Die Safetys im NFL-Draft 2014

Letzte Position der ausführlichen Vorschauserie auf den NFL-Draft 2014 mit den Männern der letzten Hoffnung in jeder Football-Defense, den Safetys. Safety ist eine Position, die in der heutigen NFL aber mehr bedeutet als das Aufstellen von zwei tiefen Spielern zum Tackeln des durchgebrochenen Mannes. Safety ist eine Position, die mit entsprechenden Spielern völlig neue schematisch Optionen für Defensive Coordinators bedeutet.

Klassischerweise unterscheidet man den kräftigen Strong Safety, der in Nähe der Anspiellinie postiert vor allem gegen das Laufspiel arbeiten soll, vom Free-Safety, der etwas tiefer steht und in erster Linie Aufgaben in der Passverteidigung hat. Idealerweise suchen Teams heute aber Spielertypen, die sowohl, als auch spielen können, sprich, die man für alle Arten von Aufgaben ins Feuer werfen kann.

Diese neu geforderte Flexibilität, die Anpassungsfähigkeit von Safetys an diverse schematische Kniffe sowie generell die Kreativität, mit der Freelance-Safetys spielen müssen, macht die Position nicht nur zu einer der härtesten für die Spieler, sondern auch zu einer knüppelharten für die Evaluatoren, sprich die Scouts. Es ist kein Zufall, dass viele Safety-Prospects in den letzten Jahren floppten bzw. viele ursprünglich als Cornerbacks gedachte Spieler erst auf Safety den Durchbruch schafften.

Free Safetys

Der höchst bewertete Mann im Draft 2014 ist bei vielen Experten Ha’Sean („Ha-Ha“) Clinton-Dix von der University of Alabama, der aber längst nicht in einer Klasse wie ein Earl Thomas mithalten kann. Clinton-Dix ist nicht explosiv genug um einem Thomas das Wasser zu reichen und auch sein Körperbau ist schmächtig genug, dass ihn manche Coaches erstmal in einem Steakhouse einsperren wollen.

Safetys 2014

Name                Rd
Ha Ha Clinton-Dix   1-2
Calvin Pryor        1-2
Deone Buchannon     2-3
Jimmy Ward          2-3
Lamarcus Joyner     2-3
Terrence Brooks     3-5
Ed Reynolds         3-5
Dezman Southward    3-5
Ahmad Dixon         4-7
Craig Loston        4-7
Tre Boston          4-7
Jonathan Dowling    4-7

Links

Mayocks Top-5

  1. Clinton-Dix
  2. Pryor
  3. Buchannon
  4. Ward
  5. Joyner

Clinton-Dix hat aber den Ruf, ein intelligenter, relativ fein geschliffener Verteidiger zu sein, das in der sehr profinahen Defense in Alabama viele NFL-ähnliche Spielzugdesigns gesehen hat. Er ist kein Abfangjäger im klassischen Sinne, aber schnell genug um die meisten Routen in der Pass-Deckung zu verteidigen.

Clinton-Dix gilt als relativ sicherer 1st-Rounder, weil er das kompletteste Paket ist, weil die Safety-Position wie eingangs erwähnt immer wichtiger wird, und weil die Prospects dahinter auch nicht viel mehr Sicherheit geben.

Ein Jonathan Dowling zum Beispiel gilt als viel zu schwach in der Run-Defense um ihn sofort ins kalte Wasser zu schmeißen; „Run-Defense“ ist zwar nicht des Free Safetys erste Aufgabe, aber sie muss zumindest ordentlich abgearbeitet werden. Dowling galt früher mal als großes Talent bei den Florida Gators, wurde dann aber suspendiert und verdingte sich in den letzten Jahren im kleinen College der Western Kentucky Hilltoppers in der Sunbelt Conference. Er ist gebaut wie ein Wide Receiver: Lang, dünn und rank. Die Frage ist, ob er jemals die Power entwickeln kann um zumindest durchschnittliche Runningbacks zu tackeln.

Ein Ed Reynolds von Stanford gilt als klassisches Mid-Round Prospect: Solide in fast allen Belangen, aber ohne den ganz großen Ausreißer in irgendeiner Kategorie. Ein Reynolds wird dir nie die Option geben, neue schematische Dinge einzuführen, aber er wird dir die notwendigen Tackles setzen, damit du nicht völlig schlecht schläfst.

Ein Brock Vereen gilt als Teilzeit-Safety mit eingeflanschter Cornerback-Option. Ein Terrence Brooks vom Landesmeister Florida State ist schon ein klassischer Free-Safety mit ausreichend Beweglichkeit, aber einer Spur zu wenig Physis. Ein Craig Loston von Louisiana State gilt als ähnlicher Spielertyp wie Brooks, aber mit Fragezeichen versehen: Loston soll sehr dynamisch sein, aber nie den Durchbruch geschafft haben, den man ihm schon lange prophezeihte. Schlampige Talente mag die NFL für gewöhnlich nicht.

Die Slot-Optionen

Ein Jimmy Ward von Northern Illinois zum Beispiel gilt zwar als flüssiger, schneller im Vergleich zu Clinton-Dix, aber mit nur 87kg Kampfgewicht ist Ward eine ganze Latte zu leichtgewichtig um ihm sofort eine Stammrolle zuzuschachern. Wards Langzeitperspektive könnte, glaubt man Experten, eher in einer Art Slot-Cornerback liegen. Er geht aber zuallererst mit dem Ziel, ein NFL-Safety zu werden, in den Draft.

Ein spannender Mann ist Wisconsins zotteliger Dezman Southward, bei dem man ähnlich wie bei Ward lange nicht wusste, was man mit ihm anfangen soll: Am College spielte er überwiegend einen von Aufgaben in der Laufdefense entbundenen Free-Safety, aber weil er eine Spur zu schmächtig war, durfte er in der Senior-Bowl im Jänner „nur“ Slot-Cornerback spielen, wo er überzeugen konnte. Im Verlauf des Scouting-Prozesses scheint sich Southward aber doch erstmal in seiner Bewerbungsausschreibung als Safety durchgesetzt zu haben.

Der Star unter den halben Slot-Cornerbacks ist Florida States göttlicher Free-Safety Lamarcus Joyner, der mit 1.71m wohl zu klein ist um einen klassischen Stamm-Safety zu spielen, bei dem man aber seit vielen Monaten nicht aufhört, die Vergleiche mit Tyrann Mathieu, dem Honey-Badger von den Arizona Cardinals, zu bemühen.

Auch Mathieu ging letztes Jahr als ehemaliger College-Superstar mit zu kleinem Körperbau in den Draft. Mathieu spielte eine Art Supporter-Rolle im Defensive Backfield, zwischen einem echten Safety und einem echten Cornerback. Er killte den Slot. Mathieu galt bis zu seinem Kreuzbandriss als Volltreffer, und alle von mir verfolgten Draft-Experten sehen die Vergleiche Mathieus mit Joyner als valide an. Joyner selbst sieht sich auch weniger als „Cornerback“ oder „Safety“, sondern in erster Linie als Defensive Back.

Ich liebte den College-Spieler Joyner: Ein kleines, quickes Männlein, das in jedem Spielzug so spielt als ginge es ums nackte Überleben. Joyner war immer dort, wohin sich gerade der Ball bewegte, ob via Lauf- oder Passspiel. Joyner war ein Mann, der unendliche Blitzes ausführte und minimum fünf, sechs Sacks jedes Jahr einfuhr. Er konnte gleichermaßen vorne agieren wie auch „hinten“ als Joker in der Passdeckung mithelfen.

Joyner ist nicht der allerschnellste Sprinter, er ist ein paar Zentimeter zu klein, aber er galt immer als absoluter Leadertyp und Führungsspieler in einer Seminoles-Umkleidekabine, in der es nie an künftigen NFL-Talenten mangelte. Man wird abwarten müssen, ob Joyner sich in der NFL durchsetzen kann oder ob er ein weiterer dieser ehemaligen Super-College Spieler ist, die aufgrund eines zu schmächtigen Körpers in der NFL kein Land sehen. Joyner gilt mittlerweile als relativ sicherer 2nd-Rounder.

Strong-Safetys

Calvin Pryor von Louisville spielte zwar am College viel Free-Safety, gilt aber in der NFL in erster Linie als Spieler, der tendenziell eher weiter vorne postiert sein wird um als Supporter gegen den Lauf zu agieren. Pryor ist ein kompromissloser Tackler, den es immer sofort nach vorne Richtung Ballträger zieht. Er wird auch in schwierigen Spielzügen erst aufgeben, wenn der Ballträger am Boden ist, und er ist sich auch nicht zu schade, mit der Schulter voran in einen Mann hinein zu rammen, wenn reine Tackling-Kunst nicht mehr hilft.

Pryor ist neben Clinton-Dix der einzige Safety, bei dem man mehrheitlich davon ausgeht, dass er in Runde 1 gedraftet werden wird.

Ein Deone Buchannon von Washington State gilt als ähnlicher Spielertyp wie Pryor. Buchannon ist etwas größer, schneller, beweglicher, hat mehr Erfahrung in der Rolle als tiefer Safety und mit 6 Interceptions auch ganz gute Hände als Abfangjäger, aber Buchannon ist nicht so geschliffen und hat nicht so viel Erfahrung wie Pryor. Ein Problem bei Buchannon ist sein ungestümes Tackling: Vor wenigen Jahren noch wäre er für seine big hits gefeiert worden, aber heute wirst du für manchen seiner Kopfnüsse mit Strafen belegt. Deone Buchannon kommt ein halbes Jahrzehnt zu spät.

Auch gilt Buchannon als zu langsam in der Coverage. Er gilt als besser „in traffic“ als im offenen Feld – und in der heutigen NFL siehst du oft ein offenes Feld („Spread Offense“). Man wirft im nach Tape-Studium vor, die meisten seiner Interceptions seien geschenkte Dinger der QBs gewesen. Manche glauben trotzdem, Buchannon sei ein besseres Prospect als Pryor und wird vor Pryor vom Tablett sein.

Die letzten beiden Strong-Safetys zum schnellen NFL-Aussichten sind Ahmad Dixon von Baylor und Tre Boston von UNC. Dixon gilt mit seinem bulligen Körper als halber Linebacker, aber als nicht gebräuchlich, schwierigere Routen gegen Tight Ends abzudecken. Boston ist eine schnellere, wendigere Ausgabe von Dixon, ein aggressiver Mann, den es sofort Richtung Pocket zieht, der aber aufgrund seines grünen Schnabels noch einiges Lehrgeld zahlen wird und daher kaum vor dem dritten Tag einberufen werden wird.

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Die Cornerbacks im NFL-Draft 2014

Das Defensive Backfield fehlt uns noch in der großen Draftvorschauserie 2014. Heute sind die Cornerbacks dran, die in einer immer passlastiger werdenden NFL entsprechend immer mehr an Bedeutung gewinnen. Es gibt mittlerweile auch in der NFL Mansnchaften, die fast schon standardmäßig mit fünf Defensive Backs spielen, ergo mit drei Cornerbacks und zwei Safetys. Das Wesen des Slot-Cornerbacks ist zum Beispiel fast schon eine Stammposition geworden. Zudem ziehen viele Teams in den letzten Jahren eher größere, nicht so bewegliche Cornerbacks, deren Stärke dafür das schnelle Stören des Timings an der Anspiellinie ist („press corner“) – dem Erfolg von Seattles Richard Sherman sei Dank.

Kleinere Cornerbacks müssen im Vergleich beweglicher und intelligenter spielen können. Was für fast alle Cornerbacks fast gleichermaßen gilt: Hier zählt der Speed. Cornerback ist eine der Positionen, wo du die 40yds-Sprintzeit wirklich ernst nehmen musst, denn kein Verteidiger kann es sich leisten, entlang einer tiefen Route überlaufen zu werden.

Die großen Press-Corner

Als komplettestes Paket in diesem Draft gilt Michigan States Darqueze Dennard, ein Mann, der am College sehr viel Spielzeit auf der Insel draußen nahe der Seitenlinien sah. Dennard ist ein großer, bulliger Spielertyp, der seinen Körper mit Leidenschaft einsetzt, der schnell genug ist um zu blitzen und kräftig genug um auch in der Lauf-Defense mitzuhelfen. Dennard hat alle Tools drauf, gilt aber als zu ungestümer Spieler, der in der NFL am Anfang zu viele Strafen gegen sich gepfiffen kriegt wenn er seinen Spielstil nicht ändert. Ein Problem, das bei Dennard auffällt, das aber bei Gott nicht nur „sein“ Problem ist, sondern stellvertretend für viele College-CBs steht: Er guckt oft zu lange auf seinen Gegenspieler, anstelle dem Quarterback in die Augen zu schauen. Da riskierst du, verbrannt zu werden.

Ohio States Bradley Roby gilt auch als einer der höheren Draftpicks, aber viele Scouts prügeln auf Roby ein, weil er sein großes Potenzial nicht ansatzweise zu nutzen imstande war. Roby wurde von guten, aber nicht überragenden College-Receivern wie Abbrederis aus Wisconsin richtiggehend in Grund und Boden gespielt, was bei vielen ernsthafte Fragezeichen hinterließ. Man wirft ihm vor, sich letztes Jahr zurückentwickelt zu haben und man wirft ihm mangelndes Spielverständnis vor. Roby kann durchaus schlampig mit seinen Füßen werden, aber er kann Wide Receiver an der Anspiellinie pressen und notfalls mit ihnen 40yds tief laufen. Er wird wohl spätestens in der zweiten Runde vom Tablett gehen, und nach einem oder zwei Jahren des Lehrgelds soll er eine gute Chance haben, zumindest ein grundsolider #2-Corner zu werden.

Cornerbacks 2014

Name                  Rd
Justin Gilbert        1
Darqueze Dennard      1
Jason Verrett         1-2
Kyle Fuller           1-2
Bradley Roby          2-3
Jaylen Watkins        2-3
Bashaun Breeland      2-3
Marcus Roberson       2-3
Lamarcus Joyner       2-4
Stanley Jean-Bapt.    3-5
Louchiez Purifoy      4-7
Keith McGill          4-7
Dontae Johnson        4-7
Aaron Colvin          4-7
...und viele weitere

Links

Mayocks Top-5

  1. Fuller
  2. Dennard
  3. Gilbert
  4. Roby
  5. Verrett

Kyle Fuller von Virginia Tech ist wie Roby einer, dem man noch beibringen muss, wie man sich mit sauberer Beinarbeit stets den physikalischen Vorteil (Stichwort Winkel beim Pressen) zu sichern. Fuller ist der jüngere Bruder vom Lions-Receiver Corey, und er ist wie Corey ein fantastischer Athlet, dem der letzte Feinschliff abgeht. Fuller läuft die 40yds in 4.49sek, eine sehr gute, aber nicht überragende Sprintzeit. Diese Zeit gewinn aber dann an Wert, wenn man Fullers großen, wuchtigen Körper mit in die Gleichung einbezieht. Fuller ist trotz einer guten press technique oft zu lange zu passiv an der Anspiellinie und wird zum Beginn seiner Laufbahn einige dumme Completions kassieren, aber weil er kräftig genug ist um auch gegen den Lauf zu verteidigen (wurde bei den Hokies zwischendurch als verkappter Linebacker eingesetzt), ist Fuller fast sicher zumindest ein 2nd-Rounder.

Noch größere, um die 1.90m gewachsene Corner-Bolzen, sind Stanley Jean-Baptiste von der University of Nebraska und Keith McGill von Utah. Beide sind schon reiferen Alters (Baptiste ist 24, McGill ist 25) und somit nicht mehr die jüngsten Prospects, beide gehören zu den schwereren Jungs. McGill hat eine schwierige Zeit hinter sich: Er kam als Basketballspieler über ein kleines community college überhaupt erst zu Utah, hatte dann lange Jahre mit hartnäckigen Schulterverletzungen zu beißen, die ihn zum Beispiel die komplette 2012er-Saison kosteten. McGill gilt aber als reifer Mensch und Familienvater.

McGill kriegt offiziell wenig Presse, soll aber durchaus Bieter haben, die bereit sind, einen relativ hohen Draftpick in ihn zu investieren. McGill kommt allerdings fast ausschließlich über seine Größe; er ist nicht beweglich genug um auf engstem Raum, zum Beispiel im Slot, zu operieren. Jean-Baptiste gilt mit seinem Speed und seiner besseren Beweglichkeit als besseres Prospect im Vergleich zu McGill, könnte in der zweiten oder dritten Runde gehen.

Bei diesen klassischen Press-Cornerbacks gibt es dahinter etliche Rohdiamanten, denen man keine Chance auf die hohen Runden gibt, die aber mit etwas Einlernzeit durchaus ihren Platz in der Liga finden könnten. Ein Walt Aikens von Liberty zum Beispiel ist ein Mann, der viel Erfahrung in Zonenverteidigungen hat und mit seiner angriffigen Spielweise viele Fans haben wird. Aikens‘ Problem ist seine kleine Uni. Er war früher mal bei Illinois in der obersten Ebene des College-Football, wurde dort aber rausgeschmissen, nachdem man ihn beim Computerstehlen erwischt hatte.

Ein Bashaud Breeland von Clemson ist ein ähnlicher, physischer Spieler wie ein Dennard. Breeland soll wie Dennard mit seiner zeckigen Spielweise stets am Rande einer DPI (Defensive Pass Interference) wandeln – die Strafe, die Coaches zur Weißglut treibt. Breeland ist nur 1.81m groß, soll aber mit seiner Aggressivität wie ein viel größerer Mann auf seine Gegenspieler wirken. Breeland ist ein begeisterter Gunner in den Special-Teams, der immer dort mittendrin ist wo es gleich den nächsten Bumms setzt, aber er gilt nicht als der Schnellste down the field – der Hauptgrund, wieso ihn viele erst am zweiten oder dritten Tag gedraftet haben wollen.

Bei so offensiven Cornerbacks ist man auch nie weit weg von Philip Gaines, einem Mann von der Luftfahrtuni Rice, oder von Travis Carey (Ohio University). Carey gilt als Topspieler, aber er plagt sich seit Monaten mit hartnäckigen Verletzungen und konnte seine Klasse in keinem Workout in der Offseason so richtig unter Beweis stellen.

Für den dritten Tag im Draft gelten auch Jungs wie Demetrius Goodson von Baylor, ein Mann, den Coaches laut Scouts noch formen können. Bei Goodson fallen seine flinken Beine auf: Er ist nicht in erster Linie ein Klassesprinter, dafür aber brutal beweglich – etwas, das ihn in der NFL auch in den Slot verschlagen könnte. Donte Johnson von NC State ist weniger flüssig in seiner Spielweise, aber mit 1.88m ein großer Mann, der am College gleichermaßen als Corner wie als Safety auflaufen durfte. Damit ist Johnson so ein Beispiel von value: Ist er phyisch genug um an der Anspiellinie gegen die starken Wide Receivers zu halten, stellst du ihn dorthin, weil Manndeckung die wichtigste Eigenschaft ist. Ist er darin nicht so 100%ig drauf, wird er eher einen auf Safety machen – dort kannst du mit ein bissl Freelancen überleben.

Die Off-Cornerbacks

Die Off-Technik habe ich schon im Sommer versucht zu beschreiben. Es handelt sich hierbei um eine etwas abwartendere Technik. Der Cornerback stellt sich ein paar Schritte von der Line of Scrimmage auf und liest erstmal, was die Offense so vor hat um dann schnell genug zu reagieren. Justin Gilbert von der Oklahoma State University hat am College Berichten zur Folge in sage und schreibe 77% seiner Snaps off coverage gespielt, also den Anti-Sherman. Trotzdem glauben viele, dass ein Gilbert auch richtig gut press coverage spielen kann, allein, es fehlt aktuell an richtig beweiskräftigem Material.

Gilbert gilt trotzdem als insgesamt wohl bestes CB-Paket im Draft 2014. Er ist größer und schneller als Gilbert, er ist ein besserer Ballfänger wenn es zu 50/50 Situationen, sprich: Interception-Alarm, kommen kann. Gilbert ist kein unglaublich explosiver Mann und wenn die Receiver an der Anspiellinie erst einmal quer laufen, kommt Gilbert gerne aus dem Konzept. Weil Gilbert dann gerne etwas zögert und weil er seine Fußarbeit noch nicht voll unter Kontrolle hat, wird er in seinen ersten Jahren auf kurzen Routen ordentlich auf die Fresse kriegen.

Am besten ist Gilbert, wenn der Receiver versucht, tief zu gehen: Mit 4.37sek auf 40yds ist er ein sehr flotter Mann, der jede lange Route mitlaufen kann. Er ist kein fertiger Spieler, sondern hat noch ordentlich Platz nach oben – bei vielen Experten gilt er als Favorit, als erster CB gedraftet zu werden, vielleicht an #10 von den Detroit Lions, die jede Hilfe im Defensive Backfield gebrauchen können.

Aaron Colvin von Oklahoma gilt als Allrounder, der alles spielen kann, aber am liebsten das Spiel klassisch als off corner liest. Colvin hat allerdings den Nachteil, dass er aktuell eine Kreuzbandverletzung auskurieren muss.

Und dann gibt es das Trio der Florida Gators, die gleich drei Deckungsspieler mit Ambitionen in den Draft entsenden. Florida war 2013/14 eine Katastrophe, aber es lag nur in zum Teil an der Abwehr. 2012, als man sensationell 11-2 ging, waren die folgenden Jungs neben uns schon bekannten Leuten wie DL Easley wichtige Schlüsselspieler:

  • Marcus Roberson.
  • Louichez Purifoy, der Mann mit dem klingenden Namen. Purifoy galt noch vor einem Jahr als aussichtsreiches Supertalent, aber dann kaum ein schwacher Herbst, und plötzlich sieht er wie ein zu langsamer, athletisch zu nachlässiger Spieler aus. Purifoy als Mensch gilt als schwer zu kontrollierender Charakter, der am College mehrfach suspendiert wurde und in Drogengeschichten involviert war. Purifoy, der Spieler, soll exzellentes Tape haben, aber weil das „Ceiling“ nicht so hoch sein soll wie angenommen und er eben ein Risiko-Charakter ist, könnte er ungedraftet bleiben.
  • Jalen Watkins gilt als mittlerweile bester der Florida-Jungs. Er war bezeichnenderweise bislang auch der am wenigsten bekannte. Watkins war lange Jahre ein Rollenspieler, der überall aushalf wo Not am Mann war, damit die Stars wie Purifoy oder Roberson glänzen konnten. Watkins könnte nun als lachender Dritter in den Draft gehen: Er kann Safety gleichermaßen spielen wie Manndecker, und ist schnell, explosiv und wendig genug um schlimmstenfalls eine Springerrolle oder Rolle als Nickelback einzunehmen.

