Vorschau auf den siebten Spieltag der NFL-Saison.
Unter der Woche hat ein Leser gefragt, woran die Schwäche der NFL-Offenses in dieser Saison am ehesten festzumachen ist. Die plausibelste Antwort ist wahrscheinlich langweilig und lautet: Es ist eine Kombination aus mehreren Faktoren:
Defensive Coordinators haben Antworten gefunden; jetzt sind sie es, die Fragen stellen. Es ist nicht nur die seit Monaten diskutierte Rotation von two-high in single-high im Moment des Snaps. Es sind auch andere kleine Anpassungen, die aber durch ligaweite breite Streuung relativ großen Effekt erzielen.
Robert Mays und Nate Tice haben das in ihrem Podcast besprochen: Defenses haben teilweise die klassischen Blitzes durch „simulated pressures“ ausgetauscht, in denen der Blitz bloß angetäuscht wird, aber letztlich nur vier Mann kommen. Welche vier, ist dabei die entscheidende Frage. Vorteil Defense: Es sind sieben Mann in Coverage, weswegen QBs nicht mehr die gewohnte „Hot Route“ werfen können, denn sie ist nun zugestellt.
Außerdem sind Defenses viel besser darin geworden, hohe Prozentsätze an „light boxes“ zu spielen, ohne dass sie ernsthafte Probleme in Run-Defense bekommen (gibt Ausnahmen wie Cleveland oder Green Bay) – es werden also mehr Ressourcen in die Pass-Defense gesteckt, ohne dass Laufspiel wesentlich effizienter geworden wäre.
Pass-Blocking ist in Krise. Es mag mit den neuen Pressure-Paketen zusammenhängen, es mag aber auch an den auffällig vielen Verletzungsausfällen auf Left Tackle liegen, aber die Offensive Lines spielen bis jetzt ein schwaches Jahr – und das, obwohl die Referees weniger Holding-Strafen verhängen als üblich.
PFFs Blocking-Grades sind deutlich niedriger als in den letzten Jahren, wie diese Grafik von Timo Riske belegt: Nur zehn Mannschaften performen im Pass-Blocking gemessen an der in den letzten Jahren gesetzten Erwartung überdurchschnittlich – zu allem Überfluss sind unter den wenigen Teams Mannschaften, die durch grausiges Quarterbacking gar nicht das entsprechende Kapital aus dem Blocking schlagen können (Panthers, Steelers, Browns, Broncos):
Teams wie Baltimore, New Orleans, Dallas, Tennessee, Tampa Bay, LA Chargers, NY Jets, San Francisco, Miami oder auch Philadelphia hatten alle schon längere Ausfälle ihrer Left Tackles und mussten teilweise mit dem Backup oder sogar third stringer antreten. Die einst dominante O-Line in Indy hat ein offenes Scheunentor auf links und früher solide Blocking-Units wie Buccaneers oder Rams sind nicht mehr als einigermaßen passabel.
Quarterback-Fragezeichen. Dak Prescott war wochenlang verletzt, Tua wurde zum Abschuss freigegeben. Matt Ryan ist definitiv washed, bei Russell Wilson ist nicht mehr die Frage ob er cooked, sondern ob er cooked ist.
Die relative Formkrise bei Tom Brady ist vielleicht mit Verletzungen und Inkompetenz auf OffCoord zu erklären, aber Aaron Rodgers hat in Ermangelung von vernünftigen Anspielstationen eindeutig einen Rückfall in alte McCarthy-Zeiten – gut, dass Green Bay Runningbacks und H-Backs gedraftet hat.
2022-Granaten wie Joe Burrow oder Justin Herbert leiden an ungenügendem Scheme und/oder Verletzungsproblemen, und doch schauen sie mitleidig nach Arizona, wo Kyler Murray die ärmste Sau in einem Nicht-System ist, Derek Carr findet sich im neuen System von Josh „overrated“ McDaniels noch nicht richtig zurecht, Matt Stafford erlebt ohne vernünftige Pass-Protection h-a-r-t-e Regression, die hochgelobte 2021er-QB-Klasse droht kollektiv zu busten und gute Rookies kommen auch heuer nicht nach.
