Shutdown: Revis Island wird geschlossen

Besser: Die Insel war bereits seit ein paar Jahren geschlossen, da CB Darrelle Revis seinen extrem hohen Standard an NFL-Manndeckung mit zunehmendem Alter nicht mehr halten konnte. Aber das ist egal: Revis wird in die NFL-Annalen eingehen als bislang bester Cornerback des 21. Jahrhunderts. Diese Woche verkündete der einzige Shutdown Cornerback unserer Generation seinen Rücktritt aus der NFL. Weiterlesen

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New York Jets in der Sezierstunde

Eines der aktiveren Teams der ersten Woche am Transfermarkt waren die New York Jets, letzte Saison wie erwartet abgeschmiert und mit 4-12 Bilanz und Top-10 Draftpick wie lange angekündigt am Bodensatz gelandet. Das neue Front-Office nebst neuem Trainerstab geht die Dinge nun mit entsprechend viel Feuer an. Weiterlesen

NFL Vorschau 2014 – New England Patriots

Die ausführliche Vorschau für die New England Patriots kommt in ungewohnter Form als Q&A: Hausherr korsakoff fragt, ich als langjähriger Pats-Fan antworte. Belly, Brady, Revis – es ist alles dabei. Die Fragen kursiv und fett, die Antworten jeweils darunter.

#1 Die New England Patriots haben seit zehn Jahren keine Superbowl mehr gewonnen, sind aber jedes Jahr nahe dran. Großen Anteil am Erfolg haben beide, aber wer hat mehr: Head Coach Bill Belichick oder QB Tom Brady? Weiterlesen

New England Patriots in der Sezierstunde

Die New England Patriots sind gleichzeitig das Murmeltier und das Chamäleon der NFL. Murmeltier, weil sie die gefühlt zwanzigste 12-4 Saison en suite absolviert haben und in der Titelvergabe zumindest leise mitsprachen. Chamäleon, weil diese Mannschaft in den letzten Jahren eigentlich mindestens zehn Mannschaften war. Allein in der abgelaufenen Saison 2013/14 war man mehr oder weniger ohne zeitliche Trennung offensive Trostlosigkeit, defensives Bollwerk, dann wieder offensive Passgewalt mit defensivem offenen Scheunentor, dann wieder ein Wirbelwind von Lauf-Offense mit Hand zur Interception in der Defense. Man war alles in einem – mal wieder.

Die Größe des Head Coaches / General Managers Bill Belichick muss nicht weiter diskutiert werden. Man kann allerdings nicht oft genug unterstreichen, dass diese Kombination aus so langer Erfolgsserie aus 12-4 Saisons aufwärts und der Wandelbarkeit der Belichick-Mannschaften ziemlich einmalig in der Profifootballgeschichte sein dürfte. Dass New England seit mittlerweile zehn Jahren keinen Titel mehr gewonnen hat, ist eigentlich ein Treppenwitz. Im Prinzip wären die Patriots mal wieder dran.

Überblick 2013

Record        12-4    CC
Enge Spiele    7-4
Pythagorean   10.7     8
Power Ranking  0.569  11
Pass-Offense   6.2    15
Pass-Defense   6.3    15
Turnovers      +9

Management

Salary Cap 2014.

2013/14 endete in einer 12-4 Saison mit einem Playoff-Kantersieg gegen Indy und einem gefühlten Playoff-Debakel in Denver. Es hätte aber auch alles ganz anders kommen können. Die vier Pleiten im Grunddurchgang waren allesamt Freakspiele, die leicht auch hätten gen Patriots ausschlagen können. Auf der anderen Seite hatte man auch sieben knappe Siege, darunter umstrittene Dinger wie gegen New Orleans oder Cleveland. Man war am Ende erstaunlich mittelmäßig in den meisten Effizienz-Kategorien, aber vielleicht war man dann doch wieder nur ein paar präzisere tiefe Bomben von der Superbowl entfernt.

Ein Problem der abgelaufenen Saison war unter anderem das enorme Verletzungspech: Zeitweise waren beide Offensive Tackles im Krankenstand, der Corp der Wide Receiver sah jede Woche neu aus, TE Gronkowskis Geschichte ist bekannt, und in der Defense verabschiedeten sich nacheinander LB Mayo, DT Wilfork und immer wenn es um die Wurst ging, wie gewohnt auch der CB Talib.

In der Offseason antwortete Belichick darauf nicht mit dem Versuch, Kadertiefe auszubauen, sondern – ungewohnt für ihn – mit einigen Star-Einkäufen. Im Gegenzug wurde eine ganze Latte an Hinterbänklern oder zu alten Spielern hinausgeschmissen. Und auch nicht charakteristisch: Mit dem abwanderungswilligen DT Wilfork wurde vertraglich nachgebessert. So viel win now Modus waren die Patriots zuletzt im Frühjahr 2007.

Die Story der Offseason war der Einkauf von CB Darrelle Revis, dem besten Manndecker der NFL. Die Auswirkungen des extrem potenten Moves und Vertrags hatte ich schon diskutiert. Fakt ist: Revis ist, wenn schematisch korrekt eingesetzt, konkurrenzlos in der NFL. Er spielt das Spiel auf einem anderen Level als alle anderen Cornerbacks. Er ist der einzige, dem man bedingungslos den besten Receiver des Gegners anvertrauen kann – und das ist ja die Kernbotschaft des Defense-Genius Belichick: Schalte den gefährlichsten gegnerischen Spieler aus.

Revis ist mit seinen einzigartigen Fähigkeiten im direkten 1-vs-1 aber noch mehr: Er ermöglicht einem Coach, seine Safetys schematisch anders einzusetzen. Anstatt jedem Cornerback zumindest theoretisch einen Safety als Absicherung gegen den worst case (= 70yds Touchdown-Pass) in die Nähe zu stellen, kannst du Revis auch vier Viertel plus Overtime allein auf dem Egotrip gegen die Johnsons und Fitzgeralds lassen. Allein auf der Insel. Daher gründet auch Revis Island™.

Revis ist allerdings auch ein finanzielles Risiko: In der Praxis ist er ein 12 Mio./Jahr-Mann, der auch nächstes Jahr auf alle Fälle Geld gegen die Salary-Cap der Patriots zählen wird. Revis wird nur 2014 unter seinem Vertrag in New England spielen. Spätestens im März 2015 muss nachverhandelt werden, oder es kommt die Trennung.

Viel, sehr viel freundlicher ist da der Dreijahresvertrag, der CB Brandon Browner untergejubelt wurde. Browner ist ein original Gründungsmitglied der viel diskutierten Legion of Boom in Seattle, durfte aber in den letzten Monaten aufgrund einer komplizierten Dopingsperre nur noch als Teilzeitkraft mitwirken und geriet fast in Vergessenheit. Browner ist kein Revis, er gilt aber auf der Höhe seines Schaffens als sehr, sehr solider Mann, der der Secondary im schlimmsten Fall Tiefe gibt.

Im Gegenzug wurde CB Talib ziehen gelassen – angesichts des verrückten Vertrags, den Talib in Denver bekam, und Revis/Browner ein guter Move von den Patriots. Der jahrelange Schwachpunkt Defensive Backfield liest sich bei den Patriots mit einem Mal qualitativ hochwertig:

  • CB Revis / CB Browner als Starter außen
  • CB Arrington als Starter im Slot
  • CB Ryan / CB Dennard als Backups
  • FS Devin McCourty
  • SS Wilson / Gregory / Chung als Konkurrenzkampf

Ein Dennard zum Beispiel gilt ja auch nicht als Gurke, höchstens als Knalltüte, der jederzeit mit einem Fuß im Knast steht. Etwas irritierend ist die Rückholung von Chung aus dem Exil in Philadelphia, aber gut. Alles muss man dann auch net verstehen.

„Vorne“ steht mit dem beendeten Vertragsstreit mit dem Ankermann Wilfork sowie der Rückkehr des ILBs Mayo zumindest die Achse wieder. Die Front-Seven der Patriots ist gleichzeitig frustrierend und aufregend, weil sich dort mittlerweile eine einmalige Ansammlung aus Supertalenten tummelt, die aber nie zugleich ihr ganzes Potenzial ausschöpfen können.

Zuerst die Linebackers: Mayo ist mit seiner Spielintelligenz ein Leadertyp, aber spielerisch laufen ihm vielleicht mittlerweile andere schon davon. Der junge DE/OLB Jamie Collins, im Belichick-System zuletzt der Weakside Linebacker, zum Beispiel, ein brutal schneller Mann, der für Momente in seiner Rookiesaison 2013 wie ein Weltklassemann aussah und nur noch besser werden sollte. Oder der Mann, der feuchte Träume wahr werden lässt: LB Dont’a Hightower, einer meiner Lieblingsspieler seit Jahren, der sich in zwei Jahren zu einem kompletten Spieler entwickelt hat. Das ist ein LB-Kern, der allenfalls noch einen oder zwei bessere Backups als Absicherung verträgt.

Dann Defensive Ends: DE Chandler Jones war erst vor zwei Jahren ein Erstrundenpick, und mit seinen 10 Sacks liest sich die Bilanz nicht übel, aber Jones hat immer wieder Aussetzer. Er ist gebaut wie der prototypische End der NFL 2014, und alle bescheinigtem ihm schon immer eine glänzende Zukunft, aber er schaffte es bisher nicht, die extrem hohen Erwartungen zur Zufriedenheit aller zu erfüllen. Mehr geliebt wird da anscheinend der harte Arbeiter auf der anderen Seite, Rob Ninkovich, eine Art neuer Vrabel. Das ist in Kombination guter, aber nicht herausragender Passrush. Es ist höchstens potenziell herausragender Passrush.

Dann Tackle: Wilfork ist, wenn fit, gesetzt. Mit seinem schätzungsweise zwei Zentnern zählt er eigentlich für zwei, und das fühlte sich dann letztes Jahr nach seinem Ausfall auch erstmal so an. Die Lücke, die Wilfork hinterließ, war extrem, auch wenn sich seine Backups um Chris White und Tommy Kelly besser schlugen als befürchtet.

In der Defense sehe ich durchaus die Option für New England, Defensive Tackle und Defensive End hoch zu priorisieren. End als Ergänzung zu Jones/Ninkovich. Tackle mit kurz- (Verletzungen, Kadertiefe), aber auch mittelfristigem Fokus (Wilfork ist 33). Es schadet nie, genügend Line-Männer zu haben, deswegen gehe ich auch bei einem Anarchisten wie Belichick davon aus, dass irgendwann in den ersten ein oder zwei Runden als Minimum ein Defense Liner gezogen wird.

Die Offense ist eine andere Art von Baustelle. Hier wird 24/7 geschraubt und gewerkelt, mit zuletzt immer wechselhafteren Erfolgen. OffCoord McDaniels ist fachlich mittlerweile unumstritten, aber er hat nur begrenzt satisfaktionsfähiges Material zum Arbeiten.

QB Tom Brady ist natürlich der Mann um den sich alles dreht, allerdings wurden die Schwachstellen in Bradys Spiel in der letzten Saison schon phasenweise brutal offen gelegt. Die „Lochpässe“ im AFC-Conference Championship Game in Denver stehen nur stellvertretend für eine Phase in Bradys Footballkarriere, in der er schlicht keinen qualitativ überragenden tiefen Ball mehr werfen kann. Brady war nie der ganz große Bomber – er profitierte halt ein paar Jahre lang von einem Randy Moss in Hochform, der jeden 60yder zum Touchdown verwertete, egal wie präzise oder hart geworfen.

Vielleicht würde Brady diesbezüglich ein deep threat auf Wide Receiver helfen – ein Spieler, der mit Geschwindigkeit die tiefen Routen laufen kann und sich im Idealfall im vollen Sprint an einen suboptimalen Ball anpassen kann. Die WR-Klasse 2014 im Draft ist gut besetzt, und mit Leuten der Güteklasse Cooks/Oregon State sind auch diese tiefen Waffen dabei. Einer von denen stünde den Patriots schon sehr gut zu Gesicht.

Es ist eh Wahnsinn, wie New England mit diesem WR-Corp 2013 überleben konnte. Für 2014 wurde bisher nicht viel geändert. Die Sicherheitsoption Edelman wurde gehalten. Edelman ist der neue Welker, mit 175 Anspielen, 121 Catches für 1229yds und 7 TD. Nur jeder fünfte Pass auf Edelman geht weiter als 15yds. Er ist keiner, der aus eigener Kraft gegen die besseren Cornerbacks durchkommt, aber er ist nervtötend, wenn er im Gewirrl der Spielfeldmitte zum siebten Mal ein 3rd-und-6 mit einem 6yds-Catch verwertet.

Quasi der gleiche Spielertyp, nur etwas explosiver, etwas größeres Potenzial, aber brutal viel mehr Verletzungsgefahr ist Danny Amendola, erst letztes Jahr geholt, und dann wieder vier Spiele mit Zipperlein ausgefallen. Amendola hat einen recht teuren Vertrag, und man munkelt, dass er noch ein Opfer der Salary-Cap werden könnte – vielleicht am 1. Juni. Bleibt er, hat New England zumindest zwei weiße Irrlichter für die Zonen zwischen und um die Hashmarks.

Langfristiger ist da schon der Block um die blutjungen WR Aaron Dobson, WR Kenbrell Thompkins und WR Josh Boyce sowie den eingekauften Brandon LaFell ausgelegt. Erstere zwei sind von der Anlage her klassische Wideouts: Groß, kräftig, sprungstark. Gerade bei Dobson merkte man letztes Jahr aber, dass die Umstellung von einer Conference-USA auf die NFL doch schwieriger ist als angenommen, und Dobson bekam dann auch noch wegen zu vieler Drops in einer anfänglich schlicht nicht funktionierenden Offense auf die Fresse. Es ist zu früh, ihn abzuschreiben.

