Die letzten beiden Divisionen in der NFL-Offseason-Vorschau. Let’s go.
NFC East
Eagles
Für die Eagles war 2022/23 die Saison. Viel besser hätte es nicht laufen können – ein QB Jalen Hurts auf Rookievertrag, der sich viel besser entwickelte als jeder gedacht hatte, ein brutal tiefer Kader, optimiertes Coaching, einfacher Schedule. Es reichte knapp nicht, aber Philly muss sich nicht grämen, den zweiten Superbowl-Ring knapp verpasst zu haben.
Ab sofort wird die Schwierigkeitsstufe allerdings um eins erhöht.
Hurts wird den dicken Vertrag um die 45-50 Mio/Saison bekommen. Damit ist der Vorteil vom Rookiefenster dahin. Hurts kostete die Eagles bis jetzt noch nichtmal die 9 Mio/Jahr, die ein #1 Overall Pick kriegt. Er kostete nichtmal 9 Mio. in Summe über die vier Jahre.
Müsste ich schätzen, werden diese Spieler die Eagles verlassen:
- CB James Bradberry
- DB Chauncey Gardner-Johnson
- OT Andre Dillard, OG Isaac Seumalo
- DTs/EDGEs Fletcher Cox, Ndamukong Suh, Linval Joseph, Robert Quinn
- LB Kyzir White
Beim All-Pro würdigen DT Javon Hargrave bleibt abzuwarten. Hargrave war eine Granate, aber ihn in 2023 zu verlängern ist Bezahlen zum teuersten Zeitpunkt, und in Milton Williams steht der Nachfolger schon im Kader. Cox ist eine Franchise-Ikone, aber mit Mitte 30 ist er kurz vor dem Karriereende. Suh/Joseph waren reine Run-Clogger – für diese Rolle steht schon Jungspund Jordan Davis bereit. Quinn war der EDGE5 für 12 Snaps/Spiel, den sich die Eagles in der Saison billig leisten konnten.
Gardner-Johnson ist wahrscheinlich sportlich besser als Marcus Epps, aber Epps ist billiger.
Bradberrys Abgang tut sportlich weh, aber viele haben schon vergessen, wie die Eagles zu Bradberry gekommen sind: Er war ein August-Signing, weil die Giants Cap-Space sparen mussten und Bradberry von keiner guten Saison kommend ein leichtes Opfer war. Die Eagles profitierten in dem konkreten Fall von beidem: Bradberry wurde spät im Sommer verfügbar, die Eagles hatten die Cap-Space und profitierten danach obendrauf von der Defensive-Backs-Varianz.
Die beiden O-Line-Abgänge sind verschmerzbar. Dillard war eher ein Edeljoker, Seumalo zwar Starter – aber Guard. Guards lassen sich üblicherweise bezahlbar ersetzen.
Ich erwarte, dass GM Howie Roseman das „compensation game“ spielen wird. Das heißt: Für solche Leute, die nicht gecuttet werden, sondern auslaufenden Vertrag haben, können Teams Compensatory Picks erhalten. Mindestens CJGJ, Bradberry und Hargrave werden woanders teure Verträge erhalten. Wenn Roseman im Gegenzug keine Compensatory–eligible-Free-Agents verpflichtet, wird das 2024 zu einem oder gar zwei 3rd Round Picks führen.
Roseman ist der beste GM in der NFL, nicht weil er überragend scoutet oder fehlerfrei agiert. Er ist der beste, weil er das Draft-Valueing versteht, intelligent tradet und auf dem Transfermarkt sowohl Schnäppchenjagd als auch Compensatory-Game kapiert. Mit Hurts‘ teurem Vertrag wird er es nicht mehr so einfach haben wie 2022, aber die Eagles werden ein wettbewerbsfähiges Team stellen.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass Roseman keine Dummheit mit dem #10 Pick machen wird. Das wird ein EDGE oder gar ein OT als künftiger Lane Johnson, der vielleicht 2023 erstmal auf Guard starten kann.
Und dann gibt es noch die Chance, dass Hurts, obwohl er in der Superbowl bereits das beste Spiel seines bisherigen und künftigen Lebens gemacht hat, sich insgesamt sportlich noch weiter entwickelt. Auch das könnte ein bisschen von der Regression auffangen, die weniger Kadertiefe und wahrscheinlich mehr Verletzungen in 2023 unausweichlich kommen wird.