Dass ein Jalen Hurts von Adrian Franke im QB-Ranking von letzter Woche auf #4 gesetzt wurde, sagt im Prinzip alles über das Quarterbacking im Jahr 2022 aus. Hurts ist okay unter gegebenen Rahmenbedingungen, aber ob er sein Niveau auch nur ansatzweise halten kann, wenn es mal in einen Standard-Dropback-Modus geht, ist seeeeeeehr fragwürdig.
Im Prinzip haben wir nur zwei QBs, die über weite Strecken performen: Patrick Mahomes und Josh Allen. Und so sind die Offenses der Chiefs und noch mehr Bills aktuell auch die einzigen, denen man wirklich in den meisten Lebenslagen blind vertrauen kann – wobei die Chiefs noch mit Sternchen zu versehen sind, nachdem die Klasse ihrer Receiver zweifelhaft bleibt.
Üblicherweise sind es die Offenses, die im ersten Saisondrittel zünden, während Defenses um diese Zeit – also Mitte/Ende Oktober beginnen, die Lösungen zu entwickeln. Heuer könnte es umgekehrt sein – wenn wir wieder gescheiten Football sehen wollen, dann *muss* es sogar anders sein.
Frühschicht um 19h
- Atlanta Falcons – Cincinnati Bengals
- Dallas Cowboys – Detroit Lions
- Tennessee Titans – Indianapolis Colts
- Washington Commanders – Green Bay Packers
- Carolina Panthers – Tampa Bay Buccaneers
- Jacksonville Jaguars – New York Giants
- Baltimore Ravens – Cleveland Browns
Mittelmaß ist die richtige Vokabel für einen Spieltag, an dem die Buffalo Bills frei haben – aber die Parole könnte auch die Überschrift über diese 19h-Schicht sein. Das Team mit dem besten Record in diesem slate sind die 5-1 Giants, und wir wissen, dass ihre Bilanz bei allem Respekt nicht ernst zu nehmen ist.
Die Giants spielen @Jacksonville und könnten dort durchaus einen weiteren Sieg einfahren. Sie könnten aber auch unter die Räder kommen, denn die Jaguars haben in dieser Saison mehrere Gesichter angedeutet.
Kurzzeitig hatte es mal so ausgesehen, als habe QB Trevor Lawrence den Dreh raus, aber die letzten Spiele waren dann wieder brutal wackelige Angelegenheiten. Licht und Schatten wechselten sich viel schneller ab als den Jags recht sein kann.
Lawrence ist einer der QBs mit den deutlichsten Splits zwischen Pressured Plays und Clean Pocket. Aus sauberer Pocket ist er ganz passabel, aber under pressure gehen seine Passing-Stats in den Keller. Lawrence kassiert zwar nicht viele Sacks, aber wirft dann kaum positive Plays.
Es ist nicht ganz klar, ob die immensen Pressure-Probleme bei Lawrence von klassischem Blitzing her rühren, denn zwischen Blitz-Pressure und Non-Blitz-Pressure gibt es keine eindeutig herauszulesenden Spuren – und das macht die Partie aus schematischer Sicht interessant, denn Giants-DefCoord Wink Martindale, einer der Stars dieser Saison, ist ein Verfechter von verschiedensten Blitz-/simulated pressure Packages. Martindale wird ohne Frage versuchen, Lawrence einzuheizen.
Falcons – Bengals ist ein Duell zweier 3-3 Teams. Atlanta ist gemessen an den negativen Preseason-Erwartungen eine der eher positiven Erscheinungen der bisherigen Saison. Die Offense ist sowohl in Lauf als auch Pass in den Top-10 nach EPA/Play klassiert, und das obwohl QB Marcus Mariota ziemlichen Stuss zusammenspielt.