Fazit: Bei den Wide Receivern ist es schwierig, noch viel zu machen. Man hat viele junge Ressourcen in die Position investiert und angesichts der Eingewöhnungsprobleme auf dieser Position könnte auch ein Rookie erstmal keine allzu große Hilfe sein. Einen Draftpick investieren würde ich allenfalls für einen klassischen deep threat, der die Offense lang machen kann. Sollte dieser deep threat kommen, dürfte ein Amendola in New England Geschichte sein.

Der Seuchenvogel in der Patriots-Offense ist natürlich TE Gronkowski, auf der Höhe seines Schaffens der beste Tight End in der NFL, aber Gronkowski wurde in den letzten Jahren von einer unheimlichen Masse an Verletzungen außer Gefecht gesetzt: Handbruch, Komplikationen nach Handbruch, Kreuzbandriss, und da haben wir noch nicht über die schlimmste gesprochen: Den Rücken. Gronkowski ist körperlich quasi ein Wrack. Du kannst nicht mehr auf ihn als Vollzeit-Starter bauen. Du kannst höchstens hoffen, dass er die Regular Season so gut es geht aussetzt um wenigstens in den Playoffs einsatzfähig zu sein. Ersatzplan ist Hoomanawanui, der trotz schlechter Leistungen gehalten wurde (werden musste?). Wird hier noch nachgebessert?

Bradys Stärke ist seine tödliche Präzision auf den kurzen und mittellangen Routen. Es ist seine jahrelange Erfahrung, sein Wissen um die Intentionen der Defense. Aber Brady hat auch eine Schwäche: Sieht er zu schnell im Spielzug Druck vom Passrush, geht seine Effizienz exponentiell gen „austauschbar“. Letztes Jahr kassierte Brady hinter einer wackeligen Backup-Offense Line 43 Sacks – ein für ihn unerhörter Wert. Mindestens genauso schlimm sind die tausend Incompletions, die Brady in solchen Momenten zu werfen pflegt.

Da ist die Offensive Line gefragt. Die war in New England über viele Jahre immer verlässlich (außer 2013, aber die Gründe sind bekannt). Das lag zum einen am Festhalten an der Strategie, häufig Erst- und Zweitrundenpicks auf OL machen. Zum anderen lag es am harten Hund, dem OL-Coach Dante Scarnecchia, der nach der Saison aber seinen Rücktritt bekannt gab. Wie wird sich sein Verlust auswirken?

Nun sollten LT Solder und RT Vollmer wieder einsatzbereit sein. C Wendell wurde trotz einer viel kritisierten Saison gehalten. LG Mankins ist bis auf seine Superbowl-Einsätze auch ein Spieler, auf den du schon zehn Jahre konstant bauen kannst. Die RG-Position ist noch in der Schwebe, aber wir wissen von Belichick, dass diese seine am niedrigsten priorisierte Position in der Offense ist. Vielleicht wird der Springer Cannon dort eingesetzt. Komplett ausschließen würde ich einen hohen Draftpick-Invest in die Offensive Line bei den Patriots aber nicht: Zum einen macht Belichick das immer gern, zum anderen ist vor allem Vollmer mit seinem Rücken kein verlässlicher Kandidat, alle Spiele bestreiten zu können.

War noch was? Running Backs, anyone? Legarrette Blount wurde wie erwartet ziehen gelassen, aber mit Ridley (trotz Fumble-Anfälligkeit), Bolden und dem „halben Gronkowski“ Shane Vereen gibt es noch etliche gute Backs. Nicht auszuschließen, dass mit einem mittleren Draftpick noch ein kräftiger Power-Back für den Geschwindigkeitswechsel addiert wird. Dann könnte man vielleicht Vereen noch konsequenter das machen lassen, was er letztes Jahr schon tat: Eine Art Gronkowski-Rolle spielen. Würde zwei Fliegen auf einen Schlag schlachten.

Summa summarum sind die Patriots mittlerweile deutlich besser aufgestellt als in der letzten Saison. Die Blutauffrischung in der Defense über die letzten Jahre zahlt sich langsam aus, und mit Revis ist vielleicht das noch fehlende Puzzleteil angekommen um wirklich wieder eine verlässliche Defense aufs Feld schicken zu können. Ich erwarte von der Abwehr in diesem Herbst einen großen Sprung nach vorn. Vielleicht noch ein, zwei hohe Draftpicks für die Rotation in der Line, dann passt das.

Die Offense ist vielleicht nimmer der Juggernaut früherer Tage, aber sie wird auch dann zumindest im Soll liegen, wenn keine tiefe Bedrohung mehr aufzutreiben ist. Alles in allem dürfte New England damit in der AFC wieder auf einer Stufe mit Denver zu sehen sein, sprich: Klarer Mitfavorit auf den Superbowl-Einzug.

Belichick und die Insel

CB Darrelle Revis unterschrieb in New England einen nicht alltäglichen Zweijahresvertrag über insgesamt theoretische 32 Mio. Dollar – aber praktisch ist es eher ein 12-Mio. Deal über ein Jahr. Dazu gleich mehr. Der Deal gestattet Revis zumindest bis auf weiteres, sich als bestbezahlter Cornerback auf Basis des durchschnittlichen Jahresgehalts (APY/average per year) zu bezeichnen – ein Titel, der Revis offensichtlich wichtig ist. Der Move ist ein extrem potenter.

Diese Offseason ist gekennzeichnet vom Versuch des Wettrüstens der Teams mit den „Großen Alten“ auf Quarterback – Denver mit Manning, New Orleans mit Brees und mit Abstrichen New England mit Brady – um a) zum einen die letzten produktiven Jahre ihrer Star-QBs zu nutzen und b) mit den Monsterteams in Seattle und San Francisco Schritt zu halten.

Die Patriots verweigern sich dabei, die großen und teuren – und deshalb riskanten – Langzeitverträge auszupacken. Der Move ist ein klassischer Belichick: Einem Superstar Superbedingungen bieten. Ihm gerade noch Marktwert bezahlen, ohne aber die großen Gelder und potenzielle mittelfristige Schäden in der Gehaltsstruktur seiner Mannschaft zu wagen.

Der Revis-Vertrag in New England ist so strukturiert wie es nur die Patriots sich trauen: Dauer zwei Jahre, 32 Mio. insgesamt mit 10 Mio. Handgeld. Praktisch sieht das so aus:

Der Revis-Deal in New England - Klick zum Original

Der Revis-Deal in New England – Klick zum Original

Revis erhält ein Handgeld von 10 Mio. Dollar (linear abgeschrieben auf zwei Jahre), ein Grundgehalt von 1,5 Mio. und einen Roster-Bonus von 33.333,33 US-Dollar für jeden seiner ersten 15 Einsätze im ersten Jahr – macht eine Cap-Zahl von maximal 7 Mio. fürs erste Jahr.

Das zweite Jahr – da musste kein Prophet sein – wird Revis nicht unter diesem Vertrag spielen: Sollte er zum Aprilscherzen aufgelegt sein und am 1.4.2015 noch im Kader stehen, erhält er nach derzeitiger Klausel einen Roster-Bonus von 12,5 Mio. Dollar; dazu gesellen sich 7,5 Mio. Dollar Grundgehalt plus die zweite Rate der Handgeld-Abschreibung für eine unreale Cap-Zahl von 25 Mio. Dollar.

Es ist also wahrscheinlich, dass Revis entweder in einem Jahr gecuttet wird oder der Vertrag überarbeitet wird.

Für die Patriots ist der Deal faktisch ein Einjahresvertrag über 12 Mio. Dollar, von dem im ersten Jahr 7 Mio angeschrieben werden, im zweiten 5 Mio., d.h. sie verteilen die Kosten auf zwei Jahre.

Für Revis ist erstmal finanziell ein Erfolg, weiterhin die höchste Summe unter seinen Positionskollegen einzustreichen, und mehr: Er verhindert auf alle Fälle, nächstes Jahr eine Franchise-Tag übergestülpt zu bekommen – und er bleibt mit theoretischen 16 Mio/Jahr einer der teuersten Abwehrspieler in der NFL. Revis wird in 12 Monaten auf alle Fälle in den Verhandlungen mit den Patriots (so es soweit kommt) am längeren Hebel sitzen – und im Falle einer Nicht-Einigung wird er 29jährig noch einmal als heiße Ware auf den Transfermarkt kommen.

Zum Sportlichen.

Belichick kriegt mit Revis eine lebende Cornerback-Legende. Einen Spieler, dem du, so erzählen es die Auguren, den gegnerischen Top-Receiver im Alleingang anvertrauen kannst, ohne zusätzlichen Safety oder besondere Coverage-Tricks. Bilder wie diese waren bei Jets-Spielen mit Revis Regel, nicht die Ausnahme (der Gegenspieler im Beispiel ist der anerkannt bockstarke Vincent Jackson) – ein Revis, der locker eine Hälfte der Spiefeldseite im Alleingang kontrolliert. Der Safety kann sich auf die Unterstützung der anderen Seite freuen. Das ist der Traum eines jeden Defensive Coordinators.

Revis vs Jackson: Wo steht der Safety?

Revis vs Jackson: Wo steht der Safety?

Revis vs Jackson (2): Der Safety! Jetzt steht er noch östlicher

Revis vs Jackson (2): Der Safety! Jetzt steht er noch östlicher

So wurde Revis Island geboren. Auch wenn Revis nicht mehr die Form der großen Jahre 2009-2010 haben sollte, als er teilweise selbst die Fitzgeralds und Johnsons ohne Umstände kalt stellte, so wird Belichick doch einen Weg finden, den gemeinhin als besten Manndecker anerkannten Revis bestmöglichst zu nutzen.

Belichick kriegt ihn für ein Geld, das mit der Salary-Cap in New England gerade noch vereinbar ist. Revis bleibt zumindest bis Sherman in Seattle und Peterson in Arizona ihre Verträge verlängern (beide sind bedeutend jünger!) der teuerste Cornerback der Liga, aber nicht mehr um 160%, sondern faktisch nur noch um 120%. Abschreiben kann es New England über zwei Jahre und hat somit noch genügend Freiraum um weitere Moves in dieser Free-Agency zu machen.

Erstmal steht noch ein internes Problem an: Die Vertragsgespräche mit DT Vince Wilfork laufen nicht gut. Es soll sogar soweit sein, dass Wilfork auf dem Free-Agent Markt landen könnte. Streitpunkt ist Wilforks Gehalt 2014/15, das 7.5 Mio betragen soll und 11.6 Mio gegen die Salary-Cap zählt. Wilfork ist 31 Lenze, kommt aus einer Saison mit Verletzung und war nun ein Jahrzehnt lang der große Ankermann in der Defensive Line der Patriots.


Der APY-Schnitt der 50 aktuell teuersten Cornerbacks zeigt übrigens auch schön die Mehrklassengesellschaft: Über allen thront noch immer Revis. Der Graph unten vergleicht den theoretischen Revis-Wert (und gleichzeitig den Vertragswert, den Revis in Tampa hatte) mit dem effektiven (gestreiftes Muster).

Dahinter kommt die 10 Mio/Jahr Klasse, die noch einmal gnadenlos aufzeigt, welch krasse Verträge die Herrschaften Shields und Davis da geschenkt bekamen.

Dann kommt die 8 Mio/Jahr Region mit einer Serie an bekannten, guten Namen. Recht deutlich darunter liegen überraschenderweise Jungs wie Alterraun Verner, dessen billiger Vertrag in Tampa schon erstaunlich ist, gemessen an dem Hype, der um Verner gemacht wurde:

Revis vs Rest der Liga (Klick zum Vergrößern)

Revis vs Rest der Liga (Klick zum Vergrößern)

Free-Agency 2014, Stunde null

In 365 Tagen werden einige dieser Moves ganz schön mies aussehen. Trotzdem lohnt sich immer der Blick in die Hirnkästen der Funktionäre am ersten Tag der Free-Agency (Disclaimer: Stand des Artikels ist gestern Abend, 23h15 MEZ). Einer der auffälligsten Moves am ersten Tag des Transfermarkts 2014 war der Wechsel vom Left Tackle der Oakland Raiders, Jared Veldheer, zu den Arizona Cardinals. Der Move erstaunt aus mehreren Perspektiven:

  • Die Raiders: Ein Team mit unendlich viel Platz unter der Salary-Cap, aber GM McKenzie unternahm offenbar keinen ernsthaften Versuch, Veldheer zu halten.
  • Veldheer war einer der wenigen Spieler im Raiders-Kader, die eine akzeptable Kombination aus Alter (26 Lenze), Leistung (vor seiner Verletzung nur in 2% seiner Snaps mit einem QB-Pressure) und Reputation (Pro Bowler) boten.
  • Der Vertrag: Veldheer kostete die Cardinals „nur“ 35 Mio. Dollar für fünf Jahre (Handgeld ist mir nicht bekannt). Das ist bloß der 15t-teuerste Vertrag für Left-Tackles in der NFL nach der Metrik „Durchschnitt pro Jahr“ (APY) – kein perfektes Messmittel, aber nur um mal eine Hausnummer zu geben, kann man die schonmal verwenden.
  • Rodger Saffold: Kurz nach Veldheers Abgang gaben die Raiders bekannt, dass sie Rodger Saffold aus St Louis holen – einen Mann, der dort als Offense Tackle als gescheitert galt. Saffold wurde explizit als „Guard“ geholt, ist also nicht direkt als Veldheers Ersatz anzusehen, aber die Vertragskennzahlen sind doch erstaunlich: Saffold kriegt für fünf Jahre 42.5 Mio. Dollar, bei 21 Mio. Handgeld. Das ist der Vertragswert eines sehr guten Offense Tackles für einen unterdurchschnittlichen Offense Guard.

