Die AFC West ist die Division, die wie keine andere das Wettrüsten der NFL im Jahr 2022 symbolisiert: Alle jagen die Chiefs. Und genau die sind in einen Mini-Umbruch gegangen, anstatt ihr Titelfenster mit Gewalt zu strecken.
Kansas City Chiefs
PFF Playoff-Chance: 67%
Superbowl-Chance: 9%
Over/Under 10.5 Siege
Schedule #2
Die Chiefs habe ich schon ausführlich beim Lead-Blogger analysiert. Ihr Umbruch ist weniger ein Re-Build als ein Re-Load. Prinzipiell haben sie in der Offseason Tyreek Hill abgegeben, um mit dem erstandenen Draftkapital und seinem freigewordenen Gehalt den Receiver-Corps auf breitere Beine zu stellen und die Defense zu verjüngen. Beides war notwendig.
Aber es kommt zum Preis, den unersetzlichsten Receiver der NFL ersetzen zu müssen. Ich habe schon beim Lead-Blogger ausgeführt, warum ich glaube, dass die Chiefs-Offense zwar ein neues Erscheinungsbild haben wird, aber nicht zwingend ineffizienter sein wird. Zwei Hinweise: Patrick Mahomes und Andy Reid.
Die Defense war 2022 streckenweise so abstrus schlecht, dass sie sogar die Chiefs-Offense unter Druck setzte, in jedem Drive zu scoren. Was schief ging. Irgendwann kollabierte sogar Mahomes unter einer Orgie an Turnovers.
Die Chiefs waren am Ende einer schwierigen Saison trotzdem die #1 Offense nach EPA/Play und verpassten die Superbowl-Qualifikation erst in der Verlängerung des Halbfinals. Sie bleiben der Favorit in der AFC West. Ich glaube erst daran, dass die Konkurrenz links und rechts vorbeirauscht, wenn ich es sehe.
Los Angeles Chargers
PFF Playoff-Chance: 50%
Superbowl-Chance: 03%
Over/Under 10.0 Siege
Schedule #10
Die Chargers sind der logische Verfolger. Sie werden angeführt vom zweit-atemberaubendsten Quarterback nach Mahomes, Justin Herbert. Sie haben einen Coaching-Staff mit dem notwendigen aggressiven Mindset. Und sie haben einige wesentliche Schwachstellen adressiert. Die Frage ist, ob das ausreicht.
Die Titelambitionen der Chargers beginnen bei Herbert. In seinen besten Momenten ist Herbert ein Mahomes mit noch besserer Präzision: Grandioser Arm, super Mobilität, trifft Fenster, die es gar nicht gibt. Herbert fühlt keine Pressure, spürt keinen Blitz. Es gibt Spiele, in denen wird er besser, wenn die Pocket kollabiert. Ästhetisch ist er ein Traum. Ich fühle mich glücklich, bei seiner Draft-Einschätzung ins Klo gegriffen zu haben.
So viel Lob. Aber Herbert ist nicht Mahomes. Herbert ist nicht so konstant wie Mahomes. Er hat nicht den Killerinstinkt eines Mahomes – und vor allem auch nicht das Scheme. Wo Mahomes eine Chiefs-Offense zu ungeahnten Höhen geführt hat, krebst Herbert bei den Chargers in der Mickimaus-Offense von OffCoord Joe Lombardi zu den 9t-kürzesten Pässen im Schnitt, zu #20 in Big Time Throws, degradiert zu einem Ballverteiler à la Spätherbst-Brees.
Es ist nicht alles „schlecht“, was Lombardi mit der Offense macht. Aber es wäre einfach mehr möglich. Herbert ist ein Maserati, kein Fiat Punto. Ich weigere mich, ein solches Route/Target-Chart für einen QB dieser Güteklasse zu akzeptieren:

Ich hab das schon in Detroit erlebt: QB mit fantastischem Wurfarm (Stafford), eingekerkert in einer Offense, die sich weigert die entscheidenden Zonen am Feld überhaupt anzulaufen. Lombardi war in Detroit nach eineinhalb Jahren Geschichte. Ich fürchte, bei den Chargers hält er länger – denn Herbert ist ein besserer QB als es Stafford jemals war, und wird einige Probleme zudecken.