Bei den Bengals kriegt man dagegen gaaaaaaanz langsam das Gefühl, dass sie sich reingrooven in die Saison. Natürlich sind die Siege der Bengals nix für Prahlerei:
- Jets 27:12 geschlagen ohne sich offensiv verausgaben zu müssen
- 27:15 Heimsieg auf kurzer Woche gegen die Kombination aus einem concussten Tua Tagovailoa und einem unvorbereiteten Backup Teddy Bridgewater
- 30:26 bei den desaströsen Saints, als es einen krassen Tackle-Miss gegen WR Ja’Marr Chase beim Game-Winning-TD brauchte
Interessanterweise haben die Bengals diese Saison genau drei explosive Spielzüge über 50 Yards zustande gebracht: Einen in jedem Sieg. Defenses spielen gegen Cincinnati maximal vorsichtig, bringen über 52% two high shells.
Cincinnati war in den ersten Wochen nicht imstande, diese Formationen mit effizientem Laufspiel zu knacken, u.a. weil jeder sehen konnte, was Headcoach Zac Taylor vorhatte: Stand QB Joe Burrow in Shotgun, gab es Pass. Ging er under center, wurde gelaufen. Da kannst du die besten Spieler landesweit haben und du wirst gegen NFL-Defenses nicht viel bewegen.
Letzten Sonntag haben wir aber ein erstes Adjustment gesehen: Burrow blieb einfach das ganze Spiel über in Shotgun stehen, und schon musste die Saints-Defense arbeiten für die zuvor frei zugängliche Information. Zum Sieg reichte es freilich trotzdem nur, weil Chase sich beim entscheidenden Touchdown aus erbärmlichen Tackling-Versuchen lösen und danach 50 Yards unbedrängt durchlaufen konnte. Der Umstand, dass Cincinnati ohne diesen Defense-Bolzen sogar gegen die so desolaten Saints verloren hätte, lässt mich noch a bissi dran zweifeln, ob die Bengals wirklich auf dem Weg der Besserung sind.
Chase spielt heute gegen einen alten Bekannten: CB A.J. Terrell. Der ist der einzige Lichtblick einer ansonsten zahnlosen Falcons-Defense. Terrell hat Chase schon vor zweieinhalb Jahren im National Championship Game des College Footballs bewacht – damals eher wenig erfolgreich. Heute steht die zweite Runde an.
Bei Titans – Colts spielt Indy schon sein fünftes (!) Division-Game. Bis jetzt sind die Colts 1-1-2, aber letzten Sonntag haben sie das erste Re-Match gegen Jacksonville gewonnen und dabei 34 Punkte gegen einen Gegner gescort, gegen den man noch im September einen Shutout kassierte.
Das Rezept war einfach: Matt Ryan Crosser zu Michael Pittman: Completion zum 1st Down. Das ging, weil die Jags keinen Passrush hatten. Tennessee hat zwar abseits von DT Jeffery Simmons auch keinen weltbewegenden Passrush, aber trotz fehlender individueller Klasse und trotz niedriger Blitz-Rate sind die Titans immer wieder imstande, Druck zu kreieren, und sei es durch „Coverage-Druck“.
Bei Commanders – Packers startet Tyler Heinicke für Washington, denn Carson Wentz ist ein paar Wochen raus. Für Green Bay ist das eine dringend notwendige Chance, der Negativspirale der letzten Wochen zu entfleuchen.
Cowboys – Lions bringt uns das Comeback von QB Dak Prescott. So nice die Story mit Cooper Rush als Ersatzmann war (4-1 Bilanz mit Rush): Prescott ist dann halt doch eine ganz andere Nummer. Gegen die desaströse Lions-Defense sollte Prescott einen sanften Einstieg bekommen.
Ich glaube nicht, dass Detroit den Cowboys viel entgegenzusetzen haben wird, aber der Cowboy-Passrush gegen die vernünftige Lions-OL könnte ein gutklassiges Duell werden.