Cowboys
Die Cowboys sind eher unspannend. Sie haben die letzten Jahre meistens ziemlich gut gedraftet, aber legen oft falsche Prioritäten, was Positional-Value angeht, und haben einige unglückliche Verträge ausgestellt.
Ein Beispiel ist Runningback, wo der Zeke-Elliott-Vertrag die Handhabe auf wichtigeren Positionen limitiert. Nun hat man nicht bloß Zeke bis jetzt nicht entlassen, sondern auch noch RB Tony Pollard die Franchise-Tag gegeben. Kein Team investiert damit so hohe Summen in die Runningback-Position wie die Cowboys. Dabei wäre offensiv eigentlich etwas Receiver-Depth hinter CeeDee Lamb gefragt. WR Gallup ist Free Agent und kommt von einer schwachen/verletzungsanfälligen Saison.
Die Sache wird klar, wenn man sich die Besetzung von OffCoord anschaut: Von Kellen Moore hat man sich getrennt, weil der zu passlastig war. Dafür wurde Brian Schottenheimer geholt, der… nunja… für das Gegenteil von „passlastig“ steht.
Cap-technisch sind die Boys relativ limitiert, aber so wie Jerry Jones tickt, bin ich mir nicht sicher, ob er sich dazu durchringen kann, sich von Leuten wie LT Tyron Smith oder Zeke zu trennen. Selbst wenn man Smith behält, ist die einst gewaltige O-Line längst nicht mehr so dominant wie zu besten Zeiten. Im Gegenteil: RG Zach Martin ist ehrlicherweise der einzige echte Leitungsträger in dieser Line verblieben.
Defensiv hat man Dan Quinn als DefCoord behalten können und ist dank eines furchteinflößenden Edge-Rushes und einiger vernünftiger Defensive Backs einigermaßen gesattelt. CB Trevon Diggs könnte einen neuen Vertrag fordern, aber Vorsicht: die eh schon mit mehreren Albatross-Verträgen ausgestatteten Cowboys müssen drauf vorbereitet sein, in einem Jahr Micah Parsons einen dicken Scheck auszustellen. Parsons, als Linebacker gedraftet, hat sich zur Verblüffung aller Beobachter in den zwei Jahren in der NFL als Elite-Edge-Rusher erwiesen und ist aktuell einer der wertvollsten Verteidigungsspieler in der NFL. Es gibt Mannschaften, die unter solchen Voraussetzungen Diggs traden würden – aber so wie man die Cowboys kennengelernt hat, wird Jerrah versuchen, alle beide zu behalten.
Bestimmt wird man mit Restructions ein bisschen Platz freischaufeln. Aber ich befürchte, die Cowboys werden sich mit ihrem Runningback-Fetisch und ihrer falschen Grundeinstellung zum heutigen NFL-Football selbst im Roster-Management im Weg stehen, selbst wenn ihr guter Track-Record beim Draften aufrecht erhalten bleibt.
Giants
Ich hatte Hoffnungen für das Giants-Regime, aber mit dem Daniel-Jones-Vertrag haben sich diese zerschlagen. GM Joe Schoen steuert das Boot volle Kanone in das NFL-Mittelmaß hinein und verlangt von Headcoach Brian Daboll Wunderdinge, soll das in den nächsten Jahren ein echter Contender werden.
Jones hat einen Vertrag bekommen, der aus Team-Sicht schlimmer ist als am Mittwoch geschrieben:
Dazu Franchise-Tag für Saquon Barkley: Kein Deal-Breaker long term, aber einfach die Ressourcen an der falschen Stelle angesetzt.
Dieser Kader hat noch etliche Lücken, die sich mit den vielen Ressourcen der Giants fraglos einigermaßen stopfen lassen. Aber mit einem Jones, der in den nächsten beiden Jahren 47 Mio/Saison kassiert, ist das Potenzial a priori extrem gedeckelt, selbst wenn die Giants heuer gegen alle Wetten langfristige Lösungen auf Receiver finden, die Interior O-Line fixen und in der Secondary genug Moneten für vernünftige Cornerbacks zahlen.