Und der Receiver-Corps ist im ersten Anzug exzellent: WR Mike Williams, frisch ausgestattet mit einem fetten neuen Vertrag, ist einer der besten Deep-Threats in der NFL, Keenan Allen, obwohl langsam in die Jahre kommend, ist der Underneath-Possession-Receiver, für den NFL-Defensive Backs auch nach fast zehn Jahren noch keine Antworten gefunden haben.
Williams machte letztes Jahr 2.0 Yards/Route, mit einem aDOT von 12.0 Yards downfield. Allen hatte 1.8 Yards/Route, aber mit einem aDOT von nur 9.0 Yards. Allen spielte zwei Drittel aus dem Slot, Williams über 80% outside. Die beiden ergänzen sich hervorragend, doch auf der WR3 Position gibt es Fragezeichen. Jalen Guyton ist nur ein JAG, und 2nd year WR Josh Palmer war als Rookie so durchwachsen, dass sich ein Breakout nicht total imminent anfühlt.
O-Line bekam bei Brandon Thorn den 5ten Platz, was sich mit einem RT Storm Norton (oder Trey Pimpkins) seeeeehr hoch anfühlt. Das Experiment Bulaga ist beendet, der dauerverletzte Ex-Packer stand einfach nie am Feld. Norton ersetzte ihn letztes Jahr mehr schlecht als recht.
Doch die Bolts konnten wohl in einer Offseason, in der sich massive Free-Agent-Dollars in die Defense steckten und den höchsten Draftpick in eine andere OL-Position investierten (OG Zion Johnson), nicht auch noch die letzte Schwachstelle eliminieren.
Robert Mays und Nate Tice meinten in ihrer Chargers-Vorschau, Zion Johnson sei der wahre Receiver-Zugang der Chargers. Denn mit ihm seien 4/5 der Line gefixt – LT Slater (als Rookie super, sieht aus wie die langfristige Lösung), LG Matt Feiler, C Corey Linsley, RG Johnson, RT Norton. Der fünfte Mann lasse sich schematisch in einer 11-Personnel-Offense verstecken, und Lombardi habe nun das Personal um die tieferen Routen in seinem Playbook auszupacken und damit den vorhandenen Receiver das zu geben, was letztens noch fehlte: Zeit. Call me leicht skeptisch, doch es gibt die Geschichten, in denen sich Menschen verändern. Und so ist vielleicht selbst Lombardi noch kein lost case.
Die alternative Lesart ist aber: Nur drei Fünftel der Line sind okay. Right Guard ist ein Rookie und Right Tackle eine Sollbruchstelle – und schon sind wir wieder mittendrin im Checkdown-Modus mit 90 Targets für RB Austin Ekeler, weil Herbert unter Dauerbeschuss von rechts steht.
Zur Defense: Sie ist genauso designt, wie eine NFL-Defense im Jahr 2022 spielen muss – aller Fokus auf der Passing-Defense mit leichten Boxen und viel two high, Rushing-Defense nur optional. Doch letztes Jahr übertrieb es Staley mit seinem Dogma: Er hatte nicht die Spieler für diese Defense, und dass er sich weigerte, die Box gegen den Lauf zuzustellen, wurde ihm nicht erst im Week 18 Play-In Game gegen die Raiders zum Verhängnis, sondern schon das ganze Jahr davor:
- #31 in aufgegebenen EPA/Run
- #32 in Defensive Rushing Success-Rate
- #30 in Defensive Rushing DVOA
Die Laufverteidigung der Bolts 2021 war absurd genug um samt der #12 Passing-Defense in EPA/Play in totalem nur die #24 Defense Overall (immer in EPA/Play) auf das Feld zu führen, und mit einem QB wie Herbert die Playoffs zu verpassen.
