Jalen Hurts #1

NFC Championship 2022/23 Preview: Philadelphia Eagles – San Francisco 49ers

Im NFC Championship Game treffen am Sonntag, 21h die beiden mit Abstand besten Mannschaften der NFC aufeinander. Philadelphia Eagles (15-3) gegen San Francisco 49ers (15-4) ist das Duell Juggernaut gegen Juggernaut.

Beide haben für die NFL ungewöhnlich komplette Roster. Beide haben diese Saison noch nicht gegen wirklich viele hochwertige Gegner gespielt, aber beide haben die meisten Mittelklasseteams in ihrem Schedule an die Wand gespielt – Zeichen von dominanten Teams.

Beide haben es ohne absolute Elite-Quarterbacks so weit geschafft. Beide haben herausragende Defensive Lines, sind über starkes Laufspiel als Basis und grandiosen Receiving-Corps für Big Plays aufgebaut. Und doch unterscheiden sie sich in zahlreichen Aspekten doch beträchtlich voneinander.

Die Eagles

Die Eagles sind ein Monster zu beiden Seiten der Line of Scrimmage. Das kommt nicht zufällig: GM Howie Roseman stopft seit Jahren immer wieder Ressourcen in O-Line und D-Line, und das zahlt sich aus: Offense Liner wie Andre Dillard, Jack Driscoll oder Cam Jurgens, oder aber Defense Liner wie Brandon Graham, Robert Quinn oder 1st Rounder Jordan Davis würden in vielen Mannschaften starten. Bei den Eagles sind sie bloße Backups.

Der Mega-Trade der Offseason, WR A.J. Brown für einen 1st Rounder aus Tennessee zu holen, hat sich schon im ersten Jahr ausgezahlt, u.a. weil Roseman ein Genie darin ist, solche verkauften hohen Picks immer wieder mit anderen Transaktionen wieder hereinzuholen und nie zu viele Kaderlücken aufzumachen. Browns Nebenmann ist Devonta Smith, ehemaliger Heisman-Trophy-Gewinner, und ein Top-10 Pick im Draft vor zwei Jahren.

Doch gute Infrastruktur hatten die Eagles auch über die letzten Jahre immer mal wieder. Was sie dieses Jahr vom Standard Modus Operandi abhebt, ist ein QB Jalen Hurts, der einen gewaltigen Entwicklungssprung gemacht hat, ein endlich mal wieder verstärktes Defensive Backfield, sowie Headcoach Nick Sirianni, der den Laden mit seinem trockenen Führungsstil zusammenhält.

Über Hurts werde ich bestimmt noch detaillierter schreiben, sollten die Eagles in die Superbowl einziehen. Hurts ist eine der spannendsten Footballfiguren in den letzten zirka sechs Jahren gewesen. Er hat eine verblüffende Entwicklung vom laufstarken Freshman-Alabama-QB zum NFL-MVP-Kandidaten genommen, die Tiefen wie die Auswechslung im National Championship Game beinhaltete, wie auch spektakuläres Comebacks, Wechsel – und eine massive Draft-Kontroverse vor zwei Jahren, die heute wie ein Relikt aus längst vergessenen Zeiten ausschaut.

Die Secondary war viele Jahre lang das Kryptonit in Philly, wo stets die Line of Scrimmage priorisiert wurde. Jetzt ist man dank Leuten wie CB Darius Slay, der in einem Trade aus Detroit geholt wurde, oder den beiden Offseason-2022-Einkäufen CB James Bradberry und SB/S Chauncey Gardner-Johnson so tief besetzt wie seit 2017/18 nicht mehr. Damals gewannen die Eagles die Superbowl, weil der Passrush endlich mal durch adäquate Deckung supportet, anstatt ausgehebelt wurde.

Sirianni ist wie Hurts ein Typ, der lange gegen alle Zweifler kämpfen musste. Doch Sirianni hat sich mit einem sehr transparenten Führungsstil schnell Respekt verschafft, hat mit der Abgabe des Playcallings an seinen OffCoord Shane Steichen gezeigt, dass er loslassen kann, und sich dafür auf In-Game-Coaching spezialisiert: Wenige NFL-Coaches begehen so wenige Fehler bei Timeouts, Clock Management und 4th Downs.

