Woche 11 im College Football, und der nächste Schlager in den Top-10, diesmal ein Conference-Duell in der Pac-12. Die Kontrahenten: : #4 Stanford Cardinal (9-0) und #7 Oregon Ducks (8-1). Das Duell zweier unterschiedlicher Spielphilosophien: Power/Stanford gegen Finesse/Oregon. Termin: Heute Nacht, 02h MEZ LIVE bei ESPN America (morgen, 12h als Tape). Ausgespielt wird wohl der Sieger in der Pac-12 North und so ganz nebenbei gibt es nicht unwesentliche BCS-Auswirkungen.
Wenn Stanford den Ball bewegt
Head Coach David Shaw hat das Markenzeichen Jim Harbaughs übernommen, dessen Markenzeichen da wäre: Brachiales Laufspiel über ein Dutzend kräftiger Running Backs und immer eingestreut eine Serie an Playaction-Pässen. Trotz Quarterback Andrew Luck gründet Stanfords Angriff zu allererst auf einer mächtigen Offensive Line und blockstarken Tight Ends.
Laufspiel sozusagen als Wegbereiter, Luck (mit 1,93m und 107kg NFL-Gardemaß) der Vollstrecker, der heuer bis dato nur in einem Spiel das Heft wirklich das Heft des Handelns in die Hand nehmen musste: Vor zwei Wochen gegen USC, als das Laufspiel mächtig stotterte, Luck sich dann aber trotz INT-Returntouchdown kurz vor Schluss nicht abschütteln ließ und die Mannschaft im Spiel hielt. Die Message war jedoch klar: Man nehme RB Stepfan Taylor (kein Tippfehler) und Konsorten aus dem Spiel und bekomme die Partie auf dem Silvertableau serviert.
Oregons Defense weiß dies, da kommt das jüngste Aufbäumen der als mittelmäßig verschrieenen Unit gerade Recht. Zu einer Front Seven mit vielen verschiedenen Formationen gesellt sich für den Fall der Fälle auch eine Secondary, die zwar Yards zulässt, aber mit ihrer Allzweckwaffe CB Cliff Harris, der auch ein fantastischer Punt Returner ist, stets für die eine oder andere INT gut ist. Gefühlt ist Oregons Defense – ich widerspreche hier dem Common Sense – durchaus in der Lage, auch über vier Viertel einen Grabenkampf mitgehen zu können.
Wenn Oregon den Ball bewegt
Meistens ist dies nicht notwendig, da die Oregon Ducks immer noch eine faszinierende Offense spielen, selbst wenn dieser orgiastische Wow-Effekt des vergangenen Herbstes fehlt. Auch wenn es niemand merkt: Oregon scort immer noch 46Pkte/Spiel, aber der wahre Wert ist ein ästhetischer, der Kreator und Head Coach Chip Kelly bei mir ganz hoch oben in der Ansehensskala hat rutschen lassen. Ein Angriff, immer griffbereit, wenn es eine Stunde zur Aufheiterung braucht: Option-Laufoffense par excellence. Blitzschnell und ohne Huddle zwischen den Spielzügen agierend.
Und mitten drin dieser Irrwisch, RB LaMichael James, so klein und zerbrechlich ausschauend, aber ein Karnickel von einem Running Back, flink und hasenfüßig. James ist nicht mal richtig fit, schleppt schon seit Monaten Wehwehchen herum, die im Gegensatz zu früheren Zeiten nicht mehr auf Schlägereien mit seiner Freundin zurückzuführen sind, macht aber 8yds/Carry und häufig über 200yds/Spiel.
Steht James an der Seitenlinie, wuseln sich der etwas kräftiger gebaute RB Kenyon Barner oder der filigrane Freshman De’Anthony Thomas zu 6-7yds/Carry durch die Defenses. Und zwischendurch streut QB Darron Thomas trotz fehlender Spritzigkeit seine Scrambles und tiefen Bomben auf 30m offene Receiver ein. Allenfalls der Slot-Mann á la Jeff Maehl ist dem Team abhanden gekommen.
Oregons Angriff hat ein Problem: Er gilt als zu leichtgewichtig gegen physische Defenses. Stanford besitzt so eine physische Defense, kommt jedoch im 3-5 daher, wodurch der eine oder andere 30yds-Lauf für James unausweichlich scheint, Stichwort: Blocking-Matchups. Umso wichtiger werden die „Option-Reads“ für den Quarterback und Thomas fiel in der Vergangenheit durch den einen oder anderen Fehler dabei auf.
Ausblick
Dennoch halte ich Oregon für favorisiert. Stanford braucht – so bizarr das angesichts eines Quarterbacks wie Luck klingt – Laufspiel, riskiert ansonsten wie bei USC bedrohlich zu wackeln. Auf der anderen Seite ist auch Oregon recht stark auf seine quicken Running Backs angewiesen, allerdings ist diese Offense explosiver und auf lange Sicht schwerer zu verteidigen: Die Ducks drehen die Schlagzahl meist erst ab dem dritten Viertel richtig hoch.