Staley hätte letztes Jahr während der Saison umstellen und seine Run-Defense mit mehr Bodys in der Box verstärken müssen. Das war ein Coaching-Fehler. Nach der Saison trotz des Scheiterns bei der Grundidee zu bleiben, war dagegen völlig richtig, denn die Bolts nutzten die Chance, geeignete Spieler zur Adressierung der Schwachstelle einzukaufen:
- EDGE Khalil Mack via Trade für den #48 Overall Pick. Mack ist nicht bloß einer der besten Passrusher unserer Zeit, sondern auch ein exzellenter Laufverteidiger. Zwischen 2014 und 2020 landete er in PFFs Rushing-Defense stets unter den besten fünf Defensive Ends.
- DT Sebastian Joseph Day für 8 Mio/Jahr in Free Agency. Staley kennt SJD bereits von den Rams.
- DT Austin Johnson als Rotational-Guy von den Giants
- LB/EDGE Kyle Van Noy von den Patriots als Linebacker/Edge-Rush Hybrid
Mit diesen Verstärkungen tauschen die Chargers fast 800 Snaps von 1st Round Bust Jerry Tillery aus gegen eine Latte an kompetenten Gap-Cloggern. Die Sollbruchstelle sollte damit entschärft sein – und so nebenbei fährt diese Front im Passrush ein Duo Joey Bosa/Khalil Mack auf, mit eventuellem 3rd-Down-Support in Form eines Edge-Rushers Van Noy: Wasser-im-Mund-zusammenlaufen, und so.
Die Rechnung der Chargers lautet also: Mehr Beef gegen den Lauf in Early Downs, ohne die Secondary zu entblößen führt zu längeren 3rd Downs, führt zu mehr Möglichkeiten, aggressive Passing-Defense in 3rd Downs zu spielen.
Selbst die Secondary wurde verstärkt: JC Jackson kommt als CB1 von den Patriots. Die 16 Mio/Jahr für seinen Vertrag zahlt Herberts Rookievertrag. Jackson ist ein Man-Corner, sein Einsatzgebiet in der von Zone-Defense geprägten Staley-Defense wird spannend. Staley hat schon 2021 mehr Man-Coverage gespielt als 2020 als DefCoord bei den Rams. Der Jackson-Einkauf könnte diese Entwicklung nur weiter verstärken.
CB3 hinter Asante Samuel bleibt ein offener Punkt – Mike Davis ist nur Durchschnitt und Bryce Callahan war zuletzt andauernd verletzt. Doch viele Teams würden bescheißen um einen solchen CB-Depth Chart aufzubieten, und über den wichtigsten DB, Safety/Slot Hybrid Derwin James, haben wir noch gar nicht gesprochen. James erwies sich als die entscheidende Schachfigur im Staley-Scheme. Gemeinsam mit Nassir Adderley bildet er starke Patrouille in der Spielfeldmitte.
Soweit zur Theorie. Die Knackpunkte sind aber auch alle da.
Mack ist 31. Joseph-Day und Bryant sind alles, nur keine echten Stars. Bosa ist einer der phänomenalsten Passrusher der NFL – aber permanent angeschlagen. Er zahlt jetzt den Preis, schon als Kleinkind jeden Tag im Kraftraum verbracht zu haben. Jackson wurde erst am 23. August am Knöchel operiert – vor Ende September ist er nicht bei 100%. Und James ist so verletzungsanfällig, dass der PFF Podcast schon vor Jahren damit begonnen hat, ihn nicht mehr beim Namen zu nennen um keinen weiteren langwierigen Ausfall zu jinxen.
Tja – und dann bleibt noch a bissi die Frage nach Staley selbst: Ist er das Defense-Genie, zu dem er vor seiner Zeit bei den Bolts gemacht wurde? Oder ist er Produkt Aaron Donalds und Co? Schließlich war seine Chargers-Defense in Summe schwächer als jene seines Vorgängers Gus Bradley. Und sie war auch schwächer als jene der Rams unter seinem Nachfolger Raheem Morris.
