Date am Donnerstag: Kansas City Chiefs – Los Angeles Chargers

Auftakt zum zweiten NFL-Spieltag heute Nacht mit einem Leckerbissen: Kansas City Chiefs – Los Angeles Chargers. Der Sieger übernimmt mit 2-0 Bilanz die Tabellenführung in der AFC West.

Chiefs – Chargers ist das Duell zweier Preseason-Top-5 Superbowl-Kandidaten. Beide sind am Sonntag siegreich in die Saison gestartet, aber die Art und Weise war ziemlich unterschiedlich.

Während die Chiefs die Arizona Cardinals förmlich aus deren Stadion geblasen haben und überhaupt keine Anzeichen von „Post-Cheetah“ Problemen zeigten, mühten sich die Chargers zu einem letztlich viel zu knappen 24:19 Sieg gegen Las Vegas. Wirklich legit fühlten sie sich dabei nicht an.

Aber reden wir nicht lange um den heißen Brei herum: Chiefs – Chargers ist in allererster Linie das Aufeinandertreffen der beiden atemberaubenden Quarterbacks Patrick Mahomes und Justin Herbert. Gemeinsam mit Josh Allen haben diese beiden QBs am ersten Spieltag gezeigt wo der Hammer hängt. Der Qualitätsunterschied ihres Quarterbackings zum Rest der NFL (minus Tom Brady) war so offensichtlich wie nie, und droht die Liga schon an der Spitze in eine Zweiklassengesellschaft zu teilen.

Mahomes schredderte die Arizona Cardinals mit ihrer 54% Blitz-Rate für 30/39, 360 Yards und 5 Touchdowns. Seine 0.77 EPA/Play sind so astronomisch, dass man sie selbst über ein so kleines Sample-Size von nur einem Spiel kaum für möglich halten würde.

Herbert war nicht minder beeindruckend mit solchen Granaten in engste Fenster:

Doch Herbert hat ein Problem: Seine Offense wird von Joe Lombardi gecoacht, was bedeutet: Statische Plays ohne Hilfe im Scheme – es ist quasi die Saints-Offense ohne das Play-Calling-Genie von Sean Payton.

Was macht einen exzellenten Quarterback aus?

Im Nachgang an den ersten Spieltag wurde heftig diskutiert über die Benotung, die PFF Mahomes für seine erstklassige Vorstellung gegeben hat: Seine PFF Passing Grade war nur die achtbeste des Spieltags. PFF sieht mit dieser Einordnung natürlich saublöd aus.

Doch genau an dieser „Passing Grade“, die in Wirklichkeit nur eine „Throwing Grade“ ist, lässt sich ganz gut Mahomes‘ Genie diskutieren: Dieses ist messbar, aber nicht greifbar.

Wir wissen, dass Mahomes seine Aggressivität und damit auch seine Risikoabwägung quasi perfekt an die Spielsituation anpasst. Wir wissen, dass Mahomes ein fantastischer Scrambler ist. Wir wissen, dass er den Blitz killt zu einem Grad, dass Cardinals-DefCoord Vance Joseph für seine hohe Blitz-Rate unter der Woche auf seine mentale Gesundheit gecheckt wurde (obwohl Mahomes am Sonntag tatsächlich gegen den Blitz wesentlich schwächere Werte auflegte als ohne Blitz). Und wir wissen, dass Mahomes umso effizienter wird, je klarer die Spielsituation nach einem anstehenden Passspielzug schreit.

Doch da Mahomes bei allem nach wie vor vorhandenen Spektakel in seinem Spiel in den letzten zwei Jahren nur noch halb so viele orgiastische Wow-Würfe versucht wie früher, leidet seine PFF-Grade. Denn diese fokussiert nur auf den Wurf selbst – nicht dessen Entstehungsgeschichte.

Deutlicher formuliert: Mahomes kreiert seiner Offense Würfe für maximale Effizienz, und genau das ist bloß im Ergebnis (EPA/Play) abgebildet, nicht aber in der Erklärung des Ergebnisses (PFF „Passing“ Grade).