Slot-Cornerback

Der prototypische Slot-Cornerback 2014 ist der Rastamann Jason Verrett von der Texas Christian University (TCU), dem viele bescheinigen, rein spielerisch der beste, reifste Cornerback in diesem Draft zu sein. Verrett hat aber genau den einen großen Nachteil, gegen den er nichts machen kann: Er ist ganze 1.72m klein und somit chancenlos auf die Rolle als Outside-CB. Was willst du mit einem spielstarken Verrett, wenn er draußen von Calvin Johnson um 30cm überragt wird?

Verrett fiel am College in der pfeilschnellen TCU-Defense immer wieder auf als Mann, der die Blitzes aus der zweiten Reihe setzte und ganze gegnerische Receiver-Trupps pulverisierte. Als Blitzer hätte ein Verrett im Slot sogar eine noch bessere Chance, Wirbel zu machen, kann er doch noch näher an der Pocket operieren. Verrett ist angriffig an der Anspiellinie und ein furchtloser Tackler gegen den Lauf. Er hat hohes Spielverständnis und macht instinktiv oft das richtige. Er ist mit 4.38sek über 40yds richtig schnell und hat die Körperbeherrschung, auch mal einen schwierigen Ball zu Boden zu schlagen oder ihn gar abzufangen und ist als ehemaliger Kickreturner dann auch flink genug um abgefangene Bälle gefährlich zurückzutragen.

Verrett gilt trotz seines extremen Größen-Nachteils als relativ sichere Kiste und dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit spätestens Anfang der zweiten Runde vom Tablett sein (eher aber in der ersten).

Die Edge-Rusher im NFL-Draft 2014

Pass Rush ist in der heutigen NFL eine unersetzliche Qualität. Pass Rush über die Mitte hatten wir schon diskutiert, aber auch Passrush von den Flanken hat heute noch ihren hohen Wert, deswegen gehören Elite-Passrusher zu den bestbezahlten Spieler in einer Footballmannschaft. Diese Jungs sind heute in der Vorstellung dran – die Edge Rusher. Sie setzen sich zusammen aus den klassischen 4-3 Defensive Ends und den 3-4 Outside Linebackern.

4-3 DE ist dabei die Position, in der man traditionell mehr mit Laufspiel zu tun hat, aber dafür weniger in die Deckung zurückfällt. Ein 3-4 OLB muss dagegen auch gewisse Qualitäten als Deckungsspieler mitbringen und wissen, wie man sich im offenen Spielfeld bewegt. Es ist aber möglicherweise übertrieben zu sagen, dass ein 4-3 DE mehr Spezialist und ein 3-4 OLB mehr Generalist ist.

Was aber nach wie vor richtig ist: Ein bockstarker 4-3 DE schafft es, eine 4-3 Defense ganz nahe an das Ausschöpfen ihres vollen Potenzials heranzubringen, und es gibt nicht so viele bockstarke Defensive Ends. Ein extrem guter 3-4 OLB dagegen ermöglicht einer 3-4 Defense, noch flexibler zu agieren als sie ohnehin schon ist.

Die Klasse von 2014

Viele bescheinigen der Klasse von 2014 sehr gutes Potenzial. Es gibt zwei Elite-Prospects, eine Handvoll sehr guter Jungs aus der zweiten Reihe, und auch die Tiefe soll da sein. Der DraftCast beschäftigte sich mit diesen Jungs ebenso wie der Film Room von Bo Wulf und Greg Cosell, und beide seien als Vertiefung wärmstens empfohlen.

Der Epische: Jadeveon Clowney

Jadeveon Clowney - Bild: Wikipedia

Jadeveon Clowney – Bild: Wikipedia

Jadeveon Clowney von der University of South Carolina gilt als größes Passrush-Talent der letzten Jahre. Clowney war schon bei seinem Auftauchen auf dem Radar der nationalen Medien, beim National Signing Day 2011, ein heftig gehypter Jungstar, der die in ihn gesetzten hohen Erwartungen prinzipiell gar nicht erfüllen konnte. Zwischen tausend überjazzten Prospects gibt es aber immer ein paar Ausnahmen, und Clowney war

Clowney gilt als einzigartige Kombination aus Körperbau (1.98m, 113kg), Explosivität, Beweglichkeit und Spielverständnis. Clowney ist ein fantastischer Passrusher mit einem Passrush-Repertoire, das über das Überpowern des Gegners hinausgeht, und dieses Passrushing allein macht ihn schon zum potenziellen Top-Pick. Clowney hat einen schwer zu schlagenden Move – den Arm über die Innenseite des Left-Tackle, aber am besten ist er dann, wenn er sich schnell eine recht gerade Bahn hin zum Quarterback verschaffen kann.

Er ist jedoch nicht auf den Pass Rush beschränkt: Clowney ist ein überaus disziplinierter Lauf-Verteidiger, der schon in jungen Jahren (er ist erst 21) die Ecken wie wenige andere Vollprofis zumachen kann und jeden Tackle im 1-vs-1 ins Backfield schieben kann.

Clowney spielte am College überwiegend den klassischen Defensive End der 4-3 Defense, wurde aber in mehreren Situationen zentraler positioniert und als Passrush-Tackle für 3rd-Downs verwendet. Für die NFL traut man ihm auch die Geschmacksrichtung 3-4 OLB zu, wobei es noch recht wenig Nachweis für seine Arbeit in der Pass-Deckung gibt – ein Job, den er als Outside Linebacker in zumindest geringen Dosen wird ausüben müssen.

Wo immer er auch spielte oder spielen wird: Fast jeder Gegner versuchte bislang, seinen GamePlan von Clowneys Spielfeldseite wegzudesignen um seiner atemberaubenden Dominanz aus dem Weg zu gehen – ein größeres Kompliment kannst du einem Spieler nicht machen. Hast du ihn in der NFL auf der Gegenseite eines zumindest brauchbaren „anderen“ Edge-Rushers, wird das Clowney nur entgegen kommen.

Clowney wurde im abgelaufenen Herbst 2013 allerdings als Enttäuschung gewertet, weil er leicht angeschlagen in mehreren Plays ein Päuschen eingelegt haben soll anstelle alle vollumfänglich durchzuziehen. Clowneys Status als klares Top-Prospect wurde angekratzt. Clowney bekam als Weichei, dem die Draft-Millionen wichtiger sind als die Teamkollegen, auf die Fresse – die übliche Posse des Draftberichterstattungsprozesses: Es braucht was zum Schreiben. Es braucht was zum Sagen. Es braucht Geschichten.

Clowney mag sich eine Spur zurückgenommen haben, aber es das wirklich dramatisch genug um das größte Talent seit Jahren abzukanzeln? Man bedenke, dass Clowney letztes Jahr mitunter geraten wurde, sein letztes Jahr auszusetzen um seine Karriere nicht mit einer überflüssigen Verletzung zu riskieren. Man bedenke, dass Clowney dann auch mit Zipperlein zu kämpfen hatte. Man bedenke, dass Clowney im eigenen Team einen Fall erlebte, in dem sich ein anderes Supertalent so vieles kaputt machte: Marcus Lattimore. Wie wahrscheinlich ist es, dass sich im Hinterkopf eine leichte mentale Bremse einstellt?

Clowney kann man wegen einiger kleiner technischer Unsauberkeiten kritisieren: Er spielt zu aufrecht und wird als Rookie ein paarmal umsonst das Gleichgewicht verlieren. Er soll sich nicht immer zu 100% an seine Assignments gehalten haben. Er verliert von Zeit zu Zeit seine Disziplin im Passrush. Aber das ist alles. In Summe ist er der dominanteste Edge-Rusher der letzten Jahre.

Es bleibt die Frage, ob er damit wirklich an #1 geht. Wir haben Montag, Draft ist am Donnerstag, und wird wissen noch immer nicht im geringsten wie sich der Lauf der Dinge in den ersten Picks entwickeln wird. Von einer Einberufung nach Houston über einen Trade für Clowney bis zu einem Fall auf #3 (nach Jacksonville?) ist scheinbar noch alles drin.

Die Kronprinzen: Khalil Mack und Anthony Barr

Der zweite Star-Passrusher im Draft ist Khalil Mack von den Buffalo Bulls aus der Mid-American Conference, der im Vergleich zu Clowney ein Spielertyp ist, der eher in erster Linie als 3-4 OLB einzustufen ist, dem man aber – trotz sehr weniger College-Snaps dort – auch eine Rolle als 4-3 DE zutraut, und dem man sogar zutraut, auch 4-3 SAM (die Rolle von Von Miller) und Middle Linebacker spielen zu können. Viel mehr Allrounder geht in der heutigen NFL fast nicht mehr, nachdem Defensive End und Midlinebacker schon sehr verschiedene Positionen sind.

Mack besticht durch sehr gute Technik in seiner Handarbeit: Er grapscht im Spiel gegen den Lauf lange genug gegen die Blocks, bis der Gegner nicht mehr will, und hat ein breites Arsenal an Passrush-Moves drauf, kann gegnerische Blocker sowohl mit Power als auch mit präzisen Handgriffen bzw. Swim-Moves aussteigen lassen.

Mack hat alle athletischen Voraussetzungen um einen exzellenten Edge-Rusher zu geben, ist allerdings mit 1.87m eine Spur kleiner gewachsen als mancher Artgenosse, was nicht zwingend ein Nachteil ist, aber was in der Defensive Line durchaus mittelfristig ein kleiner Nachteil sein könnte.

Es gibt Pundits, die einen Mack einem Clowney zumindest offiziell vorziehen wollen. Worin sich fast alle einig sind, ist der Fakt, dass Mack ein ungewöhnlich kompletter Spieler für sein Alter ist. Das ist einerseits großartig, denn so kannst du ihn schnell ins kalte Wasser werfen. Andererseits ist das bizarrerweise auch wieder ein kleiner Wettbewerbsnachteil, denn ein schon sehr weit entwickelter Mack hat nach Meinung vieler Coaches nicht mehr so viel Entwicklungspotenzial. Anyhow, Mack wird mit großer Wahrscheinlichkeit innerhalb der ersten zehn Picks vom Tablett sein.

Anthony Barr von UCLA ist ein bissl das Gegenteil von Mack: Er ist etwas athletischer, schneller, beweglicher. Als gelernter Runningback ist er auf engstem Raum explosiver als Mack, aber als gelernter Runningback ist er auch weniger gelernter Abwehrspieler als Mack. Barr hat nur zwei, drei richtig gute Passrush-Moves drauf, und er wird seine Waffen ausweiten müssen, will er sich mittelfristig zu dem kompletten Edge-Rusher entwickeln, der Mack schon heute *fast* ist.

Bei Barr las man schon häufiger, dass er zu Beginn seiner NFL-Karriere vor allem in speziellen Situationen eingewechselt werden sollte um sich an das Tempo und die Härte der NFL zu gewöhnen. Man möchte ihn nicht dann auf dem Feld haben, wenn der Gegner offensichtlich eine Power-Laufsituation im Schilde führt. Barr gilt als Erstrundenpick, aber er wird wohl erst nach Mack vom Tablett gehen.

Spielertyp: Defensive End, 4-3

Ein Dee Ford von der Auburn University sieht sich selbst als 3-4 OLB, aber glaubt man den meisten Experten, gibt das Tape diese Selbsteinschätzung Fords nicht her. Ford, ein sehr begabter Klavierspieler, ist vom Körperbau und von der Spielanlage her ein Zwitterdings, bei dem man genau aufpassen muss, wie man ihn einsetzen will. Ford spielte am College fast nur Left Defensive End mit den Händen im Boden, und er putzte aus dieser Position seine gegnerischen Tackles – die Right Tackles – mit maximal zwei richtig sauberen Moves. Wenn er schnell in den Spielzug kam, war Ford super. Kam er träge rein, wurde er gerne pulverisiert, weil er aufgrund seiner wenigen Moves eben tendenziell ein noch immer eindimensionaler Spieler ist.

Edge-Rusher 2014

Name                Rd
Jadeveon Clowney    1
Khalil Mack         1
Anthony Barr        1
Kony Ealy           1-2
Demarcus Lawrence   1-3
Kyle Van Noy        2-3
Marcus Smith        2-3
Dee Ford            2-3
Brent Urban         2-3
Jeremiah Attaochu   2-4
Scott Crichton      3-4
Kareem Martin       3-4
Jackson Jeffcoat    3-4
Trent Murphy        3-5
Adrian Hubbard      4-7
Michael Sam         4-7
Carl Bradford       4-7
Ronald Powell       4-7

Mayocks Top-5

Ends

  1. Clowney
  2. Ealy
  3. Ford
  4. Crichton
  5. Tuitt

OLB

  1. Mack
  2. Barr
  3. Shazier
  4. Lawrence
  5. Van Noy

Ford könnte trotzdem hoch gehen. Sein bestes Spiel hatte er im BCS-Finale, also der Partie, die die meiste Aufmerksamkeit erregte. Er hatte eine gute Senior Bowl. Er gilt als schneller Spieler. Aber er gilt eben zuallererst als 4-3 DE, weil man nicht weiß, wie sicher er sich im offenen Spielfeld bewegt.

Ein Scott Crichton von Oregon State ist auch ein Zwitterdings, allerdings ein im Vergleich zu Ford größeres und schwereres. Crichton gilt als Spielertyp, der sich in erster Linie über seinen unbändigen inneren Willen definiert. Als Spieler, der nie aufgibt, der immer wie ein Löwe kämpft. Crichton ist 124kg schwer und nicht wirklich pfeilschnell. Er ist nicht antrittsschnell um ein Elite-Passrusher auf der „offenen“ Spielfeldseite zu werden (also der Weakside), aber er ist möglicherweise zu leichtgewichtig um ein richtig guter Strongside-Spieler zu werden. Cosell meinte, man müsse sehr gut aufpassen wo man Crichton einzusetzen gedenkt – die sicherste Tüte sei er als 4-3 Strongside Defensive End.

Kony Ealy von den Missouri Tigers ist ein klassischer 4-3 Defensive End, der in speziellen Situationen analog einem Clowney nach innen gehen kann um als Tackle Druck zu entfachen. Viele sagen, Ealy sei nach Clowney die nächstbeste Option für ein Team, das wirklich committed ist, eine 4-3 Defense zu spielen. Ealy ist mit 1.93m sehr groß und rank gewachsen. Er dominiert Gegner an guten Tagen mit guter Technik und extrem angriffiger Spielweise. Die größten Zweifel bei ihm kommen von seiner Inkonstanz: Ealy hat nur ein wirklich gutes College-Jahr absolviert, und selbst dort tauchte er immer mal wieder ab. Es besteht aber eine gute Chance, dass er in Runde eins geht.

Spielertyp: Outside Linebacker, 3-4

Nach Mack und Barr sieht Cosell Jeremiah Attaochu von der Georgia Tech University als drittbesten „echten“ Outside Linebacker. Attaochu sei mit 118kg ein Modellathlet und schon in jungen Jahren flexibel für viele erdenkliche gegnerische Aufstellungen einsetzbar. Attaochu ist nicht der antrittsschnellste Mann unter der Sonne, aber er ist beweglich, engleitet seinem Blocker schon einmal mit einem guten Move und kann auch Laufspiel verteidigen.

Attaochu ist für Cosell auf alle Fälle ein Spieler, den er einem Dee Ford vorziehen würde. Auch Demarcus Lawrence von der Boise State University ist für ihn besser als Ford, vor allem besser als 3-4 OLB. Lawrence spielte am College ähnlich wie Ford fast nur 4-3 DE mit Händen im Boden, aber er ist athletischer als Ford, fast so gut wie Attaochu, und er ist hartnäckiger, lässt sich nicht so leicht von Blockern einschüchtern. Fast alle sind sich bei Lawrence sicher, dass er auch in der Pass-Deckung was drauf hat. Lawrence gilt als relativ sicherer 2nd-Rounder. Attaochu kommt für die meisten etwas dahinter.

Eine gute Option ist auch Marcus Smith von Louisville, ein sehr smoother Spielertyp, der recht viel in der Deckung operierte und daher wie gemacht ist für einen 3-4 OLB. Smith gilt als reif, aber nicht kraftvoll genug – sein neues Team wird erstmal einen Konditionstrainer auf ihn ansetzen müssen.

Trent Murphy von Stanford gilt nicht mehr als überragender Passrusher, aber bei ihm hat man sich dahin geeinigt, dass seine Zukunft in einer Rolle als kompletter Ergänzungsspieler zu suchen ist. Murphy kann Druck auf Quarterbacks ausüben, aber er ist nicht der ganz explosive Mann. Er kann aber gut decken, ist ein Mann, der in multiplen Rollen glänzen konnte.

Der Allrounder: Kyle Van Noy

Schließlich KVN – Kyle Van Noy – von den Brigham Young Cougars, der auffälligste Spieler in der Defense von BYU im letzten Jahr. Van Noy hatte ich immer als klassischen Inside-Linebacker auf dem Zettel, aber im Zuge der Draft-Evaluierung scheint man ihn mittlerweile eher als Edge-Rusher zu sehen, wobei: Van Noy ist nicht so richtig in ein Schema zu pressen. Er ist nicht der schnellste, nicht der explosivste, aber er hat schon viel gesehen und überall gut ausgesehen.

Van Noy trat oft aufrecht als Passrusher an der Line-of-Scrimmage an, fiel dann aber auch wieder oft in die Deckung zurück. Er weiß, wie man sich auf engstem Raum Platz verschafft und sich von Blockern löst. Er hat ein Näschen für wichtige Plays, kann diagnostizieren, wohin sich Spielzüge entwickeln. Er wird dir keine zehntausend Sacks bescheren, aber er soll extrem effektiv sein, wenn man ihn von der OLB-Rolle aus – möglicherweise auch von der Strongside aus – abstellen kann. Van Noy gilt nicht mehr als 1st-Rounder, aber ab Pick #40 hält man vieles für möglich.

Die Lichtgestalt: Michael Sam

Michael Sam - Bild: Wikipedia

Michael Sam – Bild: Wikipedia

Sportlich zu einer eher grauen Maus degradiert, ist Michael Sam von der University of Missouri (amtierender SEC-Abwehrspieler des Jahres) trotz allem einer der Stars des Draft-2014. Sam ist der Spieler, der sich im Februar als einer der ersten NFL-Spieler öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt. Was damals einen riesigen Aufschrei hervorrief, inklusive quer durch die Bank Solidaritätsbekundungen für Sam, hat sich mitterlweile ziemlich gelegt. Sams Sexualität war zumindest in den letzten Wochen kein großes mediales Thema mehr, aber du weißt, dass das Thema damit nicht vom Tisch ist. Du weißt, dass Sam die Witzeleien trotzdem aushalten wird müssen. Du weißt, dass er möglicherweise auch Anfeindungen wird aushalten müssen.

Und schließlich verdienen sich auch in den Medien zu viele Gestalten ihre Sporen, in dem sie über die toughness von diesem und jenem Spieler reden müssen, da kommt ein Michael Sam nur gerade recht. In einer idealen Welt ist Sexualität kein Auswahlkriterium für einen Job. Auf Sideline Reporter ist es ein so klein wie möglich gehaltenes Thema. Trotzdem an der Stelle noch einmal der Hinweis auf den ausführlichen Artikel von Outsports zu Sams Coming-Out: The Eagle has Landed.

Die Linebackers im NFL-Draft 2014

Die klassischen Linebacker-Positionen in der heutigen NFL sind die Inside-Linebacker in einer 3-4 Defense sowie Outisde Linebacker und Middle Linebacker in einer 4-3 Defense. Im Detail sind diese Positionen sehr vielfältig auslegbar, was schon damit beginnt, dass sich eine Defense nach Geographie (Left Side / Right Side) aufstellen lässt, oder aber sich nach der Offense richtet (Strong Side / Weak Side). All diese Details sind im Scouting nützlich, da man in der Draft-Vorbereitung schauen muss, welcher Spielertyp in welches Abwehrschema passt, aber für eine kurze Rundschau würde das den Rahmen sprengen.

Daher sei an dieser Stelle nur die von Cosell vorgeschlagene Aufteilung in die run and chase Linebackers (grob: die kleineren, wendigeren Linebacker) und die klassischeren Inside-Linebackers vorgenommen.

Die Experten sind sich einig: Keine überragende Linebacker-Klasse, aber es gibt durchaus Material, mit dem man arbeiten kann, und Spieler, die situativ sehr schnell ins kalte Wasser geworfen werden können.

Räuber und Gendarm Linebacker

Ryan Shazier ist ein extrem flinker Linebacker mit sprintartigen 40yds-Zeiten. Shazier kommt von der Ohio State University in den Draft, und obwohl er auch schon dort Linebacker spielte, gilt er prinzipiell als verkappter Safety. Er wiegt keine 105kg und wird nicht per sofort als Linebacker für alle drei Downs einsetzbar sein, sondern langsam eingelernt werden. Shazier ist der Spielertyp, der schaut wo sich was bewegt, und wenn sich was bewegt, rennt er los und reißt den Ballträger zu Boden.

So einer ist auch der FSU-Linebacker Telvin Smith, der etwas größer, noch etwas schlanker als Shazier ist, aber ansonsten ein ähnlicher Spielertyp. Smith wie Shazier sind Leute, bei denen du als Coach nicht willst, dass sie sich an der Strongside oder in der Mitte (als MLB) aufstellen um sich in 1-vs-1 gegen Offensive Guards aufzureiben, sondern du willst sie als echte 4-3 Weakside Linebacker aufstellen, damit sie Tackles en masse setzen können. Einige behaupten, ein Telvin Smith müsse noch Gewicht zulegen um für die NFL ein ernsthaftes Prospect zu werden, aber mehr Gewicht heißt halt auch weniger Speed – und wenn in einer heutigen NFL eines wichtig ist, dann ist es der Speed. Nur mit Geschwindigkeit hast du als Linebacker die Chance, ein echter three down linebacker zu werden.