Die Antworten auf diese Fragen werden mit entscheiden, wie weit nach oben es für die Bolts geht. Zumindest in seiner allgemeinen Herangehensweise ist Staley der richtige Mann. Passing-Offense und Passing-Defense diktieren das Geschehen, und in 4th Downs drückt Staley nicht bloß auf die Tube – sondern drückt die Tube so weit durch, dass selbst etliche 4th-Down-Modelle an die Grenzen ihrer Toleranz gerieten. Inkonsequenz im Late-Down-Playcalling ist nicht die Expertise eines Brandon Staley.
Die Chargers sind damit in Summe ein Top-5 Titelfavorit. Sie sind es aufgrund ihrer Stärken nicht zu Unrecht, aber die aufgelisteten Fragezeichen sind nicht einfach wegzuwischen. Doch allein marginale Verbesserung in einigen der wesentlichsten Aspekte – etwas mehr Downfield-Passing durch Herbert, etwas solidere O-Line, etwas mehr Beef gegen den Run, etwas Glück mit Verletzungen – sollten reichen für Playoffqualifikation und einen kleinen Postseason-Run. AFC-Finale sehe ich als realistisches Ziel.
Denver Broncos
PFF Playoff-Chance: 45%
Superbowl-Chance: 2%
Over/Under 10.0 Siege
Schedule #17
Auch die Broncos streben mit Verve in Richtung Playoffs. Vor einem Jahr schrieb ich an dieser Stelle:
Und das ist schade, denn der Kader dieser Mannschaft gäbe einiges her. Aber nach einer völlig bizarren ersten Offseason unter dem neuen GM George Paton wird Denver zum Case-Study „wie weit kommt man in der NFL 2021 mit Quarterbacking vom Bodensatz?“.
Wir kennen die Antwort bereits.
[…]
Die Broncos hatten ihr Schicksal in eigener Hand, aber es fehlte nicht bloß die Courage auf den Angriff nach oben, sondern Patons Statement nach schlicht die Intelligenz. Das wird man mit dem Weg ins Mittelmaß bitter bezahlen.
Jetzt haben sie den QB – und es ist einer der besten seines Fachs: Russell Wilson. Der bezahlte Preis war natürlich entsprechend: zwei 1st Rounder, zwei 2nd Rounder, TE Noah Fant, QB Drew Lock, DT Shelby Harris, vom dicken neuen Vertrag ganz zu schweigen. Aber die Historie zeigt, dass Star-QBs ihre Verträge wert sind.
Neu ist auch Headcoach Nathaniel Hackett – und mit ihm und Wilson kommt die Frage nach Denver: Wie geht die Symbiose zwischen diesem Coach und diesem QB?
Wilson ist einer der besten QBs der letzten zehn Jahre in der NFL. Er ist einer der mobilsten und einer der präzisesten. Aber er hat sich über viele Jahre, und mehrere Offensiv-Staffs, hinweg als System-resistenter QB erwiesen. Russell Wilson spielt seine eigene Offense.
Hackett dagegen steht für Timing/Kurzpass-Offense mit hohen Completion-Rates. Der tiefe Ball wird bei Hackett nicht erzwungen, sondern über Personnel/Formation in sequenziell aufeinander abgestimmten Playcalls vorbereitet.
Das ist nicht Russells Welt. Zumindest war das nie Russells Welt. Was die Verbindung Hackett/Russ trotzdem so reizvoll macht, ist Hacketts letzte Arbeitsstation. Bei den Packers schaffte es Hackett, einen anderen schwierigen Quarterback-Charakter zu biegen, Aaron Rodgers‘ Vertrauen zu gewinnen und ihn zu überzeugen, sein Spiel auf seine alten Tage umzustellen und in einem vordefinierten Scheme, das noch immer genug Raum für Kreativität lässt, seine ärgsten Schwachstellen zu eliminieren.