Crazy. Da lässt du einen offensichtlich sehr guten Mann ziehen und holst dir Minuten später einen offensichtlich riskanten Mann für sehr viel teureres Geld. Der Veldheer-Move ist aus Oakland-Sicht nicht so ganz nachvollziehbar.

Für den Spieler selbst dürfte es ein Upgrade sein: Er ist mit einem Mal in einer Mannschaft, die durchaus in Playoffnähe mitspielen dürfte – allerdings in einer hammerharten Division. Veldheer schließt aber in Arizona eine der eklatantesten Lücken über die letzten Jahre: Left-Tackle. Die Position, die die Cards so oft verbrannt hat. QB Carson Palmer, schon in Oakland Veldheers Teamkamerad, dürfte sich freuen wie ein Weinhamster.

Man denke da mal dran: Der letztes Jahr als Rookie gedraftete Jonathan Cooper und Veldheer dürften die Offense Line der Cardinals ab Sommer verstärken.

Eine andere Mannschaft bekam ihren Wunsch-Tackle für viel teureres Geld: Miami musste für die Dienste von LT Brandon Albert (kommt aus Kansas City) und seine fünf Jahre währende Unterschrift 46 Mio. Dollar und 25 Mio. Dollar Handgeld hinblättern. Albert dürfte sportlich in etwa in einer Kategorie mit Veldheer liegen – vielleicht einen Tick drunter – aber immerhin kriegt er jetzt den Arbeitsplatz, den ihm schon alle letztes Jahr prognostiziert hatten.

Und im Left-Tackle Zielschießen auch dabei: Eugene Monroe von Baltimore. Verlängert auch um fünf Jahre. Gesamtsumme: 37.5 Mio. Dollar.


Noch einmal Arizona Cardinals – Die Cards haben jedoch auch einen bekannten Abgang zu verkraften: LB Karlos Dansby ging nach Cleveland (4 Jahre, 24 Mio. Dollar/14 Mio. Handgeld). Dansby ist der Mann, der nicht mehr als jüngster Spieler unter der Sonne gilt, aber letztes Jahr eine echte Revitalisierung in Arizona erlebte. Dansby dürfte der direkte Nachfolger von D’Qwell Jackson in der Browns-Defense werden.

Jackson unterschrieb in Indianapolis für einen Vierjahresvertrag für 22 Millionen Dollar und 10.13 Mio. Handgeld. Das sind fast identische Zahlen für zwei Spieler, die nach allen erdenklichen Metriken leistungsmäßig eine Klasse auseinander liegen. Jacksons einziger Vorteil im „direkten Duell“ mit Dansby: Er ist zwei Jahre jünger.

Moral von der Geschicht: Die Colts haben ein Jahr „post Walden“ und nach dem mittleren Fiasko Trent Richardson noch nicht viel gelernt.


Darrelle Revis… als ich gestern schlafen ging, war Revis noch in Tampa unter Vertrag, aber er könnte durchaus mittlerweile schon gefeuert sein. Ich verstehe die Hintergründe und die Gedanken der Buccaneers: Revis passt als bester Manndecker unter der Sonne nicht wirklich in ein Abwehrschema, das zwar nicht ausschließlich, aber doch zu sehr großen Teilen, Zonendeckung spielt. Lovie Smith kommt aus diesem System, und er wird die meisten Ideen von dort einbauen. Was sich mir aber nur schwer erschließt: Ist ein System wirklich so unflexibel, dass man einen der drei, vier besten Abwehrspieler der Liga nicht integrieren kann?

Der andere Punkt: Revis kostet 16 Mio. gegen die Salary-Cap. Das ist fast Quarterback-Region für eine Position, auf der die nächst-teuersten Spieler – Leute wie CB Hall aus Cincinnati, CB Carr aus Dallas (!), CB Shields aus Green Bay (!!) oder CB Davis aus Indianapolis (!!!) – um die 9 bis 10 Mio./Jahr wert sind.

Revis ist damit 60% teurer als der nächstteuerste Cornerback. Das ist auch Wahnsinn, egal wie weit sich Revis vom Rest der Liga abhebt.

Auf der anderen Seite: Sind 16 Mio. für Revis so viel wahnsinniger als 10 Mio. für Davis oder Shields, die beide als relative Durchschnittsleute gelten? Oder ist es einfach diese Cornerback-mäßige „Ereigniskette“: Wenn ein Element bricht, ist die ganze Kette kaputt?

Cornerback ist im Gegensatz zu einem Passrusher ja viel mehr „Defense“, weil du nur relativ wenig „attackierst“, dafür umso mehr einfach nur abwehrst. Da ist es für Mannschaften u.U. ratsamer, vier durchschnittliche Spieler zu haben als einen Superstar, zwei okaye und eine Katastrophe. Ist das die Denke hinter 10 Mio. für Shields und Davis?


Ein möglicher Kandidat für die Dienste von Revis soll Cleveland sein. Ein Cornerback-Tandem mit Revis und dem aufstrebenden Joe Haden hätte Potenzial, der Legion-of-Boom in Seattle Konkurrenz zu machen. Die Historie zeigt allerdings: Trifft eine exzellente Offense auf eine Defense mit zwei exzellenten Cornerbacks, ist die Offense im Schnitt immer noch eher in der Lage, einen der beiden Cornerbacks auseinanderzunehmen.

Zumal die Browns sich auf der Safety-Position eklatant geschwächt haben: Von Ward (nach Denver) auf Donte Hitner – für mein Empfinden ein Downgrade wie von einem Reus auf einen Podolski, Weltklasse gegen eindimensionalen Durchschnitt mit Hau-Drauf-Mentalität.


Letzte Auffälligkeit: Atlanta Falcons. Die Moves der Falcons lassen darauf schließen, dass DefCoord Mike Nolan sich dort in Richtung 3-4 Defense bewegen möchte. Atlanta holte sich den massiv gebauten 150kg-Bolzen DE Tyson Jackson (5-technique) aus Kansas City. Jackson galt dort zwar als Bust, soll aber immerhin an Physis und Lauf-Defense zugelegt haben. Für eine derartig softe Abwehr-Front wie die von Atlanta dürfte Jacksons Physis ein Gewinn sein. Allerdings sind mir seine Vertragszahlen nicht bekannt.

Der andere DL-Move der Falcons ist Paul Soliai (5yrs, 33 Mio) aus Miami. Soliai wie Jackson gelten seit Jahren zumindest vom Körperbau als Prototypen für die 3-4 Abwehr. Was heißt das für die Gerüchte „Clowney nach Atlanta“?

Für die Schützengräben in der Offense tat Atlanta auch was: G Asamoah kommt aus Kansas City.


Und der Rausschmeißer: Jacksonvilles GM David Caldwell schaffte es, für Blaine Gabbert im Trade mit den 49ers einen 6th-Round Draftpick herauszuschlagen. Damit ist klar, wer eine Außenseiterchance zum NFL-Funktionär des Jahres hat.

Startschuss zur NFL-Free Agency 2014

Am heutigen 11. März öffnet die NFL ihre Transferperiode (“Free Agency”) 2014. Die Free-Agency wurde Mitte der 90er Jahre gemeinsam mit der Salary-Cap eingeführt um für die Teams die Kosten unter Kontrolle zu halten und, vor allem, um relative Chancengleichheit zwischen den NFL-Franchises zu wahren. Von Spielerseite her ist sie zu vergleichen mit einem Bosman-Urteil im europäischen Fußball: Die Profis durften plötzlich nach Vertragsende dorthin wechseln wo ihnen das meiste Geld geboten wurde, nachdem sie in der Zeit vor der Free-Agency auch mit Vertragsende an ihren Club gebunden waren.

Die Parität der NFL gilt als Erfolgsmodell und verhalf der Liga in den letzten 20 Jahren zu einem fassungslosen Popularitätsgewinn. Seit mindestens 10-15 Jahren zweifelt niemand mehr daran, welche US-Sportliga die aktuell dominierende ist (die NFL natürlich). Es ist relativer Liga-Alltag , wenn jahrelange Mauerblümchen plötzlich um den Titel mitspielen.

Die Free-Agency ist aber nicht ohne Kniffe. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass die erfolgreichsten Teams überwiegend via Draft gebaut werden, und die Free-Agency maximal als ergänzendes Beiwerk verwendet werden sollten. Nicht alle halten sich daran, und es gibt natürlich Ausnahmen, aber der Transfermarkt ist voll von alternden Routiniers, während via Draft junges, billigeres Frischblut nachgezogen werden kann. Der Transfermarkt ist fast eine Auktion. Darüber habe ich vor zwei Jahren in „Fluch des Gewinners“ geschrieben.

Es gibt darüber hinaus viele Terminologien abzuklären, und zum Glück haben wir in den letzten Jahren vieles davon schon hinter uns gebracht:

  • Wie sehen NFL-Verträge aus? Herrmann hat in diesem Artikel erklärt, wie ein Vertrag in der NFL aufgebaut ist und versucht, den komplizierten Wust zwischen Grundgehalt, Handgeld und Boni auseinanderzunehmen.
  • Wie errechnet sich die Salary Cap? Letztes Jahr habe ich detailliert beschrieben, wie die berühmte „Salary-Cap“ (Gehaltsobergrenze) der NFL zustande kommt, wie viel welche Gehälter gegen sie zählen und wie die Handgelder abgeschrieben werden.
  • Was ist der Salary-Cap Rollover? Teams können sich Gehalt “aufsparen” auf ein späteres Jahr. Mehr dazu habe ich letztes Jahr geschrieben.

Zu beachten ist, dass die Teams auch einen „Floor“ in ihrer Gehaltsstruktur berücksichtigen müssen: Um skandalöse Sparkurse wie in der MLB (man denke an die Miami Marlins) zu verhindern, schreibt das CBA der NFL vor, dass mindestens 89% der Salary-Cap ausgenutzt werden müssen, d.h. die Teams müssen zumindest ein Minimum an Gehältern auszahlen.

Die Salary-Cap für 2014 beträgt 133 Millionen Dollar – das ist viel höher als im letzten Jahr (123 Mio.) und der krasseste Anstieg innerhalb eines Jahres seit fast einem Jahrzehnt. Es war ein Produkt des „Lockouts“ vor zwei Jahren, dass die Salary-Cap nicht mehr in dem Maße stieg wie in den Jahren zuvor. Sie wird errechnet nach einer bestimmten, nicht gänzlich transparenten Formel, die an den Jahresumsatz der NFL gebunden ist.

Die „alte“ Formel von 2006 ermöglichte fast ungehindertes jährliches Wachstum der Salary-Cap, während nach der Neu-Definition im Zuge des Lockouts 2011 ein sehr viel Owner-freundlicherer Kompromiss gefunden wurde – ein Kompromiss, der bis heuer dreimal en suite stagnierende Salary-Cap bedeutet hatte. Es ist vielleicht zu krass zu behaupten, die Spielergewerkschaft NFLPA hat sich 2011 über den Tisch ziehen lassen, aber es ging zumindest in diese Richtung.

Anyhow. Es ist 2014. Es sind 133 Millionen pro Team zu vergeben, mehr als gedacht, und gut vor allem für einige Teams wie Pittsburgh, Dallas oder New Orleans, die deutlich weniger Spieler rauswerfen müssen um kompatibel mit der vorgeschriebenen Gehaltsstruktur zu sein.

Die Mechanismen werden wie immer die gleichen sein:

  • In der ersten Woche wird der Großteil der bekanntesten Namen im Visier der Franchises sein. Es werden die teuren Verträge ausgeschüttet, und vor allem die Mannschaften mit mittelmäßig bis viel Salary-Cap werden aktiv sein. Für die „zweite Reihe“ der Free-Agents sind diese ersten Verträge gute Richtwerte.
    Ebenso gängig sind letzte Entlassungen und Trade-Gerüchte: Manche Mannschaften müssen jeden Cent sparen und daher noch Spieler entlassen. Die Fans und Medien sind dann immer ganz entsetzt, warum New Orleans jetzt seinen Darren Sproles auf die Straße setzt, wo aber schon der erste Blick auf die Gehaltsstruktur sofort verrät: Es war ein dringender Cap-Move.
  • In der zweiten Woche kommt die zweite Garde der Free-Agents dran: Die zweitbesten Receiver, die zweitbesten Running Backs und Cornerbacks, und die besseren Spieler auf den weniger wichtigen Positionen. Dann steigen so Teams ein, die nur wenige Millionen ausgeben können, weil sie sonst die Salary-Cap überschreiten und/oder ihre Draft-Klassen nicht mehr unter die Cap bringen. Es ist die Zeit der Schnäppchenjäger.
  • In den späteren Wochen werden dann nicht selten noch bekanntere Spieler gefeuert bzw. die überraschenden Ladenhüter doch noch von Mannschaften für Einjahresverträge (bzw. kurze, eher billige Verträge) geholt. Es sind die Verträge, bei denen die Medien immer schreiben, „Spieler X wettet auf sich selbst“ – der bekannte Spieler, der enttäuschenderweise keinen Mega-Vertrag bekam, versucht, mit einem billigen Vertrag in einer Mannschaft unterzukommen um mit einem überragenden Jahr in zwölf Monaten wieder auf den Markt zu kommen und dann hoffentlich groß abzukassieren.
  • Ab spätestens Anfang bis Mitte April wird der Transfermarkt dann völlig von der Schlussphase des Draft-Scoutings in den Schatten gestellt.

