Gedanken zum Start des NFL Tampering Fensters 2023

Heute ist offizieller Start der NFL Free Agency. Das zweitägige „Tampering-Fenster“ war ziemlich lahm.

So lahm, dass der gestrige Trade von Colts-CB-Oldie Stephon Gilmore für einen 5th Rounder zu den Cowboys als „big trade“ gefeiert werden musste, um überhaupt was zum Reden zu haben.

Auffällig war der ruhige Markt auf Wide Receiver. Ein Jakobi Meyers, von vielen als möglicherweise bester vertragsloser WR gefeiert, bekam nur 11 Mio/Jahr über drei Jahre, mit nur 10 Mio. guaranteed von den Raiders – ausgerechnet den Raiders, denen Meyers mit dem Bolzen der Saison im November einen wahnsinnigen Sieg schenkte.

Wie Meyers bei den Raiders mit dem Slot-WR Hunter Renfrow nebenan reinpasst, wird sich zeigen müssen. Aktuell sieht es so aus, als ob der neue Raiders-QB Jimmy Garoppolo da einen Haufen ein feinen Route-Runnern bedienen darf: Davante Adams, Renfrow, Meyers. Der oft verletzte, aber im Formhoch grandiose TE Darren Waller wurde dagegen zu den Giants getradet… nicht ohne Nebengeräusche:

Josh McDaniels mit einem zwischenmenschlichen Bolzen? Ganz neue News!

Anyhow: Dass die Raiders Garoppolo geholt haben, da würde ich nicht zu viel reininterpretieren. JimmyG bekam drei Jahre, 48 Mio mit 33 Mio in guarantees. Das ist nicht ganz billig, aber 16 Mio/Jahr für einen einigermaßen soliden QB ist ein besserer Move als Derek Carr oder Daniel Jones. Einen Rookie-QB-Pick würde ich trotzdem nicht ausschließen.

Ebenso auffällig: Es ist ein gutes Jahr um Offensive Guard oder Defensive Tackle zu spielen.

OG Chris Lindstrom bekam von den Falcons den fettesten Guard-Vertrag ever mit 21 Mio/Saison über fünf Jahre. Der Vertrag pulverisierte den bisherigen Markt für Right Guards förmlich – bislang hatte Brandon Scherff mit 16.5 Mio/Saison den Rekord gehalten.

Lindstrom war einer von mehreren Falcons-Signings, die drauf hindeuten, dass hier ein Team auflädt um ein kurzfristiges Erfolgsfenster mit hartem Rushing-Game zu betreiben: TE Jonnu Smith kam via Trade von den Patriots. RT Kaleb McGary wurde angenehm billig verlängert (3 Jahre, 11.5 Mio/Saison).

Defensiv kamen u.a. DT David Onyemata (8 Mio/Saison) und S Jessie Bates (vier Jahre, 16 Mio/Saison).

Das klang zunächst mal alles danach, als ob hier eine ziemlich coole 22-Personnel-Heavy-Offense mit WR Drake London als Downfield-Thread aufgebaut werden könnte, und natürlich klingelt dann der unvermeidliche Name „Lamar Jackson“, aber dann wiederum haben die Falcons QB Taylor Heinicke für zwei Jahre/14 Mio geholt. Den Sinn dahinter muss mir einer erst erklären.

Weitere auffällige Moves auf Offensive Guard mit kurzen Kommentaren zu den jeweiligen Teams:

Broncos lassen Dalton Risner gehen und verpflichten dafür Ben Powers für vier Jahre/52 Mio. Das sind 13 Mio/Saison für einen Guard, der nicht besser als Durchschnitt ist. Überhaupt scheinen die Broncos committed zu hartem Laufspiel zu sein in ihrem Bestreben, Russell Wilson zu biegen.

Neben Powers kam RT Mike McGlinchey für fünf Jahre, 87.5 Mio. McGlinchey gilt als nur durchschnittlicher Pass-Protector, aber als Walze im Rushing Game. An seiner Schulter wird künftig in TE Chris Manhertz einer der letzten verbliebenen echten Blocking-TE der NFL spielen. Manhertz bekam für zwei Jahre 6 Mio.

Connor McGovern zu den Bills: Drei Jahre, 23 Mio. McGovern ist der erste der notwendigen Moves, um Buffalo etwas Toughness einzuimpfen.