Für 2022 hieße das eventuell: Mehr RPO, was Wilson bis jetzt fast gar nicht kennt, und mehr Informationssuche durch Pre-Snap Motion. Auch das hatte Wilson bis jetzt fast nie. Wilson ist eher viel Scrambeln, langes Ballhalten, Missachten der Spielfeldmitte, permanentes Streben nach Deep-Shots entlang der Seitenlinien. Das führte über die Jahre zu fantastischen Passing-Offenses, aber in schwächeren Phasen zu Orgien an Sacks und zahlreichen Brüchen im Spiel.
Ich würde es so beschreiben: Wilson = Episoden. Hackett = Flow.
Für Denver gilt ab sofort: Die Mischung macht’s. Bleibt nur zu hoffen, dass es keine explosive Mischung wird.
Langfristig sehe ich in der Partnerschaft Hackett/Russ durchaus Potenzial auf ein Top-Resultat. Aber es könnte dauern, bis sich die beiden zusammenraufen und das beste aus beiden Welten effizient kombiniert haben.
Schon bei ähnlich radikalen Umstellungen in der letzten Jahren dauerte es seine Zeit, bis es mit der Wide-Zone „klick“ machte. Bei Shanahan dauerte es in Atlanta und San Francisco bis zum zweiten Jahr . Die Packers unter Hackett/LaFleur waren im ersten Jahr (2019) nicht so berühmt. Auch die Vikings, Browns, ja SEAHAWKS (2021 mit Shane Waldron als OC) sahen keine immediaten Ergebnisse. McVay bei den Rams ist prinzipiell der einzige Wide-Zone-Coach, dessen Offense sofort aus allen Rohren feuerte.
Die Infrastruktur im Kader wäre okay. Nicht überwältigend – aber brauchbar. Die O-Line ist nicht berühmt, aber Elite-O-Line vor einem Russell Wilson ist eh verschenkte Liebesmüh. Und der Receiver-Corps hat das, was der Scout „Entwicklungspotenzial“ nennt.
Die O-Line scheint unter Experten durchaus umstritten zu sein. PFF rankte sie an #16, Brandon Thorn nur an #26. Eine so deutliche Diskrepanz gibt es ansonsten bei keiner Unit.
Einig sind sich alle bei LT Garrett Bolles und LG Dalton Risner: Sie riegeln eine Seite der Line ab. Aber der Rest ist eine Frage des Glaubens. RG Quinn Meinerz flashte als Rookie, RT Turner ist bestenfalls „keine klare Schwachstelle“. Center Lloyd Cushenberry gilt als Problemfall. Aber der Nerd wird einwerfen: Ist Center dein Problem, sind deine Probleme eher kleine Probleme.
Skill-Corps ist gespickt mit interessanten Receivern. Courtland Sutton ist ein echter X, der vor seiner Verletzung Großes andeutete, aber seither ein wenig im Mittelmaß versunken ist.
TE Albert O ist eine physische Präsenz, hatte aber noch nie eine TE1 Rolle. K.J. Hamler hat echtes Potenzial als Deep-Threat, doch wirklich viel gesehen haben wir von ihm in zwei Jahren NFL noch nicht. Und Jerry Jeudy hat als starker Route-Runner zwei Jahre gewartet vom ersten ernsthaften QB bedient zu werden. Er hat in dieser Zeit mehr Fragezeichen auf „personal conduct“ Ebene gesammelt als Erwartungen befriedigt. Wie gut er als Spielertyp (Spielfeldmitte) mit Wilson harmoniert, ist erstmal auch noch offen.
Und Tiefe ist seit der season ending Verletzung von Tim Patrick (der als WR-Hüne für Jump-Balls auf dem Papier exzellent zu Wilson gepasst hätte) ohnehin keine mehr da. Dafür bietet Runningback mit Melvin Gordon und Javonte Williams Optionen, „Pony Package“ zu spielen. Auszuschließen wäre so eine Idee nicht, denn Whacky ist Hacketts zweiter Vorname.
Defense ist ein schwieriges Thema. Vic Fangio war das Bauernopfer der Systemumstellung und musste als Headcoach gehen. Der Neue ist Ejiro Evero von den Rams. Die letzten zwei Jahre bekam er dort von Ex-Fangio-Schülern wesentliche Insights in die Funktionsweise von two high.