Bei Ravens (3-3) – Browns (2-4) gilt für beide: Verlieren verboten. Cleveland, vor einigen Wochen noch als möglicher Überraschungskandidat dagestanden, weil man ausreichend Siege zu holen schien um nach dem Einstieg von Deshaun Watson im Dezember fett im Playoffrennen mitzumischen, wurde in den letzten Wochen bitterböse abgewatscht:
- 20:23 bei den Falcons
- 28:30 gegen die Chargers
- 15:38 gegen die Patriots
Von den Pats (mit third string QB!) wurde man komplett zerstört, aber auch die beiden vorherigen Niederlagen hatten eine eindeutige Tendenz: Atlanta lief in über 30 Versuchen 202 Yards mit 2 TD drüber, die nicht für ihr Rushing Game bekannten Chargers wiederholten das Kunststück, aber mit 238 Rushing Yards und 7.0 Yards/Carry.
Dieses Chart zeigt: Die Browns-Defense ist in punkto Rushing-Defense in ihrer ganz eigenen Liga der Schlechtigkeit:

Noch deutlicher? Die Effizienz, die Clevelands Rushing-Defense zulässt, ist so hoch, dass sie der viertbesten Passing-Offense in der NFL entspricht.
Und jetzt kommen die Ravens, die solche Probleme hatten, ihren Lauf zu etablieren. Baltimore bestand über Wochen aus Lamar Jackson und ansonsten nichts. Letzte Woche sah das teilweise zum ersten Mal wieder vernünftig aus, u.a. weil LT Ronnie Stanley ein Comeback feierte, aber jetzt fällt RB JK Dobbins schon wieder mehrere Wochen aus, und es hat sich gezeigt: Jackson hat lichteste Momente, aber er ist auch a bissl sloppy.
Vielleicht ist die Browns-Rushing-Defense Medizin genug um die Offense in Schwung zu kriegen. Vielleicht aber braucht es auch den jüngst geholten 36-jährigen Methusalem Desean Jackson als deep threat, um die Defense zu entzerren.
So oder so erwarte ich, dass Baltimore das Ding gewinnt, auch wenn es nicht mehr so deutlich wird wie letzte Woche, denn QB Jacoby Brissett wird nicht nochmal serienweise turnover-worthy-Plays fabrizieren.
Carolina – Tampa hat erhöhte Augenkrebs-Gefahr. Bei den Panthers war letzte Woche nix von einem „Trainereffekt“ zu spüren, und in Tampa will Todd Bowles die enttäuschende Offense offenbar mit mehr Laufspiel lösen.
Spannender ist da das sich anbahnende Wettbieten um Panthers-Passrusher Brian Burns, an dem mehrere Topteams dran sein sollen – u.a. die unvermeidlichen Rams, die 2024 und 2025 noch 1st Rounder zum Verhökern hätten.
Spätschicht
- Denver Broncos – New York Jets (22h05)
- Las Vegas Raiders – Houston Texans (22h05)
- Los Angeles Chargers – Seattle Seahawks (22h25)
- San Francisco 49ers – Kansas City Chiefs (22h25)
Superbowl-Rematch von 2019/20: 49ers – Chiefs. Das war das letzte NFL-Spiel vor der Covid-Pandemie, und ich erinnere mich, wie ich damals mit fast 40 Fieber im Bett lag, das Spiel unter Hustenanfällen verfolgte, aber Covid war damals noch ein Thema, das sich irgendwo in Fernost zusammenbraute.
Ich habe trotzdem nur gute Erinnerungen an diese Zeit und an jenes Spiel. Die Chiefs waren ein verdienter, aber glücklicher Gewinner. Sie waren nicht besser, aber sie hatten die rohe athletische Überlegenheit von Patrick Mahomes und Tyreek Hill, und einige wenige explosive Plays reichten um gegen nicht schlecht spielende Niners zu gewinnen.
Seither hat sich die komplette NFL dem Thema „stoppt die Chiefs“ verschrieben. Die Niners hatten eigentlich noch mehr versucht, ihre eigene Passing-Offense zu erweitern um die Vince Lombardi Trophy nicht nochmal durch einen überworfenen Deep-Ball des Jimmy Garoppolo zu verlieren.