Was passiert 2014?

Die Mechanismen sind die beschriebenen, und sie werden mit hoher Wahrscheinlichkeit auch diesmal so greifen. Alles weitere ist eine Lotterie. Es gibt zwar tausend Artikel im Netz, die die besten Free-Agents reihen und die logischsten Kombinationen „Spieler x für Team y“ herausarbeiten, aber es sind nichts weiter als Gedankenspiele. Nur selten stellen sich die besten Moves von heute als beste Moves im Rückspiegel in einem Jahr heraus. Nur relativ wenige der „logischen“ Moves werden in einer Woche zustande gekommen sein.

Die geschätzten Cap-Rooms für 2014 hat das Blog Over the Cap, eine Pflichtlektüre in diesen Tagen, aufgelistet: Estimated Cap-Space 2014. Der Grund, weswegen die Summe aus Cap, Dead-Money und Cap-Space längst nicht bei allen Teams = 133 Millionen ist, ist die oben beschriebene Cap-Rollover, das „Gesparte“ an Gehaltsplatz aus dem letzten Jahr.

Der Transfermarkt 2014 hat nur wenige ganz große Namen: Der vielleicht größte wurde gestern kurzfristig noch vom Markt genommen, DE Michael Bennett, der bei den Seahawks verlängert (Vierjahresvertrag). Bennett spielte letztes Jahr nur 57% der Snaps seiner Mannschaft, aber fabrizierte dabei wertvolle 8 Sacks, und er gilt als lehrbuchmäßiger Lauf-Verteidiger an den Flanken der Defense Line.

Wenn die Gerüchte stimmen, dann wird heute mit Darrelle Revis ein zweiter Mega-Name hinzustoßen. Gestern noch fröhlich über die schiere Möglichkeit spekuliert, tauchten heute Nacht die ersten Gerüchte auf, dass es die Buccs möglicherweise ernst meinen. Revis soll von den Buccs auf dem Tauschmarkt angeboten worden sein, aber er für jeden Trade sein Veto abgeben und seinen Wert auf dem offenen Transfermarkt testen (die Buccs wollen ihn entlassen, wenn ein Trade scheitert). Das Ding muss schnell über die Bühne gehen: Innerhalb der ersten zwei oder drei Tage könnten die Buccs einen höheren Draftpick rückwirkend an die Jets zahlen müssen, sollte Revis dann noch im Kader stehen.

Weitere bekannte Namen, die verbleiben (Auswahl; kein Anspruch auf 100%ige Aktualität):

  • CB Alterraun Verner (Titans): Ein relativ junger Spieler mit seinen 26 Jahren, ein ehemaliger 4th-Round Draftpick, der sich in den letzten zwei Jahren mit einer unheimlichen Serie an Big-Plays, aber auch mit durch die Bank guten Noten, einen Namen gemacht hat. Andere bekanntere Spieler sind:
  • DE Michael Johnson (bisher Cincinnati)
  • FS Jairus Byrd (Bills): Die Bills haben eigentlich viel Verhandlungsspielraum, aber es scheint überraschenderweise so, dass sie ihren besten Safety Byrd ziehen lassen.
  • S T.J. Ward (Browns): Ähnlich gelagerter Fall wie bei Byrd.
  • OT Branden Albert (Chiefs): Albert sollte eigentlich schon letztes Jahr die Chiefs verlassen; als seinen Nachfolger hat man letztes Jahr dort Eric Fisher mit dem #1-Pick gedraftet.
  • OT Jared Veldheer (Raiders)
  • CB Aqib Talib (Patriots): Talib gilt spielerisch als recht unbestrittenes Kaliber, aber er ist verletzungsanfällig und seine dramatischen Eskapaden aus seiner Zeit bei den Buccs geistern vielen noch durch den Hinterkopf.
  • CB Dominique Rodgers-Cromartie (Broncos): bei dem Platz, den die Broncos haben, wäre ich überrascht, wenn sie nicht versuchen würde, DRC zu halten.
  • WR Hakeem Nicks (Giants)
  • WR Eric Decker (Broncos): Einer dieser gefährlichen Free-Agents. Decker spielte in Denver als #2-WR in der Offense des Peyton Manning und lieferte starke Zahlen. Aber ist er mehr als ein #2-WR? Kann er auch mit einem gewöhnlichen Quarterback Monster-Stats liefern? Oder ist er Greg Jennings light?
  • WR Emmanuel Sanders (Steelers): Sanders ist vielleicht das Gegenstück zu einem Decker. Spielerisch nicht viel schlechter (oder sogar besser), aber viel weniger bekannt. Sanders wird fast sicher billiger als Decker und damit mit hoher Wahrscheinlichkeit besseres Preis/Leistungsverhältnis. In der richtigen Offense kann er aber ein echtes Schnäppchen werden.
  • LB Karlos Dansby (Cardinals): Letztes Jahr für einen Spottpreis von den Cardinals zurückgeholt, und nach einem starken Jahr plötzlich wieder heiße Ware. Dansby ist ein kompletter Spieler, sehr erfahren, aber kann er wirklich noch einmal in einem auswärtigen System Leistung bringen, oder ist er am besten „zuhause“ in Phoenix?
  • DT Henry Melton (Bears): Letztes Jahr wäre er heiße Ware gewesen, aber nach einer Verletzung verschwand er von den Bildfläche. Damit ist Melton der klassische Mann, der für ein schlaues Team für einen moderaten Preis (Begründung: „Sie sehen doch selbst, dass sie ein Glasknochen sind“) zu haben ist.
  • DT Jason Hatcher (Cowboys)
  • RB Ben Tate (Texans): Galt vor wenigen Jahren als Riesentalent, kam in Houston aber nicht an Arian Foster vorbei. Tates Vorteil: Er ist noch relativ unverbraucht und hat wenige Carries auf dem Buckel. Nachteil: Als Runningback hast du es in der NFL 2014 nicht einfach.
  • DE Willie Young (Lions): Wertvoller Rollenspieler für die Tiefe in einer Defensive Line. Möglicherweise wird er aber nur überteuert zu haben sein: Ein Team könnte ihn als Stammspieler sehen und einen hohen Preis dafür bezahlen.
  • CB Peanut Tillman (Bears): Die Bears-Fans sehen ihn als Packers-Freelance Safety in ihren Alpträumen bereits Jay-Cutler-Interceptions zu Touchdowns zurücktragen.
  • DL Justin Tuck (Giants): Vor zwei Jahren noch Weltklasse. Ist er tatsächlich schon komplett verbraucht?
  • QB Michael Vick (Eagles)
  • RB Maurice Jones-Drew (Jaguars): Versuchte jahrelang den Streik um einen besseren Vertrag, den er nie bekam. Dann verletzte er sich mit der Aussicht auf einen gescheiten Vertrag. Jones-Drew wird als bald 30jähriger keinen Monstervertrag mehr bekommen.
  • WR Julian Edelman (Patriots): Rollenspieler für eine 3WR-Offense.
  • DT B.J. Raji (Packers): Ein unbeständiger Spieler, der darüber hinaus als schwieriger Typ gilt.
  • TE Jermichael Finley (Packers): Viele Jahre lang als verschwendetes Talent bei den Packers gehandelt.
  • DE Jared Allen (Vikings): Der Sack-Master. Mittlerweile 32, und er gilt als sehr beherrschender Typ in der Umkleidekabine.
  • QB Josh Freeman (Vikings): Immer noch mein Lieblingsspieler, aber vermutlich nur noch mit Aussichten auf einen Backup-Posten.
  • OT Michael Oher (Ravens)
  • TE Brandon Pettigrew (Lions)
  • WR Santonio Holmes (Jets)

Und etliche mehr. Ein Julius Peppers dürfte in Chicago beispielweise noch entlassen werden (würde den Bears 10 Mio. Cap-Space sparen), vielleicht auch ein Demarcus Ware in Dallas. Teilweise gute und sehr gute Spieler, aber nur wenige Superstars. Aber den Wert eines Free-Agent Einkauf misst du nicht nur am Namen. Du misst ihn am Verhältnis von Spieler und Preis. Dieses muss stimmen. Daher sind die besten Free-Agents oft die Spieler, die gerade von einer kleinen Verletzung kamen oder ein enttäuschendes Jahr hinter sich haben, deshalb recht billig verhökert werden und dann im Herbst wundern sich wieder alle, was sie da für einen Diamanten im Kader haben.

Raiders und Jaguars haben den meisten Cap-Space. Aber es handelt sich bei diesen beiden Teams auch um diejenigen, die trotz allem die schlechtesten sportlichen Aussichten haben (bei den Raiders kommt ein Schrotthaufen von Stadion mit hinzu). Welcher ambitionierte Spieler in seiner Blütezeit möchte mit 26 nach Oakland gehen nur um zu wissen, dass es sowieso noch drei Jahre bis zur Relevanz braucht? Wie viel werden Raiders und Jaguars überbezahlen müssen, dass bekanntere Namen dorthin wechseln? Ist es überhaupt ratsam für die Mannschaften, Starspieler via Free-Agency zu holen?

Tampa Bay Buccaneers in der Sezierstunde

Die Tampa Bay Buccaneers sind ein komischer Laden mit ihrem Superstar-gespickten Kader, der in der abgelaufenen Saison nicht gut genug war um einen kompletten Kollaps zu verhindern. Als Reaktion auf die enttäuschende 4-12 Bilanz wurde der v-e-r-h-a-s-s-t-e Head Coach Greg Schiano gemeinsam mit dem GM Domenik rasiert. Das allein galt als Upgrade. Richtige Euphorie lösten dann aber die Neubesetzungen im Trainerstab aus: Mit Lovie Smith wurde ein in Tampa extrem populärer Mann eingekauft, und auch die neuen Coordinators sind durchaus arrivierte, oft geprüfte Männer. Darüber hinaus wurde die „Tracht“ der Buccs saniert. Man geht also frisch gelüftet in die Zukunft.

Lovie Smith ist kein gewöhnlicher Head Coach in der NFL; er ist für viele eine Ikone. Ein intelligentes schwarzes Männlein, ein Magier der Defense, der Ende der 90er als Assistent im gefeierten Trainerstab der Buccs unter Tony Dungy seine ersten guten Trainererfahrungen machte und später in St Louis und Chicago große bis sehr große Erfolge schaffte – ohne allerdings jemals die Vince Lombardi Trophy in den Händen zu halten. Smith kehrt nun an alte Wirkungsstätte zurück, und sein besonnenes Auftreten sowie seine nette Person bilden schon qua Existenz Kontrastprogramm zum Disziplinfanatiker Schiano, der schon im zweiten Jahr soviel Zwietracht in den Laden gebracht hatte wie es die Zweifler schon immer befürchtet hatten.

Überblick 2013

 Record         4-12
Enge Spiele    2-5
Pythagorean    5.2    28
Power Ranking  0.269  30
Pass-Offense   5.0    32
Pass-Defense   6.5    21
Turnovers      +10

Management

Salary Cap 2014.

Lovie, ein Verfechter (weil Mitentwickler) der quicken „Tampa-2“ Defense, holte sich als seinen DefCoord den in Minnesota geschassten Leslie Frazier, auch so einen früher in Tampa groß gewordenen Mann. Allerdings: Tampa-2 hin oder her, beide zeichnen sich durch Adaptivität aus, beide gelten als Männer, die zuallererst ihre Defense disziplinieren. Ihre Mannschaften sind berühmt dafür, sicher und sauber zu spielen und nie die Basics des Football zu vergessen: Tackling, Tackling, Tackling, aber immer mit dem Hintergedanken, in einen Ball zu springen und eine unwahrscheinliche Interception abzufangen.

„Disziplin“ ist dabei auch ein Schlüsselwort mit Blick auf die Penaltys: Schiano („Ich will gar nicht das fairste Team der Liga haben“) managte zuletzt ein Team, das mit 0.49yds/Play die meisten Strafen nach Yards pro Spielzug der gesamten Liga kassierte.

Die Buccs-Defense war 2013/14 gemessen am Personal eine leichte Enttäuschung: 6.5 NY/A gegen den Pass (#21 der Liga) sowie 61% Success-Rate gegen das Laufspiel (#7) waren Rückschritte gegenüber dem Vorjahr – einzig die hohe Interception-Quote (3.8% INT-Quote, #3 der Liga) rettete die Mannschaft vor dem Totaldesaster. Nun sind Interceptions nur äußerst bedingt „planbar“, aber Lovies Mannschaften gehörten über viele Jahre immer zu jenen mit den meisten Defense-Turnovers, und Lovie übernimmt auch ein Team, das relativ viele erzwungen hatte.

Bauen kann man auf einen Abwehr-Kern mit je einem Superstar in jeder Unit: DT Gerald McCoy, LB Lavonte David und CB Darrelle Revis werden in fast jedem „Positional Ranking“ als erster oder zweiter Name genannt. Vor allem Revis (16 Mio. Grundgehalt) schien bisher nicht allzu glücklich zu sein in Tampa, wo man ihn – den besten Manndecker der Gegenwart – in eine Zonendeckung presste, in der er seiner größten Stärken beraubt wurde. Es bleibt die Frage, wie Smith/Frazier Revis einsetzen wollen und werden: Tampa-2 ist auch in Smiths modernisierten Varianten eine Zonenverteidigung geblieben.

Smith und Frazier haben durchaus eine Historie als Leute, die keine Scheu haben, auch Manndeckung spielen zu lassen. Wird das System soweit angepasst, dass es für Revis wieder mehr direkte Duelle Mann-gegen-Mann gibt? Oder geht man in die traditionelle Richtung, und spielt konservativ Zone? In letzterem Fall ist ein Trade von Revis nicht auszuschließen: Revis kassiert viel Geld, aber er kassierte kein Handgeld, das heißt: Er würde kein dead money kosten – und er würde Draftpicks als Gegenwert bringen.

