Recap Jaguars – Chargers: Meltdown Alarm!

Recap von Jaguars – Chargers.

Wow. Das war wild. Die Jacksonville Jaguars gewinnen nach einem dramatischen Wildcard-Comeback nach 0:27 Rückstand in allerletzter Sekunde mit 31:30 und ziehen ins Divisional Playoff ein.

Nichts an dem Spiel war normal.

Es ging los mit einer Serie an Interceptions und zu Interceptions abgefälschten Pässen des Trevor Lawrence, dem das widerfuhr, wovor der von Fortuna gesegnete Brock Purdy im Spiel davor verschont geblieben war: Wackelige Bälle landen in Gegners Schoß.

Es war nicht bloß ein Pick im ersten Passversuch, zweimal abgefälscht direkt in die Arme der Chargers.

Es war ein zweiter.

Dritter.

VIERTER.

Das erste Viertel war noch nicht vorbei, da hatte Lawrence schon drei Picks. Mitte des zweiten folgte ein vierter. Zu seiner Verteidigung: Einer kam in einem 4th Down, und hätte eventuell als Illegal Contact zurückgepfiffen werden müssen.

Die Chargers führten schnell 24:0, ohne sich auch nur besonders die Finger schmutzig machen zu müssen. Um die Scheiße komplett zu machen, landete ein Chargers-Punt auf dem Helm eines nichtsahnenden Jaguars-Verteidigers, schenkte den Chargers ein 1st & Goal – doch L.A. verpasste den K.o.-Punch und schoss das zweite kurze Fieldgoal des Tages zum 27:0.

Das Spiel fühlte sich gegessen an, aber dann musste ich an meine Preview denken:

Regel 1: Trevor Lawrence ist grandios darin, eigene Fehler zu vergessen, und ist niemals raus aus einem Spiel.

Regel 2: Die Offense von Joe Lombardi ist maximalster Müll.

An die beiden Dinge kannst du dich immer klammern, denn sie sind einfach wahr.

Und so drehten die Jaguars nach und nach, mit viel Klein/Klein, die Partie. Lawrence beruhigte sein Nervenflattern in der Pocket. Die O-Line hielt besser stand. Die Receiver begannen, sich freizulaufen – und gerade TE Engram erwies sich immer wieder als nicht zu kontrollierendes Matchup.

Die Jaguars scorten „quick strike“ zum 7:27 vor der Pause. Sie waren methodisch beim 14:27 mit einem fast acht Minuten langen Drive gleich nach der Pause über 89 Yards. Sie nutzten einen Coverage-Bust der Chargers zum 20:30 ganz am Ende des dritten Viertels.

Der Meltdown war in vollem Gange und ließ sich fühlen, so wie Football-Kommentatoren in jedem zweiten Snap einen „Momentum Change“ fühlen, nur real. Die Chargers waren mittendrin in einem Strudel der Negativität, und sogar fragwürdige Schiedsrichterentscheidungen zu ihren Gunsten (Roughing the Passer gegen Herbert) konnten die Abwärtsspirale nicht mehr drehen.

Während die Jaguars fünfeinhalb Minuten vor Schluss mit einem weiteren Touchdown auf 26:30 verkürzten, wurde Joey Bosa für einen frustrierten Helm-Wurf seiner zweiten unsportsmanlike conduct Strafe belegt (nachdem er schon zuvor einen Schiedsrichter beleidigt hatte), und Doug Pederson wäre nicht Doug Pederson, wenn er den daraus resultierenden Extrapunkt von der 1 Yards Line nicht kurzerhand in eine 2pts Conversion verwandelt hätte.

Trevor Lawrence stellte sich auf, griff einmal kurz über die Goal Line, und Jacksonville lag nur noch 28:30 zurück.

Die Chargers hatten seit Stunden nix mehr auf die Reihe gebracht, und so war eigentlich jedem im Stadion klar, dass die Jaguars das gewinnen würden, wenn Justin Herbert nicht noch ein Wunder aus dem Ärmel schnackeln würde. Die Brandon-Staley-Truppe hatte in der Zeit, in der Jacksonville vier Touchdown-Drives in Serie hinlegte, folgendes aufgesteckt:

  • Abknien von 21 Sekunden vor der Pause
  • Punt
  • 50 Yards Fieldgoal
  • 40 Yards Fieldgoal mit einer Lockerheit daneben gechippt, da ist noch nichtmal ein Muskel bei Cam Dicker beansprucht worden
  • 3&out

Letzter Jaguars-Drive. 4th&1 – und was für ein geiler Play aus einer Formation, in der die NFL zu 99% den QB-Sneak spielt. Doch Lawrence übergab an den versetzt dahinter stehenden RB Travis Etienne, und der nahm die sperrangelweit offene rechte Flanke und rannte 20 Yards in die Redzone.

Das Rest war nur noch das Verwerten des entscheidenden Fieldgoals mit auslaufender Uhr.

Das 27-Punkte-Comeback der Jaguars war das drittgrößte der NFL-Postseason-Geschichte – nach einem 32-Punkte-Comeback der Bills in den Neunzigern, und einem 28-Punkte-Comeback von Andrew Luck beim ersten Playoffspiel des Andy Reid als Headcoach der Chiefs.