Doch das Personal ist mehr als suspekt. Von Miller ist längst Geschichte – der Passrush wird von Leuten wie Bradley Chubb oder Randy Gregory angeführt, die eher das Prädikat „gut“ als „Elite“ tragen. Chubb hat das Potenzial, das ihn einst zum #5 Overall Pick war, in der NFL nicht mehr als in Spurenelementen angedeutet. Gregory ist als Breakout-Player 2021 regressionsanfällig. Nik Bonitto ist Rookie.
Linebacker ist ein schwarzes Loch, und in der Secondary sind wir nach dem Abgang von Slot-CB Callahan hinter dem Super-Duo CB1 Patrick Surtain/FS Justin Simmons auch schneller bei den Themen Alter (S Kareem Jackson), Glasknochen (CB2 Ronald Darby) und Qualität (CB3 K’Waun Williams) als uns lieb ist.
Anders: Die ganze Defense ist nicht so etabliert wie der gemeine Fan angesichts des Hypes vor einem Jahr („mit einem nur passablen QB wäre Denver SB-Favorit!!11!1!“) vielleicht denkt.
Also wir haben: Eine Defense, die nicht so gut ist wie gedacht. Einen Support-Cast mit mehr Potenzial als Gewissheit und teilweise *interessantem* Fit zum QB. Und einen spannenden Fit zwischen dem neuen Headcoach und dem neuen QB.
Denver wird allein dank Wilsons Präsenz wesentlich besser performen als vor einem Jahr. Aber die ganz große Zündung erwarte ich heuer noch nicht – bzw. vielleicht zu spät um noch richtig Radau im AFC-Rennen zu machen. Die Broncos werden ein böser Stolperstein sein, doch von Superbowl-Träumen würde ich 2022/23 noch Abstand nehmen.
Las Vegas Raiders
PFF Playoff-Chance: 40%
Superbowl-Chance: 2%
Over/Under 8.5 Siege
Schedule #3
Auch die Raiders haben einen neuen Headcoach, aber ihr Star-Einkauf ist kein QB, sondern ein Wide Receiver: Davante Adams, der für einen 1st + 2nd Rounder aus Green Bay geholt wurde um noch ein paar Jahre mit seinem Kumpel QB Derek Carr gemeinsam Football zu spielen. Der Adams-Wechsel ist gerade für NFL-Verhältnisse eine nahezu herzerwärmende Geschichte, selbst wenn wir die 30 Mio/Jahr einrechnen, die Adams für seinen Vertrag in Las Vegas erhält.
Doch allein Schmetterlinge im Bauch gewinnen in der NFL nicht viele Spiele. Adams wird zweifellos eine Schlüsselrolle in der Raiders-Offense spielen, doch an Impact ist sein Erwerb nicht mit jenem eines Top-QBs wie Wilson zu vergleichen. Er zeigt aber: Las Vegas ist nicht bereit, die Division kampflos der von Star-QBs geführten Konkurrenz zu überlassen.
Zumal die Raiders in Carr selbst keinen ganz schlechten QB haben. Carr mag „Robo-QB“ ohne das Feingefühl eines Mahomes für die Hebelwirkung von Spielsituationen sein, doch über die letzten 2-3 Jahre hat er eine verblüffende Entwicklung genommen – weg vom reinen Game-Manager, hin zu einem QB der auch mal tief geht und sein Team durch schwierige Zeiten führt.
Letztes Jahr war so eine schwierige Zeit, als der damalige Coach Jon Gruden als bekannter weißer Mann das Kunststück zustande brachte, sogar für die NFL zu toxisch zu sein und mit Schimpf und Schande auf die Straße gesetzt wurde. Damit entkamen die Raiders einige Jahre früher als gedacht dem Hamsterrad der Grudenschen Sündenböcke (was gut ist), aber verloren ihren durchaus passablen Play-Designer.