Resultat: JimmyG quarterbackt die Niners im Oktober 2022 noch immer, und noch immer sind die zentralen Charakteristika der Niners dieselben. Noch immer gibt es diese „Groove-Spiele“, aber noch immer gibt es zu viele Probleme, wenn JimmyG mal in den Standard-Dropback Modus gehen muss.
Unter diesem Aspekt war es einfach zu verstehen, warum San Francisco vor eineinhalb Jahren drei 1st Rounder in die Hand nahm um das QB-Upgrade zu draften. Dass das Experiment mit Trey Lance bis jetzt durch Verletzungen und schwankende Performance schiefgelaufen ist: Okay, geschenkt.
Was ich aber eindeutig nicht verstehe, ist der unter der Woche eingefädelte Trade für RB Christian McCaffrey, der für Draftpicks in den Runden 2, 3, 4 und 5 aus Carolina kommt. I get it: McCaffrey ist ein Freak für einen Runningback, und als Ex-Spieler der Stanford University ist sein Einkauf eine Art Homecoming ins Silicon Valley. Aber was genau soll McCaffrey bringen?
McCaffrey punktet mit Vielseitigkeit. Er ist ein exzellenter Runner und ein exzellenter Catcher. Aber genau so einen Spieler haben die Niners schon im Kader: Deebo Samuel. Der zickte zwar im Sommer, weil die vielen Carries seinen Wert als NFL-Profi minderten, doch Samuel hat seinen fetten Vertrag bekommen und damit sollte Ruhe sein.
Freilich ist McCaffrey eine gute weitere Ergänzung für ein ohnehin bereits brutal vielseitig aufgestelltes Waffenarsenal mit Samuel, TE Kittle, WR Brandon Aiyuk und „Juice“ Jusczyk auf Fullback. Doch das wahre Problem bei den Niners war nie der fehlende Runningback – Kyle Shanahans Ruf fußt auf der Tatsache, dass unbekannteste Late Rounder oder UDFAs fantastische Zahlen produzierten, weil „das System“ so gut designt und gecallt ist.
Das wahre Problem war immer der fehlende Verlass auf Standard-Dropback-Passing Game bzw. die etwas große Abhängigkeit von der Qualität der O-Line. Insofern schaut McCaffrey aus wie ein „Verstärker“ für die Offense in den Matchups, in denen die Offense eh schon schnurrt, aber nicht wie eine entscheidende Lösung für die Momente, in denen Shanahans Input von der Seitenlinie nicht reicht.
McCaffrey ist heute übrigens schon einsatzberechtigt.
Wichtiger für die Niners für dieses Spiel: die vielen Verletzten kehren langsam zurück. EDGE Nick Bosa und LT Trent Williams sollen auflaufen, und das sind Hilfen, die nicht schnell genug kommen können. Bosa ist eine Einmann-Abrissbirne in der D-Line, und Williams als Anker auf der Blindside ist in den letzten zwei Spielen eklatant abgegangen.
Spannend wird zu sehen, wie die Niners-Defense heute spielen wird: Letzte Woche hat das Zone-Team par excellence, Buffalo, mit brutaler Man-Coverage-Fokussierung gegen die Chiefs-WRs gespielt, was andeutet: Die NFL hat wenig Angst vor der individuellen Qualität der Chiefs-Receiver.
Dass Kansas City gar nicht mehr so außergewöhnlich viel „two high“ sieht, dafür aber permanent mit Manndeckung attackiert wird, ist ein sich immer stärker abzeichnender Trend dieser Saison, denn die Bills waren mit ihrer Taktik nicht allein:
San Francisco hat nicht die bekanntesten Defensive Backs in der NFL, aber mittlerweile ganz gute Tiefe, LB Fred Warner als Matchup-Waffe gegen Travis Kelce, und mit Bosa vorne den entsprechenden Passrusher. Dieses Spiel, das ich in der Preseason als meinen Superbowl-Tipp genannt hatte, könnte also eine ganz unterhaltsame Partie werden!