Essenz des Diskurses: Mahomes dominiert zuallererst mit seinem Hirn. Patrick Mahomes hat das Footballspiel also auf eine Art und Weise verstanden, die wir noch nicht quantifizieren können. Das ist schön und frustrierend zugleich. Auf jeden Fall sorgt es trotz vergleichsweise weniger außergewöhnlicher Plays für hohe „Watchability“ jedes einzelnen Chiefs-Spiels. Und PFF sollte die Grade zumindest für Mahomes entweder umbenennen oder erweitern um nicht an Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Überhaupt wirkte die Chiefs-Offense im ersten Spiel ohne Tyreek Hill gelöst. Zum neuen alten Zentrum ist TE Travis Kelce geworden, und weil dieser von NFL-Defenses mittlerweile wie ein echter Receiver verteidigt wird, stellten die Chiefs einfach in fast jedem fünften Snap drei weitere „Big Bodys“ aufs Feld – 13 Personnel oder 22 Personnel.

Doch auch 11 Personnel klappte wie eh und je: Kelce als isolierter X an einer Flanke des Felds, zwei Receiver an der anderen Seite. #17 Mecole Hardman mit der Motion nach rechts um der Defense die Information ob der Coverage (Manndeckung) zu entlocken, und der Rest sieht so einfach aus: Kelce schlägt seinen Mann, Mahomes serviert mit Passrusher in der Fresse punktgenau den Ball: Touchdown.

Die Chiefs lebten von zahllosen Motions, variablen Personnel-Packages und Mahomes’ Brillanz als Play-Creator. Es mag allerdings am Ende auch „nur“ ein eiskalt kalkulierter Plan mit zwei Optionen gewesen sein – spielte Arizona „Man“, wurde Isaiah Simmons als Schwachpunkt attackiert, spielten sie „Zone“ (was Arizona mit allzu simplen Spot-Dropping macht), wurden einfach die offenen Nahtstellen angeworfem:

So oder so: Am Ende sahen zehn Leute mindestens ein Target, neun mindestens einen Catch, die Offense scorte 33 First Downs und hatte die höchste Series Conversion Rate des ersten Spieltags.

Chargers-Offense: Trauerspiel

Auch die Chargers streuten ihre Targets und Catches: Auch bei ihnen hatten neun Spieler mindestens einen Catch und sogar elf mindestens ein Target. Doch während die Chiefs Kelce fokussierten (9 Targets), hatte in L.A. kein Spieler mehr als vier Anspiele:

Keenan Allen musste alsbald mit Verletzung runter und fällt heute aus. Einen Deep-Threat wie Mike Williams, in der Offseason noch für 20 Mio/Saison teuer verlängert, allerdings nicht ein einziges Mal tief anzuspielen, war schon extrem bitter.

Aus einem Gameplan, in dem Leute wie Tre McKitty, Zander Horvath, Deandre Carter oder Joshua Kelley gleich viele Targets sehen wie Allen oder Williams, nachdem sie von Lombardi designte Route-Combinations gelaufen waren, war Herbert am Ende nicht mehr imstande effizienten Football über 60 Minuten durchzuhalten.

Und so implodierte die Chargers-Offense nach dem schnellen Touchdown kurz nach der Halbzeit bis hin zur Unansehnlichkeit und brachte in den letzten fünf Drives in Q3 und Q4 zustande:

  • 3&out
  • 3&out
  • Verschossenes Fieldgoal
  • 3&out
  • Das entscheidende 1st Down zum Abknien

Hätte Derek Carr nicht an der Goal Line die dritte von drei Interceptions geworfen, die Chargers hätten eine eigentlich überlegen geführte Partie mit einem Bullshit von Gameplan am Ende noch weggeworfen.

Defenses

Positiv für Chargers und Chiefs: Ihre Defenses spielten brauchbar auf. Die Bolts dominierten mit ihrem fantastischen Passrush um Khalil Mack und Joey Bosa, während bei den Chiefs nicht bloß Rookie George Karlaftis einen souveränen Einstand hatte, sondern auch die geschwindigen Linebacker die Schotten dicht machten und die Secondary lange Zeit erstaunlich gut gegenhielt.

Doch beide spielten „nur“ gegen okaye QBs aus Tier 2 – Kyler Murray und Derek Carr. Heute sehen sie jeweils zwei der vier besten.

Run-Defense bleibt bei beiden suspekt – doch andererseits: Die Chargers-Offense hat keinen Punch in kurzen 3rd/4th Down Situationen, und das Chiefs-Laufspiel geht nur so weit, wie das Scheme es trägt.