Über allem schwebt GM Roseman, der Vater des Erfolgs, der als pragmatischster NFL-GM auch schwerste Krisen überlebt hat, weil die Eagles in Jeffrey Lurie einen besonnenen, aber konsequenten Owner haben, der Rosemans Analytics-orientierte Herangehensweise stützt und auch in unruhigen Zeiten zu seinem GM gehalten hat.

Nicht alle Moves Rosemans haben sich als Treffer erwiesen. Doch er hatte die Traute, sich seinen Fehler mit Carson Wentz schnell einzugestehen und für diese sunk cost sogar noch massiven Gegenwert zu akquirieren. Roseman versenkte Wentz in einer Offseason, in der Phillys Salary-Cap ohnehin kritisch geworden wäre.

Und auch Rosemans Draftpicks erwiesen sich nicht immer als glücklich. Doch das ist keine Schande, denn ein smarter GM wie Roseman weiß, dass Draften ein Stochern im Dunkeln ist. So hat Howie 1st-Round-Busts wie Dillard oder Jalen Reagor gezogen, doch immerhin waren es Busts auf wichtigen Positionen, denn das ist das wahre Erfolgsgeheimnis des „Howiezwards“: Priorisiere Premium-Positionen.

QB, WR, OT, DL – Roseman ballert seine wertvollsten Ressourcen in die teuersten Positionen, so wie das Lehrbuch es vorschreibt. Die 1st Round Center, Tight Ends, Runningbacks sind anderer Leute Geschäft. Roseman hat in letztverantwortlicher Rolle (2011 war er nur GM pro forma) nicht ein einziges Mal eine andere als diese vier Positionen mit seinem 1st Rounder gezogen.

Die Eagles sind ein Team, das selten im Rahmen der Erwartungen bleibt. 2017 gewannen sie mit Backup-QB ihren ersten Superbowl-Ring, aber dann enttäuschten sie zwei Jahre lang leicht, im Versuch aus dem einen Titel eine kleine Dynasty zu begründen, ehe der Laden vor zwei Jahren schließlich komplett in die Luft ging. Letztes Jahr erwartete niemand besonders viel von den „Übergangs-Eagles“, doch die Saison endete in den Playoffs. Und heuer galt Philly im Sommer nicht mehr als „erweiterter NFC-Kreis“. Dass sie die komplette Conference an die Wand spielen würden, hatten nur wenige so kommen sehen.

Die 49ers

Auch die Niners sind in der Ära von Kyle Shanahan meistens kein leicht zu prognostizierender Gegner. Das liegt weniger am Playcalling-Genie Shanahans, sondern viel mehr an ständigen Quarterback-Verletzungen, die schon mehrere Spielzeiten in die Scheiße geritten haben.

Nicht so 2022/23 – obwohl die Niners seit Wochen drunten beim third string QB sind, trotz der Tatsache, dass sie gleich drei 1st Rounder in Trey Lance gesteckt (seit Woche 3 verletzt und bis dahin nicht überzeugend) und Jimmy Garoppolos Abgang verhindert hatten. Und obwohl der QB3 – Brock Purdy – gar nicht so fehlerfrei spielt wie die euphorisierten Fans glauben, schlagen sich die Niners durch, und es ist kein Durchwursteln, sondern meistens überzeugendes Aufspielen.

Eine famose Defensive Line und ein atemberaubend guter Skill-Player Corps, sowie eine extrem gut gecoachte Defense mit einem stabilen Rückgrat in der Spielfeldmitte sind die Stärken von San Francisco. Die Frage wird am Sonntagabend sein, ob diese Stärken reichen, um gegen einen anderen Juggernaut zu bestehen.

Wenn die Eagles den Ball haben

Das obige Bild zeigt: Die Eagles haben das mit Abstand beste Laufspiel in der NFL. Sie sind vom zweitbesten Laufspiel nach EPA/Play so weit entfernt wie dieses zweitbeste vom 19t-besten in der NFL. Es ist ein Laufspiel, das im Gegensatz zum Eagles-Passspiel sehr komplex designt ist und jede Woche von ihrem langjährigen Run-Game-Coordinator Jeff Stoutland (ein Relikt aus der Chip-Kelly-Ära, der mehrere Headcoach-Wechsel überstanden hat) punktgenaue Gameplans gezimmert bekommt.