Abseits des Star-Trios sind Fragezeichen aufgekommen. Sie fangen in der Defense Line an, wo McCoys Nebenmann – meist NT Spence – permanent zu den Problemfällen gezählt wurde. Man hatte sich von Spence erhofft, den abgewanderten Roy Miller ersetzen können – nada. Spence wurde unisono verteufelt. Offen ist auch, was an den Flanken passiert, wo man den Abgang von Michael Bennett nicht verkraften konnte: DE Clayborn und DE Bowers waren vor drei Jahren hoch gedraftete Jungspunde von denen man sich einiges versprach, aber beide wurden vom blässlichen DE Gholston in den Schatten gestellt. Hauptkritik: Beide seien zu schlampig, zu unbeständig, nur situativ gebräuchlich. Landläufige Meinung: Mit einem McCoy als Monster in der Mitte müsste mehr drin sein. Als Option hält sich der neue GM Jason Licht offen, einen Free-Agent DE wie vielleicht den Bengal Michael Johnson einzukaufen.

Auf Linebacker gibt es neben dem All-Pro würdigen David kaum Leute mit Erfahrung, und in der Secondary soll man vor allem von den Safetys Goldson (kassiert rund 8 Mio) und Barron (zwei eher maue Jahre) enttäuscht gewesen sein, und was die Cornerbacks abseits von Revis – so er wie angenommen bleiben darf – angeht: CB Banks war 2013 Rookie und wurde oft verbrannt, aber viele Rookies werden auf Cornerback verbrannt, und CB Johnson gelten aktuell noch als unbeschriebene Blätter.

Das Potenzial dieser Defense ist in meinen Augen gigantisch: Kaum eine Defense außerhalb der NFC West kann auf ein derartiges Ensemble aus kampferprobten Recken aus dem Premium-Segment und aufstrebenden, hoch gedrafteten Jungen. Das Potenzial ist bloß noch nicht immer ersichtlich. Mir gefielen schon die Moves vom ehemaligen GM Mark Domenik im letzten Jahr, und ich würde eine Reihe dieser Spieler noch nicht aufgeben – nicht, wenn Lovie Smith und Les Frazier sie coachen. Ich erwarte, dass Tampa Bay 2014 eine der besten Defenses der NFL stellen wird.

Mehr Fragen lässt der Angriff offen. Dort wurde Jeff Tedford als neuer OffCoord eingestellt. Tedford sagt dem gemeinen NFL-Fan vielleicht nicht allzuviel, aber Tedford war viele Jahre lang ein sehr respektierter College-Coach, und er gilt als echter QB-Guru – allerdings hängt ihm der Ruf der von ihm in die NFL geschickten Quarterbacks wie die Pest nach: Akili Smith, Joey Harrington, Trent Dilfer, Kyle Boller, und wie sie alle hießen… und Aaron Rodgers. Einzig Rodgers schaffte in der NFL den Sprung ganz nach oben.

Tedfords System soll Quarterbacks sehr fordern. Er legt viel Wert auf mechanisch saubere Arbeit, was bei einem Jüngling wie Mike Glennon nie der verkehrte Weg sein kann – allerdings hörte man in NFL-Kreisen über die Jahre immer wieder, dass die NFL Tedfords Quarterbacks in der Anfangszeit anwies, die Bälle tiefer zu halten. Ein Aaron Rodgers wurde angeblich in Green Bay zwei Jahre lang gedrillt, den Ball nicht so hoch zu halten wie es Tedford ihn gelehrt hatte. Das zweite Konzept Tedfords dreht sich ums Verstehen. Er möchte nicht, dass seine Spieler Dinge auswendig lernen. Er möchte, dass sie das große Ganze überreißen. Wie innovativ das ist – ich weiß es nicht. Ich halte es auf alle Fälle für einen guten Ansatz. Diese Mentalität ist hier kurz und knapp in zwei Absätzen zusammengefasst. Dass Tedford als Coach gilt, der seine Zöglinge stundenlang in der Film-Session drillt, kann auch nicht schaden.

Der aktuelle Einser-QB im Kader ist der junge Glennon, von Schiano gedraftet und nun möglicherweise überflüssig. Glennon hat vor allem unter Druck die klar ersichtliche Tendenz, nervös zu werden und anstelle das Spielfeld runter, lieber den Passrush anzustarren, und an-zu-star-ren u-n-d g-a-n-z l-a-ngsam zu werden… bis zum Sack. 8.7% Sack-Quote ist ein recht abstrus hoher Wert, selbst für einen Rookie hinter einer nicht immer überzeugenden Offensive Line (sechsthöchster Wert der NFL-Saison).

Trotzdem ist nicht ganz auszuschließen, dass Tampa dem Glennon ein Jahr Bewährung gibt, denn komplett hoffnungslos sah Glennon als Rookie in einer an sich schon nicht funktionierenden Mannschaft nicht aus. 59% Completion-Rate und nur 5.0 NY/A sind nichts zum Prahlen, aber man beachte die Umstände. Es

Die Buccs haben ein Loch auf Wide Receiver: Der Einser Vince Jackson ist ein deep threat vor dem Herrn (30% downfield-Anspiele), aber er ist auch die absolut einzige verbliebene Waffe der Offense: 32% der Anspiele der Buccs gingen auf Jackson. TE Wright hatte 14%, alle anderen unter 10% Anspiele. Das ist keine Verteilung, für die die Vokabel „ausgewogen“ passend wäre. Ein Mike Williams, 2013/14 überwiegend im Krankenstand, könnte Abhilfe schaffen, aber dann sind es immer noch nur zwei gute Receiver, und keine Tight Ends und kein Mann für den Slot. Ein Talent wie Sammy Watkins könnte potenziell Abhilfe schaffen, aber es gibt keine Garantien, dass ein Watkins noch an Draftpick #7 verfügbar ist, wenn die Buccs dran sind. Viel Holz zum Trade nach oben ist nicht da: Der 3rd-Rounder und 6th-Rounder wurden bereits verkauft. Denkbar ist auch eine Ergänzung via Free-Agency oder ein mittlerer Draftpick für einen Receiver und/oder Tight End. Fix ist bloß: Es wird Moves auf WR/TE geben, in welchem Ausmaß auch immer.

Wo es in Tampa auch immer mal wieder gern hapert: Offense Line. Rein die Spielernamen hörend, vermutet man hier eine Top-5 Offense Line, aber es gibt mittlerweile Zweifel, ob es z.B. ein LG Carl Nicks überhaupt noch in der NFL packt: Vor zwei Jahren mit Pauken und Trompeten für einen Rekordvertrag aus New Orleans übersiedelt, spielte Nicks in zwei Jahren ganze neun Partien für die Buccs. Erst plagte ihn eine langwierige Knieverletzung; dann kam die bizarre MRSA-Bakterienverletzung, die ihn fast die ganze Saison 2013/14 außer Gefecht setzte. Sein Guard-Kollege Joseph hatte auch mal einen guten Ruf, gilt mittlerweile aber als völlig verbraucht.

Die einzige Offense-Position, die nicht wirklich Upgrades verträgt, ist Running Back. Sofern der junge Doug Martin nicht an den Nachwirkungen seiner Verletzung zugrunde geht, ist das einer der fünf besten two way Backs in der Liga: Kann fangen, kann laufen und nimmt sich’s zu Herzen, wenn ihn mal ein Coach etwas unsanft anpflaumt.

Die Buccs haben Cap-Space. Sollten sie in Verlegenheit geraten: Die Punter-Position ist eine einfache Einsparmöglichkeit. Dort kassiert Michael Koenen absurde 3.25 Mio. Dollar/Saison.

Noch einmal: Es ist ein insgesamt sehr, sehr brauchbarer Kader, mit dem die Buccs und ihr vielversprechender Trainerstab arbeiten können. Es gibt highend-Talente auf mehreren wichtigen Positionen. Es gibt aber auch Fragezeichen. Eine Priorisierung fällt nicht ganz einfach, daher als Zusammenfassung noch einmal die wichtigsten Needs:

  • Quarterback: Selbst wenn man für 2014 auf Glennon setzt, wird man einen routinierten Backup als Notfallplan holen. Sollte man die Entscheidung treffen, einen ambitionierten Rookie zu draften, so denn.
  • Wide Receiver / Tight Ends: Zwei Positionen, die man mit dem Erst- und/oder Zweitrundenpick angehen kann, sollte man keinen Quarterback im Visier haben. Tight End ist die vielleicht noch größere Baustelle als WR.
  • Offensive Guard: Nicks ist ein Fragezeichen von seinem körperlichen Zustand, Joseph von seinen spielerischen Fähigkeiten.
  • Defensive End: Möglicherweise eine Position, die in der Free-Agency angegangen wird. Ein 1B-Mann wie Johnson aus Cincinnati ist denkbar.
  • Nose Tackle: Der Nebenmann von McCoy muss im Abwehrsystem der Buccs kein Weltmeister sein, aber er sollte besser als Bodensatz sein.
  • Cornerback: Revis wird wahrscheinlich bleiben. Aber selbst dann würde ein weiterer CB-Routinier nicht schaden. Eher Free-Agency als Draft.

Lovie Smith konnte und kann ohne Star-Quarterback gewinnen. Zu gut waren seine Defenses in den letzten Jahren. Selbst wer mit Glennon nur mäßig begeistert ist, sollte nicht erwarten, dass Tampa sofort 2014 den Franchise-QB sucht. Auszuschließen ist es nicht. Aber es ist – vielleicht auch je nach noch verfügbaren Spielern im Draft – auch möglich, dass man die Skill-Positionen oder Offensive Line zuerst zu verstärken versucht.

Die Tampa Bay Buccaneers sind jedenfalls eines der teams to watch. Vieles wird neu sein: Die an der Seitenlinie, die auf dem Platz, die Trikots, die Erwartungen – die Erfolge?

NFL Notizblock, Week 8: TNF Carolina Panthers @ Tampa Bay Buccaneers

Die Lage der Tampa Bay Buccaneers (0-6) hat korsakoff gestern bereits in der Vorschau ausführlich beleuchtet. Die Lage ist hoffnungslos und alle warten nur noch auf die Implosion. Damit waren die Carolina Panthers (3-3) in einer undankbaren Lage: sie mußten überzeugend gewinnen, andererseits wären sie bis Sonntag die Trottel vom Dienst gewesen, für die sogar ein sinkendes Schiff eine zu große Herausforderung darstellt; Wasser auf die Mühlen derer, die das recht patente Auftreten der Cardiac Cats in den letzten Wochen auf das ihnen zum Fraß vorgeworfene Fallobst schieben.

Aber schon im ersten Viertel hat Carolina deutlich gemacht, wer hier auf dem aufsteigenden und wer auf dem absteigenden Ast ist. Nachdem die Verteidigung Tampa nach drei snaps zum punten zwingt, marschiert der Angriff neun Minuten lang in aller Seelenruhe in die gegnerische Endzone. Was sofort auffiel, war die Kreativität Mike Shulas. Ich nörgel ja schon seit Jahren an dieser plumpen, ideenlosen pass-first offense rum. Gestern im ersten Drive Carolinas gab es so viele verschiedene Formationen und personnell groupings wie in den letzten drei Jahren und unter Shula und seinem Vorgänger als Offensive Coordinator Rob Chudzinski zusammen.

Stats / Gamebook

Gamebook Panthers@Buccaneers

Was gleichzeitig auffiel, war die Rolle, die Tampas coaching staff Darrelle Revis zugedacht hatte. Zugegeben: er verteidigte und verfolgte immer mal wieder WR Steve Smith in enger Manndeckung über das gesamte Spielfeld. Aber immer mal wieder stand er eben auch als Zonenverteidiger in der/die/das rechten flat (der Raum einige Yards hinter der Anspiellinie) rum und langweilte sich. So kam es auch gleich in der ersten Serie, daß Smith seinen längsten catch der Saison hatte (21 yards). Er lief unbewacht zur Mitte des Feldes, suchte sich ein lauschiges Plätzchen zwischen Linebackers und Safeties, winkte kurz Cam Newton zu und machte das first down – es war ein 3rd&9. Wenn nicht bei einem 3rd&long, wann denn sonst soll Revis Smith ausschalten? Völlig unverständlich. Zumal die anderen WRs, Brandon LaFell und Ted Ginn kaum eine Gefahr darstellen.

Es half natürlich auch nicht, daß Newton ohne blitzes nicht unter Druck gesetzt werden konnte. Aber gerade wenn ich mit meiner front four keinen pass rush bringe, dann kann ich doch keine simple Zonenverteidigung spielen! Es sei denn, ich habe einen Weltklassedeckungsspieler, der eine Sonderaufgabe bekommt und – äh, nee, das hatten wir ja gerade schon.

Die Bucs mit ihrem Milchbubi-QB Mike Glennon versuchten händeringend irgendwie im Spiel zu bleiben. Teilweise war das run blocking ganz gut, und manchmal machten Vincent Jackson oder Tiquan „Hightop“ Underwood starke Fänge, aber dann lagen sie eben schnell mit 14-3 hinten. Glennon spielte den typischen Rookie: viele Würfe weit daneben (meist zu hoch); zwei fumbled snaps (beide aber recovered, sonst wär das ein richtig häßlicher Abend geworden); und manchmal auch ein guter Wurf, bei dem er sein Talent aufblitzen läßt.