Es war vor allem ein Sieg der Widerstandsfähigkeit, denn wie viele Quarterbacks, wie viele Headcoaches, wie viele Mannschaften wären unter so einem Fehlstart wie dem der Jaguars implodiert?

Auf der anderen Seite: Die Chargers waren so mausetot, da hätten keine Wiederbelebungsmaßnahmen geholfen, weil dieses Team einfach strukturell am Arsch ist. Herbert war als QB nicht perfekt – er überwarf z.B. einen offenen Receiver in der Endzone. Aber da war die ganze zweite Halbzeit – und ehrlicherweise auch schon während der ersten Punkte-Drives aus exzellenter Feldposition – einfach nichts da, was irgendwie hätte gefährlich werden können.

Die O-Line ließ alles durch. Keine einzige Chance auf einen vernünftigen Play-Action-Shot, den man bei solchen Führungen einfach spielen muss. Ein Pass-Chart mal wieder aus der Hölle:

Und eine Defense, die sich wie Schulbuben von einem mittelmäßigen Receiver-Corps an die Wand spielen ließ.

Dazu ein Headcoach ohne Eier. Staley ließ von der 4 Yards Line und danach von der 5 Yards Line kicken, im Gefühl der sicheren Überlegenheit. Er warf eine rote Flagge, als es zwar um ein 1st Down, aber um relativ wenige Yards ging – bei einer ziemlich eindeutigen Situation.

Doch es war nicht bloß dieses eine Spiel. Es ist die Art und Weise, wie die Chargers schon das ganze Jahr über versagen darin, ihrem Superstar-QB eine vernünftige Infrastruktur auf die Beine zu stellen, um die Möglichkeiten zu optimieren. Es ist die enttäuschende Performance der Defense, die abseits der Turnover-Geschenke nicht viel Gegenwehr zeigte.

Die Chargers-Owner haben jetzt die Chance, sich von Staley oder zumindest OffCoord Joe Lombardi zu trennen und einen ernsthaften Re-Start der Offense in Angriff zu nehmen. Das sind sie ihren Fans nach diesem fassungslosen Meltdown schuldig.

Staley könnte natürlich auch seinen handerlesenen OffCoord Lombardi, einen Jugendfreund, opfern um seinen eigenen Kopf zu retten. Aber es fühlte sich besser an, wenn sich die Chargers von den Altlasten eines zur persona non grata gewordenen einstigen Coaching-Hoffnungsträger trennen um einen frischen Neustart mit einem unbelasteten Offense-Mind in Angriff zu nehmen. Sollten sie einem Sean Payton 20 Mio/Jahr nachschieben? Eher ja als nein – dann hätte dieser Kollaps noch etwas Gutes.

Ich weiß, es klingt nach Überreaktion nach einer Pleite mit einem Punkt. Aber eine weitere Saison mit dem Offense-Bullshit stehe ich nicht durch.

So inakzeptabel das kollektive Versagen der Chargers war, so grandios ist der Moment für diese Jaguars, die nur ein Jahr nach dem Debakel unter Urban Meyer einen unglaublichen Playoff-Sieg feiern. Ich erwarte nicht, dass sie das nächste Woche in Kansas City oder Buffalo allzu knapp halten können, aber wir haben heuer schon überraschendere Dinge gesehen als ein weiterer Triumph dieser zähen Jags, für die dieses Wildcard-Spiel ein Mikrokosmos der kompletten Saison war.

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7 Kommentare zu “Recap Jaguars – Chargers: Meltdown Alarm!

  1. Staley hätte letztes jahr schon gefeuert gehört, spätestens nachdem er den 4. Versuch kurz vor der eigenen endzone ausgespielt hat. Aber nein, die analytics crowd hat ihn zu nem top coach ausgerufen, weil er praktisch jeden 4. Hat ausspielen lassen.

  2. Und damit hatte er auch recht 🙂

    Ein Staley mit vernünftigem Offensive Coordinator und der Aggressivität von 2021 wäre ein akzeptabler Headcoach.

    Aber 2022 war ein Rückschritt auf breiter Front.

  3. Ergänzungen zu oben:

    1) Drives: Die Chargers haben den Ball schon in der erste Halbzeit nicht gut bewegt. 17 der 27 Punkte waren quasi geschenkt durch die Turnovers:

    Nach der Pause dann nur 3 Punkte zu machen, und die kommen noch aus einem 50 yds Fieldgoal, ist kriminell.

    2) Es ist das erste Mal ever, dass ein NFL-Team in den Playoffs +5 in Turnovers ging, und das Spiel verloren hat.

  4. „Das Spiel fühlte sich gegessen an, aber dann musste ich an meine Preview denken (…)“
    … und platzierte eine 5€-wette beim Stand von 0:27 auf einen Jags-sieg? (ich erinnere mich da dunkel an einen Brady-Superbowl)

  5. Würde den Stab nicht ganz so über Staley brechen – halte von Staley mehr, weil er im Gegensatz zu einem Rhule durchaus viele Vielversprechende Dinge gezeigt hat – nur Headcoach war vermutlich zu viel- würde ihm durchaus wieder als Coordinator einstellen.

    Ansonsten ganz spannend, wie wir jetzt innerhalb weniger Jahre fast alle Qbs ausgetauscht haben. Herbert, Mahomes, Allen, Lawrence und burrow sehen aus wie die neue qb elite nachdem wir ewig Brees, Roethlesberger etc. Hatten.

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