Ein Blick auf den QB-Markt 2013

Häufig draften auch Teams ohne sichtbares „Need“ einen Quarterback zum Entwickeln, aber hier sei der Blick mal auf die allgemeine Quarterback-Situation in der NFL am heutigen Montag gerichtet.

American Football Conference (AFC)

EAST – in New England versauert der Arkansas-Bomber Ryan Mallett hinter Brady und wird bis minimum 2015 kein Land sehen. Mallett wird immer wieder als Trade-Objekt gesehen, vor allem für Cleveland oder Tampa. Buffalo ist spätestens nach der Trennung von Fitzpatrick ein heißer Anwärter drauf, mit einem Top-10 Pick (aktuell halten die Bills Pick #8) einen Quarterback einzuberufen – vielleicht Geno Smith oder Ryan Nassib, dessen Coach der neue Bills-Cheftrainer Doug Marrone am College war. Bei den Jets würde man sich lieber heute als morgen Mark Sanchez entledigen, was aber durch dessen Vertrag ausgeschlossen ist. Tebow ist auch auf dem Abstellgleis, aber ich würde nicht drauf wetten, dass New York in den ersten Runden einen QB draften wird.

NORTH – in Cleveland hält das neue Regime um GM Lombardi und HC Chudzinski wohl nicht so größe Stücke auf das QB-Duo Weeden/McCoy; vor allem Weeden gilt nach nur einem Jahr als verbrannt. Eine hohe Einberufung eines Quarterbacks halte ich aufgrund der verfügbaren Optionen für unwahrscheinlich. In Cincinnati gibt es (noch) wenig Grund, Andy Dalton fallen zu lassen. Pittsburgh könnte ein Ort sein, an dem man langsam einen Nachfolger für den windelweich geprügelten Roethlisberger suchen muss.

SOUTH – in Houston dürfte der Geduldsfaden mit Matt Schaub am Reißen sein, aber die Texans dürften realistisch genug sein, dass sie so schnell keinen besseren Spielmacher mit halbwegs normalem Preis/Leistungsverhältnis finden werden. In Tennessee hat QB Locker nach zwei Jahren immer noch nicht viel gezeigt. In Jacksonville scheint man es trotz schlechtester Vorzeichen noch einmal mit Blaine Gabbert zu versuchen. Tennessee und Jacksonville könnten aber trotz aller Unkenrufe im Rennen um einen QB sein.

WESTDenver (Starter Manning, Zögling Osweiler) ist geklärt. Kansas City (Alex Smith, Chase Daniel) vermutlich für wenigstens ein Jahr auch. Oakland hat mit Carson Palmer einen akzeptablen Starter und die großen Probleme eher an anderen Stellen, aber mit dem Investment in QB Pryor vermutlich zu viele Ressourcen in die QB-Position gebunden, um dort schon wieder aktiv zu werden. San Diego hat mit Rivers eigentlich einen ganz Großen, der mit 32 aber nicht jünger wird und 2012/13 ein furchtbares Jahr spielte. Die Chargers sehen aus wie die klassische Franchise, die sich dieses Jahr nach einem jungen QB aus der vierten Runde zum Entwickeln umsieht.

National Football Conference (NFC)

EAST – in Philadelphia steht Vick ein (letztes?) Jahr unter Vertrag. Backup Nick Foles ist jung und zeigte immerhin sowas wie Ansätze, passt aber von der Spielanlage eher nicht in eine Offense von Chip Kelly. Für realistisch halte ich eine Einberufung von Geno Smith in der ersten Runde oder EJ Manuel in der zweiten oder dritten Runde. Kelly gilt als Fan von Manuel.

NORTH – in Minnesota kriegt QB Chris Ponder eine letzte Bewährungschance; ich hätte es als Imperativ gesehen, in Runde 2 oder 3 aktiv zu werden und einen potenziellen Nachfolger zu draften, aber nach dem Einkauf des ebenso suspekten Matt Cassel aus Kansas City scheint man in Minnesota andere Pläne zu verfolgen.