Die Eagles können hinter ihrer wuchtigen O-Line alle Systeme laufen – aber im Kern ist das Run-Game um Hurts herum gebaut. Hurts ist einer der besten Rushing-QBs in der NFL. Er ist mit seiner Schulterverletzung nicht ganz fit und wurde zuletzt eher aus dem Laufspiel herausgehalten, aber nur, weil es die Eagles sich leisten konnten. Denn Hurts gibt den Eagles die Chance, 11-gegen-11 zu laufen, und das hinter Bergen wie LT Jordan Mailata, OG Landon Dickerson oder RT Lane Johnson, oder hinter gefinkelten Routiniers wie Center Jason Kelce.

Wenn die 49ers mit ihrer straighten Four-Man-Front es nicht gebacken kriegen, den Rush-Attack der Eagles in den Griff zu kriegen, ist die Preview an dieser Stelle zu Ende. Denn dann werden die Eagles über kurz oder lang über San Francisco drübercruisen.

Die Niners-Aufgabe #1 muss es sein, Philly in ein paar klare Passing-Situationen zu bringen, in denen Hurts zum Werfen gezwungen wird, denn obwohl Hurts sich als Passer über die letzten zwei Jahre jeweils massiv verbessert hat, so ist dennoch noch nicht klar, wie gut Hurts als straighter Dropback-Passer ist – wenn er mal ein Spiel ohne kurze 3rd Downs, ohne RPO, ohne Play-Action, gewinnen muss.

Freilich hat Philly die Waffen, ein Spiel auch über den Luftweg zu gewinnen. Brown ist ein imposanter WR1, der jedem 49ers-Cornerback physisch haushoch überlegen ist. Devonta Smith ist zwar nominell der WR2, aber mit seiner Präzision als Route-Runner ist er eher eine 1B denn eine #2. TE Dallas Goedert ist der Mann für die kurzen Routen.

Brown hat trotz Sonderbewachung 2.5 Yards/Route gemacht, #3 unter allen WR.
Smith ist bei 2.0 Yards/Route, #17 in der NFL.
Goedert bei 1.9 Yards/Route, #4 unter Tight Ends.

Auch wenn man diese fabulöse Effizienz ein klein wenig in den Kontext der insgesamt eher geringen Pass-Quote, aber der 5t-höchsten Early-Down-Passquote (dort ist es einfacher zu werfen) setzen muss: Es zeigt, dass dieses Trio seine Matchups gewinnt und Hurts sie dann auch trifft.

Die Niners spielen meistens Zone-Defense und vertrauen darauf, dass die wuchtige D-Line über Nick Bosa (18.5 Sacks, über 26% Passrush-Win-Rate) und Kollegen (viele weitere Spieler mit hohen Win-Rate-Zahlen, aber nicht so viele Sacks, und EDGE2 Charles Omenihu wurde unter der Woche wegen häuslicher Gewalt verhaftet) Druck ohne Blitzing zustande bekommt.

Was diese Defense gegen die Eagles potenziell gut aufstellt: Sie ist von DefCoord DeMeco Ryans so eingestellt, bloß nicht tief geschlagen zu werden, ohne allzu viele Underneath-Lücken aufzutun. Die Eagles dagegen suchen im prinzipiell simpel gestrickten Passing-Game am liebsten den Deep-Shot auf Brown oder Smith.

Aber: Diese Shots kommen meistens über außen, wie überhaupt Hurts ungern über die Mitte kommt. Doch die Niners haben ihre Stärken genau dort – in der Mitte – mit dem Phänomen LB Fred Warner, dem famosen „Abstauber“ Dre Greenlaw und dem wuseligen Safety Hufanga, während sie an den Flanken mit CB Charvarious Ward oder CB Lenoir eher wackelig besetzt sind. Selbst wenn Smith aus Gründen des freieren Releases in den Slot geschoben wird, hätten die Eagles ein Mismatch gegen Jimmy Ward, nominell ein Safety, aber aufgrund der Personalsituation zum Slot-Corner umfunktioniert. Die Frage ist nun: Reicht die Dominanz der 49ers in der Mitte aus um Philly eindimensional genug zu machen und die Effizienz der Outside-Shots zu limitieren?