Carr riss eine strauchelnde Offense am Riemen. Im Gesamtpaket waren die Raiders nicht überwältigend, aber die Offense war nach Grudens Entlassung die #2 in Passing EPA/Play und #6 Overall in EPA/Play. Esreichte überraschenderweise gerade so für die Playoffs.
Grudens Nachfolger ist das Schreckgespenst Josh McDaniels. Anders als vor 13 Jahren in Denver verzichtete McDaniels bei seiner zweiten Bestellung zu einem NFL-Headcoach diesmal darauf, innerhalb weniger Wochen alle existierenden Brücken abzufackeln und der Zusammenarbeit mit sämtlichen Angestellten und Arbeitskollegen von Beginn an die Grundlage zu entziehen.
Im Gegenteil: McDaniels stärkte Carr den Rücken, holte Adams, trennte sich von so vielen Draft-Busts aus der grausigen Gruden/Mayock-Ära wie möglich, und leitete einen sanften Umbruch in der Defense ein: Das starre Cover-3 System von Gus Bradley ist weg, Ex-Pats Angestellter Patrick Graham übernimmt die DefCoord-Position. Grahams letzte beide Anstellungen in Miami und bei den Giants liefen nicht so wunderprächtig wie erhofft, doch Stand heute ist in einer AFC West alles besser als Bradley, der sich selbst dann weigerte, seine Defense umzustellen, als sie auch im zweiten Spiel über 40 Punkte von der strauchelnden Mahomes-Offense eingeschenkt bekam.
Ich bleibe ob der Raiders-Aussicht aber skeptisch.
Einmal war das maximal ein fringe-Playoffteam, der overperformte und trotz eines richtig fetten Week-18-Wins gegen die Chargers eigentlich nicht in die Post-Season gehört hätte.
Dann müssen wir uns ernsthaft fragen, wie weit hergeholt das mit McDaniels = Offense-Genie eigentlich ist, denn in allen Jahren, in denen McDaniels Offenses coachte, die nicht von Tom Brady gequarterbackt waren (2009-2011, 2020-2021), waren McDaniels-Offenses nicht so berühmt:
- 2009: #21 in EPA/Play
- 2010: #24 in EPA/Play (bis Week 13)
- 2011: #29 in EPA/Play
- 2020: #22 in EPA/Play
- 2021: #22 in EPA/Play
Dann ist da Carr: Gut, vielleicht sehr gut (ich sehe ihn auf Dak Prescotts Level), aber nicht Elite. Die Raiders bräuchten aber QB-Elite, um die schlechten Vorzeichen wettzumachen, mit denen der Kader in die Saison geht.
I mean: Adams ist geiler als geil, und Slot-WR Hunter Renfrow ist einer der besten seines Fachs, aber schon bei der dritten Waffe der Raiders-Offense beginnen die Probleme: TE Darren Waller ist in fittem Zustand ein Superstar – die Krux aber ist: Er war zuletzt andauernd verletzt.
Schon letztes Jahr verpasste Waller fast die komplette zweite Saisonhälfte. In den letzten Wochen waren es permanente Leistenprobleme, die eine Aufnahme des Trainings verhinderten. Oder ist die Erklärung doch einfacher?
Waller wird händeringend benötigt, denn die Kadertiefe ist mau. WR Mack Hollins und TE Foster Moreau wären die Starter. Auf Runningback ist Josh Jacobs eher schlecht als recht – gerade hinter einer Offensive Line, die ihren Namen eigentlich nicht verdient.
LT Kolton Miller ist der einzige gescheite Starter – alle anderen vier O-Liner stünden in fast keiner anderen NFL-Mannschaft auf dem Feld:
- LG Dylan Parham
- C Andre James
- RG Lester Cotton sr
- RT Jermaine Eluemunor
Ich verzichte auf weitere Bullshit-Bingos, denn solche Namen kannst du dir nicht ausdenken. Wie schlecht muss der letzte Woche gefeuerte OT Alex Leatherwood gewesen sein, hinter solchen Spielern als letztjähriger 1st Rounder (!) kein Land gesehen zu haben?
Unbeschreiblich schlecht.