Ein Weakside Linebacker ist auch Chris Borland von der University of Wisconsin, ein Mann, der keine 1,80m groß ist, aber vom Naturell her ein echter Footballer sein soll: Instinktiv, immer drauf auf den Mann, sieht schon mit dem Snap, wohin sich der Spielzug entwickeln wird. Borland ist schnell genug um einen großen Raum am Spielfeld abzudecken, aber die Frage ist, ob seine Statur nicht zu gedrückt ist für einen hohen Pick. Es gilt auch hier: Ja, hat schon sehr, sehr gute kleine Linebacker gegeben, aber du kannst die fast an einer Hand abzählen.

Prospects 2014

Name              Rd
C.J. Moseley      1
Ryan Shazier      1-2
Telvin Smith      2-3
Christian Jones   2-3
Christian Kirksey 3-4
Chris Borland     3-4
Jordan Zumwalt    3-4
Boseko Lokombo    4-7
Preston Brown     4-7
Jordan Tripp      4-7
Avery Williamson  4-

Mayocks Top-5

  1. Donald
  2. Hageman
  3. Jernigan
  4. Nix III
  5. Easley

Shazier gilt als potenzieller 1st-Rounder. Smith und Borland sind möglicherweise zweite oder dritte Runde. Alle anderen dieser flinken ‘Backer sind Material für die hinteren Runden. Ein Jordan Tripp von der kleinen University of Montana ist mit 1.90m groß und ein sehr guter Läufer, aber Tripp gilt als zu wenig physisch um dauerhaft Blocks aufnehmen zu können, und somit ist er erstmal noch eindimensionaler als die drei Erstgenannten auf die Weakside-Rolle beschränkt.

Ein Christian Kirksey von Iowa spielte am College zum Beispiel fast immer Strongside, aber in der NFL wird er das nicht machen, weil ihm die Physis abgeht. Bei einem Bosenko Lokombo von Oregon ist man sich sogar sicher, dass er nie mehr als ein role player sein wird: Lokombo ist extrem schnell, extrem wendig und kann im offenen Feld Plays machen, aber sein Körperbau gibt nicht mehr her als Einsätze für spezielle Packages; wenn Lokombo gegen die schweren Jungs angesetzt wird, wird er zerpflückt.

Die Middle Linebacker

C.J. Moseley von der University of Alabama kriegt nur wenig Presse, aber klammheimlich ist er in der Meinung vieler einschlägig bekannter Draftboards weit nach oben gerauscht und ist für Cosell sogar einer der zehn besten Prospects im kompletten Draft. Ihn macht seine Vielseitigkeit stark. Moseley ist ein kompletter Spieler, der sich in seinem letzten College-Jahr 2013 extrem gut entwickelt hat. Früher war Moseley stets eine Art Rollenspieler hinter den Alabama-Giganten wie Upshaw oder Hightower, aber als er letztes Jahr richtig viel Verantwortung reingedrückt bekam, soll Moseley es mit sensationellen Leistungen zurückgezahlt haben.

Moseley kennt alle erdenklichen Linebacker-Positionen, da er seit Jahren überall einsprang. Er ist ein extrem physischer Spieler, der keine Probleme hat, auch schwierige Blocks aufzunehmen und den dahinter laufenden Ballträger zu attackieren. Moseley ist schnell genug um viele Tightend-Routen abzudecken und aggressiv genug um schnell kompromisslos den Weg Richtung Pocket zu suchen. Er ist allerdings kein herausragender Passrusher, weswegen er möglicherweise „nur“ in der ersten Runde vom Tablett gehen wird, und nicht schon in den Top-10.

Moseley stelle ich mir als tollen 4-3 OLB vor, der bei Not auch in die Mitte wechseln kann. Eine Mannschaft, die ein klares 4-3 spielt wie zum Beispiel Detroit (draftet an #10), könnte durchaus Interesse an so einem Spieler haben und ihn ziehen, auch wenn 4-3 OLB keine Premium-Position in der heutigen NFL mehr ist.

Als ähnlich kompletter Spieler gilt Christian Jones vom Landesmeister Florida State, der wie Moseley alles spielen kann. Jones ist gebaut wie der Linebacker-Prototyp, ist schnell, kennt vom College fast alle Positionen en detail. Es gibt viel Tape, in dem Jones als eine Art klassischer Defensive End mit den Händen im Matsch spielte, was nur zeigt, dass er auch ein guter Passrusher sein kann. Jones geht allerdings die letzte Physis ab, weswegen er kaum vor der zweiten Runde vom Tablett gehen wird. In einer halbwegs funktionierenden Mannschaft soll Jones recht schnell einlernbar sein.

Shane Skov kommt von Stanford und ist wie fast alle Stanford-Abgänger der letzten Jahre in erster Linie ein physischer Spielertyp, hart, kompromisslos. Skov soll allerdings von der Spielanlage her ein ziemliches Zwitterdings sein: Für die Weakside zu langsam, für die Strongside zu wenig physisch. Skov gilt als intelligenter Spieler, und intelligente Spieler werden immer einen Platz zumindest als brauchbare Backups in der NFL finden, aber er wird eher nicht zu einem three down linebacker zu formen sein, und deswegen kaum vor dem dritten Tag (also nicht in den ersten drei Runden) einberufen werden.

Ein Jordan Zumwalt von UCLA gilt da als flexibler wie Skov, aber auch als viel unerfahrener, viel weniger fein geschliffen. Zumwalt ist ein brauchbarer, aber kein wirklich explosiver Passrusher. Avery Williamson von Kentucky gilt als komplett festgenagelt auf die Position des Middle Linebackers. Williamson ist ein Bröckerl mit guter Beweglichkeit, aber er ist nicht schnell genug um mehr zu spielen als MLB – wobei: Wenn du dort deine Aufgaben souverän erledigst und es soweit bringst, dass alle Teamkollegen wissen, welcher Spielzug durchgesagt ist, hast du immer einen Platz in der NFL.

NFL-Draft 2014 Preview: Defensive Interior Line

Die Rahmenbedinungen habe ich hoffentlich gestern Abend schon halbwegs verständlich abstecken können, deswegen lasset uns gleich mal einsteigen in die schweren Jungs ganz vorne in der Defense Line, die Jungs, die Nose Tackle, Defensive Tackle oder 3-4 Defensive End in der Defensive Line spielen sollen, also Defensive Interior.

Wie immer zuerst der Verweis auf ausführlichere und besser unterlegte Quellen: Film Room von Philadelphia-Eagles.com mit Bo Wulf und Greg Cosell, sowie der entsprechende DraftCast von DerDraft.de. Die Klasse für die Defensive Interior Line gilt nicht als eine richtig herausragende, aber die Tiefe soll gut sein. Es gibt 1-2 wirklich gute Top-Prospects, eine okaye zweite Reihe und viele Talente, denen man zutraut, in den ersten Jahren den Depth-Chart mancher Teams aufzufüllen.

Nose Tackles

Louis Nix III - Bild: Wikipedia

Louis Nix III – Bild: Wikipedia

Für gewöhnlich sind die 3-4 Nose Tackles (0-tech) das die schwersten Jungs in der Defense, und sie spielen direkt vor dem Center. Das beste Prospect für den Draft 2014 dürfte Louis Nix III von der Notre Dame University sein, mit 1.87m und 150kg das, was John Madden einst das immovable object genannt hat, den Bolzen, den du nicht so einfach verschiebst. Nix ist nicht nur ein sehr spezieller Typ, der Fans und Medien abseits des Spielfelds auf sehr sympathische Weise zu unterhalten weiß, sondern auch ein Kaliber von Spieler.

Nix ist muskulös, trägt aber auch einen recht ansehnlichen Speckgürtel mit sich durch die Gegend, hat aber sehr flinke Fußarbeit und ist auf engstem Raum ziemlich beweglich. Nix verliert zwar manchmal das Gleichgewicht, wenn er nicht sofort im Spielzug aufpasst, von wem er nun gleich wie geblockt wird, und verbringt deswegen einige Zeit damit, von allein wieder von Boden hochzukommen. Aber Nix kann, wenn er schnell in den Spielzug kommt, mit seiner Power durchaus Blocker vor sich her- und in die Pocket hineinschieben. Nicht alle sind sich einig, dass Nix ein hervorragender NFL-Spieler wird, aber weil er auch durchaus den Nose-Tackle in einer 4-3 Defense geben kann, hat er den Vorteil, von mehr als einer Handvoll Teams gedraftet werden zu können.

Daniel McCullers von den Tennessee Volunteers packt im Vergleich zu Nix noch einmal 13 Zentimeter und 10kg obenauf und ist eine wirklich Respekt einflößende Gestalt in der Mitte einer Defensive Line. McCullers hat im Vergleich zu Nix den Nachteil, ausschließlich auf die 0-tech Position limitiert zu sein und keinerlei Beitrag zum Passrush beizusteuern.

Prospects 2014

Name              Rd
Aaron Donald      1
Louis Nix III     1-2
Timmy Jernigan    1-2
Ra’Shede Hageman  1-2
Stephon Tuitt     2-3
Dominique Easley  2-3
Will Sutton       2-3
Daquan Jones      4-7
Ego Ferguson      4-7
Anthony Johnson   4-7
Daniel McCullers  4-7
Kelcy Quarles     4-7
Justin Ellis      4-7
Shamar Stephen    4-7

Mayocks Top-5

  1. Donald
  2. Hageman
  3. Jernigan
  4. Nix III
  5. Easley

Im Vergleich zu McCullers sehen einige Teams der Louisiana Tech Bulldog Justin Ellis eine Spur vorn: Ellis ist etwas kleiner, etwas „schmächtiger“ (meine Fresse, 152kg) und möglicherweise einen Tick flexibler einsetzbar. Ellis ist halt wegen seines Colleges eine Ecke unbekannter. Ein Shamar Stephen von UConn ist dagegen mehr ein McCullers, groß, massiv gebaut, aber unbeweglich wie ein Holzstock und festgenagelt auf ein Leben im Einflussbereich des Mundgeruchs des Centers.

Eher eine Art 1-tech, also 4-3 Nose Tackle, ist der wichtigste und beste Spieler des letzten BCS-Finals, Timmy Jernigan von der Florida State University. Jernigan ist nur 135kg schwer, dafür aber beweglicher als ein Nix. Jernigan ist eigentlich ein guter Techniker, zeigte aber allzu oft die Tendenz, lieber über die Power zu kommen – das geht am College noch gut, aber in der NFL kannst du keine 70 Snaps en suite versuchen, deinen Gegenspieler zu überpowern. Alle bescheinigen Jernigan, früher oder später noch wertvoller im Passrush zu werden, aber für seinen Einstieg in der Liga könnte es das beste sein, wenn er erstmal ganz innen anfängt. Deswegen könnte Jernigan wie ein Nix ein Prospect für einen risikofreudigen General Manager gegen Ende der ersten Runde sein.

Kelcy Quarless von South Carolina ist größer als Jernigan, ist sehr quick, sehr schnell. Er gilt als der Spielertyp, den du auch mal einen Zone-Blitz spielen lassen kannst, sprich, den du in die Linebacker-Zone fallen lassen kannst. Quarless ist aber noch zu ungeschliffen für einen wirklich hohen Pick, und weil sich nicht alle trauen, seinen weiteren Karriereverlauf zu prognostizieren, wird er kaum vor den mittleren Runden gehen.

Teilweise sehr gut geschliffen, teilweise wie ein Anfänger, sieht Anthony Johnson von den LSU Tigers aus. Johnson war auch so ein Spieler, über den man immer las, er sei potenziell besser als das, was auf dem Feld bei rauskommt. Selbiges sagt man auch über seinen Teamkollegen Ego Ferguson. Ego ist im Vergleich zu Anthony aber flexibler und kann auch die Position spielen, die jetzt dran ist: DT.

Defensive Tackles

Die bekanntesten Tackles in der Defensive Line sind die 4-3 Defensive Tackles. Das sind die Jungs, die nicht ganz so voluminös gebaut, aber dafür exzellente Passrusher sind. Es sind die Tackles, die über die Innenseite Druck anbieten sollen. Um dahin zu gelangen, werden die Positionskollegen nebenan meistens so schematisch aufgestellt, dass die 4-3 Tackles möglichst oft 1-vs-1 Situationen gegen einen Guard bekommen, gegen den sie zu schnell, zu wendig sind.

Als höchst Eingeschätzter seiner Art gilt dieses Jahr Aaron Donald von der University of Pittsburgh. Donald wird zwar vorgeworfen, mit 1.85m und 129kg zu leichtgewichtig für die Schützengräben zu sein, aber das hat man einigen seiner Vorgänger auch schon gesagt, und einige von ihnen wurden Superstars. Der Vergleich, den man bei Donald oft liest, ist Geno Atkins von den Bengals, der auch als zu klein gewachsenes Prospect in die Liga kam und in kürzester Zeit zum Allstar wurde.

Donald hat im Unterschied zu Atkins allerdings schon am College hohe Ehren und viele Sacks eingefahren. Er gilt als extrem wendiger, sehr schneller Tackle mit hervorragender Technik. Er wird kaum einen Spieler überpowern, aber er schlägt dem Guard mit seinen Moves einfach die Hände weg und rennt an seiner Außenschulter vorbei, hinein in die Pocket, wo er dem Quarterback auf die Eier steigen kann. Donalds Antritt, sein erster Schritt in den Schützengräben, ist sein größtes Verkaufsargument, und weil fast alle Scouts glauben, dass man diese seine Fähigkeit 1:1 auf die NFL übertragen kann, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit relativ bald in der ersten Runde gedraftet werden. Allein seine fehlenden paar Kilos halten ihn davon ab, ein sichererTop-10 Pick zu sein.

Passrush über innen wird in der heutigen NFL immer wichtiger, weil dieser Passrush den kürzesten Weg zum Quarterback hat, und weil er direkt im Gesichtsfeld der Quarterbacks operiert. Ein Edge-Rusher ist natürlich auch wichtig, aber wenn ein Tackle immer schnell mitten durchbricht, kann das das Timing der Offense noch empfindlicher stören. Deswegen gelten auch die im Vergleich zu einem Donald minderwertigen Prospects als mittlerweile aussichtsreiche Kandidaten für die höheren Picks.

Will Sutton - Bild: Casey Sapio

Will Sutton – Bild: Casey Sapio

Ein Will Sutton zum Beispiel kommt von Arizona State in die NFL, und wäre dort – hätte er sich damals zum Draft gemeldet – im letzten Jahr ein 100%iger 1st-Rounder gewesen. Sutton hat ein wildes Erscheinen und ist enorm beweglich. Sein Problem im abgelaufenen Herbst waren seine schwachen Leistungen, die aber nicht allein auf ihn selbst zurückzuführen sind, denn sein Trainerstab verlangte von ihm eine neue Rolle, weiter innen in der Line, mit mehr angefressenen Kilos am Unterleib. Das bekam Sutton alles andere als gut, und statt 13 Sacks machte er nur noch deren 4 und fiel aus der ersten Runde.

Dominique Easley von Florida hat ein anderes Problem: Er ist ein rotes Tuch mit seinen vielen Verletzungen. Kreuzbandrisse in beiden Knien musste er schon behandeln lassen. Da denken Coaches lieber zweimal drüber nach, ob solche Spieler schon Sinn machen, aber angenommen, Easley hat Glück und kommt halbwegs verletzungsfrei in sein Profileben, ist er ein fantastisch explosiver Mann, den du locker auch Defensive End spielen lassen kannst. Easley gibt immer Vollgas und ist keiner, den man verdächtigen würde, sich im Spiel immer mal wieder ein Päuschen zu gönnen. Easley wurde bei Florida in allen erdenklichen Positionen und Formationen aufgestellt und konnte überall überzeugen. Ohne Verletzungen wäre er ein sicherer 1st-Rounder gewesen. Aber selbst mit den Verletzungen im Hinterkopf wird er spätestens am zweiten Tag (also 2./3. Runde) gezogen werden.

Die Hidden-Champs

Es ist die anonymste Position jeder NFL-Verteidigung: Der 3-4 Defensive End lebt meistens zwischen Doppeldeckungen, mit der einzigen Lebensaufgabe, zwei gegnerische Blocker auf sich zu ziehen, damit seine Mitspieler mehr Raum zum Atmen kriegen. Nur die allerbesten Passrusher unter den 3-4 Ends kriegen selbst oft den Luxus, 1-vs-1 operieren zu dürfen. Ein J.J. Watt oder ein Calais Campbell schafften von dieser Position aus den Durchbruch zu Superstars. Zu meiner Anfangszeit war Richard Seymour in New England der Prototyp des 3-4 Ends, aber selbst der atemberaubende Seymour war nur deswegen bekannt, weil New England so viele Titel gewann.

Stephon Tuitt von Notre Dame ist der am besten eingeschätzte Spieler für diese Position. Tuitt ist 1.98m und 143kg, er ist wendig, er ist kräftig. Am College spielte er 3-4 End, und deswegen könnte das Er ist so gebaut, dass er nicht auf diese Position beschränkt ist, denn mit seinen Passrush-Skills kann auch bei den Profis „seine“ Position sein. Weil er ein guter Passrusher ist, könnte man ihn durchaus auch weiter innen aufstellen, um eine Art 4-3 DT zu geben.

Ein Daquan Jones von Penn State ist extrem groß und schwer und damit wie gemacht für einen 3-4 End. Jones ist ein recht ordentlicher Passrusher und könnte auch weiter innen als 3-tech (also 4-3 DT) spielen.

Ra’Shede Hageman von der University of Minnesota ist ein Mann, bei dem es sich mehr lohnt, über seine persönliche Geschichte zu schreiben. Hageman wurde als Rashede Fox in katastrophalen Verhältnissen geboren, Vater schon vor der Geburt gestorben, und die Mutter musste sich prostituieren um ihre Drogensucht zu finanzieren. Ra’Shede wurde schließlich auf dem Klo eines Puffs aufgegabelt und tingelte hernach jahrelang mit seinem kleinen Bruder durch die Pflegefamilien. Er kam schließlich bei einem weißen Juristenpärchen unter, aber alle seine Freunde und Teamkollegen waren Schwarze. Deswegen traute er sich nicht, sich öffentlich mit seinen Eltern zu zeigen, mied den Kontakt zu ihnen, begab sich auf die Suche nach seiner selbst.

Hageman war auch am College kein einfach zu bändigender Knabe. Zum Einstieg war er in Kneipenschlägereien involviert und stand mehrfach wegen unterirdischer Noten vor dem Rauswurf, bis ihn der damalige neue Coach Jerry Kill, zweifelhaft berühmt geworden durch seine epileptischen Anfälle während den Spielen, rettete und seine Karriere in ruhigere Gewässer lenkte. Trotzdem ist Hageman umweht von Fragezeichen, was seinen inneren Willen angeht. „Trainingsfaul“ ist noch eine der netteren Umschreibungen, wenn es um seine Leistungsbereitschaft geht.

Hageman ist heute ein Spieler, der vom Potenzial und vom Körperbau her in die erste Runde gehört. Mit 1.99m ist er ein Hüne, der immer wieder geniale Momente andeutet, nur um die nächsten zwei Drives komplett abzutauchen. Hageman ist menschlich wie spielerisch ein Typ, der die Green Rooms von etlichen Teams spalten wird. Die Risikofreudigen werden versucht sein, ihn so früh wie möglich zu nehmen, da sie einen möglicherweise überzeugenden Spieler bekommen. Die Scheuen werden warten wollen.

Hageman spielt am besten 3-4 End oder eine Art Passrush-Tackle. Mit seiner Beweglichkeit wird er vielseitig einsetzbar sein und mit etwas Glück einen sehr wertvollen Anker einer Defense Line geben.

Quarterbacks im NFL-Draft 2014, die Kärtchenhalter

Acht Quarterback-Talente mit erhöhtem Starter-Potenzial („Franchise-QB“) wurden auf diesem Blog bereits vorgestellt, aber es gibt noch weitere Jungs, die als Quarterbacks in den Draft 2014 gehen. Die meisten dieser verbleibenden Quarterbacks sind von der Anlage eher Leute, die sich als Backups profilieren könnten, aber auch wenn natürlich jeder amerikanische Junge Franchise-Quarterback sein möchte: Der Backup hat auch seinen Wert.

Die richtig guten Backups sind in der Regel die intelligenten Quarterbacks, denen der ganz große Wurfarm abgeht um dauerhaft alle dramatischen Würfe versuchen zu können, die aber ohne Tadel einspringen können, wenn es mal brenzlig wird, und dann nicht Seneca-Wallace like eine ganze Saison den Bach runtergehen zu lassen drohen. Die guten Backups geben im Training immer vollen Einsatz obwohl sie davon ausgehen müssen, auf Jahre hinaus den Starter nicht ersetzen zu können, und sie zeigen immer volle Unterstützung als Tafelhalter am Spielfeldrand.

Und manch einer hat sogar den Durchbruch zum Superstar geschafft. Frag nach bei Tom Brady. Wir wollen und können aber bradysche Freakgeschichten nicht prognostizieren und gehen mit dem, was wir wissen: Dass die verbleibenden QB-Typen in aller Regel eher die durchschnittliche graue Masse bilden, die sich als Nummer 2 und Nummer 3 in der NFL verdingt.

Für einen A.J. McCarron von den Alabama Crimson Tide muss sich so ein Schicksal ja fast schon schaurig anfühlen, nachdem McCarron in der erfolgreichsten College-Mannschaft der letzten Jahre gleich zwei National-Champions zu höchsten Ehren führen durfte und mit einer Schnitte von Freundin für landesweite Schlagzeilen sorgte.

McCarron spielte in Alabama die Rolle des klassischen Game-Managers: Man verlangte von ihm die lückenlose Ausführung eines limitierten Gameplans. McCarron musste nicht die ganze Latte an schwierigen Würfen abspülen, sondern konnte sich zwischen einer Ecke an super erfolgreichen Läufen hinter der besten Offensive Line im Lande damit begnügen, die eingestreuten Pässe sauber durchzuziehen. Den Rest machte die fantastische Defense.