Den Touchdown zum besagten 14-3 machte RB DeAngelo Williams mit einem Lauf über 12 Yards und wie bereits vorher im selben Drive bei einem Lauf von Mike Tolbert über 24 Yards zeichneten sich LaFell und Ginn als gute blockers aus und Tampas Verteidiger durch missed tackles und bad angles. Auch Newton sammelte bei seinen scrambles fleißig Meilen. Die Drei zusammen benötigten in Q1&2 nur 11 Läufe für 75 Yards. So kann man mit vier Absätzen die erste Halbzeit (14-6 Carolina) zusammenfassen – danach passierte nichts mehr.

Tampas Offense machte im dritten Viertel ein First Down; Freaking´Ron Rivera läßt natürlich wieder einen 4th Down ausspielen – RIVERA!  because that´s just what he does, folks!  – und beim Stand von 21-6 fumblet ein gewisser Herr Page einen Punt und das Spiel ist vorbei.

Am interessantesten wird in den nächsten Wochen sein, wie Carolinas Angriff sich präsentiert, wenn sie mal unter Druck stehen, unbedingt Punkte machen zu müssen. In den letzten drei Wochen waren die Panthers von Anfang an in Führung und konnten dank ihrer Verteidigung auch ganz ruhig und unaufgeregt spielen. Wie entwickelt sich das playcalling, wenn Not am Mann ist;, wie reagiert Newton (der auch gestern wieder wirklich cool, calm and collected war) auf einen Rückstand, auf eine eklige aggressive Defense – sie werden in den nächsten Wochen wahrscheinlich oftmals auf diese Fragen Antworten finden müssen: vs Falcons; @49ers; vs Patriots (MNF); @Dolphins; Ruhepause gegen Bucs; @Saints; vs Jets; vs Saints; @Falcons. Ohne großen Sieg gegen ein großes Team bisher und mit diesem schedule sind die Panthers immer noch borderline Playoff-Kaliber und nicht mehr.

Date am Donnerstag, #8: Tampa Bay Buccaneers – Carolina Panthers Preview

Das heutige Donnerstagnachtspiel (02h30 LIVE bei SPORT1 US) kommt aus der NFC South und bietet mir die Chance, den Scheinwerfer auf die chaotische Situation der Tampa Bay Buccaneers zu richten – jene Buccaneers, die ich zu meinen Superbowl-Favoriten 2013/14 gezählt hatte, und die nach sieben Spieltagen mit 0-6 Bilanz als eine der schlechtesten Mannschaften der Saison am Bodensatz dümpeln.

Mehr noch: Die Buccs sind zur Lachnummer verkommen. Ein in weiten Teilen der Anhängerschaft mittlerweile komplett verhasster und zum Abschuss frei gegebener Head Coach Greg Schiano in seinem heute vielleicht letzten Spiel als Buccs-Trainer. Schiano, ein Grund-Unsympath von Mensch mit einer diffusen Vergangenheit (windige Machenschaften schon bei Rutgers am College), sägte erst QB Josh Freeman bei der ersten sich bietenden Gelegenheit ab um Freeman auch gleich noch unterschwellig ein Drogenproblem zu unterstellen.

Dieses Durchsickern der Freeman-Problematik könnte Schiano auch unabhängig von der sportlichen Enttäuschung den Strick drehen, denn die NFLPA ermittelt in dieser „Leaking“-Geschichte: ein baldiges Untersuchungsergebnis wird erwartet, und bei für Schiano negativem Report könnte er im Entlassungsfall auch den Anspruch auf Abfindung verlieren. Spitze Zungen behaupten, Tampa warte nur noch das (für Schiano negative) Gutachten in einer NFLPA-Ermittlung ab, um die Millionen zu sparen. Dass Schiano rasiert wird, gilt als fix. Das zeitnah erwartete Untersuchungsergebnis sowie die zehn Tage Pause bis zum nächsten Spiel summieren sich zu einem „idealen“ Zeitpunkt für eine Entlassung.

Sportlich führte sich das Team mit einer Unzahl an Strafen und Penaltys in den ersten Wochen der Saison ein, dass Stänkerer nicht anders konnten als darauf hinzuweisen, dass man von einer Mannschaft, deren Trainerstab selbst die „Victory-Formation“ zum Abknien attackieren lässt, nix besseres erwarten kann. Dass Teams, die sich so verhalten, überhaupt leichter in die Lage kommen, die gegnerische Victory-Formation gegen sich zu sehen. Aber da waren die Pleiten noch knapp, und trotz der Defense-Strafen in erster Linie der anämischen Offense zuzuschreiben.

Aber mittlerweile läuft selbst in der Defense alles aus dem Ruder. Zuletzt in Atlanta trat die eigentlich bärenstark besetzte Defense unabängig von den Strafen auf eine Art und Weise auf, die man im Fußball mit „spielen gegen den Trainer“ umschreibt. Da kommt nix mehr. Dieses Jahr ist abgeschrieben.

Als Memo an mich: Der Trainerstab ist eine extremst wichtige Komponente einer Footballmannschaft. Ein herausragender Trainerstab kann eine mittelmäßige Mannschaft weiter bringen als ein herausragender Kader einen mittelmäßigen Trainerstab. Ich habe das Coaching-Problem in Tampa unterschätzt. Aber einen derartigen Absturz hätte ich auch mit viel Pessimismus niemals sehen kommen.

Das „scheming“-Problem der Buccs lässt sich wunderbar am Einsatzgebiet des CBs #24 Darrelle Revis ablesen: Revis‘ Ruf wie Donnerhall gründet auf seiner Fähigkeit, gegnerische Top-Receiver im 1-vs-1 kaltzustellen, scheißegal, wo der sich an der Anspiellinie aufstellt. Dieses meisterhafte Neutralisieren der besten Waffe des Gegners machte Revis quasi zu einer lebenden Legende.

In Tampa wird der beste Manndecker der Liga in eine Zonendeckung gesteckt, acc. to Greg Cosell. Der muss es wissen. Mehr muss man zur fachlichen Qualität des Trainerstabs nicht sagen.

Was heißt das für die Zukunft der Buccs?

Nicht unbedingt Schlechtes. Kaderqualität ist, wie wir wissen, nicht alles, aber sie ist nichtsdestotrotz eminent wichtig. Und Tampa Bay hat von der personellen Besetzung einen der 4-5 besten der Liga, wenn wir die QB-Position rausrechnen. Fast alle Schlüsselpositionen (außer QB) sind mit jungen Weltklassespielern besetzt, von denen niemand besorgnis errgend teure Verträge besitzt: RB mit Doug Martin (2013 allerdings out for the season), OT mit Penn, OG mit Nicks und Joseph, WR mit Jackson und Williams, DT mit McCoy, DE mit Clayborn und mit Abstrichen Bowers, LB mit Lavonte David, Secondary mit Revis und Barron. Mal ehrlich: Seattle hat vielleicht noch einen breiteren Kader, San Francisco ist in der Spitze vielleicht etwas besser besetzt, aber sonst?

Der neue Trainerstab findet 2014 für NFL-Verhältnisse paradiesische Zustände vor, und hat zu allem „Überfluss“ noch das Glück, aus einer breit besetzten QB-Klasse den neuen Franchise-QB auszuwählen. Dass der diesjährige third rounder Mike Glennon nicht des Rätsels Lösung ist, dürfte klar sein. Glennon kann einem in dieser Situation schon etwas Leid tun, als derjenige, der sich dem Spott auf dem Feld ausgesetzt sieht.

Für dieses Jahr ist Tampa abzuschreiben. Vielleicht geht es nach Schianos Rauswurf Richtung Mitte, und Tampa schließt mit einer 5-5 Serie oder so das Jahr ab.


Wie schnell ein neuer Franchise-QB einer Franchise nicht bloß ein neues Image, sondern auch sportliche Perspektive geben kann, zeigt der heutige Gegner. Dort wurde 2011 Cameron Newton mit dem Top-Pick geholt, und quasi über Nacht war eine leblose Franchise wieder ein Contender. Ich verhehle nicht, dass ich Newtons Einberufung damals gelinde gesagt skeptisch gesehen habe, aber ich habe meine Meinung geändert: Newton ist ein Volltreffer. Vielleicht kein Luck oder RG3, aber er macht mit schlechterem Supporting-Cast ähnlich vieles.

Deswegen, und wegen der monströsen Panthers-Front 7, ist Carolina in diesem Spiel zu favorisieren.

(Fast) alles DB in Tampa

Die Tampa Bay Buccaneers – ich schrieb es schon in der Sezierstunde – hatten 2012/13 genau eine große Schwachstelle: Die Pass-Verteidigung, und die war wirklich schwach. Die Pass-Defense besteht im Kern aus zwei Teilen: Passrush und Passdeckung. Die Buccs gingen in der Offseason vor allem letzteres an. Die Secondary wurde ihrem Namen nicht gerecht, denn sie war die Primary.

Die Einkäufe sind massiv: CB Darrelle Revis für einen Erstrundenpick (und zwei weitere Picks), mit Sechsjahresvertrag über 96 Millionen Dollar ohne Handgeld ist einer der größten Trades der letzten Jahre, vielleicht noch höher einzuschätzen als der Harvin-Trade nach Seattle. Revis gilt als bester Manndecker der letzten 10-15 Jahre, als einer, der auf der Höhe seines Schaffens eine ganze Saison lang jeweils den Top-WR des Gegners kaltstellen kann. Revis war der wichtigste Spieler in der Defense der Jets, nein, er war der definierende Spieler der Jets-Defense, der Mann, der möglich machte, was Rex Ryan sich mit seinen gewagten Zone-Blitzings traute. Revis kommt von einer Knieverletzung, aber er dürfte im Herbst wieder voll wiederhergestellt sein und ist dann immer noch erst 27. Es gibt in der Secondary keine schnellere sofortige Verbesserung als Revis einzukaufen.

Via Free Agency wurde der Hitter Dashon Goldson, ein Strong Safety, vom Superbowl-Verlierer San Francisco eingekauft. Goldson war teuer, aber ein Billigteam wie Tampa kann sich den einen oder anderen überbezahlten Spieler leisten. Um aller guten Dinge gleich drei zu machen, kam im Draft dann auch noch CB Johnthan Banks von Mississippi State in der zweiten Runde. Banks‘ größter Negativpunkt war sein fehlender Highend-Speed, alles andere an diesem Prospect soll schon sehr fortgeschritten sein.

Eine Starter-Reihe CBs Revis/Banks und Safetys Mark Barron/Goldson kann sich schon sehen lassen. Die Backups Eric Wright und Myron Lewis könnten auch schlechter besetzt sein. „Vorne“ wurde der Abgang von Passrush-Spezialist Michael Bennett eher schulterzuckend hingenommen. Man scheint darauf zu hoffen, dass die jungen DEs Da’quan Bowers und Adrian Clayborn in ihrem jeweils dritten Jahr endlich ihre Verletzungsprobleme abschütteln und ihrem Draft-Status gerecht werden.


Etwas kurios war im Angriff die Einberufung von QB Mike Glennon in der dritten Runde. Was für ‘n Signal sendet das denn bitte? Es war eh schon bekannt, dass HC Schiano nicht der größte Freund vom Starter Josh Freeman ist und dass man probierte, über diverse Kanäle einen Ersatzmann aufzutreiben (Mallett, anyone?). Persönlich halte ich Freeman für mittlerweile massiv unterschätzt: Die Offense der Buccaneers bringt immer wieder großartige Effizienz-Stats trotz niedriger Completion-Rate zustande, also what? Der Angriff ist um Freemans Monsterarm und die pfeilschnellen WRs Jackson/Williams konzipiert, also warum holt man sich im Draft mit einem recht wertvollen Pick (der ein 3rd-Rounder zweifellos ist) eine unfertigere, schlechtere Kopie Freemans, die jener als offene Kampfansage aus dem eigenen Trainerstab interpretieren muss? Die Einberufung Glennons gehört zu den unkonventionelleren Draftpicks in diesem Jahr.

New York Jets in der Sezierstunde

Stat Line 2012

Record         6-10   --
Enge Spiele    3-3 
Pythagorean    5.3   (26)
Power Ranking   .474 (22)
Pass-Offense   5.4   (28)
Pass-Defense   5.8    (8)
Turnover       -14

Management

Salary Cap.
Free Agents.

Über die Jets lacht die halbe Liga, und das mit Grund: Der Laden von Owner Woody Johnson ist ein Paradebeispiel dafür, wie man in der NFL für kurzfristigen Erfolg die Zukunft auf Jahre verbrennen kann. Überhaupt hinterlässt der gefeuerte GM Mike Tannenbaum in New York größtenteils einen Scherbenhaufen.

Tannenbaum und Stab begannen vor vier Jahren, rund um den jungen „Sanchize“-QB Mark Sanchez herum eine Truppe von bekannten ehemaligen Allstars aufzubauen – eine Taktik, die die Jets zweimal hintereinander ins AFC-Finale führte. Dann ging Tannenbaum „all in“, wollte den Superbowl-Sieg erzwingen und opferte dafür die mittelfristigen Ziele. Die Allstars wurden zu Altstars und somit zu alt, die Verträge zu teuer.

Die Entlassungen von Leuten wie Tomlinson, Scott oder Edwards fraßen nicht nur dead money Platz unter der Salary Cap auf. Sie berauten die Jets eines jungen Kerns, der sich erst nicht entwickeln konnte und dann – aufgrund zu vieler verschlissener Draftpicks in Trade-Geschäften – überhaupt nicht mehr nach New York kommen konnte.