Das Matchup ist insgesamt hochklassig. Die Niners haben die zweitbeste Rushing-Defense und die drittbeste Passing-Defense nach EPA/Play. Sie hätten theoretisch die Power, um die Eagles einzubremsen, aber gegen wirklich viele Dual-Thread-QBs haben sie heuer noch nicht gespielt. Wie das mit der Gap-Integrität dann aussieht, wenn auch der QB jeden Moment selbst loslaufen und selbst deine Linebacker überlaufen kann, muss sich erst zeigen. Und dann machen die Eagles das, was die 49ers im Passing-Game am besten verteidigen, eh am wenigsten gern: Zwischen den Hashmarks operieren.

Den Reiz zieht dieses Matchup aber aus der schieren individuellen Klasse der Protagonisten. Das schematisch entscheidendere Duell sehen wir auf der anderen Seite „des Balls“.

Wenn die 49ers den Ball haben

Einmal in Fahrt, ist die 49ers-Offense als die am perfektesten geölte NFL-Offense ein ästhetischer Traum. Shanahans Wide-Zone-Run-Game ist extrem sophisticated und so fein austariert, dass es dem Passing-Game eine unglaublich breite Palette an Optionen vorbereitet, die das Leben des Quarterbacks vereinfachen: Rollouts, Play-Action, Crosser.

Locker 75% der Offense spielt sich im Zentrum ab – zwischen den Hashmarks, wo Zillionen In-Breaker auf verschiedenen Levels (kurz, mittellang, tief) übereinander gelegt sind und vom vielleicht besten Skill-Player Corps in der NFL gelaufen wird:

  • TE George Kittle, der gleich gut blocken wie tiefe Routen laufen kann und seit einigen Wochen zu absoluter Hochform aufläuft
  • WR Brandon Aiyuk, der beste Deep-Thread, der eine fassungslos gute Entwicklung hin zu einem richtig kompletten NFL WR1 genommen hat
  • Deebo Samuel, der Widereceiverback, die physischste Präsenz in dem Quintett
  • RB Christian McCaffrey, der unter allen NFL-Runningbacks wahrscheinlich am besten NFL-Wide-Receiver-Routen laufen kann
  • FB Kyle Jusczyk, der Freak, für dessen Dienste Shanahan seine Großmutter auf dem Altar opfern würde

Ich glaube es war Ben Solak, der es unter der Woche in einem Podcast gesagt hat: Die grandiose Stärke dieser Fünf ist die völlige Austauschbarkeit: Jeder kann jede Position spielen und aus dem Huddle heraus in jeder Position Aufstellung beziehen bzw. vor dem Snap per Motion dorthin gezogen werden. Und das in 21-Personnel, gegen das die meisten Defenses Base-Personnel bringen müssen, um den Lauf zu überleben.

Wahrscheinlich auch Philly, denn wenn die Eagles in dieser Saison eine Schwäche hatten, dann war es die Rushing-Defense: Zu Saisonbeginn ein echter Knackpunkt, und selbst nach den Einkäufen von Bolzen wie Ndamukong Suh oder Linval Joseph auf Defensive Tackle noch durchaus verwundbar. Rookie-DT Jordan Davis brachte zwar Besserung, ist aber als Passrusher für den Fall eines Dropbacks zu limitiert (in diesem Fall ist es eine Abwägung zwischen dem Schaden, den eine Handvoll guter Inside-Runs verursachen, und dem Schaden, den mehrere Big-Passing-Plays bringen). DefCoord Jonathan Gannon kann also wahrscheinlich keine Nickel-Defense gegen dieses 21-Personnel bringen, da er ansonsten physisch unter die Räder kommen könnte.

Doch Solak hat auch eins gesagt: McCaffrey humpelte letzte Woche. Als er draußen war, gab es einen deutlichen Performance-Knacks, denn Backup Elijah Mitchell kann eben nicht alle Positionen beziehen, und raubt der Offense damit die entscheidende Unze an Potenzial.

Freilich sind die Eagles auch genau dort, wo die Niners die große Stärke haben – die Mitte! – defensiv eher mau besetzt. LB D.J. Edwards ist nur okay, die Safetys sind nur passabel, und Gardner-Johnson ist zwar Slot-Corner, aber vom Spieltyp her mehr Safety als CB.