Der Zug ist abgefahren. Schoen ist ein weiterer GM, der es nicht drauf hat.
Commanders
Bei „nicht drauf haben“ sind die Washington Commanders selten weit entfernt. Sie sind total im Schwebezustand.
Machen wir erst sportlich? Da scheint die wichtigste Frage zu sein, ob man die Saison echt mit QB Sam Howell durchziehen will. Der 5th Rounder aus dem letztjährigen Draft hat in einer Handvoll Snaps nicht völlig überfordert ausgeschaut, was schon besser ist als vieles andere, was die Hauptstadt an Quarterbacking über die Jahre gesehen hat.
Aber eben auch kein wesentliches Upgrade gegenüber dem mit Schimpf und Schande verscheuchten Carson Wentz oder Trump-Spezl Taylor Heinicke. Wenn nicht sogar ein Downgrade.
Die Defense in Washington ist mit ihrer Front einigermaßen stabil genug um einen „Floor“ zu bieten, der nicht in die Top-3 Picks führt – gerade, wenn Chase Young nach zwei furchtbar verletzungsgeplagten Jahren doch noch einmal zurückkommen und sein Versprechen einlösen sollte.
Aber die Offense hat keinen QB und außer einem Zufall wie einer Stafford-Freistellung bei den Rams auch keine wirkliche Idee, wie sie zu einem kommt.
Außer natürlich Mike Florio hat mit seinem Hirngespinst recht.
Und das geht so: Dan Snyder soll ja diese Franchise nach zahllosen Skandalen endlich verkaufen. Wie ernst es Snyder war oder ist, ist nicht ganz klar, aber wenn Snyder die Commanders tatsächlich an den Mann bringen will und dabei um die 7 Milliarden (!) Dollar einstreicht, dann könnte er der NFL ein nettes Abschiedsgeschenk in Form eines „unmatchbaren“ Angebots für Lamar Jackson hinterlassen.
Washington hätte seinen Franchise-QB zumindest für die paar Wochen, bevor Jacksons Knie wie einst RG3 im Horrorstadion von Landover zerfetzt werden, Snyder hätte seine Rache an der NFL und würde mit einem Batzen Geld in den Sonnenuntergang reiten – weit weg vom Scheinwerferlicht der NFL, wo seine sexistischen und rassistischen Weltanschauungen immer kritischer gesehen werden.
NFC South
Schließen wir mit der letzten Division ab. Die NFC South ist aber echt zäh und sie ist so schlecht gemanagt, dass ich eher wenig zu schreiben habe.
Buccaneers
Keep the band together hat nicht so wirklich geklappt in Tampa. Jetzt ist Tom Brady im Ruhestand, während ein noch immer passabler Kader seine Wunden leckt und sich fragt, ob es denn noch einmal zu einer Playoffqualifikation reichen kann.
Prognose: Mit Kyle Trask auf QB reicht es nicht. Aber auch die anderen kolportierten Lösungen sind eher meh. Insofern hat Tampa zwei Optionen: Radikalen Umbruch schon heuer einleiten, oder den Kern noch 1-2 Jahre zusammenhalten, einmal Playoffs mitnehmen und dann geschlossen abtreten. GM Licht und Headcoach Bowles haben ihren Superbowl-Ring gewonnen. Als Busts werden sie eh nicht mehr gelten.
Ich glaub nicht, dass sie den harten Umbruch schon heuer beginnen, aber ein paar vorausschauende Moves würden sich vielleicht schon anbieten – z.b. Chris Godwin am NFL-Basar anzubieten. 2nd oder 3rd Rounder würde der einst als Superstar gefeierte und immer noch erst 28 Jahre alte Godwin bestimmt einbringen.
Was man so hört, sollen solche Spieler wie Godwin oder Mike Evans aber eher „restructured“ werden, um Cap-compliant zu werden und das Ding in die Länge zu ziehen.
Saints
Die Saints sind irgendwo das, wohin die Bucs gerade zielen: Ein Team übern Berg, dessen Verantwortliche sich verzweifelt in ihren Positionen zu halten versuchen, in dem sie jeden gerade noch denkbaren Free Agent zu halten versuchen, indem sie eintausend Verträge zum x-ten Mal restrukturieren und eins der Paradebeispiel für den „Quarterback aus der Hölle“, Derek Carr, verpflichten.