Heute

WR Allen wird also fehlen, aber auch die Chiefs haben zwei wesentliche Ausfälle zu beklagen: CB Trent McDuffie musste am Sonntag nach vielversprechendem Einstand runter und fällt vier Wochen aus. Für ihn gibt es keinen offensichtlichen Ersatz – vielleicht werden die Chiefs mehr three safety looks einbauen – gegen eine Offense, die mit Herbert als QB 50% ihrer Targets auf Fullbacks, Runningbacks oder Tight Ends warf, vielleicht nicht der schlechteste Gameplan.

OG Trey Smith ist der andere Ausfall – gegen den massierten Passrush der Bolts könnte er zu einem Problem werden. *könnte* – denn Mahomes ist der beste Pocket-Manipulator der NFL. Kriegt er den Ball erneut in 2.53 Sekunden raus, müssen die Chargers zaubern.

Sonst noch? Mahomes vs Herbert haben wir in der NFL bis jetzt dreimal gesehen. Zweimal gewannen die Chiefs. Einmal die Chargers. Alle Spiele waren knapp: Beide Chiefs-Siege kamen in der Overtime, und Herberts Coming-Out letztes Jahr beim 30-24 war auch ein Nailbiter mit dem entscheidenden TD 32 Sekunden vor Schluss.

Früher liebte ich am Football vor allem anderen die Spannung. Nicht erst am Sonntag ist mir bewusst geworfen, wie viel besser erstklassiges Quarterbacking (Spätschicht) als Drama (Frühschicht) ist – und viel besseres QB-Play als heute Nacht werden wir nicht mehr bekommen. Insofern: Joa, Drama erhofft, aber nicht notwendig, denn allein die Ästhetik von Mahomes und Herbert macht dieses Spiel schon zu einem Augenschmaus.

Die Chiefs sind mit 4 Punkten favorisiert. Das Over/Under von 54 Punkten wackelt schon jetzt.

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5 Kommentare zu “Date am Donnerstag: Kansas City Chiefs – Los Angeles Chargers

  1. Bitterer Ausgang aus Chargers Sicht. In Halbzeit 1 hatte man die Chiefs defensiv ganz gut im Girff, wenn da nicht die Flagge fällt & die INT zurückgenommen wird gehen die Chiefs womöglich mit 0 oder 3 Punkten in die Pause. Dann ist Staley zweimal zu zögerlich bei 4th & short & in der zweiten Halbzeit gibt es die Quittung. Ohne Linsley & Pipkins kommen Jones & co besser durch, dazu Williams als Deep Threat im zweiten Durchgang kein Faktor. Knackpunkt sicherlich der Pick Six & das Mahomes einfach unfassbar aufspielte im zweiten Durchgang und Man Coverage & Blitze der Chargers eiskalt geschlagen hat.
    Hätte in beide Richtungen gehen können, aber meinem Gefühl nach haben die Chargers zu wenig Vorsprung aufgebaut & sind am Ende mitunter daran gescheitert. (auch mit etwas Turnover Pech denkt man an die möglichen INT)
    Das meine bescheidene Meinung nach Spielende

  2. Blöd wenn man Punkte braucht, nachdem man mehrere Male bei 4th&short nahe der 50 yard Line gepuntet hat.

    Staley hat leider seine Eier in der letzten Saison vergessen.

  3. War schon bitter für die Chargers; Mahomes einige Male am Rande der INT – und dann fällt sie natürlich auf der anderen Seite.
    Und die Coaching-Bremse wurde leider, wie fast immer, zu fest getreten. So wird das nix…

  4. Keine Frage, der Turnover-Gott war mit den Chiefs.

    ABER: Brandon Staley mit einem massiven Fuck-Up.

    Fieldgoal bei 4th&2
    Punt bei 4th&2
    Punt bei 4th&2
    Punt bei 4th&2
    Punt bei 4th&6 im Schlussviertel bei 7 Punkten Rückstand
    Spielt mit Extrapunkt auf Overtime mit einem waidwunden Justin Herbert auf QB

    Andy Reid hatte seinerseits ein paar Playcaller-Bolzen, aber das war eine grausame In-Game-Manager-Performance von Staley.

    Die Chargers hatten die Chiefs im Sack. Sie hätten es selbst *mit* dem Pick Six und Herberts Verletzung gewinnen können, vielleicht müssen.

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