichen ob der Ausdauer, aber mit 360 Pfund und sensationellen athletischen Werten ist das vielleicht erstmal alles wurscht: Davis ist ein Freak, der die interior O-Lines beschäftigen sollte – schon als Rookie. Backup-würdige O-Liner sollte man ihm auf jeden Fall nicht entgegenstellen:
EDGE Reddick als versatiler Passrusher, der auch Coverage kann. Reddick geht in sein sechstes Jahr. Er hatte als ehemaliger 1st Rounder drei schwache Jahr zum Einstand in Arizona, ehe er im Contract-Year explodierte. Letztes Jahr bestätigte er in Carolina diese Performance. Er hat jetzt zwei Jahre mit 13 und 15 Sacks hinter sich, und ist gut für um die 50 Pressures.
Im schlechtesten Fall ist er ein solider Depth-Player für eine Eagles-Rotation, die abseits vom starken Josh Sweat in die Jahre kommt: DT Fletcher Cox wird 32 und spielt fast sicher seine letzte Saison in Philly. Superbowl-Hero EDGE Barnett Graham ist 34, und auch Jordan Javon Hargrave ist schon 29.
Das Defensive Backfield ist nach den Einkäufen von CB Bradberry und letzte Woche auch von Chauncey Gardner-Johnson plötzlich eine potenzielle Stärke. Bradberry bildet mit Darius Slay ein mehr als passables Cornerback-Duo – es ist nominell sogar eins der besten in der NFL.
Gardner-Johnson spielte in New Orleans zuletzt viel Slot-Corner, aber die Rolle sollte in Philly Avonte Maddox wahrnehmen. So wird CGJ wohl eine Art Safety/Linebacker/Slot-Hybrid geben. Das ist ohnehin seine stärkste Rolle. Potenziell gibt diese neue Figur Gannon also einigen Handlungsspielraum.
Auf Linebacker verstehe ich den Einkauf von Kyzir White nicht ganz, aber dafür könnte (Betonung auf *könnte*) Rookie Nakobe Dean einer dieser seltenen Draft-Steals sein, die sich wirklich als Steal erweisen: Sportlich gab es an ihm wenig auszusetzen. Die Bedenken waren eher in Verletzungen motiviert und haben sich wohl mittlerweile zerschlagen. Dean galt als etwas zu leichtgewichtig für eine Stammrolle als Elite-Linebacker. Schon klar: Aber in Philly darf er hinter dem Berg Davis aufräumen.
Je mehr ich über die Eagles nachdenke, desto mehr glaube ich, dass das eine spezielle Saison werden kann. Ob sie im Superbowl endet, hängt an der Entwicklung von Jalen Hurts – aber auch das ist ein „Howie“: Scheitert Hurts an der Aufgabe, sich zu einem Top-10 QB zu entwickeln, hat die Franchise einen Backup-Plan in der Hinterhand, und zwei 1st Rounder um eventuell nächstes Jahr nachzurüsten oder einen QB zu draften.
Hurts wird immer ein eher unkonventioneller QB bleiben, und ich erwarte nicht, dass er ein Elite-Passer wird. Aber als Gesamtpaket könnte das, sollte das mit der Spielfeldmitte in sein Mindset reingehen, schon eine sehr, sehr gute Offense werden. Eher Top-10 als nicht Top-10. Dazu eine Defense, die ähnliches erreichen kann.
Gepaart mit dem einfachen Schedule sind die Eagles der mittlerweile klare Favorit in der NFC East – längerer Playoff-Run hintendran nicht ganz ausgeschlossen.
Washington Commanders
PFF Playoff-Chance: 44%
Superbowl-Chance: 1%
Over/Under 7.5 Siege
Schedule #31
Bleibt Washington. Ein einst ikonisches Team, jetzt mit dem denkbar langweiligsten Rebranding zu einem Allerweltstrupp verkommen. Aber angesichts der nicht aufhören wollenden Skandale von Owner Dan Snyder abwärts ist eigentlich auch wurscht, wenn wir dem Team nicht allzu viel Beachtung schenken.