„Game-Manager“ ist in Medienkreisen ein verpöntes Schicksal, aber nicht komplett einfach auszuführen, und McCarron hatte zugegeben auch immer mal wieder richtig gute Spiele (man denke da an die BCS-Endspielmontage von LSUs epischer 2011er-Mannschaft). Aber prinzipiell ist er mit seinem limitierten Wurfarm darauf angewiesen, dass alle Würfel für ihn richtig fallen, will A.J. eine mehrjährige Karriere als Stammspieler anpeilen.

Alle 2014er-
QB-Prospects

Name                 Rd
Teddy Bridgewater    1-2
Blake Bortles        1-2
Johnny Manziel       1-2
Derek Carr           1-2
Zach Mettenberger    1-2
Jimmy Garoppolo      2-3
Tom Savage           2-4
A.J. McCarron        3-5
Aaron Murray         3-5
Tajh Boyd            4-7
Logan Thomas         4-7
David Fales          4-7
Stephen Morris       4-7
Jeff Mathews         4-7
Dustin Vaughan       4-7

Links

Mayocks Top-5

(Update-Version)

  1. Manziel
  2. Bortles
  3. Carr
  4. Garoppolo
  5. Mettenberger
    Bridgewater

Als Spielertyp aussichtsreicher könnte da sogar sein Conference-Rivale Aaron Murray sein, der Quarterback von den Georgia Bulldogs, der in seinem Sportlerleben nichts mehr reißen muss um auf ewig in Erinnerung zu bleiben: Alles schon passiert, in einem grandiosen, wenn auch verlorenen Conference-Finale 2012. Murray gilt als besseres Prospect im Vergleich zu McCarron, aber mit 1.82m ist er einer der kleineren QBs im Draft, und er hat keinen wirklich strammen Wurfarm. Darüber hinaus ist Murray ein zu unbeweglicher Quarterback in der Pocket – und wir wissen mittlerweile, dass vor allem die kleineren QB-Anwärter besonders gute Mobilität brauchen um sich die Wurfbahnen notfalls im Alleingang frei zu schaffen.

Murray hat in dieser Offseason einen zusätzlichen Wettbewerbsnachteil, weil er sich von einem Kreuzbandriss erholen muss. In rekordverdächtigen fünf Monaten Reha schaffte er es immerhin so weit, dass er auf dem Campus schon erste Wurfübungen mit dicken Kniebändern ausführen konnte – Zeugnis seiner Kämpfernatur, aber echte Praxis konnte er nicht demonstrieren. Trotzdem gibt es den einen oder anderen Scout, der Murray möglicherweise in der dritten Runde gehen sieht: Ein innerlich getriebener Junge mit guter Technik, mit Entwicklungspotenzial, mit gestählten Nerven einer der größten und intensivsten Footballunis des Landes – zumindest zu einem sehr guten Backup könnte das bei Aaron Murray durchaus reichen.

Ein Mann, den viele noch Anfang Februar in die Top-10 des Drafts schreiben wollten, der aber mittlerweile völlig untergegangen ist: Tajh Boyd von den Clemson Tigers. Boyd fällt in eine Reihe großer College-QBs, die dann im Scouting-Prozess auseinandergenommen wurden, weil ihnen der letzte Tick an Standing, an Talent, an Feinschliff fehlt. Boyd war ein famoser College-QB. Als er in Clemson zum Stamm-QB wurde, waren die Tigers über Nacht die beste Offense der Atlantic Coast Conference, nachdem sie zuvor viele Jahre lang die schlechteste gehabt hatten. Boyd profitierte natürlich von Teamkollegen wie Sammy Watkins, Andre Ellington, DeAndre Hopkins, aber du kannst nicht leugnen, dass er ganz große Stats einfuhr.

Aber Boyd ist mit 1.85m ein eher kleiner QB, er ist nicht narrisch beweglich obwohl man bei ihm – beim Anblick eines schwarzen QBs – intuitiv an „mobil“ denken will, er hat keinen Monsterwurfarm, er ist ein relativ unpräziser Werfer auf den schwierigeren Routen. Boyd ist grauer Durchschnitt, der Typ QB, der nur dann Erfolg hat, wenn er eine 100% designte Offense spielen kann, die von großer eigener Defense schmarotzt und sich auf Fehlerminimierung beschränken kann. Viele Quarterbacks können das, und es gibt mit einem Dalton, einem Kyle Orton, einem Jason Campbell oder einem Tavaris Jackson haufenweise Beispiele, die in der NFL schon Spiele als Starter bestritten, und manche waren schon in den Playoffs. Aber in Summe ist das ganze wohl zu blass.

Wie bei Boyd könnte auch die NFL-Karriere von David Fales (San Jose State University) auf ein Leben als Backup hinauslaufen. Fales wäre ein gutes Prospect in einer Zeit, in der man mit einer reinrassigen Kurzpassoffense überleben kann, aber er hat einen sichtlich schwachen Wurfarm. Alles, was bei Fales über 15, 20yds fliegt, hängt stundenlang in der Luft und ist für NFL-Defensive Backs leichte Beute. Als klassischer Backup kommst du mit solchen Limitationen noch durch, aber um echte Franchise-Aussichten zu haben, müsste Fales gewaltig an Power hinter den Würfen zulegen, und es gibt nicht allzu viele Beispiele an wurfschwachen QBs, die plötzlich nach dem Wechsel zu den Profis einen auf Stafford machten.

Andererseits: Ein Alex Smith überlebt auch seit Jahren mit suspekten Würfen und relativ guter Präzision auf kurzen Routen. Aber Smith hatte wie auch immer den Bonus als ehemaliger #1-Pick, und später den Luxus einer fantastischen Defense.

Es gibt noch andere Quarterbacks für die späten Runden des Drafts. Ein Stephen Morris von der University of Miami/Florida ist so ein Mann, der immer wieder gutes Potenzial andeutet, aber Morris ist ein relativ immobiler Pocket-QB, der in jedem Spiel neben vier, fünf tollen Pässen viel Schrott einbaut. Ein Dustin Vonn Vaughan von der kleinen West Texas A&M University aus dem Unterhaus im College-Football wäre dagegen ein Mann mit exzellentem Arm, der aber selbst gegen laue Konkurrenz immer wieder massive Probleme gegen gegnerische Blitzes demonstrierte.

Fast alle dieser in diesem dritten Segment aufgezählten Quarterbacks werden erst ab der vierten Runde gedraftet werden, oder als ungedraftete Free-Agents in die Trainingslager gehen. Es gibt Gründe, weswegen sie im Draft durch die Boards fallen werden. In der Vergangenheit schafften trotzdem einige ihrer Artgenossen den Durchbruch (siehe Brady, siehe Romo, siehe Rich Gannon, siehe Trent Green, siehe Kurt Warner), und einige waren sogar richtig epische Spieler, aber es sind eben nur wenige. Vielleicht ist ein 2014er dabei – aber es ist völlig ausgeschlossen zu prognostizieren, wer es sein wird. Es ist der Griff in die Grube, und nur vielleicht bist du der Glückliche, der das Goldstück heraus zieht.

NFL-Draft 2014: Franchise-Quarterbacks, die zweite Garde

Im Schatten der QB-Sternchen von 2014 gibt es mindestens eine Handvoll Spielertypen, denen man im Schatten der Big-Three zutraut, sich im richtigen System mit dem richtigen Coach mittelfristig zu einem Spielmacher mit Starter-Qualitäten zu entwickeln.

Der 22jährige Familienvater Derek Carr hat sich im Schatten von Bridgewater, Bortles und Manziel zu einem heimlichen Favoriten vieler Teams hochgearbeitet. Carr kommt wie sein älterer Bruder David Carr von der Fresno State University in die NFL, aber er wird es zumindest als Prospect nicht so weit nach oben schaffen wie Dave, der 2002 vom damals neu gegründeten Team der Houston Texans als #1 overall einberufen wurde – und nach fünf wechselhaften Jahren als gescheitert galt.

Von den Anlagen kommt Derek als ähnlicher Spielertyp wie damals Dave in die Liga: Super Wurfarm, der es mit schier jedem in dieser Draftklasse aufnehmen kann, die Statur eines klassischen Franchise-QBs und auch die Mobilität, die man heute in einer NFL-Pocket braucht um zu überleben. Es gibt Momente, in denen sieht Carr einem mobilen Pocket-QB wie Rodgers in Green Bay verdammt ähnlich.

Das große Problem bei Carr ist sein College und die Conference, in der er spielte: Sie war ihm unterlegen. Carr sah am College quasi niemals Druck in seiner Pocket. Er spielte fast ausschließlich aus einer Shotgun-Offense, und er kennt den Rhythmus und das Timing einer klassischen 3 step oder 5 step oder 7 step Offense, die trotz neuer Elemente auch heute noch die NFL dominieren, nicht. Carr hat kaum mehr als eine Handvoll Snaps vom verlängerten Rücken des Centers aufgenommen. Insofern wird die NFL auf jeden Fall eine Umstellung für ihn sein.

Unabhängig davon wirst du in der NFL nicht mit 100 kurzen Screenpässen pro Spiel operieren können wie Carr am College. Dort vermied man damit auch nur leiseste Anflüge von Passrush. Die NFL gibt das nicht her, und dummerweise gab es auch in der Offseason für Carr keine ernsthafte Chance, diese Zweifel zu widerlegen.

Carr ist ein spannendes Prospect. Es gibt Teams, die ihn einem Bridgewater oder Manziel vorziehen würden. Er hat auf alle Fälle die Grundskills für einen Stamm-QB. Aber die hatte sein Bruder Dave auch, und der fiel in der NFL auseinander, weil er den Passrush nicht ertragen konnte. Es ist vielleicht unfair, Derek mit Dave gleichzusetzen oder auch nur zu vergleichen, aber du könntest viele von den Prospects als Beispiel heranziehen – als Beispiel, dass ein Leben mit Passrush eben ein diametral anderes Leben ist als eines bei Fresno State.

Ein Außenseiterkandidat darauf, in der ersten Runde vom Tablett zu gehen, ist Zach Mettenberger von der Louisiana State University. Mettenberger ist wie Carr 100%ig wie ein Franchise-QB gebaut, er hat den Wurfarm und die Statur des klassischen Pocket-Passers. Bei Mettenberger ist eher das Problem, dass er sich auch bewegt wie ein klassischer Pocket-Passer. Ihm klebt der Beton an den Füßen, was ihn limitiert in seiner Fußarbeit in der Zone, in der du in der NFL zu 90% dein Leben verbringst und in der du wenigstens mit zwei Tippelschritten dem Passrush ausweichen musst. Das macht Mettenberger eher zu einem QB-Typen, den die NFL vor 15 Jahren so heiß liebte.

Mettenberger kann von sich behaupten, dass er NFL-ähnliche Spielzüge schon am College sah. Das kommt unter anderem davon, dass einer seiner Offense Coordinators Cam Cameron war, der in der NFL in den letzten Jahren von San Diego über Miami zu Baltimore schon die Plays kreierte. Mettenberger ist nicht der präziseste Werfer unter der Sonne, aber er steht auch im Angesicht eines Defensive Ends seinen Mann und hat die Traute, notfalls bis zum letzten Moment zu warten um seinen schwierigen Pass anzubringen.

Mettenberger ist zwar schon 23, hat aber nicht die allermeiste Erfahrung, was unter anderem an einem College-Wechsel vor drei Jahren lag. Mettenberger war einst Quarterback an der University of Georgia, wo er als gehyptes Talent rausgeschmissen wurde, weil er sich zu viel und zu handfest in den Studentenkneipen von Athens herumtrieb. Er musste die Uni verlassen, aussetzen und konnte sich bei LSU auch erst im zweiten Jahr richtig als Starter etablieren. Er ist viel mehr long shot, als man meinen möchte, und er hat einen entscheidenden Nachteil für 2014: Sein Kreuzbandriss verhinderte ernsthafte Trainingseinheiten für diese Offseason.

Ein Team, das nicht sofort, sondern erst mittelfristig einen Quarterback braucht, könnte ihn ziehen und ihn ein Jahr lang ausheilen und langsam entwickeln lassen. Ist es ein mutiges Team, geht Mettenberger in der ersten Runde. Ist es kein mutiges Team, wird Mettenberger fallen, weil er nicht per Knopfdruck auf das Feld geschickt werden kann, aber er wird nicht unter die zweite Runde fallen.

Von den rohen körperlichen Anlagen ist Jimmy Garoppolo eine talentiertere Version von Carr und Mettenberger, aber Garoppolo hat ein großes Problem: Er kommt von einem sehr kleinen College. Wenn Fresno State ein kleines Footballteam hat, dann ist die Eastern Illinois University ein Winzling für die Verhältnisse im College-Football. Garoppolo spielte dort in der FCS, der zweiten Ebene des College-Sports, und er sah fast nie ernsthafte sportliche Konkurrenz. Das muss kein zwingendes Totschlagargument sein; ein Flacco kam auch aus der FCS, wurde in der ersten Runde gedraftet, entwickelte sich zu einem passablen QB und gewann sogar die Superbowl.

Garoppolo durfte am College fast ausschließlich Kurzpass- und Mitteldistanz-Offense spielen. Dort glänzte er mit traumwandlerischer Sicherheit und der Präzision eines chinesischen Küchenbeils, aber man weiß nicht, wie gut sein tiefer Ball ist. In kurzen Hosen auf dem Trainingsplatz feuert Garoppolo die Bomben millimetergenau in die Arme seiner Receiver, aber man hat es ihn nie gegen halbwegs ernst zu nehmende Konkurrenz machen sehen. Man weiß nicht, wie er auf engere Deckung seiner Anspielstationen reagieren wird.

Und man weiß nicht, was passiert, wenn er aus seiner Comfort Zone gelockt wird, wenn er plötzlich lange 3rd-Downs spielen muss, in denen der Gegner weiß, was kommen wird, und vom Quarterback trotzdem verlangt wird, dass der Pass präzise ankommt. Das macht Garoppolo zu einem Kaliber für zumindest die zweite Runde, aber aufgrund der fehlenden Erfahrung gegen gute Konkurrenz wird es fast sicher nicht mehr.

Die Wundertüte Garoppolo ist aber nix gegen den neuesten Hype-QB, den die letzten Wochen hervorgebracht haben: Tom Savage von den Pittsburgh Panthers. Ich muss gestehen, ich musste erst einmal den Namen recherchieren, als Lance Zierlein Mitte April die Hosen runterließ und via Twitter „auf Geheiß von Scouts“ Savage in seinem Mock-Draft an #33 nach Houston transferierte.

Man war nicht der einzige, der sich verwundert die Augen rieb, und es dauerte keine zwei Wochen, da war Savage von tausend Scouting-Reports zerlegt, charakterisiert und archiviert. Das Profil dieses Quarterbacks ist grotesk: Er ist ein Hüne mit waffenscheinpflichtigem Wurfarm, halbwegs beweglich um dem Passrush auszuweichen, aber mit der Fußbarbeit eines hyperaktiven 14jährigen und der Passgenauigkeit eines einarmigen alten Opas, der als Student zweimal das College wechselte, weil er Probleme hatte, sich den Starter-Job zu sichern.

Savage begann seine Karriere als vielversprechendes Talent bei Rutgers, verletzte sich aber und floh vom College, als er nach der Genesung den Posten von seinem Backup zurückholen musste – und verlor. Ging nach Arizona, wo nach einem weiteren Jahr der Run/Spread-Coach Rich Rodriguez kam – und floh. Ging nach Pittsburgh, wo er in einer NFL-ähnlichen Offense halbwegs solide aussah.

Savage bietet von fern betrachtet massiv Potenzial, aber wenn Front-Offices in der NFL eines gelernt haben sollten, dann dass jahrelange fragwürdige Wurfgenauigkeit eines College-QBs fast ohne Ausnahme in fragwürdiger Wurfgenauigkeit in der NFL endeten. Und unpräzise Werfer mit Granatenarm sind frustrierender als präzise Werfer mit schwachem Wurfarm: Letztere ersetzt du bei der ersten Gelegenheit. Mit ersteren plagst du dich jahrelang als hoffender Enttäuschter bis zu deiner Entlassung. Savage liest sich wie ein 6th-Rounder, wird aber möglicherweise tatsächlich in der zweiten oder dritten Runde vom Tablett gehen.

Es gibt noch einen ähnlichen Spielertypen: Logan Thomas von den Virginia Tech Hokies. Ich verfolge Thomas seit einigen Jahren intensiver als das übliche QB-Prospect, denn Thomas umgibt, seit er auf den Campus kam, eine ganz eigene Aura des nie eingelösten Wunderspielers: Man sagte von ihm, er sei eine jüngere Kopie von Cam Newton, und tatsächlich ist Thomas fast identisch gebaut, hat einen identisch starken Wurfarm, ist ähnlich mobil, hat ähnliche Trefferquoten… allein, Thomas schaffte nie annähernd den Durchbruch.

2012 war er eine mittlere Katastrophe mit einer Completion-Rate in Tebow-Regionen und dem Selbstvertrauen eines Gabbert, aber dann dachte sein Head Coach Frank Beamer – einer der ganz alten Schule („Beamerball“ = Football gewinnst du mit Defense und Special Teams) – überraschend doch noch um und stellte Thomas einen neuen OffCoord zur Seite. Das Auftaktspiel 2013 gegen Alabama war noch eines der grottigsten, aber mit zunehmendem Saisonverlauf soll sich Thomas immer weiter gesteigert haben.

Greg Cosell sieht in Thomas den besten Werfer der 2013er-Klasse, den mit der saubersten Wurftechnik – allein, was ist die wert, wenn dieser beste Werfer mit dem schärfsten Wurfarm immer wieder selbst einfache Drittklässlerwürfe verfehlt? Cosell sieht Thomas als reiferes QB-Prospect an als es Cameron Newton vor drei Jahren war (wir wissen, wie das endete), als einen, den ein guter Trainerstab mit Geduld vielleicht zurecht biegen kann.

Das Hauptproblem neben seinen regelmäßigen rätselhaften Würfen ins Nichts sind seine langsamen Augen. Thomas hat Probleme, das Spielfeld schnell abzuchecken und intuitiv den gleich sich öffnenden Mann zu identifizieren. Es gibt Trainerstäbe, die meinen, das ist ein Problem, das man beheben kann, aber prinzipiell wirkt ein Thomas wie ein Savage: Der Coach, der meint, dieses Talent so ohne weiteres hinbiegen zu können, könnte letztlich daran zerbrechen.

NFL-Draft 2014: Die Franchise-Quarterbacks unter dem Mikroskop

Wie fast jedes Jahr entzündet sich das meiste Feuer im Vorfeld des NFL-Drafts auch diesmal um die Leuchtturm-Position im American Football, die Quarterbacks. Wie immer ist mindestens eine Handvoll Mannschaften auf der Suche nach einem neuen Stamm-Quarterback, was für gewöhnlich ein paar knackige Szenarien schon in der ersten Runde garantiert. In diesem Jahr gilt die Klasse der Quarterbacks als eher durchwachsen, mit einer zwar breit gestreuten Gruppe an guten Talenten, aber das ganz große can’t miss prospect soll fehlen.

Wie sich das Lechzen nach Quarterbacks am nächsten Donnerstag entwickelt, wird die Dramaturgie im Draft massiv beeinflussen. Ein Sturm auf die talentiertesten Jungs in den Top-Ten ist ebenso nicht auszuschließen wie ein Szenario analog dem letzten Jahr, als alle bis auf einen aus der ersten Runde fielen.

Die Quarterback-Vorschau 2014 habe ich aufgrund der Ausführlichkeit in diesem Jahr aufgeteilt. Heute beginne ich mit dem Trio, das die meisten Schlagzeilen kassiert und sich nach landläufiger Meinung als Spitzentrio herauskristallisiert hat.

Der Komplette: Teddy Bridgewater

Teddy Bridgewater - Bild: Wikipedia

Teddy Bridgewater – Bild: Wikipedia

Hätte man vor drei Monaten nach dem favorisierten Quarterback des Drafts 2014 gefragt, die Antwort wäre fast unisono „Teddy Bridgewater“ gewesen. Bridgewater kommt als Quarterback der Louisville Cardinals aus der American Athletic Conference in die NFL. Er war dort der Stamm-QB der letzten zweieinhalb Jahre.

Sein Coming-Out vor nationalem Publikum hatte Bridgewater in der Sugar Bowl 2013, als er die Monster-Defense von Florida im Alleingang und Spielzug für Spielzug blitzsauber auseinander nahm. Er ging als Nummer-1 QB in den vergangenen Herbst und enttäuschte die Erwartungen nicht.

Bridgewater gilt als reifster, komplettester Quarterback im Draft. Er strahlt eine innere Ruhe aus, die selbst in brenzligen Situation in nicht mehr als ein paar Körperzuckungen „ausartet“. Bridgewater kriegt im Angesicht eines Blitzes keine kalten Füße, sondern schmettert den großen Einschlag mit einem leichtfüßigen Schritt ab. Er kennt die NFL-Standardoffense aus dem College, wo er überwiegend West-Coast Prinzipien sah und mit eindrucksvoller Konstanz ausführte.

Bridgewaters größtes Verkaufsargument neben seinem guten Nervenkostüm sein Wissen um die Komplexität des Spiels. Er durfte bzw. musste am College recht viel auf eigene Faust an der Anspiellinie operieren. Er bekam zwar die Spielzüge durchgesagt, aber Anpassungen aufgrund Defensiv-Aufstellungen waren ihm erlaubt. Für viele Coaches am College ist solches Vertrauen in den Quarterback unerhört. Nicht für Louisville. Und Bridgewater zahlte es mit exzellenten Vorstellungen zurück.

Bridgewater ist mobil, aber er ist kein Scrambler. Seine Stärken liegen ganz klar in der Pocket und er wartet notfalls auch bis zum letzten Moment, um einen Pass anzubringen. Er lässt sich vom Druck der Defense nicht nervös machen und beginnt beim Kollabieren der Pocket nicht auf de Passrush zu starren, sondern hält seine Augen stets bei seinen Anspielstationen im Defensive Backfield. Er ist mobil genug um sich den Platz in der Pocket zu verschaffen und er kann Rollout-Spielzüge bis ins Detail präzise ausführen.

Bis zum Saisonende war er der klare QB-Favorit 2014. Erst mit Einsetzen der Scouting-Periode ab Mitte Februar wurden die Zweifel an Bridgewaters Kandidatur lauter. Das offensichtlichste Fragezeichen ist seine Statur: Der Teddy ist mit 1.84m 1.87m kein Zwerg, aber eben auch locker sieben, acht Zentimeter kleiner als der NFL-Prototyp für seine Position. Er ist klein und schmächtig und damit ein Freak in einer Liga, die nach den 1.93m, 115kg schweren Spielmachern lechzt.