GM Mickey Loomis gilt in Medienkreisen völlig zu Unrecht als Cap-Wizard, obwohl er nix anderes macht als jedes Jahr zahllose Millionen an Grundgehältern in Handgeld zu verwerten, um die Abschreibungen in die Zukunft zu schieben. Damit wiederholt sich alljährlich das gleiche Szenario, dass die Saints mit Dutzenden Millionen in der Miese in den Frühling gehen, um hinterher mit dicken Nippeln rauszugehen und sich auf die Schulter klopfen zu können, es mal wieder geschafft zu haben.
Dass ein halbwegs aufgeweckter Siebtklässler diese Aufgabe gelöst bekäme, wird leider verschwiegen – zu Loomis‘ Vorteil. Dass der Saints-Kader nebenher ganz schleichend ausblutet, bleibt dem Autor dieser Zeilen aber nicht verborgen.
Die wesentlichsten Free Agents dieses Jahr sind EDGE Marcus Davenport (der Mann, für den man 2018 gleich zwei 1st Rounder hinblätterte, aber das ist eine andere Geschichte), WR Jarvis Landry, DT David Onyemata, QB Andy Dalton oder CB Bradley Roby. Cut-Kandidaten für Cap-Relief sind u.a. QB Jameis Winston oder OT James Hurst (zusammen ca. 9 Mio. Ersparnis). Alles keine Weltklassespieler, aber wie schon letztes Jahr wandert einiges an Kadertiefe zur Tür hinaus, während ein Bust wie OG Andrus Peat für 18 Mio auf dem Roster sitzt, weil eine Trennung siebzehn dieser 18 Mio trotzdem anschreibt.
Wenn es gut läuft und man z.B. mit WR Michael Thomas eine Einigung findet, dann könnten die Saints dennoch die NFC South gewinnen – aber das liegt eher am Armutszeugnis, die wir dieser Division ausstellen müssen, als an der High-End Qualität der Saints.
Panthers
Die Panthers schlingern weiter richtungslos durch die NFL. Am Freitag haben sie den Trade für den #1 Pick eingefädelt, aber für einen so gesalzenen Preis, dass es schwer wird, sie sich als allzu wettbewerbsfähig für die nächsten zwei Jahre vorzustellen:
- 2 First Rounder
- 2 Second Rounder
- WR D.J. Moore
Moores Preis kann man irgendwo zwischen 1st und Early 2nd Rounder verorten – und er spielt aktuell auf einem total passablen Vertrag. Ohne ihn haben die Panthers den aktuell wohl schwächsten Receiver-Corps in der NFL.
Welcher QB auch immer kommt – der Favorit soll C.J. Stroud sein – er wird ziemlich harte Bedingungen vorfinden, unter denen sich das Rookiefenster spät oder überhaupt nicht nutzen lässt.
Immerhin: Rookie-QB ist zum Greifen. Warum also richtungslos? Nun – Carolina verzichtete vor zwei Jahren aus freien Stücken auf das Recht, einen Justin Fields zu draften, nur um zwei Jahre später einen so teuren Trade einzufädeln. Ein konsistenter Prozess ist hinter den Aktionen von GM Fitterer und Co. nicht erkennbar.
Falcons
Die Panthers haben immerhin die Aussicht auf einen QB. Das an #8 sitzende Atlanta hat keinen – und will irgendwo auch keinen. Denn nur ein Jahr, nachdem man im Wettbieten um Deshaun Watson bis fast ganz zum Schluss mit dabei war, verkündete man nun, nicht bei QB Lamar Jackson mitzubieten.
Sie hätten theoretisch ein echt geiles Offense-Personal und das Scheme von Arthur Smith und machten schon letztes Jahr eindeutig den Eindruck, viel Effizienz liegen zu lassen, weil das QB-Play von Marcus Mariota nicht entsprechend war.
Aber ohne QB ist alles Makulatur. Daher: Solange sie sich sträuben, um Jackson mitzubieten, lohnt es sich nicht weiter, sich mit Atlanta auseinanderzusetzen. Sie haben es dann einfach nicht besser verdient.
Danke für den Parforceritt durch die Divisionen