SOUTH – in Tampa scheint Josh Freeman nicht mehr unumstritten zu sein. Weil ich weiterhin ein Fan von Freeman bin und die Offense eigentlich auf Freemans Talente zugeschnitten ist, sehe ich nicht, wie die Buccs einen „per sofort“ Ersatz holen. Einen junger Nachwuchsspieler mit Option 2015 dagegen schon.

WESTSan Francisco ist auf dem Markt für einen Backup aus den mittleren Runden und hat etliche Draftpicks. Arizona sucht händeringend einen #1-QB und kotzt die Eingeweide in die Wüste, dass dieses Jahr kein richtiger „Franchise-QB“ verfügbar ist. Man hört was von „Barkley mit Pick #7“ nach Arizona. Der schwache Wurfarm Barkleys und „deep ball“-Bruce Arians? Culture Clash hoch drei.

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Transferperiode 2013, Woche 1 Review: Kruzifax!

Das Schreckgespenst des europäischen Spitzenfußballs (Stichwort: Transferschließungs-Fenster) hat nun auch im US-Sport zugeschlagen: Am Freitag mussten die Denver Broncos DE Elvis Dumervil aus Salary Cap-Gründen entlassen, weil ein Faxgerät gestreikt hatte und die Unterschrift unter den entsprechenden restrukturierten Vertrag nicht rechtzeitig in der Teamzentrale angekommen war!

Kurzfassung: Dumervil musste einer Vertrags-Umschichtung zustimmen, um aufgrund seiner hohen Cap-Nummer für 2013/14 Platz im Kader der Broncos behalten zu können. Nach langem Hin und Her stimmte Dumervil angeblich eine halbe Stunde vor der vereinbarten Deadline zu. Dann streikte wohl das Faxgerät von Dumervils Spielerberater und Denver zog die Reißleine, musste Dumervil feuern. Dumervil kann immer noch mit den Broncos einen Vertrag ausarbeiten, aber er wird auf alle Fälle mal ca. 4,5 Mio. dead money gegen die Salary Cap zählen – ein bizarrer Fall mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Die NFLPA (Spielergewerkschaft) will sich einschalten.

Mehr Infos und wie man die Situationen aus Cap-Sicht retten kann gibt es im fantastischen Over the Cap-Blog.

Nicht Best, nicht Bell, dafür Bush

Der Wechsel von RB Reggie Bush nach Detroit war so „logisch“, dass er fast schon erstaunt. Bush ist mit seinem fragilen Körperbau alles andere als ein wuchtiges Arbeitstier, sondern vielmehr der filigrane Tänzer, ein Mann für 12 Carries, 7 Catches von Swingpässen und 2 Punt Returns pro Spiel. Reggie Bush ist genau der Typ von Spieler, den die Lions suchen, seit klar ist, dass Jahvid Best mit „chronischen“ Gehirnerschütterungssymptomen wohl seine Karriere beenden müssen wird.

Nun ist Bush nicht in eine Kategorie mit Best zu stellen, und schon gar nicht in die eines Darren Sproles, der ihn einst in New Orleans verdrängt hatte, aber Bush ist ein klares Upgrade über den rein opportunistischen Joique Bell. Es stellt sich vor allem die Frage nach dem Preis: Bush ist 28, sein Ruf lebt immer noch in erster Linie von seiner Zeit am College und dem massiven Medienhype in den Wochen vor dem NFL-Draft 2006 – Bush ist seither nicht bloß Athlet, sondern zugleich auch Marke, obwohl er – auch geplagt durch viele Zipperlein – seine Versprechen nie ganz einlösen konnte.

Detroits Offense ist in erster Linie Shotgun/Pass, in zweiter Linie Shotgun/Pass und in dritter Linie Shotgun/Pass. Das komplette System ist um den einzigartigen WR Calvin Johnson gebaut, aber ein integraler Bestandteil sind die eingstreuten Draws und Screenpässe für die Running Backs. Best war darin – eben – „best“, und Bush ist von der Anlage genau der richtige Spielertyp. 28 Lenze, Vierjahresvertrag. Mit etwas Glück gehen sich 2-3 saubere Spielzeiten für Bush aus.

Weitere Moves mit Pfeffer

Einige Moves wurden schon in den Kommentaren vom letzten Transfer-Eintrag gepostet.