Was schade ist, wenn wir an ein Receiver-Juwel wie Terry McLaurin denken, oder an das Potenzial, das ein Jahan Dotson als WR2 bietet.
Aber der neue QB ist Carson Wentz, was nicht bloß das Leistungspotenzial deckelt, sondern auch das Katastrophenpotenzial befeuert. Wer auch immer dachte, dass Wentz‘ Einkauf nach zwei Flameouts in Philly und Indianapolis eine gute Idee sei, gehört geteert und mit den Resten des alten Logos gefedert, denn es wird nicht gut gehen.
Wentz reagiert allergisch auf Druck. Washington hat eine durchschnittliche O-Line mit vielen Verletzungsproblemen und wenig Tiefe, deren bester Starter Brandon Scherff durch Andrew Norvell nur einigermaßen ersetzt wurde.
Wentz ist ein Glasknochen, was sich mit den zu erwartenden Hits in der Offense der langen Routen von Scott Turner nicht gut macht.
Wentz ist kein präziser Werfer, was zu idiotischen Fehlern führen wird, die eine Commanders-Defense mit etlichen Fragezeichen kaum kaschieren kann.
Es ist eine Defense, vor der ich schon letztes Jahr gewarnt habe. Sie war Ende 2020 durch einen lucky-Streak im Scheduling in die Top-10 gespült worden, aber dann kollabierte sie 2021 als #29 in EPA/Play.
Der angedachte Superstar EDGE Chase Young ist momentan mehr Supertalent als Star, und nicht nur war Young letzte Saison schon vor seinem Kreuzbandriss mit nur 24 Presures und 1.5 Sacks in neun Spielen erstaunlich ineffizient. Er ist noch auf PUP List und wird mindestens die ersten vier Spiele verpassen.
Der Rest der D-Line ist okay, weil gespickt mit Ex-1st Roundern (auch Montez Sweat hat sich als EDGE ganz gut gemacht), auf Linebacker könnte von LB Jamin Davis ein Sprung kommen, und Cornerback ist mit Kyle Fuller und William Jackson III auf CB1 und CB2 zumindest namhaft besetzt.
Aber sowohl Fuller als auch Jackson waren die letzten Jahre keine Stützen mehr. Davis war 2021 weit entfernt von NFL-Starting-Qualität – wie so viele junge Linebacker. Und ohne einen fitten Young bleibt das Potenzial des Passrushs erstmal gedeckelt.
Trotzdem könnten das schon um die 7-8 Siege werden, denn ganz desaströs ist der Kader nicht. Wentz ist als QB keine gute Langzeitlösung, aber im Gegensatz zum Vorgänger Tyler Heinicke hat er den Arm um alle NFL-Würfe zu spielen. Das hilft, die Defense auf Nadeln zu halten. An guten Tagen ist Wentz in einem aggressiven Gameplan gut genug um selbst Plays zu kreieren und Spiele für sein Team zu gewinnen. Aber man muss halt mit den schlechten Tagen genauso leben. Wentz zu verstecken, bringt nix – daran ist zuletzt auch Indianapolis gescheitert. Es wird also so eine Saison im Mittelmaß.
Tipp
#1 Philadelphia (10-7)
#2 Dallas (9-8)
#3 Washington (7-10)
#4 NY Giants (7-10)
Die NFC East fühlt sich ein bisschen an wie Lotterie weil die ja alle 6 Spiele gegen sich gegenseitig spielen. eigentlich lächerlich das es einer von denen übrhaupt in die Playoffs schaffen wird.
Vielen Dank für diese tollen Vorschauberichte! Freue mich jeden Tag auf den detaillierten Blick auf die einzelnen Divisions.
Kleine Korrektur: Bei den Eagles meinst Du Super Bowl Hero Graham (nicht Barnett) und Hargraves Vorname ist Javon.
@blub: Die Eagles und Cowboys sind schon valide Teams. Den Eagles würde ich auch in der AFC eine Chance geben. Den Cowboys unter der Bedingung, dass der vorhandene Receiver-Corps gesund wird, wahrscheinlich auch.
@Markus: Thx. Stimmt natürlich, wird korrigiert.