So viele Worte, und der entscheidende Mann ist noch gar nicht genannt: Natürlich ist es QB Purdy. Ich gestehe Purdy eines zu: Er ist nicht überwältigt von seiner Aufgabe und vergisst Fehler schnell. Purdy wird nicht schnell verzagt, und er hat mehr Mobilität in seinem Fuß und mehr Playmaking in seinem Hirn als Jimmy Garoppolo.

Aber Purdy hat kein reifes Pocket-Management, nicht das Processing und schon gar nicht den Arm für schwierige NFL-Würfe, die dann gefordert sind, wenn diese Offense mal aus der Comfort-Zone gedrängt wird. Wenn mal Play-Action und Rollout nicht reichen. Wenn es in 3rd&10 mit einem Score Rückstand im vierten Viertel geht, und nicht der erste Receiver nach 1.5 Sekunden weit offen über die Mitte crosst.

Bis hierhin konnte Shanahan seinem Grünschnabel die meisten Schwierigkeiten „wegschemen“ – indem er z.B. die Routen tiefer laufen lässt (siehe nochmal diesen Tweet und den Vergleich zwischen Jimmys und Purdys Pass-Chart) oder Purdy schnell aus der Pocket bringt. Aber:

  1. Purdy schoss schon gegen Seattle und Dallas genug Böcke, dass es spätestens im Viertelfinale hätte kritisch werden können. Er ist also schon ausgeguckt, nur noch nicht dafür bestraft worden.
  2. Die Eagles haben die personell beste Defense, und die Klasse, gegen San Francisco eine Führung zu erspielen und damit die 49ers-Offense zusätzlich in Zugzwang zu bringen.

Die Dallas Cowboys pressten letzte Woche durchaus massiv gegen Purdys Pocket, und die Eagles haben den noch tieferen Passrush. Über innen DT Javon Hargrave (17% Win-rate), von außen Haason Reddick (20% Win-Rate), Josh Sweat (16% Win-Rate), Brandon Graham (23% win-rate als situativer Passrusher, und heuer sogar auch mal 14 Sacks!!!), Robert Quinn (13% Win-Rate als EDGE5).

Das sind starke und viele Passrusher, die über 60 Minuten Dampf machen können. Gerade Reddick gegen RT McGlinchey könnte ein Mismatch sein (Reddicks größte Trumpfkarte ist sein Speed, während der etwas fußlahme McGlinchey solche Gegner eigentlich überhaupt nicht mag), aber auch die nur durchschnittliche interior O-Line der Niners steht vor einer Herkulesaufgabe.

Fazit: Die PS wären da, um Shannys Gameplan im Keim zu ersticken, und wenn Purdy unter diesem Druck implodiert, dann ist spätestens an dieser Stelle – auch nachdem die 49ers den Run der Eagles gestoppt haben, und nachdem sie die Deep-Shots auf Brown/Devonta weggenommen haben, und nachdem Shanahan eintausend offene Receiver geschemt hat – die Preview vorbei. Denn dann wird Purdy Sacks kassieren, und im schlimmsten Fall Turnovers fabrizieren, die selbst diese super-talentierte Mannschaft nicht kompensieren kann.

Aber was, wenn der Eagles-Passrush nicht seinen besten Tag erwischt und/oder die 49ers-OL ausreichend gegenhält? Dann kommt es auf DefCoord Gannon an, und der gilt trotz leidenschaftlichem Plädoyer seines Chefs so ziemlich als Shannys Gegenentwurf: Gannon schemt nicht. Er lässt seine Defense üblicherweise vier Viertel lang den gleichen Stuff spielen: Softe Coverage, two deep, im Vertrauen darauf, dass das individuelle Talent den Gegner kontrolliert.

Gegen Shanahan wird das allein nicht reichen – zumindest nicht, wenn die Front Four nicht zündet. In Purdy bietet genügend Angriffsflächen, doch darauf zu warten, dass er die Fehler ohne Forcierung begeht, könnte zu wenig sein. Gannon brachte in den letzten Wochen zögerlich a bissl Zone-Exchanges und Creepers. Hat er nur kurz in die Kiste gepackt um zu versichern, dass seine Leute es überhaupt können, um solche „wrinkles“ am Sonntag in hoher Schlagzahl auszupacken?