Auf Defensive Tackle war natürlich der Wechsel von DT Javon Hargrave zu den 49ers der Headliner. Vier Jahre, 80 Mio. Das sind ca. 20 Mio/Saison für einen der besten Defensive Tackles der letzten beiden Jahre. Hargrave ist schon 30, weswegen die Höhe dieses Vertrags durchaus erstaunt, aber sportlich hat er über seine Karriere eine sehr gute Entwicklung genommen und sollte noch 1-2 Jahre auf gutem Niveau performen.

Aus Niners-Sicht ist der Move insofern interessant, weil sie es schaffen, einen weiteren dicken DL-Vertrag zu integrieren: Arik Armstead spielt bereits mit fettem Vertrag, und Nick Bosa wird 100%ig in Kürze einen mit mehr als 30, vielleicht 32, Mio/Saison unterschreiben. San Francisco lädt damit weiter seine Defensive Front auf im Versuch, den Verlust von DefCoord DeMeco Ryans aufzufangen.

Dieses Team mag schon jetzt in Summe das beste der NFC sein, obwohl es auf Quarterback weiter mehr Fragen als Antworten gibt.

Oder sind die Niners das jüngste Team, das in Sam Darnold „die Antwort“ sieht? Darnold unterzeichnete für ein Jahr für 4.5 Mio mit einigen Incentives on top. Das ist erstmal eindeutig Backup-Monete, aber bei Kyle Shanahan weiß man nie.

Auf jeden Fall hat der Move wenig gemacht, um an der kolportierten Liebe für Brock Purdy zu rütteln, und die Gerüchte, dass Trey Lance eventuell schon diese Offseason zum Verkauf steht, befeuert. Mögliche Abnehmer, von denen ich in den letzten Tagen gehört habe: Vikings oder Falcons.

DT Dre’Mont Jones zu den Seahawks: Drei Jahre, 51 Mio. Dazu die Rückkehr von DT Jarran Reed. Die Hawks beefen ihre zuletzt so softe D-Line auf, und bleiben damit ein spannender Player im Draft: Wird es ein Edge-Rusher oder doch ein QB?

Weitere Defensive Tackles, die schnell und nicht billig vom Board gegangen sind:

  • Dalvin Tomlinson für vier Jahre, 57 Mio zu den Browns. Cleveland hatte die schwächste Rushing-Defense der letzten Saison. Tomlinson ist ein laues Lüftchen als Passrusher, aber ein Bolzen gegen den Run.
  • DT Zach Allen zu den Broncos. Drei Jahre, 45 Mio. Allen ist ein „halber“ Defensive End, der aber oft an der Außenschulter vom DT spielt.

Der Linebacker-Markt schaut nach zwei Tagen erstaunlich hochpreisig aus. Die Bears haben z.B. Tremaine Edmunds für fette vier Jahre, 72 Mio geholt, nur kurz, nachdem sie Roquan Smith in der laufenden Saison für einen 2nd Rounder an die Ravens verkauft hatten. Der andere LB für Chicago: T.J. Edwards von den Eagles. Der Deal war vernünftiger: Drei Jahre, 19.5 Mio.

Bobby Okoreke für vier Jahre, 40 Mio zu den Giants. David Long für zwei Jahre, 11 Mio zu den Dolphins. Eric Kendricks für zwei Jahre, 13 Mio zu den Chargers.

Auf Cornerback gab es gestern noch einige gute Moves: Die Eagles behalten James Bradberry für drei Jahre, 38 Mio. Damit könnten sich die Trade-Gerüchte um Darius Slay intensivieren.

Patrick Peterson für zwei Jahre, 14 Mio zu den Steelers. Der einst beste Corner in der NFL stößt in eine Secondary, die u.a Cam Sutton verloren hat.

Jamel Dean verlängert in Tampa: Vier Jahre, 52 Mio. Die Buccs schaffen es damit ein Jahr nach Carlton Davis, den nächsten jungen Corner zu halten. Sie sind auch so ein eigentlich spannendes Team mit einem noch immer einigermaßen jungen Kern von guten Drafts um 2018 bis 2020, aber sie haben keine Lösung auf QB. Das steuert sie direkt ins Mittelmaß der NFL.