Jetzt sieht die Gang Green der Salary Cap-Hölle ins Auge, kann aber aufgrund einiger viel zu massiver Verträge nur beschränkt handeln. Die Franchise ist in der beschissenen Lage, dass selbst ein sofortiger Neuaufbau zu teuer (!) käme.

Revis Island

Das wertvollste Anhängsel der Jets ist Stand heute CB Darrelle Revis, ein Cornerback im besten Alter, der auf der Höhe seines Schaffens weit über allen Positionskollegen ligaweit anzusiedeln ist. Bei Revis gibt es zwei Knackpunkte:

  • Er hatte nun zwei Jahre Verletzungsprobleme.
  • Sein Vertrag läuft 2014 aus, und Owner Woody Johnson möchte aufs Gebrechen keinen Langzeitvertrag auspacken.

Das macht Revis zu einem wertvollen Tauschobjekt für die Jets, die durchaus den einen oder anderen hohen Draftpick für Revis abstauben könnten (Buccs, anyone?). Besonders interessant würde ein Trade, weil Revis in dem Müllteam, das New York in den nächsten 1-2 Jahren aufstellen wird, eh verschwendetes Talent ist. Und Revis würde den Jets das bringen, was ihnen in der Tannenbaumzeit bitter abging: Draftpicks und Infusion von Frischblut. Alle Zeichen deuten darauf hin, dass der gewiefte neue GM John Idzik in den nächsten Wochen bis zum Draft den erwarteten Revis-Trade durchzieht.

Die Defense

Der Abgang würde allerdings sportlich als herber Verlust empfunden werden, auch wenn Revis zuletzt fast das ganze Jahr fehlte. Die Jets besitzen mit CB Cromartie und dem jungen CB Wilson mehr oder weniger solide Deckungsspieler, aber nach dem Abgang von S Landry gibt es ein klaffendes Loch „hinten in der Mitte“.

Bei den Linebackers ist nach Bart Scotts Entlassung kaum mehr Erfahrung im Kader – es müssen wohl bisherige Ergänzungsspieler starten. In der Defense Line ist man aber gut aufgestellt: NT Wilkerson und DE Coples gelten als Rohdiamanten, die Tiefe könnte aber besser sein.

Die Jets haben in einer Hinsicht Glück: Die Draftklasse ist haargenau ihren Bedürfnissen nach „konzipiert“: Die Safety-Klasse ist tief genug besetzt, dass man auch in den mittleren bis späten Runden wohl gute Athleten bekommt. Passrush von den OLB-Positionen, händeringend gesucht, scheint auch noch nach der ersten Runde erhältlich, sodass man in Kombination mit der breit aufgestellten DL-Klasse durchaus die größten Needs in der Defense im Draft angehen kann – und noch nicht mal unbedingt in der ersten Runde. (der mögliche Revis/Trade-Pick noch nicht reingerechnet)

Es bleiben also Ressourcen für die Offense frei.

Die Offense

Dort ist im Prinzip wurscht, wo man anfängt, denn die Löcher gibt es überall. Head Coach Rex Ryan versuchte das komplette letzte Jahr, den quasi-enteierten Sanchez verbal aufzubauen, was nicht nur nicht gelang: Sanchez spielte sich mehrmals in ein tiefes Loch, produzierte mehr Fumbles als Punkte und erwies sich endgültig als gescheitertes Experiment. Sanchez‘ Vertrag ist so heftig, dass die Jets ihn nicht entlassen können, gleichzeitig aber Probleme haben werden, einen halbwegs billigen und soliden Backup zu holen. Weil sich Tebow als das auf diesem Blog schon immer kommunizierte Missverständnis erwies, und der blasse QB McElroy nicht als ernsthafte Alternative gesehen wird, holte sich New York den einstigen Spaß-QB David Garrard aus dem Ruhestand.

Der neue OffCoord Marty Mornhinweg, ein Grund-Unsympath von Mensch, aber ein recht angesehener Spielzug-Kreator, wird bei allen Spielmacher-Optionen um arge Limits herum doktern müssen: Sanchez kann das Spiel nicht wirklich lesen, McElroy hat nicht alle Würfe drauf, Tebow hat nur einen Wurf drauf, und Garrard gilt als körperliches Wrack.

Die Ballfänger sind auch bestenfalls Mittelmaß: WR Holmes, ein ehemaliger Superbowl-MVP bei den Steelers, kriegt sein Leben vor dem Stadion nicht in den Griff und hat physisch abgebaut, TE Dustin Keller spielt nun andernorts, und sonst sind primär billige unterdurchschnittliche Leute im Roster, oder ein extrem ungeschliffener WR Stephen Hill. Ähnlich die Backs: Greene ging nach Tennessee, bei Bilal Powell weiß keiner, was zu erwarten ist, RB Hilliard ist auch ein eher unbeschriebenes Blatt.

New York pickt an Position #9. Nicht ausgeschlossen, dass eine All-Around-Waffe wie Austin oder ein WR Patterson vom Madison Square Garden direkt rüberwechseln ins Jets-Trainingszentrum. Ansonsten bleibt immer noch die Option „Offense Line“: Right Tackle galt zuletzt als furchtbar, und die Stärkung der trenches ist niemals, für keine Franchise, eine schlechte Idee. Auch hier: Offense Line gilt als starke Position im Draft.

Ausblick

Das Erbe Tannenbaums ist so verheerend, dass ein General Manager in der Situation Idziks nicht verlieren kann: Schafft er den Umbruch – alle Ehre. Schafft er es nicht, kannste ihm auch net böse sein. Ein kurzer Approach:

  • Runde 1: Skill Player oder OLB
  • Runde 2: Offense Tackle, OLB oder Safety
  • Runde 3-4: Safety, Offense Tackle oder WR
  • Runden 5-7: Skill Player (RB, WR,TE)

Für 2013 muss man ein eher schwieriges Jahr erwarten, sofern nicht aus dem Nichts ein Sanchez oder Garrard eine Sensations-Saison zaubern. Weil Mornhinweg mehr als die letzten OffCoords aus seinen Spielern holen wird, und Rex Ryan immer eine konkurrenzfähige Defense stellt, auch ohne adäquates Spielermaterial, kann schon sein, dass New York nicht ganz nach unten durchgereicht wird. Playoffs empfände ich aber als Cinderella.

Glaskugel 2012: New York Jets

 

Beinahe jedes Jahr gibt es während der Offseason einen riesigen Medienhype um die Footballteams in New York. Dieses Jahr ist es ganz besonders schlimm. Und das hat mit einem Mann zu tun. Nein, es ist nicht Tom Coughlin, der seine Blue Men Group zum zweiten Super Bowl in fünf Jahren geführt hat und einen Bill Belichick mittlerweile locker zum Frühstück verspeist.

Nein, dieses Jahr ist es auch nicht Eli Manning, der nach unglaublichen Leistungen im Dezember und mehr noch in den Playoffs zusammen mit Drew Brees und Aaron Roders das Top-Trio der NFL-Quarterbacks bildet und besser spielt als Tom Brady.

Dieses Jahr geht es um die Jets und um den Mann, der Gang Green wieder zur größten Nummer der Stadt machen soll. Menschlich spaltet er die Massen; auch footballtechnisch hält die Hälfte ihn jetzt schon für eine Legende während ihn die andere Hälfte für fürchterlich überbewertet hält; er ist aufregend, er kann spektakulär sein, er kann immer wieder etwas Neues aus dem Ärmel schütteln und darum hat er auch schon gezeigt, daß er in den Playoffs gewinnen kann. Zu allem Überfluß ist er in diesem Sommer auch körperlich in der besten Form seines Lebens. ESPN macht sogar Sondersendungen über die Jets und das muß mit ihm zu tun haben. Wir reden von – natürlich: Rex Ryan.

Rex Ryan geht mittlerweile in sein viertes Jahr als Head Coach der New York Jets. In seinen ersten beiden Jahren hat er sie jeweils ins AFC Championship Game geführt. Letztes Jahr reichte es nur für einen 8-8-Rekord, weil die Offense – wie eigentlich immer in den letzten drei Jahren – alles vertrottelt hat.

Legende ist schon jetzt das Spiel gegen Baltimore in Woche 4, als die Defense nur einen Touchdown zugelassen hat und am Ende trotzdem eine 34 für die Ravens auf dem Scoreboard stand. Eine Woche später verlor NY knapp gegen die Patriots und schon stand man mit mit drei Niederlagen aus fünf Spielen mit dem Rücken zur Wand. Anschließend hat die Defense erstklassig gespielt wie immer und Anfang Dezember, mit 8-5-Rekord, war man dann doch mittendrin im Playoffrennen.

Dann ist aber der gesamte offensive Teil der Mannschaft völlig in sich zusammengebrochen. Das sagt der Star-WR, daß der Offensive Coordinator stinkt; irgendwer sagt, daß die O-Line stinkt; alle sagen, daß der QB stinkt; die OLine sagt, der QB stinkt nur, weil die WRs nichts fangen und die RBs nicht laufen können und die Fans sagen, daß alle stinken undsoweiterundsofort… und natürlich – schließlich sind wir in New York – steht das auch alles in der Zeitung.

Zehn Turnovers in den letzten drei Spielen später lacht die ganze Welt über die Jets. Playoffs verpaßt, Chaos im Locker Room, noch mehr gegenseitige Anschuldigungen aller Orten, Trottelheimer entlassen und zu allem Überfluß gewinnt auch noch ausgerechnet der Stadtrivale die Lombardi Trophy.

Aber last year is last year sagt man zu Recht. Die Defense ist immer noch erstklassig und für die Offense hat man sich einen neuen Mann geholt, der alles auf den Kopf stellen soll. Zu ihm später mehr, erstmal arbeiten wir pflichtschuldigst Ryans Prunkstück ab.

Defense Jets

Rex Ryan und seine Defense haben wir hier schon oft abgefeiert, darum halten wir uns kurz. Sione Pouha ist einer der besten Nose Tackles der Liga, Kendrick Ellis ist ein guter Backup. Mike DeVito ist einer der besten DEs der Liga und der junge Mu Wilkerson ist nur einen Schritt dahinter. ILBs David Harris und Bart Scott sind zwei sehr spielintelligente Kämpfer, genau die richtigen Typen für das System von Ryan und Mike Pettine. Außen spielen Calvin Pace und Bryan Thomas, die man auch gefahrlos anbieten kann.

Durch die vielen wilden Fronts und die immer wieder überraschend paßgenauen Gameplanes sehen alle zusammen als Einheit noch mal ein Stück besser aus. Mit Rookie Quinton Coples, der aussieht wie Julius Peppers, haben Ryan/Pettine nun noch ein neues Spielzeug bekommen. Der ehemalige 1st-rd bust Aaron Maybin hat sich zu einem starken Quarterbackjäger in passing situations gemausert und auch die Backups sehen nicht verloren aus, wenn sie mal spielen müssen.

Schedule

Wk1 v BUF
Wk2 @ PIT
Wk3 @ MIA
Wk4 v SF
Wk5 v HOU (MNF)
Wk6 v IND
Wk7 @ NE
Wk8 v MIA
Wk9 BYE
Wk10 @ SEA
Wk11 @ StL
Wk12 v NE (SNF)
Wk13 v ARI
Wk14 @ JAX
Wk15 @ TEN (MNF)
Wk16 v SD (SNF)
Wk17 @ BUF

Cornerback Darrelle Revis zählt für zwei. Revis Island erlaubt es Ryan/Pettine, vorne und auf einer Seite ganz wilde Sachen zu machen und die andere Seite einfach in seine Hände zu geben. Da brennt nichts an. Gegenüber spielt Antonio Cromartie, der nun zwar kein Superstar ist, aber doch besser als meist über ihn geredet wird. Im Slot hat sich jetzt endgültig Kyle Wilson eingenistet, der 1st-rd pick aus dem Jahre 2010. Wilson ist nicht so steil durch die Decke gegangen, wie man es sich im Big Apple erhofft hat, aber sich in den vielen Nickel-, Dime- & Dollar-Sets ganz wohlfühlt.

Richtig umgebaut haben die Jets nur auf der Safety-Position, was auch dringend nötig war. Kapitän und Publikumsliebling Jimmy Leonhard wurde nach der zweiten verletzungsbedingt beendeten Saison in Folge nicht gehalten und versucht sich nun in Denver. Und da auch Eric Smith nicht mehr in der Startformation auflaufen sollte, wurden die beiden Free Agents LaRon Landry und Yeremiah Bell verpflichtet. Bell ist mit seinen 34 Jahren nicht mehr Jüngste, aber mit seiner Erfahrung und seinem Spielverständnis soll er die Leonhard-Rolle übernehmen. Landry wurde aufgrund seines Hulk-ähnlichen Körpers und seiner Trainingsbesessenheit anno 2007 von den Redskins in Runde eine als sechster Spieler gedraftet. Sollte er fit bleiben ist so ein Monster genau das, was Ryan noch gefehlt hat als Strong Safety an der Line of Scrimmage.

Offense Jets

Der Mann, der alles auf den Kopf stellen soll, hat schon mal eine Gurkentruppe in die Playoffs geführt und dabei die Patriots hinter sich gelassen. Warum sollte ihm das nicht wieder gelingen. Er ist ein Oldschool-Footballer. Lieber laufen als werfen. Erstklassiges Quarterback-Play hat er gar nicht nötig. Dieses ganze fancy, wilde New-School-Zeug ist nichts für ihn, Wildcat und Running-QB steht ihm auf der Stirn tätowiert. Wir reden von, sie ahnen es: Tony Sparano.