Es gibt zwar „kleine“ Quarterbacks, die sich in der NFL durchgebissen haben, aber es sind nicht viele. Brees und Russell Wilson, aber sie sind eher die Ausnahme denn die Regel. Wilson profitierte zudem von einer funktionierenden Mannschaft, die sich erlauben konnte, eine konservativere Offense mit einfachen Packages zu spielen, ein Luxus, den nicht viele Quarterbacks bekommen.

Eine Figur als Hüne hilft in der NFL mit ihren immer größer werdenden Defensive Linern natürlich ungemein. Ein groß gewachsener Spieler sieht mehr, ein groß gewachsener Spieler wird weniger Bälle schon an der Anspiellinie abgefälscht sehen. Obwohl Bridgewater mobil genug ist um sich eine freie Wurfbahn zu verschaffen, bleibt es ein Wettbewerbsnachteil.

Der zweite Knackpunkt bei Bridgewater ist sein tiefer Ball. Bridgewater hat keine Rakete von Wurfarm vom Schlage eines Matt Stafford, aber sein Arm gilt als gut genug um die meisten Pässe sauber zu werfen – bis auf den einen: Den tiefen eben. Bridgewaters tiefe Pässe sind nicht nur unpräzise; sie verlieren nach 30, 40 Yards an Power und hängen merkwürdig kraftlos in der Luft. Ein fehlender tiefer Ball wird dich in der NFL immer verfolgen, weil dir eine der wichtigsten Dimensionen abgeht, und versuchst du es trotzdem, ist jedesmal Gefahr durch Abfangjäger gegeben.

Der Teddy hätte viele dieser Zweifel mit gewaltigen Offseason-Workouts widerlegen können, manövrierte sich dann aber mit schwachen Trainingseinheiten noch weiter in eine Ecke, in der er momentan von der Öffentlichkeit festgenagelt ist: So wirkt Bridgewater mit jeder Woche, die dieser Scouting-Prozess dauert, mehr wie ein zu klein geratener, einen Tick zu blasser Typ mit zu schwachem Arm aus, der auch nicht so unglaublich präzise ist wie ursprünglich angenommen.

Bridgewater, der Mensch, ist als Typ unangreifbar. Er hat sich nie auch nur Kleinigkeiten zu Schulden kommen lassen, sondern galt stets als Führungsspieler und Teamkollege der ersten Kategorie. So wirkt der ganze Blues um Bridgewater noch immer wie ein kleines bisschen wie das alljährliche Spielchen, in denen sich Scouts an ein, zwei Flauseln aufhängen und einen Spieler weiter zerreden als es notwendig ist. Warum fällt Bridgewaters schmächtiges Äußeres erst in der Combine wie Schuppen von den Augen? Wie kann ein einziger schlechter Pro-Day fast drei Jahre einwandfreies Videobeweismaterial vernichten?

Die Stelle, an der Bridgewater nächsten Donnerstag vom Tablett gehen wird, wird finales Zeugnis einer wilden Scouting-Periode sein. Sollte die sicherste Tüte im Draft tatsächlich aus der ersten Runde fallen, wäre das nichts anderes als eine riesige Sensation.

Der Aufsteiger: Blake Bortles

Blake Bortles kommt von der University of Central Florida und ist quasi Phoenix aus der Asche. Er ist der Anti-Teddy. Er war viele Jahre lang nahezu unbekannt, bis er mit einer bärenstarken Performance in der Fiesta-Bowl am Neujahrstag 2014 auf dem Radar der Meute erschien – und seither trotz vieler Unkenrufe nicht wieder verschwand.

Bortles ist ein Hüne mit Zahnpastalächeln, 1.95m groß und 120 kg schwer und damit genau die Statur von Mann, die Konkurrent Teddy abgeht. Bortles ist dabei kein unbeweglicher Zeitgenosse vom Schlage eines Byron Leftwich, sondern ein durchaus mobiler Mann, den man als besseren Scrambler im Vergleich zu Teddy Bridgewater bezeichnen könnte.

Bortles orchestrierte bei UCF eine mit dem read-option Angriff sehr nahe verwandte Offense mit dem Ziel, dem Quarterback möglichst saubere Wurfbahnen zu verschaffen. Rollouts und kurze Scrambles gehörten zu dieser Offense wie Erbsen zum Speck. Bortles erledigte diesen Teil seiner Arbeit ganz zufriedenstellend, aber ist er ein Franchise-QB?

Anfangs dachte ich, oh, Bortles ist ganz praktisch, da er der Journallie einen letztlich chancenlosen Gegenspieler für Bridgewater anbiete. Dann dachte ich, oh, seine Freundin eignet sich für den Boulevard. Dann dachte ich, warum ist er noch immer ein Mitfavorit. Und dann, wie zum Teufel konnte er Bridgewater in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit schier überholen?

Bortles‘ hat genau einmeterfünfundneunzig Vorteile gegenüber einem Bridgewater. Körpergröße ist kein Vorteil, den man negieren sollte, aber man ist versucht, ihn immer und immer wieder zu unterstreichen, wenn es der einzige Vorteil ist.

Denn: Bortles‘ Wurftechnik ist am Arsch. Er wirft die Bälle nicht, er stößt sie so merkwürdig, dass spätestens die längeren Würfe nach 20yds saftlos zu Boden fallen. Mit Passrush im Gesicht bricht Bortles auseinander und wirft viele Pässe praktisch im Rückwärtsfallen. Die Technik ist wohl selbst mit gutem Coaching nicht mehr von Grund auf zu verändern, aber zumindest eine Verbesserung sollte noch drin sein.

Diese Wurfbewegung und seine unkonstanten Leistungen sind die größten Killer bei Bortles, und so bleibt die Frage, wie ein Mann, der nur körperlich einen kleinen Vorteil besitzt, in der öffentlichen Wahrnehmung tatsächlich an einem Bridgewater gefühlt vorbeiziehen kann. Keine drei Jahre nach Gabbert gilt schon wieder ein Mann mit nur wenig Spielerfahrung und suspektem Spielverständnis, mit kaum behebbaren technischen Mängeln und nach nur zwei, drei Heldenspielen als möglicher Top-Quarterback Pick im Draft.

Der Anarch: Johnny Manziel

Johnny Manziel - Bild: Wikipedia

Johnny Manziel – Bild: Wikipedia

Johnny Manziel war der größte Star des College-Football, seit ich selbigen verfolge. Er stellte Tebow in den Schatten und er stellte RG3 in den Schatten. Johnny Football war zwei Jahre lang Quarterback der Texas A&M Aggies, und eigentlich war er mehr als ein Quarterback. Er war die Offense der Aggies, Spielmacher, Playmaker, Zirkuskünstler, Herz, Seele und Lunge einer der besten Offenses des Landes. Er brachte in der defensivstarken Southeastern Conference (SEC) selbst die per Trademark geschützte beste Defense des Landes, Alabama mit Coach Nick Saban, an den Rand der Selbstaufgabe.

Johnny Manziel ist auch mehr als ein Footballspieler. Er ist ein Popstar, dessen Possen Futter für die Yellow-Press von Texas bis New York waren. Er ließ keine Fettnäpfchen aus, von Saufgelagen im Trainingslager über Studentenfeten im Haus des größten Rivalen hin zu zweideutigen Twitter-Publikationen war alles dabei, was ein normaler Mensch sich nicht erlauben sollte, aber Manziel verzieh man alles, ja mehr, man hoffte auf den nächsten… Ausrutscher kann man es nicht nennen… Egotrip dieses Jungen aus reichem Haus.

Manziel ist ein Anarch auf wie neben dem Feld. Er hat durchaus den Arm für das tiefe Spiel, wenn auch seine Wurfbewegung nicht die konventionellste ist. Er ist mit seinen 1.85m 1.90m zirka 1.80m und 95kg nur unwesentlich größer sogar etwas kleiner als ein Bridgewater, aber während dies bei ersterem zum Problem der Nation gestylt wird, schert sich bei Johnny Football kein Mensch um solche Nebensächlichkeiten.

Mit Manziel ist alles möglich. Er hat kein Gefühl für die Pocket, kein Gefühl für Timing, Präzision im Spielzugablauf, also ziemlich genau kein Gefühl für irgendetwas, das einen klassischen NFL-Quarterback erfolgreich macht. Seine absolute Stärke ist das Improvisieren, das Schaffen von sensationellen Highlight-Plays aus dem Gar Nichts, das Entzaubern von disziplinierten Abwehrbollwerken. Manziel ist am besten, wenn das Skript in sich zusammenfällt und er von der Leine gelassen wird.

Er ist ein Messi in einem Sport, der ansonsten versucht, seinen Akteuren jegliche Kreativität soweit es geht auszutreiben. Sein Paradespielzug ist die Pirouette mit dem Defensive End in der Fresse, nein, dem Defensive End ins Leere greifend, die Drehung und der Wurf downfield. Manziel ist kein Quarterback, er ist Playmaker. Er fühlt sich überall auf dem Spielfeld wohl, nur nicht in einer unbedrängten Pocket.

Es ist schwer, sich der Magie von Manziels Footballverständnis zu entziehen, aber die Frage ist wie sich dieses mit der NFL verheiraten lässt. Er wäre der erste Quarterback seit Äonen, der nicht primär von seiner Arbeit in der Pocket lebt. Er ist kein Timing-Spieler. Manziel ist das, was Scouts see it, throw it-Spieler nennen: Der Ball wird dann geworfen, wenn der Receiver offen ist. Antizipation als Fremdwort. Aber genau diese Antizipation ist das, was die heutigen QB-Superstars in der NFL ausmacht – für gewöhnlich.

Manziel ist aber nicht „gewöhnlich“. Kein Team, das sich nicht zumindest in Ansätzen an Manziels Spielweise anpassen will, darf ihn draften. Eine sehr klare Vorstellung, was du mit ihm anfangen willst, ist von Nöten. Du musst ihm eine Spread-Offense geben, die Manziel von der Leine lässt. Eine Einengung seiner Skills á la Michael Vick in Atlanta ist mit Johnny Football ein No Go.

Manziel wird von Mike Mayock als bester Quarterback 2014 gelistet. In der landläufigen Meinung ist er das dark horse unter den Spitzen-QBs. Er ist der Spieler, der vor erst vier, fünf Jahren vermutlich niemals auch nur in der Diskussion für die erste Runde gewesen wäre, aber in einem Jahr 2014, in dem read-option, Spread-Offense und experimentelle Offense mindestens genauso Regel wie Ausnahme sind, wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Platz für Manziel in der ersten Runde finden.

Die Frage ist: Wer zieht ihn? Wer zieht sie alle, Bridgewater, Bortles und Manzielwer und wann?

Die große Klasse der Wide Receiver im NFL-Draft 2014

Wide Receiver ist eine ungebremst gefragte Position in der NFL, im Jahre 2014 vielleicht mehr denn je. Das überrascht nicht, wenn man sich die Entwicklung der Liga in den letzten Jahren ansieht: Immer mehr Passspielzüge mit immer mehr Ballempfängern in der Aufstellung verlangen nach immer mehr Spielern.

Wide Receivers sind die Jungs, deren primäre Aufgabe es ist, den Ball zu fangen und danach Yards zu machen. Es ist aber eine kompliziertere Position als bloß zu laufen und das Ei runterzupflücken: Die Jungs müssen genaue und präzise designte Routen teilweise im Vollsprint laufen können, sich aus hautenger Deckung befreien und dann häufig nicht einfach geworfene Bälle fangen. Der „Catch“ verlangt dabei extrem sichere Fanghände und ist nur die Ernte; die richtige Arbeit war schon vorher. Deswegen ist bei Receivern wichtig zu schauen, ob sie überhaupt flink oder stark genug sind um einer Deckung zu entfleuchen oder sich physisch gegen einen Cornerback durchzusetzen. Wichtigste „Nebenaufgabe“ ist Physis, für das Laufspiel zu blocken.

Es gibt eine Vielzahl an Receiver-Typen: Den Wideout, der idealerweise an die 1,95m groß und sprungstark ist oder den Slot-WR, der häufig kleiner gewachsen, dafür extrem flink ist, um von Linebackers nicht verfolgt zu werden, aber es gibt auf die Slot-Bolzen der Güteklasse Boldin oder Colston, die in der Spielfeldmitte vor allem mit Physis operieren.

Receiver können Typus speedster (Hauptsache gradeaus laufen klappt) oder Typus possession receiver (wichtig ist nicht die Geschwindigkeit, sondern den Ball auf Mitteldistanzen in enger Deckung fangen zu können) sein. Viele Wege führen zum Ziel, aber am Ende finden trotzdem längst nicht alle Bälle ihr Ziel. Wide Receiver ist eine der schwierigsten Positionen geworden.

Die Große Klasse von 2014

Die Klasse von 2014 gilt als so tief besetzt, dass es historische Ausmaße annimmt. Es gibt mehr als eine Handvoll Receiver, die in der ersten Runde vom Tablett gehen könnten, und dahinter schwärmt man von unzähligen Receivern, die in anderen Jahren 1st-Rounder wären, aber heuer nur in den mittleren Runden gehen werden. Es sind so viele, dass Philadelphia-Eagles‘ Film Room gleich zwei Segmente zu den Receivern geschnitten hat: Die Topstars und die Day 2/Day 3 Prospects.

Der Draft spendierte den Receivern auch schon ein langes Segment: Draftcast zu den WR.

Der Superstar

Sammy Watkins - © Parker Anderson

Sammy Watkins – © Parker Anderson

Man sagt, es gibt drei Dinge, die notwendig sind um Manndeckung in der NFL zu schlagen: Größe, Geschwindigkeit und Präzision im Routenlaufen. Sammy Watkins von der Clemson University ist mit 1,84m zwar nicht wirklich „groß“, aber alle anderen Facetten in seinem Spiel sind so ausgereift, dass er als unumstrittener Top-WR in diesem Mega-Draft gilt. Watkins wird von den meisten Experten auf einer Stufe mit einem A.J. Green gesehen, der vor drei Jahren an #4 gedraftet wurde uns sich quasi über Nacht zu einem Elite-Spieler entwickelte.

Watkins ist noch keine 21 und schon ein nahezu komplettes Paket: Er hat die Power um Linebacker und Safetys abprallen zu lassen, er ist schnell und sprungstark genug um Cornerbacks auf und davon zu laufen, er kann blocken, er hat sensationelle Fanghände und die Koordination, auch die ganz schwierigen Catches zu machen.

Beim Studium der Clemson-Aufzeichnungen fällt auf, wie wichtig Watkins für den oft unpräzisen Tadj Boyd ist, wie oft er auf engstem Raum Adjustments macht um einen überworfenen Ball noch unter Kontrolle zu bekommen. Watkins kann im vollen Lauf die Bälle fangen und hernach noch einmal den Nachbrenner zünden um durchzulaufen. Watkins läuft saubere Routen und getraut sich, in die dicht bemannten Zonen zu gehen um auch die schwierigen Dinger runterzupflücken.

Schon vor drei Jahren sprach halb Amerika über seine Vorzüge, als er – damals Freshman – frisch aus der Highschool kommend sofort ein Anwärter auf die Heisman-Trophy war. In seinem zweiten Jahr hatte Watkins Probleme mit der Justiz, als er wegen illegalem Drogenbesitz suspendiert wurde, aber er konnte die Zeit hinter sich lassen, kam im abgelaufenen Herbst stärker denn je zurück und pulverisierte ganze Abwehrreihen im Alleingang.

Auf der anderen Seite wird Watkins in der NFL nicht nahezu die Hälfte seiner Pässe in Form von bubble screens annehmen können und dann haufenweise Yards nach dem Catch generieren. Er wird häufiger in die schwierigen Routen geschickt werden und man wird von ihm verlangen, regelmäßig Manndeckung zu schlagen. Da bleibt aufgrund seiner vergleichsweise eher geringen Körpergröße die Frage, wie hoch seine Leistungsdecke („Ceiling“) sein kann.

Auf alle Fälle ist er ein spannender Spieler, der richtungsweisend für kommende Receiver-Generation sein kann.

Die Hünen

Größe, Geschwindigkeit und Präzision sind die drei primären Eigenschaften. Beginnen wir mit den Hünen, den Receiver-Anwärtern über 1.90m. Der weiße WR Mike Evans von der Texas A&M University ist mit seinen 1.96m und 102kg der am höchsten eingestufte dieser großen Ballfänger. Evans wird wegen seiner Hautfarbe gerne unterschätzt, aber er ist schon ein sehr guter Athlet. Evans kennt eine Menge vertikaler Routen (tiefes Spiel), aber ist noch eher ungeschliffen auf den kurzen Dingern.

Evans ist ein guter Springer, der in Kombination mit seiner Körpergröße auch sehr, sehr hoch eingespielt werden kann. Er ist schnell, aber kein Weltklassesprinter (4.53sek über 40yds). Er ist nicht so physisch wie Watkins im Zweikampf, aber ein sehr, sehr guter Vorblocker. Problematisch an Evans ist sein hitziges Gemüt, das in nur zwei Jahren am College mehrfach zu Schubserein und dummen Penaltys führte – etwas, was man in der NFL hasst wie die Pest. Evans ist in Summe aber vermutlich nach Watkins der zweite Receiver, der gedraftet werden wird.

Auch Kelvin Benjamin, der BCS-Matchwinner der Florida State Seminoles, definiert sich vor allem über seine 1.95m und für seine schlaksige Statur überraschen mich seine 110kg Kampfgewicht doch etwas. Benjamin ist vielleicht noch quicker als Evans, noch dynamischer, aber er war am College auch viel volatiler, hatte neben seinen lichten Momenten auch immer wieder ganze Spielabschnitte, in denen er abtauchte. Benjamin hat noch kein ganzes, konstant gutes Jahr als Footballer vorzuweisen und das wird ihn eher runterziehen in die zweite Runde. Aber klar: Groß, kampfstark – das ist eine wichtige Voraussetzung um NFL-Manndeckungen zu schlagen, und die hat Benjamin.

Ein ganz heißer Name in den letzten Wochen war der von Cody Latimer, ein bis dato nahezu unbekannter Mann. Latimer ist ein groß gewachsener, enorm kräftiger Spielertyp, aber er spielte bei den Indiana Hoosiers, die kaum nationale Presse im Football kriegen, und er war bei der Combine verletzt. Er versuchte sich dann noch immer noch 100%ig fit an seinem Pro-Day und fuhr sensationelle Werte ein.

Latimer ist ein Spieler, der erst fünf Jahre Footballerfahrung hat. Er ist noch ein sehr ungeschliffener Routenläufer und vertraut bisweilen zu stark auf seine Sprungkraft und seine Power um der Deckung des Cornerbacks zu entkommen. Er begeht noch technische Fehler wie Tippelschritte, die ihm ein hartnäckiger Positionscoach erst ausmerzen muss. Auf das Habenseite stehen bei Latimer aber neben seinen körperlichen Grundvoraussetzungen auf phänomenale Fähigkeiten als Blocker. Latimer könnte in der ersten Runde gehen. Er wird kein extrem hoher Pick sein, weil er dafür noch zu viele technische Mängel hat, aber zwischen 25 und 45 könnte er tatsächlich einberufen werden.

Devonte Adams von Fresno State ist auch so ein Typ für die mittleren Runden, kein wirklich pfeilschneller Mann, aber einer mit extrem sicheren Fanghänden. Adams ist dann am besten, wenn er den Ball in den Händen hat. Er ist ein exzellentes Prospect für eine Offense, die gerne mit kürzeren Pässen und Bubble-Screens operiert, denn dann kann Adams im Lauf nach dem Catch seinen Körper einsetzen.

Allen Robinson von Penn State gilt als noch geschmeidiger im Vergleich zu Adams. Robinson ist ein Spezialist für die ganz spektakulären Plays, hat ein extrem eindrucksvolles Highlight-Tape vorzuweisen. Cosell betonte mehrfach, dass er Robinson für einen Spieler mit viel Upside hält.

Martavius Bryant ist der Teamkollege von Sammy Watkins bei Clemson, mit 1.94m und 215 Pfund eine furchteinflößende Gestalt. Bryant gilt als noch sehr ungeschliffen in seiner Technik und als etwas grobmotorisch in seinen Bewegungen, aber er ist schnell und deshalb für risikofreudige Trainerstäbe sicher einen mittleren Draftpick wert.

Mississippis Donte Moncrief ist unter 1.90m, aber sprungstark und von seiner Spielanlage ein intelligenter Mann, von dem ein Greg Cosell immer wieder schwärmte.

Jordan Matthews von Vanderbilt ist ein sehr bekannter Name, weil er in der SEC spielte und Vanderbilt in den letzten Jahren viel und gute Presse bekam. Matthews hat eine hohe Zahl an Catches über die letzten Jahre vorzuzeigen, aber bei genauem Hinsehen kamen diese überwiegend durch kurzes Screenpass-Spiel zustande. Manndeckung bekam Matthews selten gut; er wurde gar von drittklassigen Cornerbacks pulverisiert. Einige sehen in ihm wegen seiner einsneunzig trotzdem guten Value als Draftpick, aber man muss bei solchen Spielern durchaus vorsichtig sein.

Ein Kevin Norwood von den Alabama Crimson Tide bewies immer wieder sagenhafte Sprungkraft und sehr sichere Hände, aber er ist vielleicht den Tick zu langsam. Cosell wunderte sich oft, weswegen Norwood kaum Presse kriegt. Norwood sei ein smarter Spieler, der in der NFL ein langes Leben als Slot-Bolzen á la Boldin führen könne.

Brandon Coleman von Rutgers ist mit 1.98m vermutlich der größte der 2014er-WRs im Draft. Coleman ist aber nach einem sehr schwachen Herbst 2013 mittlerweile in der Gunst der Scouts unten durch. Er gilt maximal als Pick für die späten Runden.