Die Lions haben zwei gute Cornerback-Moves gemacht: Sutton für drei Jahre/33 Mio und Emmanuel Moseley für ein Jahr, 6 Mio geholt. Das sind keine Superstars, aber solide Verpflichtungen für den zuletzt extrem soften CB-Room.

Einen spannenden Move auf OT haben die Chiefs gemacht: Orlando Brown gehen gelassen. Jags-OT Jawaan Taylor für vier Jahre, 80 Mio geholt. Taylor ist kein guter Run-Blocker, aber ein sehr, sehr guter Pass-Blocker, viel besser als Brown.

Taylor soll wohl von rechts nach links auf LT switchen und Mahomes an der Blindside protecten. Das kann spannend werden – und im Run-Blocking sind die Chiefs eh niedrigste Schwierigkeitsstufe, weil niemand gegen sie die Box zumacht.

Dazu Niners-EDGE Charles Omenihu für zwei Jahre, 20 Mio als Frank-Clark-Ersatz. Die Chiefs rebooten smart.

Gewinner?

Viele haben die Bears als Gewinner der ersten Tage – aber ich gebe zu bedenken, dass ein Team, das den #1 Pick verkauft und den meisten Cap-Space ever hat, einfach stinken hat. GM Ryan Poles hat guten Trade-Value bekommen, aber in einem Jahr mit starken QB-Prospects ist das keine große Leistung.

In der Free Agency LB Edmunds teuer zu bezahlen, ist auch keine große Kunst. Poles‘ bester Move war eindeutig, WR D.J. Moore in den #1 Pick Trade integriert zu haben.

Die Dolphins haben mir gefallen: CB Ramsey für relativ billige Kohle bekommen, und LB Long für das Scheme von DefCoord Vic Fangio. Miamis Rebuild ist insgesamt total schief gelaufen, aber sie haben jetzt noch ein, *vielleicht* zwei Jahre, in denen sie nochmal angreifen können, und ohne die Möglichkeit, vernünftig auf QB zu upgraden, sind die beiden Einkäufe oberstes Ende von dem, was man erwarten konnte.

Ramsey passt perfekt in das Scheme. Er mag kein Superstar mehr als Man-CB1 sein, aber mit seiner Athletik prognostizieren ihm einige einen Weg wie ein Charles Woodson in Green Bay: Slot-Rolle, oder sogar Safety-Rolle.

Lions mit den beiden CB-Signings waren auch okay.

The Elephant in the Room

So jetzt kommt’s natürlich noch: Aaron Rodgers und die Jets. Die Saga nimmt kein Ende. Rodgers spielt mit den Jets Katz und Maus und hat gestern offenbar damit begonnen, den Jets seine Bedingungen für eine Anstellung aufzudiktieren.

Die inkludieren dem Vernehmen nach:

Weil Robert Saleh und Joe Douglas beides Kasper ohne Selbstachtung sind und bei einer weiteren miesen Saison fliegen, scheinen sie Rodgers jeden Wunsch von den Lippen abzulesen, und so haben sie in ihrem verzweifelten Claim für Rodgers gestern schonmal Lazard für vier Jahre, 44 Mio und 20 Mio guarantees geholt.

Der nächste Teil der Saga steht kurz bevor: Heute 19h MEZ spricht Rodgers bei Pat McAfee:

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3 Kommentare zu “Gedanken zum Start des NFL Tampering Fensters 2023

  1. Rodgers: „Ich gebe Euch die Chance auf einen tiefen Playoff-run. Alles was ich brauche – neben ein bisschen Kleingeld als Motivation – sind folgende Spieler, die aktuell zu haben sind: … “
    Frei nach dem Motto „zuviele Köche verderben den Brei“ finde ich das Vorgehen einen Versuch wert. Rodgers versteht mMn mehr von Football als die meisten FrontOffices/GMs. Wenn der bekommt, was ihm vorschwebt, könnten wir die Jets Defense wieder tanzen sehen. 😀

  2. Ich bin froh wenn das ganze Rodgers Drama endlich vorbei ist. Seine persönliche Haltung die letzten Jahre gehen leider gar nicht mehr.
    Aber Spielerisch kommt zu seiner Peak Zeit nur Mahomes an ihn ran. Wer Lust hat mal ein paar Unfassbare Würfe von ihm anzuschauen, ein Twitteruser hat einen Thread mit Videos verfasst. Einer der Gründe warum ich vor 10 Jahren angefangen habe Football zu schauen.

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