Die Defense hat ein paar bright spots in der Front – Maxx Crosby dominierte letztes Jahr Right Tackles für über 100 Pressures und der aus Arizona geholte Chandler Jones sollte auch mit 32 Lenzen noch bissl Saft einbringen. Aber Linebacker ist fatal besetzt, und auf Safety könnte noch einmal Jon Abram starten. Abram ist das, was Amerikaner coverage liability nennen.
Prinzipiell sehe ich in der Secondary nur zwei valide Starter: CB Rock Ya-Sin, der aus Indianapolis kam. Und Safety Trevor Moehrig, der als Rookie passabel war.
Ich glaube da einfach nicht gern dran. McDaniels hat diesmal nicht versucht, von Grund auf ein Team nach seinen Vorstellungen zu bauen, sondern eines, in dem er möglichst lange seinen Job behält, sprich: Möglichst lange ohne größere Risiken einzugehen wettbewerbsfähig ist. Das endet nur allzu oft im Mittelmaß.
Und viel mehr als das erwarte ich auch nicht. Die Raiders sind vielleicht besser als 7-10, aber der Spielplan gibt es nicht wirklich her. Mehr als ein oder zwei Upsets in der AFC West sehe ich einfach nicht.
Tipp
#1 Chiefs (11-6)
#2 Chargers (10-7)
#3 Broncos (9-8)
#4 Raiders (7-10)
Moin, schöne Preview grundsätzlich. Auch wenn ich dir bei der Skepsis bzgl Raiders in einigen Punkten zustimme, habe ich hier und da inhaltlich ein paar Fragen bzw Anmerkungen:
– Adams 30Mio/year? Wo kommt das her? Selbst die oft geschriebenen 28 p.a. sind nur Augenwischerei, da es effektiv ein 3 Jahres 67.5 Vertrag ist. Sie werden 25 und 26 sicherlich keine 40 Mio p.a. für einen dann 33J Adams zahlen (müssen)
– McDaniels ohne Brady: sehe deinen Punkt, aber fairerweise waren seine QBs dann u.a. Tebow, Simms, Orten, Bradford und ein alternder Newton ohne Rec. Optionen. Und alles immer nur Brady zuzuschreiben und nichts dem OC ist dann auch etwas einfach IMO. War Payton nur wegen Brees so erfolgreich oder Brees wegen Payton? Denke das bedingt sich immer gegenseitig.
– „LB fatal besetzt „- Puh viel zu harte Formulierung. Man muss ja kein Perryman-Fan sein, aber er hat unbestritten eine starke Saison ebenso wie Rookie Deablo eine solide bis gute hatte (Platz 26 bzw 35 von 83 gegradeten LB bei PFF) Also in der Divison sogar die für mich zweitbeste LB-Crew nach en Chiefs.
@Dan: Thx für den ausführlichen Kommentar.
Dein Punkt mit dem Adams-Vertrag ist valide, ca 67 Mio über 3 Jahre an Cash, mit 16 Mio Dead-Cap nach Entlassung in 2025 angeflanscht.
Zu McDaniels und seinen QB: Nur halb valider Punkt imo. Orton und Tebow (nach Trade up) hat McDaniels z.B. selbst eingefädelt, Bradford hat null Entwicklung unter McDaniels gezeigt, war später besser.
Natürlich sind QB und OC nicht getrennt voneinander zu betrachten, aber Brady war ohne McDaniels nicht verloren.
Ich will nicht sagen, das McDaniels nie positiven Impact hatte, aber darauf hinweisen, dass sein Ruf von Brady stärker getriggert sein könnte als wir denken.
Zu den LB: Bei PFF ist die Unit als #23 gerankt.
Perryman als „Run Stuffer“ klassifiziert. In Coverage eine Liability:
Nachdem in der AFC West mit Mahomes, Herbert und Wilson vor allen anderen Dingen gilt: Verteidige den Pass, scheint mir Perryman nicht der geeignete Spielertyp zu sein um eine ziemlich katastrophal besetzte Secondary zu supporten.