18h: Penn States Sexskandal
ESPN America hat recht kurzfristig für 18h/LIVE die Partie #12 Penn State Nittany Lions – #19 Nebraska Cornhuskers ins Programm aufgenommen. Es ist das erste Spiel der Nittany Lions seit der 1949 (!) ohne Joe Paterno im Trainerstab, der nicht mehr zu halten vorgestern dann doch per sofort gefeuert wurde. Paternos Abgang scheidet die Geister und spaltet nicht nur die US-Medienlandschaft, die sich uneinig ist, ob man die Legende JoePa ob des unwürdigen Abgangs bemitleiden oder ob der jahrelangen stillen Mitwisserschaft verachten sollte.
Die Mehrheit der Studenten in College Town/Pennsylvania hat ihr Statement abgegeben und per Demonstration für den legendären Coach plädiert. Für morgen wurden die Sicherheitsvorkehrungen drastisch erhöht, da der Eskalatometer gröbere Ausschreitungen befürchtet. Auch die Reaktion von Publikum und Studentensektor („S“) im Beaver Stadium dürfte gespannt zu beobachten sein.
Spiel selbst für die Interessierten: Nebraska ist ein bissl Wundertüte, zaubert mal eine große Defensivleistung wie gegen Michigan State raus, wird mal überlaufen wie von Wisconsin. Penn State ist klar einzuordnen: Unterirdische Offense, knackige Defense. Heute dürfte Nebraska hoch favorisiert sein und die Nittany Lions die Ränge runterschießen.
Ein anderes 18h-Spiel ist Texas Tech – #2 Oklahoma State, das live im ESPN-Player kommt und morgen/Sonntag um 9h30 als Tape bei ESPN America kommt. Die Red Raiders haben bereits die Oklahoma Sooners auswärts von den Reihen der Ungeschlagenen geschossen, gelten aber unter Head Coach Tommy Tuberville als instabil. Ein Sieg hier wäre eine große Überraschung, aber wer weiß… Mit Wundertüten kennt sich Oklahoma State bestens aus – man ist selbst eine.
18h-Spiel im ESPN-Player außerdem (Auswahl): #9 Clemson – Wake Forest um den Divisionssieg und Finaleinzug in der ACC-Atlantic, Iowa – Michigan State in der wilden Big Ten Conference oder Louisville – Pitt aus der noch unübersichtlicheren Big East Conference.
21h30: Buntes Programm
#15 Georgia Bulldogs gegen #20 Auburn Tigers (21h30 LIVE/ESPN America) aus der SEC. Georgia braucht noch zwei Siege, um aus eigener Kraft das SEC-Finale zu erreichen, das Head Coach Mark Richt als Jobgarantie benötigen könnte. Man hat jedoch hausgemachte Probleme (z.B. RB Crowell), während Auburn befreit von jedem Druck aufspielen kann. Die Tigers schauen diese Saison besser aus als erwartet. Nicht ausgeschlossen, dass Head Coach Gene Chizik heuer mehr Anerkennung bekommt als letztes Jahr, als er mit QB Cameron Newton den National Title holte – auf dem Weg dorthin unter anderem mit einem Sieg über Georgia. Ein Spiel, das damals in wüsten Schlägereien nach jedem Spielzug in den letzten Minuten endete. Ob noch Rechnungen zu begleichen sind?
Im Parallelspiel matchen sich #13 South Carolina und Florida. Abgesehen von South Carolinas Hoffnungen auf das SEC-Titelspiel ist natürlich das alljährliche Aufeinandertreffen von Steve Spurrier mit „seinen“ Florida Gators Erzählstoff. Spurrier machte das Footballprogramm der University of Florida erst zu dem, was es heute ist und spricht auch neun Jahre nach seinem freiwilligen Abgang von „We“, wenn er im Interview über die Gators redet.
Außerdem um 21h30 im ESPN-Player: #14 Kansas State gegen Texas A&M, beide nach empfindlichen Niederlagen gegen die Granden aus Oklahoma State und Oklahoma, und der ewige Klassiker Florida State – Miami, der immer noch Emotionen weckt und für zwei der erfolgreichsten Colleges der letzten 25 Jahre das Spiel des Jahres auf der Intensitätsskala ist.
Eurosport 2 bringt um 21h30 LIVE Minnesota – #18 Wisconsin. Am Sonntag, 19h gibt es zudem eine Wiederholung von Notre Dame – Maryland (Partie wird Sa/1h30 im FedEx Field in Landover angepfiffen). Bei Maryland fordert die Erfolglosigkeit unter dem neuem Head Coach Randy Edsall schon für kreative Sprachchöre auf den Rängen: Edsall ist unten durch und steht schon vor dem Abschuss.
Das kleine Spiel von nebenan
Um 21h30 MEZ treffen in Boise/Idaho die beiden besten „Mid-Majors“ der letzten Jahre aufeinander: #5 Boise State Broncos – TCU Horned Frogs. Es ist das einzige Conference-Duell zwischen den beiden, da die Texas Christian University nächsten Sommer in die Big 12 Conference wechselt. Heuer hat man eine erstaunlich löchrige Abwehr und einen Mannschaftskader, der als instabil angesehen werden muss. Vielleicht instabiler, als es Boise lieb ist, Stichwort strength of schedule für die Broncos, die als hoher Favorit in ein Spiel gehen, das auf dem kleinen Sender Versus in den Staaten übertragen wird und ergo in der Anonymität ablaufen wird. Bei uns gibt es keine Möglichkeit, außerhalb der Grauzone Livebilder zu bekommen.