Sparano hat früher selber in der Offensive Line gespielt, ist dann O-Line Coach geworden und hat mehrere Jahre unter Bill Parcells gearbeitet. Das Harter-Hund-Image kommt also nicht von ungefähr und ist auch mehr als nur Image. (Die Sonnenbrille trägt er übrigens nicht, weil er sich so furchtbar cool vorkommt, sondern infolge eines Unfalles mit einer Friteuse, während er als Jugendlicher in einem Fast Food Restaurant gearbeitet hat.)

Nun kommt also dieser neue OC, der den Jets wieder ein energiegeladenes Ground-and-Pound-Game eintrichtern soll und findet einen Trümmerhaufen vor. Diese Jets wollten unter Ryan immer ein starkes Laufspiel haben und 2011 hatten sie stattdessen 106 Yards pro Spiel und 3,8 Yards pro Carry.

Das hatte mit dem, ähem, “mittelmäßigen” Offensive Coordinator Brian Schottenheimer zu tun, mit den mittelmäßigen RBs Shonn Green, LaDanian Tomlinson und Joe McKnight zu tun und auch mit der O-Line, die eher Richtung finesse denn Dampfwalze tendiert.

Suchen wir Lichtblicke finden wir Center Nick Mangold und RG Brandon Moore. Beide haben die Power und die Füße, um in aller Regelmäßigkeit Teile der gegnerischen Front Seven aus dem Weg zu räumen für die eigenen RBs. Als Left Tackle läuft D´Brickashaw Ferguson auf. Ferguson bekommt auch stets gute Kritiken und im Paßspiel ist er auch mehr als solide, aber im Laufspiel fehlt ihm oftmals Kraft und Masse um große Löcher zu reißen. Dann gehts schon mal eine Klasse abwärts: LG Matt Slauson ist bestenfalls mittelmaß. An einigen Tage sogar nicht mal das.

Und dann ist da schließlich noch der Mann, über den alle reden, wenn es um die Jets geht. Wer könnte dieser Mann sein, wenn nicht Wayne Hunter? Wayne Hunter war letztes Jahr der schlechteste Starter der ganzen NFL – egal, auf welcher Position. korsakoff wär ein besserer Right Tackle. Weil Hunter das auch in dieser Preseason sofort wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, hatten alle Beteiligten ein Einsehen. Jetzt hat Austin Howard den Stammplatz und Hunter genießt seine $3 Millionen auf der Bank. Howard wurde nicht gedraftet, wurde dafür in seiner jungen Karriere aber schon von den Ravens und den Eagles gecuttet. Viel Glück.

Mit Sparanos harter Hand könnte das aber zumindest eine gute Unit um Ferguson, Mangold und Moore werden. Wenn Greene und McKnight ein bißchen besser werden und vielleicht auch Rookie Terrance Ganaway ab und zu Mal einen raushauen kann, ist das schon OK, wenn mit dieser Defense oft auch mal 14 oder 17 Punkte zum Sieg reichen.

Dem Laufspiel helfen sollten auch die Wildcat Plays, die Sparano auf seinem Play Calling Sheet hat. Dafür haben die Jets jetzt auch QB Brad Smith zurückgeholt, der das mit der Wild Cat ganz gut kann und als ausgebildeter QB auch mal für einen guten Paß zu haben ist.

Das richtige Paßspiel dagegen kann man getrost vergessen. Mark Sanchez wird einfach nicht besser. Und gute WRs hat er auch nicht. Problemkind Santonio Holmes kann ein richtig Guter sein, er kann aber auch der unmotivierte Stinkstiefel sein. Slotman Jeremy Kerley ist bestenfalls Mittelmaß. Free Agent Chaz Schilens und Rookie Stephen Hill haben bis jetzt noch gar nicht gut ausgesehen. Vielleicht könnte Hill mit seinem 1,92m-Körper immerhin eine gute Red-Zone-Waffe werden und mit seinem massigen Körper auch im Laufspiel helfen. Zur Not hilft auch immer noch TE Dustin Keller aus.

Und manchmal, ganz manchmal nur, aber manchmal eben schon, bekommt auch Mark Sanchez mal zwei gute Drives in Folge auf die Reihe.

Ausblick Jets

Das sieht alles nicht rosig aus im Angriff, aber mit dieser Defense ist das auch gar nicht so schlimm. Diese sollte Top-3 Kaliber sein und es der Offense einigermaßen einfach machen, einige Spiele zu gewinnen. Die AFC East ist ziemlich hart und auch die Wild Cards dürften in der AFC hart umkämpft sein, aber Gang Green sollte bis zum Schluß im Rennen um die Playoffplätze bleiben und dort können Ryan/Pettine mit dieser Defense jeden Angriff von Peyton Manning bis Tom Brady einbremsen, das haben sie schon bewiesen. Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, daß man mit dieser Offense ernsthaft um den Super Bowl mitspielt. Eine witzige Saison wird´s mit den J-E-T-S allemal.

Die zweite Reihe: Jim Leonhard

[In der Serie „Die zweite Reihe“ wollen wir Spieler, Assistant Coaches und auch Spielzüge vorstellen, die für den Erfolg einer Mannschaft essentiell sind, aber nicht im Rampenlicht stehen. Sondern in der zweiten Reihe. Den Anfang macht heute Jim Leonhard, Safety der New York Jets. 29 Jahre alt; 1,72m; 85kg. College: Wisconsin. Draft: 2005, nicht gedraftet; NFL-Erfahrung: 7 Saisons.]

Leonhard with the Ravens.
Der kleine Jimmy Leonhard – Image via Wikipedia

Man mag ja von Rex Ryan halten, was man will. Aber von Defenses in der NFL versteht er mehr als die meisten anderen. Umso aufmerksamer hätte man aufhorchen müssen, als Ryan und sein Defensive Coordinator Mike Pettine immer und immer wieder wiederholt haben, was für ein schwerwiegender Verlust die Verletzung von Jimmy Leonhard für die Jets-D bedeutet. Und Verletzungen haben leider die beiden vergangenen Spielzeiten für den mit einem extrem hohen “Football-IQ” ausgestatteten Safety jeweils im Dezember beendet.

Leonhard spielt auch nicht zufällig bei den New York Jets. Als Ryan seinen Posten als DC in Baltimore nach der Saison 2008 für die Stelle des Head Coaches der Jets aufgegeben hat, wollte er zwei Spieler unbedingt mitnehmen: Linebacker Bart Scott und eben Safety Jimmy Leonhard. Das spricht Bände für die Wertschätzung, die der große Lautsprecher für beide hat.

In der öffentlichen Wahrnehmung geht der kleine Safety oftmals unter, weil einerseits Ryan und andererseits Stars wie Darrelle Revis und “Typen” à la Antonio Cromartie die ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Dabei ist Leonhard der Quarterback der Jets-D, eine Rolle die in den meisten anderen Teams ein Linebacker übernimmt. Er macht alle Calls, er darf auch “audiblen” (den Spielzug/Coverage ändern) und ist verantwortlich für die Kommunikation untereinander und dass jeder weiß, was er zu tun hat und wo seine Verantwortlichkeiten liegen.

Aber mangelnde Wertschätzung ist für Leonhard nichts neues, sie begleitet ihn seit Beginn seiner Karriere. Nach seinem Abgang von der High School hat er von keinem Division-I-Colleges ein Stipendium angeboten bekommen. Er schrieb sich in Wisconsin ein und schaffte dort sogleich als walk-on den Sprung ins Team. Schon in seiner zweiten Saison war er Stammspieler als Safety und einer der erfolgreichsten Punt Returner in der Geschichte der Big Ten. Seine Qualitäten als Safety wurden duch drei Nominierungen ins All-Big-Ten-Team unterstrichen.

Vor allem wegen seiner football-untypischen physischen Voraussetzungen – 1,72m, 85kg – wurde er auch nach seiner College-Karriere 2005 übergangen und nicht gedraftet. Die Buffalo Bills erbarmten sich schließlich und gaben ihm einen Roster Spot. Im Trainings Camp 2006 war seine Karriere fast schon wieder vorbei. Aber eine Woche nach seiner Entlassung verletzte sich Troy Vincent und die Bills erinnerten sich seiner und er bekam eine neue Chance und machte in den folgenden zwei Saison 28 Spiele, von denen er sieben startete.

Den großen Durchbruch schaffte Leonhard mit seinem Wechsel zu den Baltimore Ravens vor der Saison 2008. Hier war er von Anfang an Stammspieler und bildete zusammen mit Ed Reed eines der besten Safety-Duos der letzten Jahre. Seine Leistung steigerte er dann sogar noch in den Playoffs, als er mit Sacks, erzwungenen Fumbles und Interceptions großen Anteil daran hatte, daß die Ravens in ihren drei Playoff-Spielen gegen Miami, Tennessee und Pittsburgh nur 41 Punkte zuließen. Damit hatte Ryan genug gesehen und überredete ihn, den er erst ein Jahr lang kannte und trainierte, den Weg nach New York gemeinsam anzutreten und ein entscheidendes Puzzleteil seiner neuen Mannschaft zu werden.

Das wurde er dann auch und spielte heuer besser denn je. Bis er am 11. Dezember einen Paß von Kansas Citys Quarterback Tyler Palko abfing und sich beim Return die Patellarsehne verletzte. Da die Verletzung eine Operation erzwang, landete er erneut auf IR. Damit fehlte Gang Green das Hirn der Defense. Neben seiner Spielintelligenz zeichnen Leonhard seine Qualität als Tackler, seine Quickness und Beweglichkeit sowie seine sicheren Instinkte aus – da wo der Ball ist, ist auch Leonhard nicht weit.

Leonhard ist derzeit Free Agent. Seine Verbindung mit Rex Ryan im Hinterkopf, ist es kaum vorstellbar, daß die Jets ihn ziehen lassen werden. Falls doch, wird er sich unter vielen Interessenten seinen nächsten Arbeitgeber aussuchen können.

NFL Woche 12 Preview: Buffalo Bills – New York Jets

Beide Teams haben mit einem Record von 5-5 noch Chancen sich eine Wild Card in der AFC und beide Teams haben auch noch Chancen, die AFC East zu gewinnen, in der New England derzeit noch zwei Spiele Vorsprung hat. Aber vor allem für Buffalo siehts düster aus, nachdem sie die letzten drei Spiele gegen die Jets, Cowboys und Dolphins mit einem kumulierten Score von 26-106 (!) verloren haben. Die Bills hatten dabei nicht nur große Probleme in der Verteidigung, die auseinander zu fallen scheint, sondern auch mit ihrem Angriff, der in einem riesengroßen Loch steckt. Und zu allem Überfluß ist RB Fred Jackson jetzt auch noch auf IR gelandet, nachdem sich die Verletzung, die er sich letzten Sonntag im Spiel gegen Miami zugezogen hat, als gebrochener Knochen gerausgestellte.

Jackson ist der wichtigste Spieler der Offense (er holt mehr als 40% aller Yards) und war zur Saisonhalbzeit auf einigen Shortlists zur MVP-Wahl. Weil man dem einstigen First Round Pick C.J. Spiller noch nicht recht vertraut, hat man letzt Woche noch Tashard Choice verpflichtet, der damit in dieser Saison schon seinen dritten Arbeitgeber hat nach Engagements in Dallas und Washington. Auf IR trifft Jackson sich mit dem MVP der Defense – Nose Tackle Kyle Williams. Außerdem auf IR sind Center Eric Wood, LB Shawn Merriman, CB Terrence McGee und WR Donald Jones. Die Bills sind insgesamt ein junges, talentiertes Team, aber sie haben einfach nicht die Tiefe, um so viele Ausfällt kompensieren zu können. Ohne Jackson ist die Offense nur halb so viel Wert, zumal QB Ryan Fitzpatrick zur Zeit unter der bekannten „Nach-großem-Vertrag-unterschreiben-Schwäche“ leidet.Und jetzt müssen die Bills auch noch ausgerechnet in die Meadowlands, wo die Jets-D wartet.

Bei den Jets ist es wie immer, seit Rex Ryan das Sagen hat: die Defense spielt zeitweise überragend und haut die stotternde Offense immer mal wieder raus. Wenn die Verteidigung mal einen schlechten Tag hat, geht das Spiel auf jeden Fall verloren, weil QB Mark Sanchez sich einfach nicht weiterentwickelt, das Laufspiel nicht mehr so stark ist wie in den vergangenen Jahren und man sich beim Playcalling von OC Brian Trottelheimer manchmal fragt, ob er auf Drogen ist. Letzte Woche ist bekannt geworden, daß Schottenheimer vor Saisonbeginn eine Vertragsverlängerung um ein Jahr bekommen hat – heimlich. Das wollte das Management den Fans scheinbar nicht zumuten.

Die Defense ist eine perfekt harmonierende Mischung aus hervorragenden Schemes und individuellem Talent in allen three levels. In der Secondary Darrelle Revis und Safety Jimmy Leonhard; in der D-Line Mike DeVito und Sione Pouha und dazwischen die LBs David Harris und Bart Scott. Zwar fehlt ein richtig guter Pass Rusher, aber die Coverage und die Zone-blitzes können das oftmals ausgleichen (und Aaron Maybin, einer der größten Draft Busts aller Zeiten, scheint Talent und Freunde wiedergefunden zu haben).

New York geht als ganz klarer Favorit in dieses Spiel – und wenn sie es verlieren, wird in den Medien die Hölle los sein, da es die dritte Niederlage in Folge wär und überhaupt kein Fortschritt zu erkennen ist. Allerdings ist für beide Mannschaften selbst bei einer Niederlage der Playoffeinzug nicht furchtbar weit weg, weil aus der AFC West und AFC South wohl kaum jemand um die Wild Cards mitspielen wird. Und beide Teams haben nur jeweils ein Spiel gegen Mannschaften mit einem positiven Record.