Die Parallelspiele? Eher meh.
Broncos – Jets riecht nach einer punktearmen Angelegenheit. Die 4-2 Jets werden momentan überschüttet mit Lob, aber das liegt am wenigsten an der wichtigsten Komponente eines Footballteams: Der Passing-Offense. Die liegt zehn Meter unter dem Boden, und gräbt sich nur tiefer ins Loch, je mehr Snaps QB Zach Wilson spielt. Dass das ausgerechnet gegen die knackige Broncos-Defense, die fast ausschließlich auf Passing-Defense fokussiert ist, besser werden soll, glauben nur die blindesten Optimisten – Denver hat nicht bloß hervorragende individuelle Qualität im Passrush, sondern auch eine der besten Coverage-Units NFL-weit.
Denver tritt mit Backup-QB an, denn Russell Wilson wurde für „out“ erklärt:
Brett Rypien macht seinen zweiten NFL-Start. Den ersten hat er gewonnen – gegen die Jets…
Ob Rypien ein großes Downgrade zum Russell Wilson der letzten Wochen ist, muss man auch erstmal sehen, denn viel negativer als um Russ kann die Stimmung gar nicht sein. Wilsons Performance war bis jetzt schlechter als der Worst-Case, und vielleicht ist auch Headcoach Nate Hackett ganz froh, wenn heute mal ein QB aufläuft, der zumindest mit dem Mindset aufs Feld geht, einen vereinbarten Plan umzusetzen.
Bei Raiders – Texans muss Las Vegas eigentlich den zweiten Saisonsieg holen.
Chargers – Seahawks sieht die Chargers mit 5 Punkten favorisiert. So schlecht ihre Offense designt ist: Seattles Defense ist die zweitschwächste in der NFL nach jener der Lions – es sollte also viele Möglichkeiten zum Punkten geben. Seattles Offense kann nur dann mithalten, wenn Geno Smith in etwa den Level der ersten Wochen halten kann.
Sunday Night Game
- Miami Dolphins – Pittsburgh Steelers
Nicht grad ein Kassenschlager. Bei Miami kehrt Tua nach mehrwöchiger Concussion-Auszeit zurück. Die Partien mit den Konsorten Teddy Bridgewater und Skylar Thompson haben gezeigt: So wenig Tua wegen ein paar Freak-Plays gegen Blown-Coverages in den ersten Wochen zu den Elite-QBs zu zählen ist, so scheint er doch bei allen physischen Limitierungen ein deutliches Upgrade gegenüber seinen Ersatzleuten zu sein. Zumindest schnurrte die Offense unter seiner Führung deutlich besser.
Aber weiß der Defense-Berater der Steelers – Brian Flores – wie man gegen Tagvailoa spielt? Ist das überhaupt eine wertvolle Info, nachdem Flores Tua nur RPOs werfen ließ, während der neue Playdesigner in Miami Mike McDaniel so geile Plays designt, dass in seinem Hirn kein Platz mehr für die offensichtlichsten Dinge (wie einen abgeschossenen Tua vom Feld zu nehmen) ist.
Pittsburgh kommt von einem „feel good“ Win letzten Sonntag gegen Tampa Bay, als der eigentlich schon gebenchte, aber dann doch eingewechselte Mitchell Trubisky eine Serie an unwahrscheinlichen 3rd&long Situationen verwertete und eine eigentlich personell waidwunde Defense erstaunlich gut gegenhielt um die ideenlose Tampa-Offense am Scoren eines Touchdowns hinderte.
Heute soll wohl Kenny Pickett wieder zurückkehren. Pickett hat „grid“, aber physisch ist er nicht über alle Zweifel erhaben, und wie er gegen die aggressive Dolphins-Defense reagiert, ist erstmal abzuwarten.