WR Wes Welker geht von New England nach Denver. Der Preis für den Zweijahresvertrag beträgt 12 Mio. Dollar – affidabel für Denver mit seinem gewaltigen „Cap-Rollover“. Die Oldie-Combo QB Manning (38)/WR Welker (32) auf dem letzten Halali – kann man mal machen, zumal mit Demaryius Thomas und Eric Decker noch zwei deep threats im Lineup stehen.

New England reagierte mit einem Schwall an Aktivität: WR Danny Amendola für 5yr/31 Mio. als direkten Welker-Ersatz eingekauft (Amendola ist auch so ein kleiner wuseliger Slot-WR, allerdings mit Verletzungsproblemen), WR Brandon Lloyd wohl entlassen, um im Gegenzug den unterschätzten WR Emmanuel Sanders (ein RFA) für einen Drittrundenpick aus Pittsburgh holen zu können. Okay, der Sanders-Deal ist noch nicht durch, aber die Signale verdichten sich. Belichick scheint sich treut zu bleiben: Werde jünger und billiger. Verliere dabei nicht zu viel Qualität.

DE Cliff Avril könnte sich verpokert haben: Letztes Jahr ein Dreijahresangebot über 30 Mio. in Detroit abgelehnt, in die Free Agency gegangen und dort „nur“ einen Zweijahresvertrag über 15 Mio. Dollar bekommen – und zwar von den spendierfreudigen Seattle Seahawks. Seattle kaufte sich gleich noch den Passrush-Spezialisten DE Michael Bennett aus Tampa Bay ein (1 Jahr, 5 Mio.). Für Seattle sind die Moves eine Absicherung für den Fall, dass der kreuzbandverletzte Chris Clemons doch länger ausfällt als gedacht. Bei Bennett weiß jeder, was er bekommt: Einen Defense End, der sich nur für Passrush interessiert. Bei Avril bin ich mir nicht sicher, ob der Mann wirklich komplett ist oder vor allem ein Produkt des „Systems Schwartz“ in Detroit.

Auch ein anderer Spieler ließ sich recht billig verkaufen: CB Aqib Talib bleibt ebenso für 1 Jahr und 5 Mio. bei den Patriots, will wohl mit einer guten Saison in einem Jahr richtig abkassieren. Bei Talib muss man weniger wegen seiner Leistung Angst haben, sondern insbesondere wegen seiner Reputation als völlig durchgeknallter Waffennarr. Das könnte Teams immer davon abschrecken, ihm einen Langzeitvertrag zu geben… aber nächstes Jahr haben die Redskins dann wieder einen Haufen Platz unter der Salary Cap, also halb so schlimm.

RB Steven Jackson kriegt nach all den Jahren der Pleiten, Pech und Pannen mit den unterirdischen Rams nun endlich auf seine alten Tage die Chance in einem playoff-fähigen Team: Jackson unterschrieb in Atlanta. Der Move überrascht mich etwas, da Jackson mit 29 Jahren nicht mehr der Jüngste ist und die Falcons da in zwei Jahren einen ähnlich ausgebrannten Back wie zuletzt Michael Turner haben könnten.

Die Vikings haben nach dem Abgang von Percy Harvin schnell nachgerüstet und mit WR Greg Jennings (5 Jahre, 47 Mio. 18 Mio. guaranteed) eine jahrelange Größe vom Erzfeind Green Bay losgeeist. Jennings ist schon 29 und hatte immer wieder Verletzungsprobleme, gilt aber als extrem guter Routenläufer und könnte damit haargenau der richtige Mann für den stagnierenden QB Chris Ponder sein – oder für den eingekauften Backup Matt Cassel.

Eine Aufstellung von vielen anderen Moves gibt es bei den Football Outsiders [Mittwoch, Donnerstag, Wochenende]. Ich werde auf den einen oder anderen interessanten Kuhhandel noch im Zuge der Sezierstunden eingehen. Was jetzt noch bleibt, ist ein praller Markt an Defense Ends und Cornerbacks. Auch in der Offensive Line gibt es noch gutes Spielermaterial, u.a. RT Sebastian Vollmer, der bisher mit seinen hohen Gehaltsforderungen sämtliche Bieter verschreckt haben soll.