Die Sprinter

Wer nicht um die 1.90m ist und trotzdem NFL-Receiver spielen will, der sollte lieber mal flott auf den Füßen sein. Brandin Cooks ist dieses Jahr vielleicht das Paradebeispiel für den kleinen Receiver mit Sprinterqualitäten, der es in die hohen Runden des NFL-Drafts schaffen kann. Cooks kommt von den Oregon State Beavers und definiert sich in erster Linie über seine Geschwindigkeit. Cooks ist aber trotz seiner nur 1.76m ein harter Knochen. Er hat keine Scheu, im Gewühl schwierige Bälle zu fangen. Am College spielte er eher mit Schrotflinten denn Präzisionsgewehren auf Quarterback, und entsprechend viel Beweismaterial gibt es für Cooks‘ Fähigkeit, sich an Eierwürfe aller Art anzupassen.

In der Combine lief Cooks eine 4.33sek über 40yds, was zu den besten Zeiten gehört. Seine Trumpfkarte ist das Geradeaus-Laufen nach einem schnellen Move an der Line-of-Scrimmage. Damit kann er Defenses im Optimalfall auseinander ziehen. Wenn ein Team glaubt, hier eine Art neuen DeSean Jackson heranziehen zu können, wird Cooks in der ersten Runde gedraftet werden. Im schlimmsten Fall wird er gut genug sein um im Slot zu operieren und einige Puntreturns gefährlich zurückzutragen.

Auch Colorados Paul Richardson ist so ein Knabe, der am liebsten geradeaus läuft. Von Richardson gibt es hinreichend Beweise, dass seine sehr gute Combine-Zeit (4.40sek) auch im laufenden Spiel zu spüren ist. Er ist ein typisches deep threat, kann Cornerbacks aber auch an der Line-of-Scrimmage verarschen um frei zu werden. Sein bestes Verkaufsargument ist dietiefe Wheel-Route, wo der Receiver im Slot aufgestellt erst ca. 45° nach außen oder innen läuft und nach einigen Metern vertikal abbiegt und geradeaus gen EndZone läuft. Hier rauscht Richardson allen davon.

Was Richardson nicht kann, ist horizontale Tänze aufzuführen und fünf Leute aussteigen zu lassen. Er gehört zur Sorte der Spieler, die gerne mal ihre Fokus verlieren und scheinbar einfache Bälle durch die Hände gleiten lassen. Auf der anderen Seite zaubert Richardson dir in lichten Momenten sensationelle Catches für die Wochenshow aufs Feld. In Summe dürfte Richardson in dieser guten Receiver-Draftklasse eher später als früher gedraftet werden. Typ vierte Runde.

Ein Jalen Saunders von Oklahoma wiegt nur ganze 77kg, was für Footballerverhältnisse Fliegengewichtsklasse ist. Saunders ist so klein, dass er nur im Slot operieren kann, weil die Outside-CBs für ihn zu groß gewachsen sind. Das ist ein Manko. Dafür ist Saunders so beweglich, dass er auf kurzen Distanzen im Slot allen durchfluscht. Serviere ihm den Ball auf einer kurzen Route und Saunders wird dir mit exzellenten Yards nach dem Catch danken. Ist im schlimmsten Fall ein brauchbarer Puntreturner.

Ein Bruce Ellington von South Carolina ist mit 1.75m und keinen 90kg eher wie ein schmächtiger Runningback denn ein Wide Receiver gebaut. Ellington ist ein wuseliger Slot-Receiver mit hoher Motivation als Vorblocker. Er wurde am College sogar als Tight End aufgestellt, was bei einem Zwerg seiner Güte bizarr aussieht. In der NFL wird er vermutlich nur im Slot spielen. Ellington ist ein vielseitig begabter Sportler, spielt auch Basketball (als 1.75er!) und dürfte als recht guter Werfer auch eine Option für Trickspielzüge in der NFL sein.

Wyomings Robert Herron ist für seine nur 1.77m Körpergröße ein richtiges Bröckerl. Herron ist ein Klassesprinter und sehr beweglich auf engstem Raum. Er hat viel Erfahrung in Spread-Offenses und gilt nicht als Spieler, der aufgibt, wenn mal ein Ball nicht optimal geworfen ist. Herron wird in diesen Fällen kämpfen, aus einer fast sicheren Incompletion doch noch einen Catch zu machen. Seine Schwäche ist eindeutig sein Start, der zu langsam kommt. Er hat zudem schon eine Geschichte mit Gehirnerschütterungen und wird deswegen eher nicht vor dem dritten Tag, sprich ab vierte Runde, gedraftet werden.

Tevin Reese von Baylor war in der Spread-Offense von Baylor eine Superwaffe. Er kann vertikale Routen laufen, aber für die NFL wohl ohne viele Zusatzschichten erstmal nicht mehr. Reese ist auch so ein Spielertyp, dem einige eine DeSean-Jackson Rolle zutrauen, aber die meisten sehen ihn eher als Entwicklungsspieler für die späten Runden.

Jeff Janis kommt von einem abartig kleinen College: Saginaw Valley State. Janis hat körperlich prächtige Voraussetzungen, aber die Tapes aus den unteren Ebenen des College-Football sind praktisch wertlos. Bei ihm stützt man sich auf eine sehr gute Performance in der Senior Bowl, wo er sich empfehlen konnte. Es ist immer schwierig, Spieler von so kleinen Unis für den Draft einzuschätzen, aber Janis trauen einige zu, dass er vor der siebten Runde gedraftet wird.

Und, gestern hatten wir ihn schon bei den Runningbacks: Dri Archer von Kent State. Archer wird vermutlich eine Art Zwitterrolle zwischen Back und Receiver geben, aber vielleicht ist er, der College-RB, in der NFL in der Receiver-Rolle sogar besser. Archer ist mit 4.26sek über 40yds ein Mann, der um ein Haar den Combine-Rekord aufgestellt hätte. Er hat einige spektakuläre Moves drauf, die ihn zum Hingucker machen.

Die Possession Receiver

„Possession Receiver“ ist ein oft etwas despektierlich gebrauchter Begriff für Receiver, die gut, aber nicht großartig sind. Denen das gewisse Etwas beim Zuschauen fehlt. Die aber oft als sehr gute zweite Anspielstationen gelten. Cosell taufte diese Kategorie grob die „Präzisionstypen“, die, die das Route-Running besonders präzise erledigen und sich hierüber den Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Marquise Lee - Bild: Neon Tommy

Marquise Lee – Bild: Neon Tommy

Marquise Lee von der University of Southern California gilt als Parade-Receiver dieser Güteklasse. Lee fuhr in der Westcoast-artigen Offense der Trojans teilweise extreme Statistiken ein, die ihm in der Saison 2012 fast die Heisman-Trophy gebracht hätten. Im letzten Herbst ließ er es etwas gemütlicher angehen, wobei auch die Quarterback-Situation instabil genug war, dass keine 2000yds mehr drin waren.

Lee passt eigentlich perfekt in die Überschrift: Er kann nix herausragend, ist aber vielseitig. Er wurde bei USC in allen erdenklichen Positionen eingesetzt und konnte überall überwiegend überzeugen. Seine Bewegungen sind sehr flüssig, er kennt alle Routen. Er ist antrittsschnell und kann Cornerbacks überlaufen. Die Frage ist aber, ob er eine einwandfreie Nummer 1 geben kann oder für immer darauf angewiesen sein wird, dass er zumindest einen richtig starken Mitspieler hat, der die Aufmerksamkeit der Defense auf sich zieht und Lee entlastet.

Lee gilt als relativ sicherer 1st-Rounder. Die beiden LSU-Receiver Odell Beckham und Jarvis Landry sind Wackelkandidaten, die je nach Verlauf in die zweite oder dritte Runde fallen könnten.

Beckham gilt dabei als der richtige Wide-Out, der vor allem außen operiert. Landry ist eher der Typ, der im Slot operiert. Landry ist ein harter Hund, der sich während des Catch-Prozesses nicht von Hits und anderweitigen Fummeleien von Gegenspielern beeindrucken lässt. Er ist körperlich stark und zieht dir den Nerv, wenn er zum dritten Mal im Spiel ein 3rd-Down über die Spielfeldmitte trotz guter Deckung verwertet.

Ein toller Spieler, dem man gerne Erfolg wünscht, ist auch Wisconsins Jared Abbrederis. Abbrederis ist mit 1.85m so mittlere Größe. Er definiert sich vor allem über seine feine Klinge im Route-Running. Er weiß, wie man die verschiedenen Techniken einsetzt um Cornerbacks für die entscheidenden Zehntel in die Irre zu führen. Er versteht alles über seien Routen und wird somit als wertvolle Ergänzung als zweiter oder dritter Mann in einer Pass-Offense wahrgenommen. Damit dürfte Abbrederis spätestens in der dritten Runde vom Tablett sein.

Die Running Backs im NFL-Draft 2014

Der Running Back war einst der größte Star einer Footballmannschaft. Er war noch vor wenigen Jahren die Nummer 2 hinter den Quarterbacks, und der Topkandidat auf den Publikumslieblings-Preis in fast jeder Footballmannschaft. Heute ist der Running Back in vielen Mannschaften zu einem Rollenspieler verkommen. Es gibt nur noch sehr wenige Mannschaften, die wirklich um ihr hartes Laufspiel gebaut sind. Es gibt nur noch wenige klassische Arbeitstiere, die durchschnittlich 20 Carries pro Spiel bekommen. Dafür ist die Runningback-Position viel variabler geworden: Skills im Pass-Blocking zählen heute ebenso wie die Möglichkeit, Bälle zu fangen, und die Möglichkeit, verschiedene Systeme zu laufen.

Viele Mannschaften setzen heute eine Runningback-Rotation mit zwei oder drei verschiedenen Optionen ein. Das hat den Vorteil, dass man variable Spielertypen im Kader halten und einsetzen kann. Der größte Vorteil ist aber der Preis: Man kann durchaus argumentieren, dass der langsame Schritt weg von den Jamal Lewis, den Tomlinsons, den Shaun Alexanders, den Larry Johnsons hin zu den RB-Rotationen vor allem gekommen ist um den Preis der Backs zu drücken. Das scheint gelungen: In der heurigen Free-Agency zum Beispiel lag der Wert von Runningbacks nur noch marginal über jenen der Kicker.

Aber es gibt auch noch die Teams mit lauflastiger Offense. Rein zufällig sind zwei der besten Mannschaften der letzten Jahre um Power-Laufspiel gebaut: Seattle und San Francisco. Das kann Erfolg haben, aber es braucht dafür auch den entsprechenden Quarterback und eine entsprechende Offensive Line. Und darin liegt oft die Krux in der Bewertung von Backs: Wie kann man ihren Wert von jenem der Offense Line trennen?

Running Backs bewerten

Prospects 2014

Name                Rd
Carlos Hyde         1-2
Bishop Sankey       2-3
Jeremy Hill         2-3
Tre Mason           2-3
Charles Sims        2-4
Lache Seastrunk     2-4
Ka’Deem Carey       2-4
Andre Williams      3-4
Terrance West       4-7
Dri Archer          4-7
De’Anthony Thomas   4-7
Storm Johnson       4-7
James White         4-7
Devonta Freeman     4-7
Marion Grice        4-7
Jerick McKinnon     4-7
James Wilder Jr.    7
Ben Malena          7
Henry Josey         7

Links

Mayock Top-5

  1. Sankey
  2. Hyde
  3. Hill
  4. Mason
  5. Williams

Die erste Zahl, auf die man beim Runningback verlockt ist zu schauen, ist natürlich die 40yard-Sprintzeit aus der NFL-Combine, dabei sagt diese Zahl bei Runningbacks vergleichsweise gar nichts aus. Wichtig für den Runningback der Gegenwart ist die Beweglichkeit auf der horizontalen Achse des Spielfeldes, sprich parallel zur Line-of-Scrimmage (LOS = Anspiellinie), und die Explosivität. Sprintqualitäten sind brauchbar, wenn du häufig im offenen Spielfeld operierst um 60yds-TD zu erzielen, aber du hast nur in 2-3% der Plays die Chance, überhaupt solche langen Läufe zu scoren – yup, Speed ist ein Skill, aber nicht der wichtigste.

Du musst als Runningback den Blick für deine Vorblocker haben („wo wird sich gleich die Lücke öffnen“) und dann entschlossen (!) diese Lücke attackieren. Das ist für die Scouts jedoch gar nicht so einfach zu bewerten, da viele Backs am College diesbezüglich überhaupt nicht getestet werden: Sie kriegen richtige Waale frei geblockt und sehen erst in der Linebacker-Zone den ersten Gegenspieler.

Was heute auch immer wichtiger wird: Qualitäten als Ballfänger, damit du zumindest eine glaubwürdige Alternative für Pässe z.B. bei 3rd-Downs bist, und wenigstens minimale Qualitäten und Einsatzbereitschaft im Pass-Blocking – Aufnehmen von Blitzes als Paradebeispiel.

Die klassischen Arbeitstiere sind wie schon erwähnt nicht mehr so stark gefragt. Selbst Scouts der alten Schule haben eingesehen, dass die Tendenz gen vielseitige Backs geht. Das heißt natürlich nicht, dass die Backs der Güteklasse Peterson oder Lynch, diese alten Arbeitstiere mit ihrer Power in der Spielfeldmitte, komplett aus der Mode sind.

Greg Cosell spricht in seinen Podcasts oft von foundational backs, wenn er über die Arbeitstiere spricht. „Foundational“ im Sinne von „kann ich einen wichtigen Teil meiner Offense-Philosophie um die Laufspielqualitäten meines Runningbacks bauen?“. Und so einen richtigen system-schaffenden Back gibt es im Draft 2014 nicht. Viele Backs sind ziemlich durchschnittlich oder echte „Systemspieler“, die man am besten in ein vordefiniertes System steckt, zum Beispiel eine Spread-Offense.

Die Arbeitstiere

Carlos Hyde von der Ohio State University gilt am ehesten als potenzielles Arbeitstier, dem man permanent um die 20 Carries geben kann. Hyde ist nicht der ganz große Speedster, kann Gegner nicht so mir nichts, dir nichts aussteigen lassen. Er hat aber gute Beschleunigung, gute Körperbalance und ist ein harter Knochen. Er gilt als Spielertyp mit sehr leichtfüßigen Bewegungen und soll auf engstem Raum eine Art explosiverer Eddie Lacy sein – das läse sich nach einer eher guten Stellenbeschreibung. Allerdings ist Hyde kein wirklich guter Receiver, und sein Pass-Blocking gilt als extrem ausbaufähig, um es vorsichtig zu beschreiben.

Aufgrund seines Körperbaus könnte auch noch Jeremy Hill von Louisiana State als potenzieller foundation back durchgehen: Hill ist wie Hyde über 105kg schwer und gilt für einen so gewichtigen Back als erstaunlich wendig. Hill hat den Vorteil, dass LSU in den letzten Jahren schon eine sehr NFL-nahe Offense gespielt hat (u.a. weil dort zuletzt Cam Cameron Offense-Coordinator war), inklusive der auch in der NFL oft verwendeten I-Formation.

Hill ist auch noch kein verbrauchter Back: Er hatte nie die ganz große Arbeitslast zu tragen, weil er nicht immer spielberechtigt war… und da sind wir beim großen Fragezeichen: Was ist Hill für ein Typ? Am College wurde er zweimal eingebuchtet (ein Sexualvergehen, eine Schlägerei) und bereitete dem Trainerstab immer wieder Kopfzerbrechen („wie viel negative Presse kriegen wir, wenn wir den Typ schon diese Woche wieder aufstellen?“). Hill soll sich schon proaktiv an die 32 NFL-Teams gewandt haben um sich zu erklären, aber das ändert die Faktenlage nicht.

Eine Art Hyde/Hill für Arme soll der Rekord-RB von Boston College sein, Andre Williams, der im abgelaufenen Herbst über 2100yds und 18 Touchdowns machte. Williams ist ein sehr eigener Typ, ein nachdenklicher Knabe, für den es auch neben dem Footballfeld eine Welt gibt. Auf dem Feld sieht man das nicht immer: Dort ist Williams meistens sehr straight downhill orientiert. Kein langes Fackeln, sondern sofortiges Abbiegen gen Süden. Williams ist allerdings weder explosiv genug für einen richtig hohen Pick, noch hat er die nötige Geduld. Man geht davon aus, dass er bestenfalls in den mittleren Runden gedraftet wird.

Terrance West von der kleinen Towson University soll ein dark horse in den letzten Runden für ein mutiges Team sein: Ein eher kleiner, kompakt gebauter Back. Er sieht lustig aus, weil sein Körperschwerpunkt nur zirka 10 Zentimeter überm Spielfeld liegt. Nachteil bei solchen Jungs: Sie sind nicht die beweglichsten. Weil West aber genug Geschick angedeutet haben soll und zumindest die Eier bewiesen hat, immer wieder das eine oder andere Yard zwischen den Menschenbergen in der Spielfeldmitte herauszuwringen, gilt West NFL-gebräuchlicher Spielertyp.

3rd-Down Backs

Ein 3rd-Down Back ist in Kurzbeschreibung das, womit man die eher fangstarken Runningback-Typen bezeichnet: In 3rd-Downs ist es häufig für die Quarterbacks wichtig, eine Art Sicherheitsoption zu haben, und das ist oft der fangstarke Back. Ein Charles Sims (West Virginia) oder Marion Grice (Arizona State) gelten als solche Backs, die auch mal Bälle via Reception über die gelbe Linie tragen können. Beide sind nicht explosiv genug um wirkliche zentrale Bausteine einer Offense zu werden, aber sie sollen als Ballträger intelligent genug sein um hin und wieder das eine Extrayard am Ende des Spielzugs herauszuwürgen und somit in 150 Carries pro Jahr vielleicht 70, 80 Yards mehr zu machen als der komplett durchschnittliche Back.

Ein interessanter Spieler, dem man anfangs seiner NFL-Zeit eine Rolle als 3rd-Down Back zutraut, ist Storm Johnson von der University of Central Florida. Das ist die Uni, von der auch der gehypte Quarterback-Prospect Blake Bortles kommt. Es hat sich zum gängigen Witz unter Draft-Scouts entwickelt, dass sie sagen „wir wollten uns Bortles anschauen, aber beeindruckt hat uns bei UCF Storm Johnson“.

Alle sagen: Johnson ist gut, aber du siehst es erst, wenn du ihn dir tausendmal angeschaut hast. Johnson ist weder super gebaut noch superschnell noch ein superstark, aber er spielt intelligent, kann Bälle fangen und sollte zum Beginn seiner Karriere zumindest in dieser Rolle eingesetzt werden können.

Die Kampfzwerge

Tre Mason ist jedem Fan des College Football, der die abgelaufene Saison mit mehr als einem halbwachen Auge verfolgt hat, ein Begriff: Mason war der Mann, um den die Auburn Tigers ihre sensationelle Saison gebaut haben, die um ein Haar zum unbegreiflichsten BCS-Titel ever geführt hätte. Mason ist kein großer Spieler. Er ist nur zirka 1.73m und 94kg. Das sind normalerweise nicht Maße, mit denen du in der NFL bei 300 Carries durchstehst.

Mason kennt aber eine solche Workload: Er hatte in der abgelaufenen Saison in nur 14 Spielen 317 Carries. Es gab vor allem gegen Saisonende Partien, in denen Auburns Trainerstab Mason 30 Mal, ja 40 Mal den Ball tragen ließ. Und Mason war effizient: Fast 2000 Yards holte er in der SEC, er verglühte gegen eigentlich starke Defenses wie Alabama, Mizzou oder Florida State fast vor lauter Energie.

Bei so vielen Carries siehst du auch recht viele unterschiedliche Spielzugdesigns: Mason kennt sie alle. Er kennt Power-Runs, er kennt den Jet-Sweep, er kennt das Counter-Play, er kennt natürlich die Zonen-Offense, und sein Output war überall gleichermaßen positiv.

Mason hat einen sehr markanten Laufstil: Sein Körperschwerpunkt ist sehr „bodenständig“ und er nimmt nicht viele harte Hits. Er schafft es, mit simplen Moves dem großen Knall soweit auszuweichen, dass er noch 1-2 Gratis-Yards am Ende des Laufes mitnimmt, was sich über die Zeit summiert. Mason ist kein überaus geduldiger Back: Er guckt sich zwar schon die Lücke bei den Vorblockern aus, aber bricht dann schnell entschlossen durch, was bei funktionierender Offensive Line wie ein Wunder der Natur aussieht.

Mason ist trotz der vielen Carries 2013 nicht überarbeitet, denn 2013 war sein erstes Jahr als Stammspieler. Negativer sind da schon seine fehlende Erfahrung als Ballfänger und Pass-Blocker, denn – es wurde schon bei Greg Robinson im Eintrag der Tackles diskutiert – Auburn und Passspiel war wie Puff und Vatikan. Mason dürfte für einige Teams ein sehr attraktiver Back sein, und er wird möglicherweise spätestens Ende zweite Runde vom Tablett sein.

Für viele ein noch NFL-reiferer Back ist Ka’Deem Carey von Arizona, wie Mason ein eher kleiner Back. Carey ist ein extrem harter Knochen, der in jedem Spielzug den Kontakt sucht und trotz seines ranken Äußeren lieber über den Gegner drüberläuft als drumherum. Er ist ein Mann, der sich im Pass-Blocking nicht scheut, mit der Schulter voran den Blitz abzuwehren – technisch arg verbesserungswürdig, aber Zeugnis seines Enthusiasmus für den Footballsport der alten Schule.

Bei Scouts hat die Kombination aus Careys Körperbau und seiner Workload Skepsis hervorgerufen: Carey bekam in den letzten zwei Jahren über 700 Carries und steckte entsprechend viele Hits ein. Für große, schwere Spieler ist das vielleicht noch tragbar, aber Careys Kampfgewicht ist weit unter 90kg. Er hat sich nach der Saison rund 10kg angefressen um die Scouts zu beeindrucken, aber die ließen sich dann nicht blenden und sehen in Carey keinen 210-Pfund Bolzen.

Spielerisch ist er unumstritten und dank seiner Erfahrung als Ballfänger flexibel, aber weil man ihm aufgrund der fehlenden realen Kilos nicht zutraut, eine richtig tragende Rolle zu übernehmen, wird Carey wohl eine Runde weiter fallen als gedacht – zumindest in die dritte, glaubt man den Auguren.