Gannons Geschichte sagt eher Nein. Doch eine Shanahan-Offense in Rhythmus verlangt außergewöhnliche Maßnahmen. Ich bin auf jeden Fall gespannt.

Coaching

Shanny muss man nicht weiter thematisieren: Super Schemer, fantastischer Play-Caller, aber maximaler Trash im In-Game-Coaching. Timeouts werden verbrannt wie Cap-Space bei den Saints. Shanny liebt 4th&short Fieldgoals, er liebt 4th&short Punts. Er coacht als ob seine Offense nix wert ist, und in den Playoffs war er in Vergangenheit oft nur noch konservativer.

Sirianni ist das Gegenteil. Die Kleinarbeit machen die anderen, dafür holt er das Maximum mit seinen Makro-Entscheidungen heraus. Sirianni ist aktuell einer der verlässlichsten Coaches, die Siegchancen seiner Teams mit den genau richtigen Late-Down-Calls zu optimieren, er spart Timeouts für den wichtigen Moment und verschenkt keine Challenges für Banalitäten.

Defensiv sind die Niners adaptiver gecoacht, aber Ryans‘ Unit ist quasi eine Garantie auf ein bis zwei Personal-Fouls und damit verlängerte Drives. Ob der Gegenwert in Form von abgekaufter Schneid solche manchmal übertriebe Härte kompensiert, könnte ein Faktor in diesem hochklassigen Matchup werden.

Ausblick

Auch wenn es einige berechtigte Zweifel an den Schedules dieser beiden Mannschaften gibt: Die Ansetzung fühlt sich Superbowl-würdig an. Für Footballromantiker ist das eine Partie, die mit hoher Wahrscheinlichkeit an der Line of Scrimmage entschieden wird.

Es ist ein Spiel, das nur in zwei Szenarien in einem Stinker endet: Wenn entweder die Eagles über die 11-vs-11 nicht gewohnte Niners-Defense drüberlaufen, oder Purdy gegen einen übermächtigen Eagles-Passrush diesmal für seinen Übermut abgestraft wird. Beide Szenarien sind denkbar. In beiden Fällen hätten wir uns viel zu lange auf dieses Spiel gefreut.

Zu erwarten ist aber eher eine ausgeglichene Angelegenheit. Die Eagles sind zurecht mit 2.5 Punkten favorisiert, denn sie sind ausgerastet, die Heimmannschaft (und 15h Ortszeit gegen ein Westküstenteam) und sie haben den besseren Quarterback. Im Sommer hatte ich die 49ers als meinen Superbowl-Tipp. Muss ich heute auf den Sonntag setzen, sehe ich aber die Eagles knapp vorn.

Werbung

5 Kommentare zu “NFC Championship 2022/23 Preview: Philadelphia Eagles – San Francisco 49ers

  1. Eine Analyse der ersten Sahne. Vielen Dank dafür. Ich schließe mich deinem Plädoyer an und sehe die Eagles vorne. Purdy hätte auch gegen die Seahawks/Cowboys schon Turnover produziert, hatte hier und da aber auch das notwendige Glück bei einigen Würfen. Was ich noch interessant fände, ist folgendes Szenario: angenommen die Niners kommen in den Super Bowl und Jimmy wird fit (laut manchen Berichten möglich, vll aber auch nur PR), wer spielt dann? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Purdy dann runtergenommen wird. Vll kommuniziert man es ja auch nur um für Verwirrung zu sorgen.

  2. Glaube zwar, dass Jimmy G der bessere QB ist, aber jetzt kann man Purdy nicht mehr raus nehmen. Außer logisch wenn Purdy im SB zwei First Half INTS wirft oder sich verletzt, dann kann Jimmy doch noch den SB drehen 😀

  3. Mega Preview. Vielen Dank!

    Sind 2.5 Punkte nicht genau der Heimvorteil, sprich die Wettmärkte sehen keinen Favoriten?

  4. Heimvorteil teilweise auch nur noch 1.5 Punkte afaik

    Zusatz zu seinem zweiten Satz müsste aber ohnehin heißen „sähen auf neutralem Platz keinen Favoriten“, denn natürlich ist der Heimvorteil real.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..