Monday Night Game
- New England Patriots – Chicago Bears
Als Bill Belichick unter der Woche zur Qualität des nächsten Patriots-Gegners Chicago gefragt wurde, artete das in einem minutenlangen Monolog aus, für dessen Transkript wir fast Spezialdrucker brauchen um es in einem Twitter-Screenshot unterzukriegen:
Was nicht gezeigt wird, ist der Lachkrampf, den Belichick bekam, nachdem er die Bühne verlassen hatte. Denn Justin Fields wird eine der leichteren Übungen für die Belichick-Defense werden, selbst wenn wir beachten, dass diese über Jahre mit dem Typus mobilen Scramblers immer wieder so ihre Probleme hatte.
Fields hat natürlich die Big Plays in seinem Spiel, die eventuell mehr als Nadelstiche setzen können. Aber Fields hat mit seinem furchtbaren Processing und seiner Tendenz, sämtliche Sack-Charts zu sprengen, die entscheidenden Schwächen, die man gegen die auf Verwirrung abzielende Belichick-Defense nicht haben darf.
Schon zuletzt haben die Pats in Detroit und Cleveland zwei lauflastige Offenses komplett kaltgestellt. Gegen die Bears-Offense in der aktuellen Verfassung – miserable Skill-Player, schwache O-Line, QB, dessen Tendenzen die Probleme nur verstärken – braucht es eigentlich „nur“ das Vermeiden von Coverage-Busts um das Matchup zu gewinnen.
Ich habe mich auch in den letzten Wochen oft getäuscht, und NFL = NFL = Unvorhersehbarkeit, aber ich bin schon Ende Oktober nicht mehr kreativ genug um mir vorzustellen, wie die Pats-Defense das verschusseln will.
Sidestory: Es gibt Hinweise darauf, dass Mac Jones als QB wieder einsatzbereit sein könnte. Ob er auch startet, müssen wir abwarten. Ersatzmann und rookie Bailey Zappe sah in den letzten zweieinhalb Spielen sehr vernünftig aus, wenn auch zugegeben in Spielen mit überwältigend positivem Game-Skript und gegen die momentan übelsten Defenses in der NFL. Gelernt haben wir über Zappe nur eins: Er ist nicht völlig überfordert. Ob das für eine QB-Controversy reicht?
Abwarten und Tee trinken.
Bei Russell Wilson glaube ich, dass er massiv durch chronische Schmerzen in der Wurfschulter beeinträchtigt ist. Siehe https://www.nfl.com/news/broncos-qb-russell-wilson-feeling-better-after-shoulder-injection . Bei 5x Mio pa ist die Verlockung groß für alle Beteiligten, durch kleinere Verletzungen solange durchzuspielen, bis sie sich chronifiziert haben. QB Spiel dürfte extreme Kopfsache sein inkl Vertrauen in eigenen Körper.
Mich würde deine Meinung zu GB interessieren. Die Fanlager schreien ja danach, dass man Aaron Jones den Ball viel öfter geben und laufen sollte. Ist das so? Aus Analytics-Sicht ist doch das Passen (vor allem in early downs) viel sinnvoller? Spielt GB richtig, oder sollte wirklich mehr gelaufen werden?
Diverse Tape-Analysen zeigen vor allem Schwachstellen in der O-Line auf (meistens verkackt einer und dann ist der Spielzug futsch). und es besteht so die Hoffnung: Krieg die O-line hin, dann klickt auch die Offense wieder.
„Bei Commanders – Packers startet Tyler Heinicke für Washington, denn Carson Wentz ist ein paar Wochen raus. Für Green Bay ist das eine dringend notwendige Chance, der Negativspirale der letzten Wochen zu entfleuchen.“
Naja…ähm…
Hätte dann wohl etwas mehr Kreativität gebraucht.
Pats-Run-Defense wurde mit vielen Ressourcen aufgebolstert und kassiert dast 250 Rush Yards. Chicagos Offense schnurrte ohne valide Passing-Offense.
Dazu QB-Controversy. Pats im Tank-Modus?