Mindestens dorthin fallen wird auch James White von Wisconsin. White war dort super-effizient in einem lateral angelegten Zonensystem. Er teilte sich viele Jahre mit Montee Ball die Carries auf, hatte aber stets bessere Effizienz-Stats als Ball, der letztes Jahr in den mittleren Runden von Denver gedraftet wurde. White wird Probleme haben, sich gegen die RB-Konkurrenz 2014 zu erwehren, weil es viele ähnliche Backs gibt, die etwas schneller, etwas explosiver sind, aber White hat ein großes Plus: Er ist ein famoser Pass-Blocker. Er killte die Linebacker am College gleich reihenweise.

Guter Blocker ist auch Devonta Freeman von der Florida State University, ein Back, der jahrelang in der Rotation der Seminoles mitspielte, aber immer im Schatten vom Teamkollegen James Wilder jr. (ebenso ein Prospect 2014) stand – bis zu den letzten Wochen der letzten Saison, wo Freeman seinen Durchbruch hatte. Er ist zwar nur 1.72m groß, aber mit seinem kompakten Körperbau gilt er als sehr schwer zu Boden zu bringen. Freeman ist kein „Stratege“ im Play, der visionär arbeitet und sich die Lücken ausguckt; Freeman ist eher der Brecher, der seinen Gegner mit Physis zu überlaufen versucht. Er ist ein kompletter Spieler, aber er ist fumble-anfällig. Die Frage ist, ob ein paar Spiele „Breakout“ mehrere Jahre des Ergänzungsspielers übertünchen können.

Die Spread-Runningbacks

Bishop Sankey von der University of Washington ist in vielen Big-Boards ganz weit oben gereiht, aber der Kampfgnom Sankey ist bei genauerem Hinsehen ein ziemliches one trick pony, das zum Überleben viel Platz braucht. Sankey wurde in den letzten beiden Jahren in Washington als echtes Arbeitstier mit über 600 Carries eingespannt und machte dabei fast 5.5yds/Carry, aber es waren fast alles Läufe, die nicht in das klassische NFL-Schema über die Spielfeldmitte passen.

Sankey ähnelt dabei stark dem Baylor-Runningback Lache Seastrunk, auch so ein 1.75m-Wurstler. Seastrunk kennt zwar die inside-Läufe besser als Sankey, ist aber auch kein Back, den du als Arbeitstier einspannen kannst. Sankey und Seastrunk gelten beide als explosiv und recht gute Ballempfänger. Beide werden keine effizienten Inside-Power Läufer sein, aber sie werden im offenen Feld einigen Schaden anrichten. Damit passen beide in eine Spread-Offense – und weil sie dort hohes Potenzial haben, könnte es durchaus das eine oder andere NFL-Team geben, das einen der beiden in den hohen Runden zieht.

Die Irrwisch-Fraktion

Zum Abschluss zwei Irrwische, die nur mit sehr weitgefasster Definition als „Running Backs“ durchgehen. Der eine ist The Black Mamba, De’Anthony Thomas von der University of Oregon, der uns am College viele schöne Stunden mit seinen spektakulären Plays bereitete. Thomas war eine Art Universalwaffe im System der Ducks: Change-of-Pace Back, Slot-WR, Empfänger von Jet-Sweeps, Kickreturner, Puntreturner, deep threat-WR. Oregons Trainerstäbe hatten ihre hellsten Freuden mit diesem schmächtigen, nur 79kg schweren 1.74m-Stäbchen.

Thomas ist eine Art Tavon Austin für Arme. Er hat bis an die Grenzen des guten menschlichen Geschmacks drehbare Hüften, eine extreme Beschleunigung aus dem Stand, und kann schonmal zwei, drei Linebacker aussteigen lassen. Thomas gilt nicht als kontaktscheu, wird sich aber in der NFL mit seinem stiff arm eher selten durchsetzen.

Die Negativen bei ihm sind seine erstaunlich langsame 4.60 Zeit im 40yds-Sprint, die Fragen ob seiner Sprinterfähigkeiten aufwarfen, sowie sein Durchhaltevermögen: Thomas hatte praktisch nie mehr als 11, 12 Ballberührungen pro Spiel. Die aber hatten es in sich.

Ein ähnlicher Spielertyp ist Dri Archer von Kent State, dessen Verkaufsschlager am College der Jet-Sweep war, eine Art Trickspsielzug, die versucht, einen sehr schnellen Offensivspieler ums Eck (Defensive End) zu schicken, wo viel grünes Gras wartet. Einen berühmten Jet-Sweep hatte Percy Harvin zum Beispiel zu Beginn der Superbowl gegen Denver. Archer ist so ein schneller Mann, für den dieser Typ Spielzug wie gemacht ist.

Archer ist wie Thomas und einige andere schon Aufgezählte ein Mann, der nur im offenen Feld erfolgreich sein wird. Er wird in einer horizontal angelegten Offense spielen müssen und den Ball schon in Bewegung aufnehmen müssen um seinen Output zu maximieren, denn Archer kann nicht so gut beschleunigen wie Thomas. Archer ist aber Ballfänger genug, dass ich ihn morgen vielleicht noch einmal unter die Lupe nehmen werde… bei den Wide Receivern.

Offensive Guard und Center im NFL-Draft 2014

Wenn wir gestern bei den Tackles schon die Anonymität hatten, was soll man dann noch über Guard und Center schreiben? Center als Mittelmann der Offensive Line, und als der Mann, der alle paar Spiele mal einen Snap vergeigt geht ja gerade noch, aber die Guards sind schon kaum mehr zu bewerten. Lass uns doch mal einen genaueren Blick auf die beiden Top-Guards des Jahrgangs werfen.

Nach common sense wird entweder David Yankey von der Stanford University oder Xavier Su’a-Filo (abgekürzt mit XSF) von den UCLA Bruins als erster Guard vom Tablett gehen. Beide sind grundverschiedene Spielertypen, und wir können hier unseren gestrigen Diskurs von „Player“ und „Prospect“ fortführen, wenn wir wollen. Hauptquelle meiner Recherche sei natürlich auch genannt: Mike Tanier, Ultimate Guard Showdown: XSF vs. Yankey. Im Prinzip sagen die Expertenquellen aber alle mehr oder wenige ähnliche Sachen.

Prospects 2014

Name                Rd
XSF                 2-3
David Yankey        2-3
Gabe Jackson        2-3
Brandon Thomas      3-5
Trai Turner         3-5
Cyril Richardson    4-7
Chris Watt          4-7
Ryan Groy           4-7

Links

Mayock Top-5

  1. Yankey
  2. Su’a-Filo
  3. Thomas
  4. Trai Turner
  5. Jackson

Yankey ist dabei eher der „Spieler“, XSF das „Prospect“, aber so klar wie gestern sind die Rollen nicht mehr verteilt. Das liegt schon daran, dass die Guard-Position im Vergleich zu Offensive Tackle sehr viel schemen-neutraler ist. Es ist zwar nicht komplett das gleiche, ob du Power-Offense oder Zonen-Offense spielst, aber im Vergleich zum Tackle hast du weniger Nuancen, die anders gespielt werden – sagen die Auguren.

Beide sind fast gleich groß und gleich schwer. XSF gilt als beweglicher und stärker, hat aber weniger Erfahrung, weil er mehr als eine Saison verpasste als er in Florida und Süd-Alabama Missionsarbeit leistete: XSF kommt aus Utah und ist Mormone, und viele mormonische Studenten leisten Missionsarbeit und kommen entsprechend als etwas ältere Semester in die Liga.

XSF gewinnt dafür eine Reihe an direkten Vergleichen. Er ist der flexiblere der beiden Spieler. Er hält seinen Körperschwerpunkt meistens so niedrig, dass ihm mit purer Gewalt nicht beizukommen ist. Mit seiner Power kann XSF in guten Momenten unwachsame Gegner zum Pfannkuchen plätten.

XSF gilt auch als variabler in seiner Einsatzbarkeit, weil er besser horizontal blocken kann als Yankey: Es sind nicht nur die „Pull“-Blocks (pulling guard), die er besser kann, es sind auch die klassischen Zone-Plays, die XSF besser drauf haben soll. Yankey gilt eher als der Typ, der fast nur straight geradeaus kennt, und sich im offenen Feld überhaupt nicht auskennt. Manche Scouts wollen ihn schon als one trick pony ausgemacht haben.

Aber: Yankey gilt als der bessere Pass-Blocker von beiden, was nicht zuletzt von seiner Erfahrung als Left-Tackle kommt, den er vor Jahren bei Stanford aushilfsweise gab. Bei XSF zeigt sich in Pass-Situationen manchmal seine Unreife, wenn er mal wieder einen Blitz verpasst, den andere Guards mit der Mütze genommen hätten. XSF kann solche Fehler in lichten Momenten mit seiner rohen Kraft wettmachen, aber besser ist natürlich, wenn du wie Yankey die brenzligen Momente erst gar nicht aufkommen lässt.

XSF gilt in fast allen Kreisen als superiore Option im Vergleich zu Yankey. Nichtsdestotrotz ist Yankey als möglicher später 1st-Rounder oder 2nd-Rounder nur ein weiterer dieser erstklassigen Offense Liner, die die Stanford University in den letzten Jahren in den Draft geschickt hat. Nicht alle seiner Vorgänger konnten bisher in der Liga einschlagen, aber allein die schiere Masse an Blockern und sehr guten, vielseitigen Tight Ends von Stanford ist bemerkenswert.

Lange Zeit hielt sich bei mir im Hinterkopf auch der Name von Baylors Cyril Richardson im Hinterkopf: Richardson war mit seinen 330 Pfund Kampfgewicht als prototyischer Guard in den Scouting-Prozess gegangen, soll sich aber mittlerweile mit seiner Hüftsteifheit und seiner katastrophalen Senior Bowl selbst etwas disqualifiziert haben. Richardson gilt als gebräuchliche Option für ein Power-Laufsystem wie zum Beispiel Seattle, aber das war’s dann auch. Die Legende sagt, dass ein Richardson in allem, was nicht bloß geradeaus laufen kennt, verloren ist.

Center

Prospects 2014

Name                Rd
Weston Richburg     2-3
Travis Swanson      2-4
Marcus Martin       3-4
Tyler Larsen        4-7
Gabe Ikard          4-7

Mayock Top-5

  1. Martin
  2. Richburg
  3. Swanson
  4. Bryan Stork
  5. Ikard

Bei den Centern gibt es keinen klaren Favoriten dieses Jahr. Der bekannteste Name ist Travis Swanson, der seit vielen Jahren Stammspieler bei den Arkansas Razorbacks ist und dort zuletzt von einem O-Line Guru gecoacht wurde: Bret Bielema, der von der *****PLLLINGGGG it’s OLine Time!***** University of Wisconsin nach Arkansas gewechselt war.

Der Rest auf Center ist… nun ja. Die Auguren sprechen von einer Latte an möglichen 4th-Roundern und 5th-Roundern und vielen Allgemeinplätzen, über die es sich nicht lohnt, viele Zeilen zu verlieren.

Die Offensive Tackles im NFL-Draft 2014

Die Offensive Line ist die anonymste Position im American Football, weil sie mit dem Spielgerät, der Schweinehaut, quasi gar nie in Berührung kommt, weil ihr Einfluss statistisch schwierig zu erfassen ist. Die wichtigste Aufgabe der Offensive Line, der Schutz des Quarterbacks, ist dann auch noch eine eher „defensive Aufgabe“ im Sinne von Abwehren von des Gegners Ansturm. Trotzdem ist eine gute Offensive Line die Basis für eine jede funktionierende Offense im American Football. Nur wenige Teams überleben mit wackeliger Protection.

Die am ehesten noch glorifizierte Position in der Offensive Line ist diejenige des Offensive Tackles, und wenn wir ehrlich sind, dann auch nur die des Left Tackles, des Mannes an der linken Flanke der Line. Die linke Seite ist die „Blind-Side“ (blinde Seite) des rechtshändigen Quarterbacks.

Was den Tackles an öffentlicher Wahrnehmung abgeht, kompensieren diese Männer mit dem Gehaltszettel: Left-Tackles gehören zu den bestbezahlten Footballspielern, und ihre Gegenüber, die Right Tackles, liegen mittlerweile nicht mehr allzu weit hinten.

Prospects 2014

Name                Rd
Greg Robinson       1
Jake Matthews       1
Taylor Lewan        1
Zack Martin         1-2
Cyrus Kouandjio     1-2
Morgan Moses        2-3
Cameron Fleming     2-3
Antonio Richardson  2-4
Jawuan James        3-4
Brandon Thomas      4-7
Seantrel Henderson  4-7
Joel Bitonio        4-7
Cornelius Lucas     4-7

Links

Mayock Top-5

  1. Robinson
  2. Matthews
  3. Lewan
  4. Martin
  5. Bitonio

Es gibt mittlerweile Indizien, dass es sowieso zu einer Verschmelzung der beiden Positionen kommt. Defensive Coordinators haben in den letzten Jahren immer stärker versucht, von allen Seiten Druck auf die Pocket auszuüben, weswegen es für eine Mannschaft nicht mehr bloß reicht, die linke Seite zu schützen. Das mindert den Wert des linken Tackles, aber es tendenziell bleibt er der Ankermann der Line, und sei es bloß aus Matchup-Gründen: Hast du an den Flanken einen Mann, den du 1-vs-1 allein gegen den Passrush des Gegners stellen kannst, kannst du der anderen Seite zusätzliche Unterstützung in Form eines Tight Ends zur Seite stellen. Auf beiden Seiten Zusatzblocker hinstellen? Du hast nur 11 Spieler zum Arbeiten. Irgendwann gehen die die Anspielstationen flöten.

Was den Wert des Right Tackles angeht: Er gewinnt durch die neuen Einflüsse der Zone-Runs und Read-Option etwas an Wert, weil diese Läufe ergonomisch bedingt tendenziell eher über die rechte designt werden.

Die Klasse von 2014

Die Experten sind sich einig: Sehr guter Jahrgang für Offensive Tackles. Es gibt high end-Talent, und sehr gute Tiefe für die mittleren Runden im Draft. Ausführlich diskutiert werden die Tackles im DraftCast von Roman John und Christian Schimmel, wo sie auf mehr als zwei Handvoll Tackles eingehen.

Visuell untermauert gibt es in der famosen Videodatenbank von Philadelphia Eagles.com den „Film Room“ zur Offensive Line mit Greg Cosell und Bo Wulf.

Kulturkampf: Spieler gegen Prospect

In den Beiträgen von Greg Cosell bin ich auf einen interessanten Diskussionspunkt gestoßen: Player vs Prospect. Cosell betitelt damit mehrfach den Vergleich zwischen den beiden nach landläufiger Meinung besten Offensive Tackles im Draft-2014: Greg Robinson von der Auburn University und Jake Matthews von Texas A&M. Beide gelten als relativ sichere Top-10 Draftpicks, aber ihre Ausgangssituationen könnten nicht viel verschiedener sein.

Matthews ist der „Spieler“. Er kommt als ausgesprochen kompletter Draft-Anwärter in die NFL. Matthews ist der Sohn eines Hall-of-Fame Offensive Tackles (Bruce Matthews), der zirka zwanzig Jahre lang bei den Houston Oilers und Tennessee Titans die Blocks gesetzt hat. In diesem Kontext muss man sich die Kindheit von Jake extrem spannend vorstellen: Wo andere Fußbälle gegen die Stadeltüren knallte oder sich gegenseitig Basebälle um die Ohren fetzten, durfte Jake Kniebeuge-Übungen machen.

Immerhin war es nicht umsonst: Matthews gilt nach mehreren Jahren als Stammspieler bei Texas A&M als technisch extrem reifer Offensive Tackle. Er auch schon Blitzes richtig einschätzen und erkennt intuitiv viele Intentionen der Defense. Prinzipiell gibt es laut Cosell keine fertigen Draft-Anwärter, aber Matthews kommt dem Ideal des schnell einsatzbereiten Spielers schon sehr nahe. Soll von Woche 1 an einsetzbar sein, und sowohl links als auch rechts auflaufen können.

Matthews ist 30 Pfund leichter als der Mann, den Cosell das „Prospect“ nennt, das Talent, das der weniger fertige Spieler ist, aber das mehr Potenzial als Matthews hat: Wir wären da bei Greg Robinson. Während man Matthews schon sehr weit in der Entwicklung sieht (und somit auch weniger Entwicklungspotenzial), gilt Robinson als spannender Kandidat. Robinson ist für seine 1.96m und 151kg fassungslos leichtfüßig, wie man sofort in den Videoclips (siehe Film Room) erkennt. Robinson ist in gewissen Belangen schon sehr weit, aber er hat auch etliche Fragezeichen, bei denen man sich fragt, wie einfach oder schwierig es für die Coaches wird, ihm diese Flauseln auszutreiben.

Punkt Nummer 1: Robinson kennt vom College fast ausschließlich Lauf-Offense. In dieser Hinsicht war er eine Wucht, schob Gegner teilweise meterweit über das Spielfeld und räumt seinen extrem erfolgreichen Runningbacks alles aus dem Weg. Im Passspiel dagegen ist Robinson ziemlich unbeleckt. Spiele mit, sagen wir 14 Pässen, waren bei Auburn schon passlastige Dinger – aber von denen waren die Hälfte designte Rollouts für den QB Nick Marshall. Entsprechend verloren sah Robinson in manchen Pass-Drills dann auch aus.

Punkt Nummer 2: Unabhängig von seiner Unerfahrenheit im Pass-Blocking begeht Robinson von Zeit zu Zeit mentale Fehler, weil er Blitzes oder anderweitige Abwehr-Tricks nicht richtig einschätzen kann. Am College konnte er dies manchmal mit seiner schnellen Fußarbeit noch kaschieren, aber in einer NFL führen Denkfehler schnell zu Fumbles, Negativ-Läufen und Sacks.

Punkt Nummer 3: Im verlinkten DraftCast wird eine technische Schwäche bei Robinson angesprochen: Overextending. Für gewöhnlich wollen Offense Tackles immer vor dem Gegner bleiben, aber bei Unachtsamkeiten kann der Gegner schon mal zu schnell sein und vorbeirauschen. In diesem Fall hilft dem Tackle nur das Hinauslehnen nach links oder rechts, was zu Körperstreckung (extending) und in der Folge häufig zum Gleichgewichtsverlust führt. Punkt 3 dürfte bei Robinson relativ eng mit Punkt 2 zusammen hängen.

Wir können zusammenfassen: Matthews ist der komplettere Spieler für die kurzfristige Zukunft. Robinson ist der Mann, mit dem man in drei Jahren möglicherweise schematisch mehr anfangen kann, aber Robinson ist risikobehafteter. Grundsätzlich willst du in der heutigen NFL in erster Linie mal einen grundsoliden Passblocker haben. Trotzdem sehen momentan fast alle Robinson als den Tackle, der als erster vom Tablett geht.

Die 1B-Alternativen

Hinter dem Top-Duo hat sich eine Art Trio herauskristallisiert, das ebenso in der ersten Runde vom Board gehen könnte. Der bekannteste der drei „1B“-Optionen ist Taylor Lewan von der University of Michigan. Lewan ist dort seit Jahren eine Art Kultfigur wegen einem seiner mittlerweile vielen Tattoos. Zuletzt schrieb er aber auch anderweitige Schlagzeilen, die in den Fließtexten mit „Schlägerei“ und „angedrohten Körperverletzungen“ näher ausgeführt wurden. Was genau dran ist, ist nicht ganz klar.

Sache ist: Lewan wäre letztes Jahr möglicherweise als Nummer 1 gedraftet worden, aber er entschied sich damals, am College zu bleiben. Lewan ließ dann aber ein eher enttäuschendes letztes Jahr am College folgen und fiel in der Gunst der Scouts etwas nach unten.

Lewan ist zuallererst und vor allem anderen Dingen dieser Welt eines: Wuchtiger Körperbau. 140 Kilo verteilt auf 2.03m und Vollkörpertätowierung, das ist schon einschüchternd qua Erscheinung. Aber es steckt auch was dahinter bei Lewan: Er gilt als Kraftlackel, der es sich auf die Stirn geschrieben hat, möglichst viele Gegenspieler bis zum Spielzugende zu quälen. Motto: Bloß keine Zehntelsekunde zu früh abbrechen. Wenn der Gegner unverletzt rauskommt, okay. Wenn nicht, auch gut. Das sind Eigenschaften – so makaber es klingt – die ein Footballcoach schätzt.

In seiner Beweglichkeit soll er fast wie ein Tight End aufgestellt sein, relativ leichte Füße haben. Das macht ihn zu einer exzellenten Option für Power-Schemes, aber fast noch mehr für Zonen-Blocksysteme, die etwas horizontaler angelegt sind, zum Beispiel alles, was mit entfernt mit „Gary Kubiak“ zu tun hat.

Die anderen 1B-Optionen sind laut Cosell leicht blasse Farbkopien der beiden Top-Draftees. Cyrus Kouandjio von Alabama spielt dabei eher den Prospect-Part, gilt als extrem talentierter Tackle, der in lichten Momenten alles pulverisiert, aber viel zu viele Aussetzer hat – mehr as Robinson – um in der NFL ernsthaft als Top-Pick vom Tablett zu gehen.

Kouandjio kannst du aufgrund dieser Bedenken möglicherweise noch nicht als Left-Tackle aufstellen, aber du kannst ihn Tyron-Smith like auf der rechten Seite einlernen und hoffen, in zwei Jahren deinen Left-Tackle zu haben.

Zack Martin von Notre Dame spielt eher den Part der Mathews-Kopie, gilt in seiner Entwicklung auch schon als sehr weit. Martin kennt NFL-artige Spielsysteme vom College und brilliert vor allem durch dauerhafte, fast fehlerfreie Spielzugausführung. Das erzwingt aktuell keine nassen Höschen bei Scouts, aber die Trainer lieben solche Spieler.

Die Fettsäcke

Hinter diesen sehr guten Toptalenten bietet der Draft-2014 eine große Anzahl an Jungs, denen man aus verschiedenen Gründen den Durchbruch früher oder später zutraut. Ein Quartett soll sich dabei vor allem über seinen Körperbau definieren: Größe und Gewicht. Größe und Gewicht sind wichtig für Offensive Tackles, denn je schwerer, desto schwieriger bist du durch die Gegend zu schieben. Ein 150kg-Bolzen mit einigermaßen beweglichen Füßen muss nicht der Filigrantechniker sein, denn an ihm kommen die Defensive Ends schon allein wegen der Höhe und Breite nicht vorbei, und so einfach schiebste den auch nicht zwei Meter zurück ins Backfield.

Morgan Moses von Virginia, Antonio Richardson und Jawuan James (beide Tennessee) gelten als solche Spieler. Alle drei sind schon aufgrund ihrer Masse sofort einsetzbare Right Tackles, wo sie noch nicht so viel Pass-Blocking betreiben müssen, aber schon allein durch ihre Wucht als gute Lauf-Blocker aufmarschieren können. Vor allem James soll ein sehr guter Lauf-Blocker auf der Strong-Side sein – also dort, wo ihm ganz gerne auch mal ein Tight End mithilft.

Richardson gilt als eher umstrittenes Prospect: Er soll sich zu häufig und zu schnell auf seine Kraft verlassen und dabei ganz gerne mal die Körperspannung verlieren. Seine Fußarbeit lässt zu wünschen übrig, seine langen Arme werden ihn nicht immer aus der Scheiße reiten. Richardson soll sich zudem 2013 zurückentwickelt haben, was bei Scouts nie gut ankommt.

Cornelius Lucas von der Kansas State University ist auch groß und breit, aber er ist eine Spur anders gelagert: Er kennt vom College fast nur Lauf-Offense, soll aber seine Stärken zu allererst im Pass-Blocking haben. Er ist ein sehr unfertiger Spieler, der erst in den späten Runden vom Board gehen wird, aber weil er zirka dreieinhalb Meter Armspannweite hat und sich in den letzten Jahren exzellent entwickelte, wird ein geduldiges Team hier wahrscheinlich wenigstens einen wertvollen Ergänzungsspieler haben – im besten Fall einen neuen Stamm-LT.

Die Techniker

Brandon Thomas von Clemson gilt als Spielertyp, den man erst zu schätzen lernt, wenn man erstmal alle Spiele der Tigers durchgespult hat: Macht kaum Fehler, aber ist mit unter 1,90m eher klein gebaut – zu klein für die NFL? Fakt ist, dass es am College gerade reichte, weil er über sehr solide Technik verfügt. Er ist kompakt gebaut und hat einen niedrigen Körperschwerpunkt, was bei Thomas dafür spricht, dass er, falls es zum Tackle nicht reichen sollte, möglicherweise eher früher als später zum Guard umgeschult wird.

Thomas kann für seine Bewerbung aber ganz dick auftragen, dass er als einer von wenigen Offense Tackles den sensationellen DE Jadeveon Clowney im Alleingang unter Kontrolle hatte. Wenn du böse bist, sagst du, na gut, Clowney war nicht motiviert. Aber beeindruckend ist das allemal, denn auch ein demotivierter Clowney machte viele andere Tackles nass.

Ein Mann, den Mike Mayock sehr hoch einschätzt: Joel Bitonio von Nevada. Bitonio ist auch eher ein Mann mit schmächtigem Körperbau, aber er macht mit viel Einsatz und bereits relativ guter Technik vieles wett. Bitonio spielte mit Nevada im letzten Jahre unter anderem gegen UCLA und Boise State, und er machte sich dabei gegen zwei der meist gehypten Pass Rusher sehr gut: Barr von UCLA und Lawrence von Boise, die beide in einem eigenen Eintrag noch unter die Lupe genommen werden.

Die Tight Ends im NFL-Draft 2014

Keine zwei Wochen mehr bis zum Highlight der NFL-Offseason, dem NFL-Draft 2014, und entsprechend Zeit, mit der ausführlichen Einstimmung zu beginnen. Bis vor wenigen Tagen war ich noch fast komplett unbeleckt von der Draftmaterie dieses Jahr, aber ich habe mich mittlerweile eingearbeitet in die Thematik. Das Feld ist bereitet für zwei Wochen Groove, oder wie es Mike Tanier nannte: Draftathon. Draft-Vorfeld ist gekennzeichnet von einer ganzen Latte an Stereotypen, die im Falle eines jeden Drinking-Games zum unvermeidlichen Vollrausch führen.

Abseits von Mock-Drafts und Gemeinplätzchen ist der NFL-Draft aber immer wieder eine sehr gute Gelegenheit, über spielerische Trends in der NFL zu sinnieren und einen neuen Jahrgang an Spielern, sprich Individualisten, kennenzulernen.

Let’s begin mit einer der Positionen, die sich in den letzten Jahren am meisten gewandelt hat: Tight End. Ich schrieb schon im Februar über die neuen Trends auf dieser Position und verlinkte auf dieses sehr schöne Video von Philadelphia Eagles.com, das die neue Bedeutung der Tight Ends ganz gut zusammenfasst.

Der Wandel in der Bedeutung des Tight Ends

Früher war der Tight End ein – eben – tight end, am Rande der Offensive Line aufgestellt, mit der Hauptaufgabe als Blockunterstützung zu wirken und gelegentlich mal als Ballfänger in Aktion zu treten. Das waren die 115kg schweren, 1.93m großen Bolzen, gebaut wie etwas athletischere Offensive Tackles. Schwere Jungs, die gegen Linebacker gegenhalten konnten. Sie haben fraglos auch heute noch ihren Platz im Footballsport, aber der Hauptfokus auf dieser Position hat sich über die letzten Jahre hin zu den fangstärkeren TE gewendet – Leute, die gerne mal auch in klassischen, früher ausnahmslos Wide Receivern vorbehaltenen Plätzen aufgestellt werden.

Prospects 2014

Name                 Rd
Eric Ebron           1
Jace Amaro           1-2
A. Seferian-Jenkins  2-3
Troy Niklas          2-3
C.J. Fiedorowicz     2-4
Arthur Lynch         3-5
Crockett Gillmore    3-5
A.C. Leonard         3-5
Richard Rodgers      4-6
Trey Burton          5-7

Links

Mayock Top Five

  1. Ebron
  2. Seferian-Jenkins
  3. Amaro
  4. Niklas
  5. Fiedorowicz

Leute wie Tony Gonzalez, Antonio Gates, Jimmy Graham oder Rob Gronkowski sind in erster Linie große, schlaksige Athleten, die Bälle wie ein Wide Receiver fangen können, aber zeitgleich noch gut genug als Blocker sind um damit ein Upgrade über jeden konventionellen Wide Receiver zu sein. Blocken ist immer noch für die meisten Tight Ends eine wichtige Aufgabe, die sitzen muss, aber in der Pass-Liga NFL ist die Eigenschaft des Fangens mittlerweile höher eingestuft als die des Blockens.

Wie man einen jungen, groß gewachsenen Tight End mit guten Fanhänden einsetzen kann, zeigt das Video anhand des jungen Eagles-TE #86 Zach Ertz: Ein Mann, der zu groß ist für einen Safety oder Cornerback und zu schnell für einen Linebacker. Das sind genau die Mismatches, die die Coaches von heute suchen – nicht, dass der Mann zwangsläufig jedes Spiel zehn Catches für 150yds machen muss, nein: Er muss „nur“ eine zusätzliche Option stellen, für die der gegnerische Coaching-Staff wertvolle Vorbereitungszeit investieren und im laufenden Spiel im einen oder anderen Play einen zusätzlichen Mann abstellen muss.

Ein fangstarker Tight End mit einigermaßen brauchbaren Block-Skills hat heutzutage eine gute Chance, in der ersten oder zweiten Runde gedraftet zu werden. Ein bockstarker Blocking-TE mit mäßigen Fanghänden geht dagegen garantiert nicht mehr vor der dritten oder vierten Runde vom Tablett.

Die Klasse von 2014

Der NFL-Draft 2014 hat von allen Sorten ein paar Optionen zu bieten. Der Jahrgang gilt nicht als überragend besetzt, aber die besten fünf, sechs Optionen sollen schon recht sichere Tüten mit Pro-Bowl Potenzial sein. In der sehenswerten Film-Room Session von Philadelphia Eagles.com diskutierten Bo Wulf und Greg Cosell in einem knackigen 10min-Video über die Vorzüge und Unsicherheiten der heurigen Klasse.

New Generation

Beginnen wir mit der Sorte „neue Tight Ends“, also denen, die sich in erster Linie über das Pass-Fangen definieren. Als Star des Jahrgangs gilt North Carolinas Eric Ebron, der bei den Tar Heels am College häufig als verkappter Wide Receiver aufgestellt wurde. Als Fachbegriff für Ebron könnte man detached Tight End einführen, also eine Art Spielertyp, der losgelöst von der klassischen Tight End-Positionierung am Rand der Offense Line operierte – meistens im Slot zwischen Line und Hash Marks.

Ebron sieht auf den ersten Blick auch aus wie ein klassischer, richtig monströs gebauter Wide Receiver. Er ist pfeilschnell und in der Lage, auch einem Cornerback auf und davon zu laufen. Ebron gilt noch als eher schlampiger Routenläufer, aber er ist mit seiner Statur, seinem Speed und seiner Physis in der Lage, Safetys zu schlagen, und mit gutem Coaching traut man ihm auf alle Fälle auch zu, die schwierigeren Routen, die von Cornerbacks verteidigt werden, zu laufen.

Ebron gilt als durchaus unterschätzter Vorblocker. Er wurde nicht oft für das Blocken einsetzt, soll aber in den wenigen Szenen sehr brauchbar ausgesehen haben und nur ein paar Feinheiten davon entfernt sein, zumindest ein „brauchbar“ für NFL-Verhältnisse auf diesem Feld ins Zeugnis geschrieben zu bekommen.

Gelegentlich schlampiger ist Ebron in seiner eigentlichen Paradedisziplin, dem Fangen. Von Zeit zu Zeit hat Ebron Aussetzer, lässt simple Bälle durch die Finger flutschen. Er streut oft genug die sensationellen Catches ein, dass man als Coach geneigt ist, diese Unssauberkeiten als Konzentrationsschwierigkeiten abzutun, aber in der Tat ist eine der großen Fragen, wie einfach man Ebron diese Flauseln austreiben kann.

Eine der weiteren Fragen bei Ebron wird sein, wie man ihn an der Anspiellinie attackiert: Am College wurde er nur selten mit einem jam (Wikipedia) angegangen, weil keine ausreichend kräftigen Gegenspieler gab und er sie überlaufen hätte. In der NFL hat mittlerweile fast jede Mannschaft Linebacker, die diesbezüglich zumindest temporären Schaden bei einem gegnerischen Tight End anrichten können und das Timing im Passspielzug empfindlich stören können.

Kommt Ebron sauber in die Route und fängt den Ball, ist er konkurrenzlos mit Hinblick auf die Klasse von 2014: So schnelle, fluide Bewegungen macht sonst kein Tight End, und er ist in vollem Lauf nur schwer zu Boden zu bringen.

In Summe ergibt das den Tight End mit dem höchsten „Ceiling“, also dem größten Potenzial, des Jahrgangs. Die geschilderten Fragezeichen und einige nur bedingt erbauliche Offseason-Workouts verhindern möglicherweise, das Ebron als sicherer Top-10 Pick in den Draft geht, aber er wird mit hoher Wahrscheinlichkeit bis spätestens Mitte-Ende der ersten Runde vom Tablett gegangen sein.

Als zweiter möglicher 1st-Rounder gilt Jace Amaro von der Texas Tech University. Amaro war in der teilweise kompromisslosen Pass-Offense der Red Raiders noch häufiger als ein Ebron als Wide Receiver unterwegs, und es gab Spiele, in denen Amaro die TE-Position nur vom Hörensagen kannte. Er operierte phasenweise als echter Slot-WR der Güteklasse Boldin. Von seiner Spielweise ist Amaro aber weniger mit einem Ebron vergleichbar, sondern mehr mit einem Jason Witten von den Cowboys: Er ist nicht überaus explosiv, sondern mehr der Techniker, der einfach seinen Job präzise erledigt und nicht versucht, mehr aus dem Play zu machen als es das Playbook vorschreibt – das mögen Coaches für gewöhnlich.

Amaro wird aber trotz dieser Eigenschaften und trotz seiner 1,95m von den meisten Experten aber als inferiore Option im Vergleich zu Ebron angesehen, weil er schlicht keine Erfahrung als Blocker an der Line of Scrimmage hat. Er wird das in der NFL lernen müssen, und das wird einige Zeit brauchen.

Auch so ein sehr stark auf seine Rolle des Fängers festzunagelnder Spieler ist Richard Rodgers von Cal: Groß gewachsen und somit ein Mismatch für sowohl Linebacker als auch Cornerback. Rodgers gilt als schwacher Blocker, aber als durchaus lernfähiger TE mit mittelfristigem Fokus. Man sagt, er geht irgendwann zwischen der dritten und fünften Runde vom Tablett.

Die Vielseitigen

Austin Seferian-Jenkins von der University of Washington sieht mit seinen 1,96m und 270 Pfund wie ein abgeschlankter Left-Tackle aus, und dürfte eine furchterregende Erscheinung sein. Er ist zwar ein guter Routenläufer und Ballfänger, der schon Cornerbacks geschlagen hat, aber seine wahre Stärke ist seine Vielseitigkeit: Seferian-Jenkins sagt man nach, ein ähnlicher Spielertyp wie letztes Jahr Zach Ertz (wurde an #36 gedraftet) zu sein, einer, der den Lauf-Blocker, Mitteldistanz-Ballfänger für die RedZone und die massige Statur für die GoalLine Offense in sich vereint.

Er wird kaum vor einem Ebron oder Amaro vom Board gehen, aber Seferian-Jenkins dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit als dritter oder vierter Tight End gedraftet werden.

In etwa die gleiche Region wie Seferian-Jenkins ist Troy Niklas von Notre Dame. Niklas ist auch so ein Hüne. Er sieht auf den ersten Blick ziemlich hüftsteif aus und bewegt sich längst nicht so grazil wie andere Artgenossen, aber bei genauerem Hinsehen gilt er als beweglicher als angenommen. Niklas‘ große Stärke ist die Zone in der Spielfeldmitte: Downfield kann er mit seiner Größe Safetys schlagen. Er gilt noch als entwicklungsfähig, wird zumindest ein oder zwei Jahre brauchen um sein Potenzial erschöpfen zu können.

Als sehr spannende Option gilt der schwer aussprechbare C.J. Fiedorowicz von Iowa, den der konservative Trainerstab um Kirk Ferentz dort nur sehr widerwillig als Pass-Catcher einsetzte, und wenn, dann meistens auf sehr kurzen Routen, wo nicht viel schief gehen kann. Fiedorowicz soll allerdings – und da wird es heiß – bei den wenigen längeren Spielzügen gigantisch ausgesehen haben. Die Frage ist hier Zufall oder Methode? Kannst du aus einer sehr kleinen Stichprobe an Tapes darauf schließen, dass Fiedoroqicz tatsächlich eine Art 360° Spielertalent ist?

Cosell meinte in einem seiner Podcasts, Fiedorowicz habe in seinen Bewegungen etwas Gronkowski-mäßiges. Sein Blockspiel ist kompromisslos, sein Fangen wie gesagt gut, aber schwierig zu bewerten. Viele glauben, dass er in der zweiten oder dritten Runde vom Tablett geht, aber ein mutiger Trainerstab könnte ihn auch schon früher ziehen.

Weniger Upside, dafür ein grundsoliderer Spieler ist Georgias Arthur Lynch. Bei ihm ist es ähnlich wie Fiedorowicz: Man vermutet viel unausgelotetes Potenzial im Spiel als Ballfänger. Lynch wurde nur für wenige wirklich spektakuläre Passspielzüge in Szene gesetzt, hatte überwiegend traditionelle TE-Übungen zu absolvieren. Das machte er wunderbar. Gilt als Option für die mittleren Draftrunden.

Ein komplettes dark horse ist der fürchterlich tätowierte Colt Lyerla, ein spielerisch unumstrittener, aber menschlich schwieriger Mann von der University of Oregon, oder besser: Von keiner Universität. Lyerla wurde in Oregon wegen wiederholter Drogenprobleme halb geschasst, halb ging er aus freien Stücken. Zurück blieb üble Nachrede von wegen Weichei und kaum zu kontrollierender Typ.

Rein von den sportlichen Voraussetzungen wäre Lyerla vermutlich der beste Tight End neben Ebron. Er ist ein 1.96m großer Hüne, der sich bewegt wie ein Einssiebziger. Diese Kombination aus Beweglichkeit und körperlicher Überlegenheit macht gewöhnlich einen 1st-Rounder auf dieser Position, aber nur, wenn es ein astreiner Charakter ist.

Für ein Team, das glaubt, ihn unter Kontrolle zu haben, wird er einen Draftpick wert sein. Lyerla kann per sofort als Waffe in der RedZone eingesetzt werden. Alles weitere muss man sehen: Da er 2013 kaum oder keinen Football spielte, hat er noch einiges in seiner Entwicklung nachzuholen.

Schließlich gibt es noch den schwer einzuschätzenden Trey Burton von Florida. Burton wurde bei den Gators hauptsächlich als „X-Faktor“ eingesetzt, sprich als positionsübergreifendes Asset in der Offense. Mal war er der Runningback, der die Pässe aus dem Backfield entgegen nahm. Mal war er der klassische Slot-Bolzen. Mal war er ein echter Tight End. In der Combine war er der TE-Gruppe zugewiesen, also bleibe ich hier mal bei dieser Einschätzung. In Wahrheit dürfte er eher das sein, was früher Chris Cooley in Washington war: Ein H-Back. Burton gilt aufgrund seiner undefinierten Position als Kandidat für einen mittleren Draftpick so um die vierte oder fünfte Runde.

Der verbale Combine-Nachklapp: Die Offense

Die NFL-Combine 2014 ist Geschichte, und es gibt viel zu erzählen – zumindest für die Betreiber vom Scouting-Blog Der Draft, Roman John (maschemist) und Christian Schimmel (koblenzer), die in ihrem 77-minütigen Draftcast #14 die Geschehnisse der Offensiv-Positionen (Combine am Samstag und Sonntag) aufgearbeitet haben und erste Bewertungen der Leistungen und Nicht-Leistungen abgegeben. Ein durchaus detailliertes Stimmungsbild von einer nicht immer unumstrittenen Veranstaltung mit nicht gänzlich unumstrittener ARD-like verquatschter Übertragung durch das NFL Network. Der Direktlink führt straight in den Podcast hinein.

Für morgen ist das Erscheinen des nächsten Draftcasts angekündigt; dann soll es um die Defense-Positionen gehen, die mit Front-Seven am Montag und Secondary am gestrigen Dienstag dran waren.

Safetys vor der Combine 2014

Die Safety-Position in der NFL ist eine, die immer mehr an Wert gewinnt. Die 2014er-Draftklasse hat für meinen Geschmack drei potenzielle Größen: Calvin Pryor, Ha-Ha Clinton Dix und Lamarcus Joyner. Sie werden heute in den Workouts dran sein, und schonmal ein paar Gedanken meinerseits zu diesen Spielern.

Pryor von der University of Louisville ist keine 100kg schwer, kommt aber auf 1.88m und gilt als geschwindiger Spieler. Das sind Gardemaße für einen NFL-Safety. Bei Pryor sieht es sehr wuchtig aus, wenn er aus der Tiefe des Spielfelds kommt und die Ballträger attackiert. Guter Tackler. Geht kompromisslos gegen den Mann. Das sind glänzende Voraussetzungen, aber die Negativen hört man bei Pryor auch alsbald: Kein reifer Spieler, fliegt oft im falschen Winkel daher, muss sich manches dreimal sagen lassen bevor er es dem Trainer abnimmt. Das klingt danach, als ob Pryor für einige Trainer (vor allem unerfahrene) eher eine Pest ist, aber für welche mit guten Defense-Coaches möglicherweise ein nur zu schleifender Rohdiamant.

Clinton-Dix kommt von Alabama, fiel dort aber nicht weiter auf außer seinem Spitznamen („Ha-Ha“) bei dem man sich schnell mal vor Lachen verschluckt. Er gilt als rundum guter Spieler ohne eklatante Schwachstelle – nie die schlechteste Voraussetzung für einen Safety, aber auf der anderen Seite soll er auch keine besonderen Stärken haben. Überall „gut“, nirgendwo „hervorragend“. Kein episches Talent, um den herum du eine ganz neue Art von Defense kreieren kannst. Das klingt nach Ende erste Runde bis Anfang dritte Runde.

Der spannendste Safety sollte Lamarcus Joyner vom National-Champion Florida State sein. Ich habe oft genug betont, wie sehr ich Joyner, den College-Spieler, vergötterte. Für die NFL-Aussichten gibt es ein Problem: Seinen Körperbau. Joyner ist mit nur 86kg auf 1.73m ein Winzling für Profi-Verhältnisse, was bestimmt etliche Teams abschreckt – vielleicht nichtmal zu Unrecht: Wenn du so manches Monster auf Tight End siehst, möchtest du den nicht gegen einen zwei Kopf kleineren Joyner angesetzt sehen.

Auf der anderen Seite ist das einer der furchterregendsten Verteidiger, die der College-Football die letzten Jahre gesehen hat. Joyner ist schnell, ein gefürchteter Tackler, der keine faulen Tricks braucht um einen Gegenspieler zu sich herunter zu ziehen. Er ist vielfältig einsetzbar, da er ursprünglich als Cornerback zu FSU kam, später auf Safety umgeschult wurde, weil sie Seminoles so viele erfahrene exzellente Cornerbacks im Kader hatten (von denen einige wie Minnesotas Xavier Rhodes mittlerweile Profis sind). Joyner gilt zudem als guter Manndecker, kann auch im Slot eingesetzt werden.

Ist Joyner so sehr anders als der Honey Badger, der auch als zu klein galt und zu wild, und so on? Der Honey-Badger, der auch in der dritten Runde vom Tablett ging, trotz einer Vita voller Drogen- und Charakterprobleme. Trotz der Tatsache, dass er ein ganzes Jahr raus aus dem Football war. Joyner hat diese Fragezeichen nicht. Er gilt als höchst professionell und ließ sich auch von seinem Einsatz am Spielfeld und im Training nie etwas zu Schulden kommen, zumindest nicht, dass es zu mir durchgedrungen wäre.

Joyner ist aufgrund seiner körperlichen Limits wohl kein 1st-Rounder, aber ich wäre nicht überrascht, wenn er in der zweiten oder dritten Runde ginge und dann in einem Jahr als große Überraschung gefeiert würde.